Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 399

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 399 (NJ DDR 1988, S. 399); Neue Justiz 10/88 399 Rechtsfragen der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Strafrechts Prof. Dr. sc. ERICH BUCHHOLZ, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Ein deutliches Merkmal der aktuellen Entwicklung besteht darin, daß sich unter dem Einfluß des Washingtoner Vertrages zwischen der UdSSR und den USA über die Beseitigung der Mittelstreckenraketen vom 8. Dezember 1987 die Bedingungen für den Kampf um den Frieden günstiger gestalten und so auch förderlich für eine friedliche und konstruktive internationale Zusammenarbeit auf allen relevanten Gebieten sind.1 Es darf angenommen werden, daß dieser historische Gesamtprozeß sich ebenfalls günstig auf das Herangehen an die neuen Fragen und Aufgaben auswirkt, die im Zusammenhang mit der bedeutenden Zunahme grenzüberschreitender Personenbewegungen im Hinblick auf das internationale Zusammenwirken bei der Verfolgung von Straftaten und zu ih-jrer Vorbeugung entstehen. Die seit 1955 alle fünf Jahre stattfindenden UN-Kongresse über die Kriminalitätsvorbeugung, und die Behandlung von Straftätern1 2 3 haben sich zu einem interessanten und für viele Staaten nützlichen Forum des internationalen Erfahrungs-austauschs entwickelt. Verstärkt wurde dabei dazu übergegangen, übereinstimmende, international allgemein anerkannte Positionen in entsprechenden Dokumenten zu fixieren, darunter auch solchen, die später Resolutionen, Empfehlungen oder Konventionen (bzw. Konventionsentwürfe) wurden.5 In Vorbereitung des nächsten (VIII.) UN-Kongresses zu dieser Thematik befaßte sich kürzlich ein Expertentreffen von Richtern, Rechtsanwälten, Staatsanwälten, leitenden'Mitarbeitern von Justiz- und Innenministerien und Wissenschaftlern aus sozialistischen und nichtsozialistischen Ländern speziell auch mit Fragen der internationalen Kooperation bei der Übertragung bzw. Übernahme von Strafverfahren (transfer of proceedings) und der Aufsicht über zur Bewährung verurteilte Personen (transfer of supervision). Gerade bei diesen Problemkreisen treffen nicht nur unterschiedliche Konzeptionen, Erfahrungen, Traditionen und Rechtsprinzipien aufeinander; sie berühren auch sehr neuralgisch Fragen der Souveränität der Staaten sowie der Prinzipien der Gerechtigkeit, der Interessen beteiligter Individuen und der Menschenrechte überhaupt. Die Experten waren bemüht, zur Problematik Grundprinzipien oder Modellvereinbarungen zu erarbeiten, die dann (nach Verabschiedung durch den Kongreß) interessierten Staaten zur Nutzung anempfohlen werden sollen.4 Derartige Dokumente müssen einerseits relativ allgemein und flexibel gehalten sein, aber andererseits bestimmte allgemein anerkannte Minimalregeln erfassen, um mit den fundamentalen Anliegen der Menschheit, vor allem der Gewährleistung friedlicher Zusammenarbeit und der Menschenrechte, in Einklang zu stehen. L. Reuter und K. Wille haben in dieser Zeitschrift5 Regelungen, Erfahrungen, Erkenntnisse und auch Perspektiven der Kooperation sozialistischer Staaten bei der Strafverfolgung, insbesondere bei ihrer Übernahme, dargelegt. Das verdient insbesondere deshalb hervorgehoben zu werden, weil die publizistische Behandlung von Fragen des internationalen Rechtsverkehrs in Strafsachen, die auf den spezifischen Gemeinsamkeiten der sozialistischen Länder aufbauen konnte, in vieler Hinsicht auch orientierend für das Herangehen an ähnliche Fragen in bezug auf andere Staaten sein kann, zu denen sich Rechtsverkehrsbeziehungen auch in Strafsachen entwickeln bzw. früher oder später entwickeln werden.6 Deshalb sollen im folgenden einige generelle, nicht nur auf die Kooperation zwischen sozialistischen Ländern begrenzte Probleme erörtert werden. Aspekte und Anliegen der Übertragung/Ubernahme der Strafverfolgung und Bewährungsaufsicht Für die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen sind insbesondere die Fälle bedeutsam, in denen ein ausländischer Staatsbürger eine Straftat begeht, diese im Tatortstaat aufgedeckt, er dort auch gestellt, u. U. in Untersuchungshaft genommen wurde und nun mit dem Verfahren seinem Heimatstaat überstellt werden soll; der Täter bereits in seinen Heimatstaat zurückgekehrt ist und dort ein Verfahren wegen der im Ausland begangenen Straftat herbeigeführt bzw. eine gegen ihn ausgesprochene Bewährungsstrafe weiter verwirklicht werden soll.7 Es liegt auf der Hand, daß für derartige Fälle nicht jeweils ad hoc eine praktikable Lösung gesucht und gefunden werden sollte, sondern daß es im Interesse der Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit und damit im Interesse der Menschen ge- 1 Vgl. E. Honecker, Mit dem Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wohle der Menschen (Aus dem Referat auf der Beratung des Sekretariats des Zentralkomitees der SED mit den 1. Sekretären der Kreisleitungen am 12. Februar 1988), Berlin 1988, S. 6 ff. 2 Die Durchführung derartiger Kongresse geht auf die Resolution 415/V der Vollversammlung der UNO vom 1. Dezember 1950 zurück. Am III. UN-Kongreß 1965 in Stockholm nahmen erstmalig auch Wissenschaftler aus der DDR teil. Vgl. zu den Ergebnissen dieses Kongresses E. Buchholz/W. Krutzsch in NJ 1965, Heft 19, S. 614 ff., zur Arbeit des IV. UN-Kongresses 1970 in Kyoto (Japan) H. Heilborn in NJ 1970, Heft 24, S. 740 ff. und zum V. UN-Kongreß 1975 in Genf E. Buchholz/H. Harrland/H. Heilborn in NJ 1976, Heft 1, S. 19 ff. 3 Als bekanntester Beleg hierfür sind die 1955 vom I. UN-Kongreß über die Kriminalitätsverhütung und die Behandlung von Straftätern angenommenen Standard Minimum Rules über die Behandlung von Strafgefangenen zu nennen. Zur Beratung der UN-Völkerrechtskommission (ILC) über Artikelentwürfe für den Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit vgl. B. Graefrath in NJ 1988, Heft 2, S. 60 ff. Zum Einfluß der Internationalen Vereinigung für Strafrecht (Association Internationale de Droit Pönal AIDP) vgl. u. a. die Darlegungen von E. Buchholz in NJ 1985, Heft 2, S. 61 f-, und U. Dähn in NJ 1984, Heft 9, S. 355 f. 4 Das Problem der gemeinsamen Erarbeitung relevanter Dokumente besteht darin, stets im Auge zu behalten, nicht durch ein Zuviel an Papier in einen untauglichen Versuch der Formalisierung und Schematisierung der Strafrechtspflege zu verfallen. 5 L. Reuter/K. Wille, „Übernahme der Strafverfolgung im Rechtsverkehr in Strafsachen zwischen der DDR und anderen sozialistischen Staaten“, NJ 1987, Heft 10, S. 405 ff. 6 Die am 19. Mai 1978 von der VR Bulgarien, der Ungarischen VR, der DDR, der Republik Kuba, der Mongolischen VR, der VR Polen, der UdSSR und der CSSR Unterzeichnete Konvention über die Übergabe zu Freiheitsstrafen verurteilter Personen zum Vollzug der Strafe in dem Staat, dessen Staatsbürger sie sind in Kraft getreten für die DDR am 16. April 1980 (GBl. II Nr. 1 S. 24) sieht in Art. 22 vor, daß auch andere (also nichtsozialistische) Staaten der Konvention beitreten können. Der Regelungsgegenstand der Konvention im folgenden Berliner Konvention , nämlich die Verwirklichung von Freiheitsstrafen im anderen Staat, stand nicht auf der Tagesordnung des Expertentreffens. Wenn im folgenden wiederholt auf die Berliner Konvention erwiesen wird, so deshalb, weil es eine Reihe übereinstimmender allgemeiner Probleme und Prinzipien der internationalen Kooperation auf dem Gebiet des Strafrechts gibt und weil die Staatenpraxis der sozialistischen Länder diese in der Berliner Konvention in hohem Maße verbindlich fixiert hat. Vgl. auch W. Oberthür, „Multilaterale Konvention über die Übergabe Verurteilter zum Strafvollzug im Heimatstaat“, NJ 1980, Heft 10, S. 459 ff. 7 Modifikationen dieser Fallkonstellationen sind z. B.: Ein Staatsbürger des Staates A beging im Staat X eine Straftat, begab sich dann in den Staat Y und wurde im Staat Z gestellt, um nun (nach Übergabe) in seinem Heimatstaat zur Verantwortung gezogen zu . werden. Noch kompliziertere Fälle sind solche, in denen ein Täter (oder mehrere Täter) in mehreren ausländischen Staaten mehrere Straftaten beging (en) und nun in einem der tangierten Staaten, möglichst in seinem (ihrem) Heimatstaat, zur Verantwortung gezogen werden soll(en) bzw. auch eine anderswo ausgesprochene Bewährungsstrafe hier verwirklicht werden soll. Da das Modifikationen zu dem im Text genannten Fall sind, wird es zunächst für ausreichend gehalten, diesen im weiteren zu behandeln.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 399 (NJ DDR 1988, S. 399) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 399 (NJ DDR 1988, S. 399)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X