Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 404

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 404 (NJ DDR 1988, S. 404); 404 Neue Justiz 10/88 Dokumentation Zum Düsseldorfer Prozeß gegen den Thälmann-Mörder Otto Am 29. August 1988 verkündete die 17. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf nach sechsmonatiger Verhandlung ein auch von breiten Kreisen der antifaschistisch-demokratischen Öffentlichkeit in der BRD als skandalös bezeichnetes Urteil: Freispruch für den SS-Schergen Wölfgang Otto. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und nahm die angebotene Hilfe des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs der BRD an, der mit seinem Revisionsurteil vom 25. März 1987 den Schuldspruch der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Krefeld vom 15. Mai 1986 auf gehoben hatte.* Trotz der inzwischen sogar verdichteteren Beweisführung zum Tatbeitrag Ottos ist die Zwischenbilanz der BRD-Justiz in der Mordsache Thälmann mit diesem Richterspruch nunmehr wiederum negativ. Daß die Richter zu einem anderen Ergebnis hätten kommen müssen, geht überzeugend aus dem Plädoyer des Vertreters der Nebenklägerin Irma Gabel-Thälmann, Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hannover, hervor. Nachfolgend geben wir Auszüge aus dem Plädoyer und aus dem Schlußvortrag der Tochter des ermordeten Arbeiterführers wieder. Dr. Hannover kündigte inzwischen erwartungsgemäß einen Revisionsantrag gegen das freisprechende Urteil an. Aus der Schlußerklärung der Nebenklägerin Irma Gabel-Thälmann Der Mord an Ernst Thälmann, meinem Vater, liegt jetzt genau 44 Jahre zurück. Seit der Anzeige, die meine Mutter deswegen auch gegen den Angeklagten erstattete, ist mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen. Aber noch immer fehlt der rechtskräftige Richterspruch. Mit der Hoffnung, diese Entscheidung noch zu erleben, ist meine Mutter gestorben. Mit derselben Hoffnung bin ich mittlerweile alt geworden. Ich frage mich, ob eine solche unglaubliche Verschleppung der Strafverfolgung auch dann stattgefunden hätte, wenn es hier um ein gewöhnliches, ein ziviles Verbrechen gehen würde. Wer will mir deshalb die Überzeugung verdenken, daß die Art und Weise, mit der die Mörder meines Vaters verfolgt genauer gesagt: nicht verfolgt wurden, nur mit seiner Persönlichkeit und seiner Weltanschauung zu tun hat. Wenn jener Staatsanwalt, der das Verfahren gegen die Mörder jahrelang verschleppt hat, in meinem Vater vor allem „einen Märtyrer des Ostens“ und erst in zweiter Linie ein Opfer sieht, begreift man, in welchem Lichte Nazi verbrechen, die sich gegen Andersdenkende gerichtet haben, hierzulande betrachtet werden. Ich frage: Wie läßt sich solche Haltung mit unserer gemeinsamen Verantwortung vor der Geschichte unseres Volkes vereinbaren? Haben die Nazis nicht aufrechte Vertreter aller Schichten und Klassen zu Tausenden umgebracht? Haben sie jemals danach gefragt, ob einer Kommunist oder Katholik, Anarchist oder Sozialdemokrat, Arbeiter oder Unternehmer ist, wenn er ihnen nur unbequem war? Ich meine und mit dieser Auffassung stehe ich sicher nicht allein : Wer sein Leben im Kampf gegen das unmenschlichste Regime der deutschen Geschichte geopfert hat, sollte mindestens der Bestrafung seiner Henker sicher sein. Dabei muß gleichgültig sein, welchem Weltbild er verhaftet war. In jedem Falle hat er ein Körnchen Ehre des deutschen Volkes gerettet. Und umgekehrt: Wer sich, wie der Angeklagte, bedenkenlos und mit bürokratischem Eifer in den Dienst der faschistischen Mordmaschinerie gestellt hat, den sollten auch die Konsequenzen treffen, die die Völker aus der Hitlerbarbarei gezogen haben. Zu ihnen gehören zweifellos Geist und Buchstabe von Nürnberg. Diese Grundsätze von den Vereinten Nationen bekanntlich bestätigt sind in der Verfassung und im Strafrecht meines Staates, in der Deutschen Demokratischen Republik, fest verankert. Sie werden auch strikt verwirklicht. So waren schon Ende 1950 fast 95 Prozent aller in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat verurteilten Nazi- und Kriegsverbrecher zur gerichtlichen Verantwortung gezogen worden genau 12 147 Personen. Dagegen weist die BRD in dieser Hinsicht in der Zeitspanne bis heute nur etwa die Hälfte dieser Personenzahl aus Ohne das Bemühen dieses Gerichts um Objektivität zu schmälern, steht doch eines fest: Eine unangebrachte Milde gegenüber Nazi Verbrechern, antikommunistische Vorbehalte und Vorurteile, Berufsverbote gegen Demokraten, neofaschistische Gruppen und entsprechende Literatur all das und mehr bildet hierzulande ein politisches Klima, das Leuten, wie dem Angeklagten, außerordentlich wohl bekommt. Würden bei der Ahndung der Nazistraftaten die Grundsätze von Nürnberg, insbesondere der Tatbestand des Irma Gabel-Thälmann während ihres Schlußvortrages, links Dr. Heinrich Hannover, rechts Dr. Winfried Matthäus, Rechtsanwälte der Nebenklägerin (Foto: ADN ZB/Molik) Verbrechens gegen die Menschlichkeit auch in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt, müßte der Angeklagte längst hinter Schloß und Riegel sein. Die Tatsache, daß der Angeklagte Otto an der Ermordung deutscher Antifaschisten, namentlich an der meines Vaters, mitgewirkt hat, wurde ja schon in Krefeld, aber auch vor diesem Gericht erwiesen. Und das genügt allemal, damit der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit erfüllt wäre. Aber ich weiß, Sie arbeiten mit einem Strafrecht aus dem vergangenen Jahrhundert. Damit splittern Sie den staatlich organisierten und arbeitsteilig bewirkten Mord an politischen Gegnern in unzählige, voneinander isolierte Handlungen auf. Jede einzelne davon fällt aber erst dann strafrechtlich ins Gewicht, wenn sie für das Verbrechen sozusagen sichtbar ist. Wundert es da noch jemanden, daß ein solches Herangehen an die faschistischen Mordtaten dem Angeklagten wie zuvor schon vielen seiner Komplicen unerhörte Vorteile beschert: Er wird äußerstenfalls als Gehilfe eingestuft, nicht aber als Täter. Selbst wenn man die Prinzipien des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses nicht berücksichtigt oder sie unbeachtet lassen muß, dann bleiben bei der Anwendung Ihres innerstaatlichen Strafrechts nach meiner Auffassung noch genügend Beweise, die die Mitschuld des Angeklagten an der Ermordung Ernst Thälmanns belegen. Als Otto wegen dieses Verbrechens zum ersten Mal vor seinen Richtern stand, war er offenbar überzeugt, daß die Legende vom Bombentod Ernst Thälmanns nicht zu erschüt- * Vgl. hierzu und zur Geschichte der Verschleppung dieses Prozesses: „Zum Krefelder Prozeß gegen den Thälmann-Mörder Otto“, NJ 1986, Heft 7, S. 274 ff.; H. Hannover, „Ein Stück bundesdeutscher Justizgeschichte“, NJ 1987, Heft 2, S. 67 f.; H. Hannover, „Die BRD-Justiz und der Schreibtischmörder“, NJ 1987, Heft 6, S. 231 f.; Der Mord, der nie verjährt (Protokoll einer öffentlichen Anhörung am 12. Februar 1980), Berlin 1980, S. 6 ff.; P. Przybylski, Mordsache Thälmann, Berlin 1986, S. 15 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 404 (NJ DDR 1988, S. 404) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 404 (NJ DDR 1988, S. 404)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ist der operative Mitarbeiter voll verantwortlich. Das verlangt von ihm, daß er die Regeln der Konspiration und Geheimhaltung sowohl durch die Mitarbeiter als auch durch die neugeworbenen eingehalten? Die in diesem Prozeß gewonnenen Erkenntnisse sind durch die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatausführung vorgenommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten die führen haben die für sie verbindlichen Vorgaben und gegebenen Orientierungen entsprechend der poitisch-operativen Lage in ihrem Verantwortungsbereich um- und durchzusetzen.

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