Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 374

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 374 (NJ DDR 1988, S. 374); 374 Neue Justiz 9/88 Antisomozistischen Volksgerichte.* 12 29 Zugleich trug er aber zur politischen Klärung innerhalb der bürgerlichen Parteien Nikaraguas bei.30 Bei den Volksmassen fand die Tätigkeit der Antisomozistischen Volksgerichte Zustimmung. Sie erkannten sie als „neue Form der demokratischen Gerichtsbarkeit“31 an. Das Antisomozistische Volksgericht dokumentierte, wie in Nikaragua die Volkssouveränität, nachdem sie mit der Waffe erobert und verteidigt wurde, auch mit dem Recht geschützt wird. In einer komplizierten Situation des Kampfes gegen die Konterrevolution wurden Formen der Ausübung der Staatsmacht gefunden, die entsprechend den Erfordernissen des revolutionären Umwälzungsprozesses mit rechtlichen Mitteln die Errungenschaften der nikaraguanischen Revolution schützten. Das Pilotprojekt zur Umgestaltung der Justiz Um die Mitwirkung der Werktätigen im Justizsystem dauerhaft zu verankern und veraltete Strukturen der Gerichtsbarkeit zu überwinden, wurde durch Dekret des JGRN vom 12. April 1984 ein „Pilotprojekt für die Transformation der Justiz“32 verabschiedet, das von einer Kommission aus Vertretern des Obersten Gerichts, des Ministeriums der Justiz, des Ministeriums des Innern und des JGRN formuliert worden war. Damit wurde die weitere Entwicklung der Gerichtsbarkeit auf die Verwirklichung der Interessen des Volkes verpflichtet. Als bewährte Form der Mitwirkung der Werktätigen wurde die Zusammensetzung der Gerichte mit einem Juristen und zwei Laienrichtern übernommen, wie sie bei den Sondergerichten, den Agrargerichten und den Antisomozistischen Volksgerichten praktiziert wurde bzw. wird. Die Ernennung der Richter erfolgt nicht wie bisher durch den JGRN, sondern durch das Oberste Gericht. Ausdrücklich fixiert wurde der Widerruf der Ernennung im Fall schwerer Pflichtverletzung des Richters. Mit dem Pilotprojekt war zugleich beabsichtigt, die Rechtsprechungsfunktion der Sandinistischen Polizei aufzuheben. Die Polizeirichter, die vom Innenminister ernannt werden, haben eine begrenzte Zuständigkeit zur Aburteilung von Straftätern. Ihre Zuständigkeit betrifft Fälle von Drogenhandel, Viehdiebstahl und Warenspekulation, in denen der Polizeirichter Strafen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren Gefängnis verhängen kann, wenn keine ausreichenden Beweise für die Übergabe des Verfahrens an die allgemeinen Gerichte vorgelegt werden. Gegen Entscheidungen der Polizeirichter kann bei den regionalen Beauftragten des Innenministeriums Berufung eingelegt werden. Diese müssen über die Beschwerde innerhalb von sechs Tagen entscheiden. Doch unter dem Druck der Konterrevolution behielten militärische Schutz- und Sicherheitsaufgaben den Vorrang. Deshalb wurde die Durchführung des Pilotprojekts vorerst verschoben. Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit Die nikaraguanische Verfassung von 198733 hat der Entwicklung des Gerichtssystems neue Impulse gegeben. Die Gerichtsbarkeit wird in der Verfassung als eine der vier voneinander unabhängigen Staatsgewalten verankert, die harmonisch aufeinander abgestimmt und den höchsten Interessen der Nation untergeordnet sind. In nüchterner Einschätzung der gegenwärtigen Situation ist der Inhalt der staatlichen Tätigkeit in dieser frühen Phase der antiimperialistisch-demokratischen Etappe Nikaraguas auf die Erfüllung allgemein-demokratischer Aufgaben, verbunden mit dem Kampf gegen imperialistische Interventionspolitik und Konterrevolution, gerichtet. Die sozialen und politischen Grundlagen der nikaraguanischen Revolution konsolidierend, wurde die neuartige Verbundenheit der Gerichtsbarkeit mit dem Volk als Verfassungsprinzip in Art. 158 allgemein fixiert. In Art. 166 wurde die Mitwirkung von Laien als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung, und zwar als gleichberechtigte Richter, konkret verankert. Zwischen der Realisierung dieses Mitwirkungsrechts in der allgemeinen Gerichtsbarkeit und der Beendigung der Tätigkeit der Antisomozistischen Volksgerichte wurde in Art. 199 ein Zusammenhang hergestellt, der unter Beachtung der Entwicklung etappenweise realisiert werden soll. Diese Verknüpfung, die die Dynamik des Friedenskampfes und der Fortschrittsentwicklung berücksichtigt, bringt deutlich zum Ausdruck, daß die Gerichtsbarkeit ein politisches Instrument ist. Sie ist Teil des demokratischen Staatsgefüges und dient zur Umgestaltung aller Sphären des gesellschaftlichen Lebens: Damit ist auch die Aufgabe der Gerichtsbarkeit, Recht in Form der Rechtsprechung anzuwenden, eine politische Aktivität. Die Verfassung geht von einer einheitlichen Gerichtsorganisation des Landes aus; davon ausgenommen ist lediglich die Militärgerichtsbarkeit. Höchstes Organ der Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 159 das Oberste Gericht. Die sieben Mitglieder des Obersten Gerichts werden von der Nationalversammlung für sechs Jahre gewählt; der Präsident des Obersten Gerichts wird vom Staatspräsidenten aus dem Richterkollegium ernannt. Das Oberste Gericht beruft auch weiterhin die Richter der Berufungsgerichte und der anderen Gerichte der Republik. In Art. 165 der Verfassung ist der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit fixiert. Danach sind die Richter nur der Verfassung und den Gesetzen gegenüber zum Gehorsam verpflichtet. Unter Berücksichtigung der Geschichte der Rechtsprechung während der Somoza-Diktatur, in der die Käuflichkeit der Richter typisch war, gibt eine solche Proklamation einen allgemein-demokratischen Sinn. Um der Bevölkerung den Zugang zu den Gerichten zu erleichtern, wurde in Art. 165 die „kostenlose Justizgewährung“ festgelegt. Der Verselbständigung der Gerichtsbarkeit gegenüber dem Parlament wirkt die Wahl der Richter des Obersten Gerichts durch die Nationalversammlung ebenso entgegen wie deren Zustimmung bei Amtsverzicht oder bei Amtsenthebung. Dies wird allerdings durch die Kompetenz des Obersten Gerichts als Entscheidungsinstanz für Verfassungskontrollbeschwer-den, die jeder nikaraguanische Bürger Vorbringen kann, relativiert.34 Letztlich bleibt aber der Nationalversammlung gemäß Art. 138 das Recht, die Gesetze der Republik authentisch zu interpretieren. Die Gerichtsbarkeit wird damit strikt an das Gesetz als wichtigste Äußerungsform des Parlaments gebunden. Das vom Volk gewählte Parlament ist das oberste staatliche Machtorgan, und jede Aufgabenteilung zwischen Parlament und Gerichtsbarkeit dient der Durchsetzung, nicht aber der Eingrenzung der Volkssouveränität. In der Verfassung von 1987 findet der mit dem Sturz der Somoza-Diktatur 1979 eingeleitete Prozeß des demokratischen Neuaufbaus, der die werktätigen Massen an der progressiven Gerichtsbarkeit beteiligt und einen Beitrag zur Festigung der nationalen Einheit des nikaraguanischen Volkes darstellt, günstige Voraussetzungen. 29 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (Frankfurt am Main) vom 25. Oktober 1986, S. 3; M. Kriele, Nicaragua das blutende Herz Amerikas, 3. Aufl., München/Zürich 1986, S. 60 ff. 30 So z. B. innerhalb der oppositionellen Konservativen Demokratischen Partei (PCD), die im Frühjahr 1979 aus verschiedenen konservativen Gruppen neuformiert wurde, überwiegend die Interessen kleiner und mittlerer Privateigentümer vertritt, sich als Zentrumspartei versteht und im Land als Oppositionskraft zur Somoza-Diktatur anerkannt ist. Zum einen gibt es in ihr jene Vertreter, die das im Kampf gegen die Somoza-Diktatur entwickelte bürgerliche Rechts Verständnis zum Maßstab ihres Denkens und Handelns in der Gegenwart zu formulieren versuchen; zum anderen profilierten sich Mitglieder der PCD in einem außergewöhnlichen politisch-geistigen Entwicklungsprozeß von engagierten bürgerlichen Oppositionspolitikern gegen Somoza zu antiimperialistischen Demokraten, die ungeachtet ihres politisch-ideologischen Standortes im Prinzip die dominierende Kraft der FSLN anerkennen. 31 Vgl. „Festigung der Volksmacht in Nikaragua“, a. a. O. 32 Dekret Nr. 1441, in: Leyes , Bd. X, o. J., S. 149 ff. 33 Constituciön Politica, in: La Gaceta (Diario oficial), Managua 1987, Nr. 5, S. 34 ff. 34 Vier oppositionelle Parteien haben von der Verfassungskontroll-beschwerde beim Obersten Gericht bereits Gebrauch gemacht; sie wurde vom Obersten Gericht mit dem Argument abgelehnt, daß ihr in diesem Fall die gesetzliche Grundlage fehle (vgl. Archiv der Gegenwart [Köln] 1987, S. 30913).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 374 (NJ DDR 1988, S. 374) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 374 (NJ DDR 1988, S. 374)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei Vorführungen, beitragen. Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der verhafteten Personen, der Geheimhaltung und auf die operativ-taktischen Fragen der Sicherung der Rechte der Verhafteten während des Aufenthaltes in der medizinischen Einrichtung. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des UatFsjfcungsführers in der täglichen Untersuchungsarbeit, abfcncn im Zusammenhang mit Maßnahmen seiner schulischen Ausbildung und Qualifizierung Schwergewicht auf die aufgabenbezogene weitere qualitative Ausprägung der wesentlichen Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung mit der ZAIG. Schließlich ist im Halbjahr mit der Erarbeitung von Vorschlägen für Themen zentraler, Linien- und Territorialprognosen zu beginnen und sind die entsprechenden vorbereitungsarbeiten für die Erarbeitung von Koör dinierungaVorschlägen liegt dementsprechend bei den Referatsleitern der Abteilung ХѴ Sie haben im Rahmen dieser Verantwortung die Realisierung der vom Leiter der Abteilung in Form von Transportaufträgen bestätigten Koordinierungsvorsohläge gewährleisten., Zu beachtende Siohorheltserfordernisse und andere Faktoren, die Einfluß auf die Koordinierung der Transporte haben.

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