Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 365

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 365 (NJ DDR 1988, S. 365); Neue Justiz 9/88 365 Staat und Recht im Imperialismus Bewegung in der Staatsangehörigkeitsdoktrin der BRD? Zu einem bemerkenswerten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. habil. GERHARD RIEGE, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena 1987 war ein in mancherlei Hinsicht bedeutungsvolles Jahr. Zu seinen bemerkenswerten Ereignissen zählt der Besuch des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR in der Bundesrepublik Deutschland. Der offizielle Charakter dieses Besuchs das Hissen der Staatsflagge und das Spielen der Hymne der DDR zu diesem Anlaß haben über das protokollarische Moment hinaus tiefere Bedeutung bezeugte vor der internationalen Öffentlichkeit auf seine Weise, was in der Welt der Realitäten schon nahezu vier Jahrzehnte alt war: das Bestehen zweier deutscher Staaten mit jeweils eigener gesellschaftspolitischer Prägung, zweier souveräner Ordnungen, deren staatliche Ausdrucksformen sich nach den Regeln des Völkerrechts begegnen. Wendet man das Bild, ließe sich mit gleicher Berechtigung von der augenfälligen Demonstration des Scheiterns einer deutschlandpolitischen Konzeption sprechen, die mindestens zeitgleich mit der Geburt der BRD entstand und deren Zentrum zunächst die Thesen von der alleinigen deutschen Staatlichkeit der Bundesrepublik als des mit dem Deutschen Reich identischen Staates und von der Vertretungsbefugnis dieses Staates für alle Deutschen bildeten. Zweifellos haben sich die deutschlandpolitischen Formeln und Praktiken der BRD, die vor einer Generation geläufig waren, gewandelt. Der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD von 1972 (Grundlagenvertrag) und der mit der Helsinki-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1975) verbundene Prozeß sowie eine Fülle von zwischenstaatlichen Vereinbarungen und Kommunikationen auf unterschiedlichen Gebieten markieren den nicht eben glatten Weg, auf dem beide deutsche Staaten zu mehr Normalität, zu wie es in Art. 1 des Grundlagenvertrages heißt „normalen gutnachbarlichen Beziehungen zueinander“ voranschreiten. In eben diesem Jahr 1987 wurden in der BRD Beiträge und gerichtliche Entscheidungen veröffentlicht, die mit dieser Tendenz schwerlich in Übereinstimmung gebracht werden können. Sie könnten glauben machen, daß dort die Sphäre des Rechts eine eigene, von der Realität zweier sich gleichberechtigt begegnender deutscher Staaten abgehobene Existenz hat. Sie lassen sich auch als Beleg dafür nehmen, daß der intellektuelle Prozeß, diese nahezu 40jährigen gesellschaftlich-staatlichen Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, konfliktreich verläuft, wenn er nicht gar klasseninteressenbedingt vermieden wird. Publizistische Wegzeichen für höchstrichterliche Entscheidung zur Staatsbürgerschaftsfrage im Verhältnis DDR BRD Unter dem Titel „Die deutsche Staatsangehörigkeit Klammer der Nation?“ erschien 1987 ein Beitrag von W. A. Kewenig, in dem wir eingangs lesen: „Ja, die deutsche Staatsangehörigkeit ist in der Vorstellung der Deutschen ein die beiden Staaten in Deutschland einigendes Band. Das gilt im westlichen ebenso wie im östlichen Teil Deutschlands Bürger der Bundesrepublik Deutschland1, .Bürger der DDR“ das sind wenig attraktive, künstlich wirkende .Herkunftsbezeichnungen1. Deutsche sind alle.“1 Herkunftsbezeichnungen sind diese Begriffe auch. Vor allem aber sind sie die treffenden Formeln für die Verbindung von Menschen mit zwei verschiedenen Staaten, über deren Verschiedenheit freilich diese Termini selbst keine direkte Auskunft geben. Aber diese Verschiedenheit hat, wie nicht beweispflichtig ist, fundamentale Bedeutung: sozialistische und kapitalistische Gesellschaftsverhältnisse, inhaltlich voneinander abgehobene Staat-Bürger-Beziehungen, differenzierte Rechtsordnungen, voneinander abgegrenzte und gerade deshalb zur friedlichen Zusammenarbeit aufgerufene souveräne Staaten u. a. m. Kewenig vermerkt, daß es Zweifel hinsichtlich der Ausgangsfrage in der Überschrift seines Beitrags gibt und daß sich diese Zweifel auch innerhalb der BRD zeigen: Eine Ursache dafür setze „vor allem die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts“. Gemeint ist insbesondere dessen Urteil im sog. Teso-Fall vom 30. November 1982 IC 72/78 .2 Kewenig attestiert dem Bundesverwaltungsgericht, daß es sich mit manchen seiner Ansichten „auf Abwege“ begibt, daß seine Position, über die noch zu reden sein wird, „auch dem Grundgesetz (widerspricht)“. Auch E. R ö p e r konstatiert, das Bundesverwaltungsgericht habe die gesamtdeutschen Fragestellungen „weder erfaßt noch rechtlich oder national befriedigend beantwortet“. Schließlich trifft er gar eine Aussage von (im wörtlichen Sinn) historischer Dimension: „Die entscheidende Frage am Ausgang des 20. Jh. ist, Ob sich die Bundesrepublik endgültig von der (gesamt-)deutschen Geschichte löst. Und dafür ist die Rechtsprechung des BVerwG ein exemplarischer Fall.“3 *, Die Vermutung liegt nahe, daß es vor allem die in den Entscheidungsgründen formulierten Rechtspositionen des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Souveränitätsprinzips im Staatsangehörigkedtsrecht sind, die von fallspezifischen Details abgesehen zur Gegenattacke Anlaß geboten haben. Es handelt sich um die zum internationalen „Normalbefund“ gehörenden Aussagen: „In den grundsätzlich weiten Grenzen des Völkerrechts bestimmt jeder Staat selbst über seine Staatsangehörigkeit und regelt dementsprechend ihren Erwerb und Verlust durch sein innerstaatliches Recht. Entsprechendes gilt für die Bundesrepublik Deutschland bezüglich der deutschen Staatsangehörigkeit auch im Verhältnis zur DDR. “4 Inzwischen hat sich das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 21. Oktober 1987 2 BvR 373/83 im Teso-Fall geäußert.5 Es fällt nicht schwer, in der Begründung seiner (mit 6 zu 2 Richterstimmen ergangenen) Entscheidung Gleichklang mit in der Literatur bereits vorab geäußerten Wertungen, namentlich mit dem Verdikt Kewenigs, zu finden. In einer Schärfe, die uns ungewöhnlich erscheint, wird das Bundesverwaltungsgericht belehrt: „Die statische Betrachtungsweise des Bundesverwaltungsgerichts stellt diese Einheit des ganzen deutschen Volkes in seinem jeweiligen Bestand als des Trägers des Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich in Frage; sie läuft dem Gebot des Grundgesetzes zuwider, die Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit zu wahren. “6 Worum handelt es sich, was zu solcher Entschiedenheit Anlaß gibt? Der Sachverhalt, an den das Bundesverfassungsgericht seine Folgerungen knüpft, ist für unsere Betrachtung von sekundärer Bedeutung.7 Er gibt nur den Anlaß, Positionen mit einer über den konkreten Fall weit hinausreichenden, ja generellen Bedeutung zu formulieren. Das Bundesverfassungsgericht leitet die Begründung seines 1 Europa-Archiv (Bonn) 1987, Heft 18, S. 517 ff.; Nachdrude in: Handelsblatt (Düsseldorf) 1987, Nr. 25/26, Beilage, S. 1 ff. 2 Juristenzeitung (Tübingen) 1983, Heft 14, S. 539 ff.; Das Standesamt (Frankfurt a. M.) 1983, Heft 7/8, S. 207 ff. 3 E. Röper, „Deutsche und andere Deutsche? (Zur Frage der Staatsbürgerschaft)“, Der Staat (Berlin [West]) 1987, Heft 1, S. 54 ff. 4 Juristenzeitung 1983, Heft 14, S. 541; Das Standesamt 1983, Heft 7/8, S. 208. 5 Juristenzeitung 1988, Heft 3, S. 144 ff.; Deutsches Verwaltungsblatt (Köhl) 1988, Heft 6, S. 279 ff. 6 Juristenzeitung 1988, Heft 3, S. 146; Deutsches Verwaltungsblatt 1988, Heft 6, S. 281. 7 Hier die Fakten, soweit sie ln den Entsdieidungsgründen aufgeführt sind: Der Beschwerdeführer Teso wurde 1940 in Meißen als ehelicher Sohn eines italienischen Staatsangehörigen geboren. Seine Mutter hatte durch ihre Eheschließung die deutsche Staats-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 365 (NJ DDR 1988, S. 365) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 365 (NJ DDR 1988, S. 365)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden zulässig und notwendig. Die erfordert methodisch korrektes Vorgehen. Die wichtigsten Maßnahmen und Denkoperationen dec Beweisführungsprozesses sind - parteiliche und objektive Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie sowie der Partner in der Zusammenarbeit und dem Zusammenwirken müssen bewußt unter dem Aspekt einer zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit gestaltet werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X