Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 400

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 400 (NJ DDR 1988, S. 400); 400 Neue Justiz 10/88 boten ist, generell handhabbare, relativ dauerhafte, hinreichend abgewogene Prinzipien (Prinzip-Lösungen) zu erarbeiten und in eine bestimmte, für alle Seiten akzeptable Verbindlichkeit zu bringen. Dies würde auch der Festigung der internationalen Beziehungen und Zusammenarbeit sowie der Förderung des gegenseitigen Vertrauens der Staaten dienen. Für die Rechtsverkehrsbeziehungen wird davon auszugehen sein, daß es sich um die Strafverfolgung gegen bekannte Täter (Verdächtige/Beschuldigte bzw. Verurteilte) handelt und die Identität der Person außer Frage steht. Weiter wird zu unterscheiden sein, ob lediglich das Verfahren übergeben/übernommen wird (z. B. der Verdächtige befindet sich bereits wieder im Heimatstaat) oder auch die Person (z. B. falls der Verdächtige/Beschuldigte festgenommen oder verhaftet wurde). Von großer praktischer Bedeutung ist ebenfalls das geographische und politische Verhältnis der beteiligten Staaten (z. B. Nachbarstaaten oder räumlich entfernte, aber durch Freundschaftsverträge verbundene oder sonst gut miteinander kooperierende'Staaten). Nachbarstaaten haben meist eine stärkere grenzüberschreitende Personenbewegung. Sie können bei günstigen Bedingungen der Zusammenarbeit die mit der Übergabe/Übernahme von Verfahren bzw. Personen zusammenhängenden praktischen Fragen einfacher und rationeller lösen (z. B. DDR mit VR Polen und CSSR), als wenn z. B. Drittstaaten dazwischen liegen.8 Auch Ähnlichkeiten in kulturell-traditioneller Hinsicht erleichtern eine solche Kooperation. Bei bi- und multilateralen Vereinbarungen über eine Übergabe/Übernahme von Verfahren werden die beteiligten Staaten auch in Betracht zu ziehen haben, ob sie das Zusammenwirken auf alle Deliktsarten erstrecken oder zumindest zunächst nur auf häufiger vorkommende weniger schwere Delikte (z. B. geringfügige Eigentumsstraftaten oder einfache Delikte im Straßenverkehr) beziehen wollen. Wenngleich im folgenden die Übergabe/Übernahme der Strafverfolgung und der Bewährungsaufsicht, zusammen behandelt werden, ist die unterschiedliche Funktion dieser beiden Formen zu beachten. Die Übergabe/Übernahme der Strafverfolgung dient vornehmlich dem Zweck, die Strafverfolgung zu gewährleisten, dabei eine doppelte Strafverfolgung auszuschließen und eine effektive und rationelle Verfahrensdurchführung bei Wahrung aller Rechtsgarantien zu erreichen. Das schließt auch den humanitären Aspekt der Sicherung einer alsbaldigen Rückkehr (oder Rückführung) des Beschuldigten in seinen Heimatstaat ein. Bei- der Übergabe/Übernahme eines Verurteilten zur Verwirklichung der ausgesprochenen Strafe also bei der nur durch besondere Vereinbarung zwischen den Staaten zu erreichenden Verwirklichung des Urteils des Gerichts des einen Staates durch Organe eines anderen Staates geht es vor allem um das humanistische Anliegen, die für die Resozialisierung des Täters günstigsten Bedingungen zu nutzen; das werden in der Regel die des Heimatstaates sein. Materiellrechtliche Voraussetzungen der Übergabe/Übernahme Eine Übergabe/Übernahme der Verfahren bzw. der Bewährungsaufsicht setzt zunächst die Strafbarkeit der relevanten Handlungen in beiden Staaten voraus, und zwar auch dann, wenn die Strafbarkeit nicht aus dem geltenden Strafgesetz (mit Analogie- und Rückwirkungsverbot), sondern wie in common-law-Ländern aus langjähriger Rechtsprechungspraxis resultiert. Ohne übereinstimmende Strafbarkeit des Delikts kann weder ein Verfahren noch eine Strafen Verwirklichung übergeben/übernommen werden. Der unterschiedliche Begriff der Straftat bzw. strafbaren Handlung in unterschiedlichen Rechtsordnungen (z. B. Verbrechen, Vergehen, Ordnungswidrigkeiten bzw. Verletzungen des Verwaltungsrechts)9 ist Veranlassung, generell (in abstracto) und im Einzelfall (in concreto) die Kongruenz bzw. Entsprechung der Strafbarkeit differenziert zu prüfen.10 11 Eine solche Prüfung wird auch unterschiedliche Voraussetzungen und Grenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit (Schuld und Schuldvor- aussetzungen, Rechtfertigungs-, Schuld- und Strafausschließungsgründe, Verjährung, ggf. selbst Straftilgung) einzubeziehen haben. Zu den materiellrechtlichen Bedingungen einer Übergabe/Übernahme der Verfahren bzw. Bewährungsaufsicht gehört zwingend das Vorliegen der Voraussetzung des Geltungsbereichs der Strafgesetze der jeweiligen Staaten, ihrer Strafhoheit bzw. Jurisdiktion.11 Neben der Jurisdiktion des Tatortstaates, die aus seiner staatlichen Souveränität in bezug auf seine territoriale Staatshoheit oder Gebietshoheit (vgL § 80 Abs. 1 StGB) resultiert, wird vor allem das (an die Staatsbürgerschaft gebundene) Personalitätsprinzip, d. h. die Jurisdiktion des Heimatstaates in bezug auf die von seinem Staatsbürger (Personalhoheit) im Ausland begangene strafbare Handlung relevant (vgl. § 80 Abs. 2 StGB).12 Es entsteht damit als Kollisionsproblem die Frage mehrfacher Strafbarkeit (und also auch Verfolgbarkeit) einer Handlung in mehreren Staaten, das Problem der Konkurrenz von Jurisdiktionen. Welche Strafbarkeit soll den Vorrang haben? Soll doppelte Strafverfolgung wegen derselben Handlung zulässig sein? Soll die Realisierung der Strafbarkeit, also die Strafverfolgung, von dem Umstand abhängen, ob der Täter im Tatort- oder im Heimatstaat gestellt wurde bzw. wohin er sich begeben hatte? Und wie ist es bei Verbrechen, die nach dem Universalitätsprinzip zu verfolgen jeder Staat berechtigt und verpflichtet ist? Soll jeder beliebige Staat diese Verfolgung einleiten oder davon ausgehen, daß es ein anderer Staat tun wird? Für diese Fragen, die aus einer Kollision von Jurisdiktionen erwachsen, stellt sich zunächst die Frage nach Prioritäten bzw. Rangfolgen. Für Verbrechen gegen den Frieden, die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen bekräftigen wir die Vorrangigkeit der Verfolgung durch den Tatort (Opfer) Staat.13 Mit dem Problem der mehrfachen Jurisdiktion ist die Frage nach der Gültigkeit des Verbots der Doppelbestrafung, des Grundsatzes „ne bis in idem“, auch im internationalen Rechtsverkehr aufgeworfen.14 Im innerstaatlichen Recht der DDR ist dieser in § 14 StPO geregelt und ausdrücklich auf rechtskräftige Entscheidungen durch Gerichte der DDR bezogen.15 Zutreffend haben L. Reuter/K. Wille sich für eine Ausdehnung dieses Grundsatzes auch auf den zwischenstaatlichen Bereich ausgesprochen.16 Da die Jurisdiktion Ergebnis der staatlichen Souveränität 8 Dementsprechend sieht z. B. die Berliner Konvention, die den Vollzug von Freiheitsstrafen im Heimatstaat regelt, im Art. 16 die Durchleitung des Verurteilten durch das Territorium des Drittstaates vor. 9 Solche Unterschiede wurden insbesondere von L. Reuter (Entwicklung der Strafgesetzgebung und Strafpolitik in den europäischen sozialistischen Ländern, Diss. B, Jena 1983) herausgearbeitet. Vgl. auch E. Buchholz/W. Griebe, „Neue Tendenzen im Strafrecht und Ordnungswidrigkeitsrecht der europäischen sozialistischen Länder“, NJ. 1987, Heft 2, S. 63 ff. 10 So auch L. Reuter/K. Wille, a. a. O., S. 407. Das Gesetz zur Ausführung der Berliner Konvention vom 21. Dezember 1979 (GBl. I Nr. 45 S. 468) sieht in § 3 vor, daß das Oberste Gericht der DDR eine Entscheidung zur Strafbarkeit der Handlung des Verurteilten und zur Durchsetzbarkeit des Urteils des anderen Staates in der DDR trifft. 11 L. Reuter/K. Wille (a. a. O., S. 406) sprechen von Strafhoheit und einem Strafhoheitsanspruch. Common-law-Systeme kennen originär lediglich das Tatortprinzip und das Recht des Beschuldigten auf ein Verfahren vor dem Gericht (Richter) des Tatortes. 12 Zum Geltungsbereich des BRD-Strafrechts vgl. H. Luther in NJ 1988, Heft 3, S. 104 ff. 13 Diese Priorität der Strafbarkeit und Strafverfolgung kann aus der Moskauer Erklärung über die Verantwortlichkeit der Hitleranhänger für begangene Greueltaten vom 30. Oktober 1943 (in: Der Krieg im Völkerrecht, Hrsg. H. Standke/L. Krumbiegel, Berlin 1961, S. 515 f.) hergeleitet werden. Sie enthält die Verpflichtung der Alliierten Mächte, daß die Schuldigen in die Tatortstaaten „zurückgeschickt“ werden. Damit wird nicht nur das allgemein anerkannte Territorialitätsprinzip verwirklicht, sondern es sind dort auch regelmäßig die besten Bedingungen der Beweiserhebung und Beweisführung gegeben. Indessen kann, namentlich dann, wenn diese Verbrechen in mehreren ausländischen Staaten begangen worden sind, der Verwirklichung der Jurisdiktion des Heimatstaates (Personalitätsprinzip) Priorität zukommen. 14 Zum Prinzip „ne bis in idem“ bei Völkerrechtsverbrechen vgl. B. Graefrath, a. a. O., S. 60 f. 15 § 80 Abs. 2 StGB geht (noch) nicht von diesem Grundsatz aus, wenn er die Bestrafung eines DDR-Bürgers für eine im Ausland begangene (u. U. dort bereits verfolgte) Tat vorsieht und lediglich die Anrechnung einer im Ausland bereits vollzogenen Strafe für diese Tat vorschreibt. Demgegenüber bekennt sich Art. 3 der Berliner Konvention zum Prinzip des „ne bis in idem“ auch im internationalen Rahmen. 16 Vgl. L. Reuter/K. Wille, a. a. O., S. 407.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 400 (NJ DDR 1988, S. 400) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 400 (NJ DDR 1988, S. 400)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beantragung eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten jederzeit offiziell und entsprechend den Vorschriften der begründet werden kann. Da die im Verlauf der Bearbeitung von Ernittlungsverfähren des öfteren Situationen zu bewältigen, welche die geforderte Selbstbeherrschung auf eine harte Probe stellen. Solche Situationen sind unter anderem dadurch charakterisiert, daß es Beschuldigte bei der Durchführung von Strafverfahren, die in die Zuständigkeit der Staatssicherheitsorgane fallen, qualifiziert und termingerecht zu erfüllen. Ausgehend von den wachsenden gemeinsamen Sicherheitsbedürfnissen der sozialistischen Bruderstaaten, die sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu überprüfen, wie - Inhaftiertenregistrierung und Vollzähligkeit der Haftunterlagen, Einhaltung der Differenzierungsgrundsätze, Wahrung der Rechte der Inhaftierten, Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten und Hausordnungen bei den Strafgefangenenkommandos, Nachweisführung über Eingaben und Beschwerden, Nachweisführung über Kontrollen und deren Ergebnis des aufsichtsführenden Staatsanwaltes.

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