Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 335

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 335 (NJ DDR 1988, S. 335); Neue Justiz 8/88 335 Zur Diskussion Entwicklung des Strafverfahrensrechts und Neugestaltung der StPO Prof. Dt. sc. KARL-HEINZ BEYER, Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Der vom Ministerrat am 10. September 1987 beschlossene Gesetzgebungsplan sieht zur weiteren Vervollkommnung des sozialistischen Rechts der DDR u. a. die Neufassung der Strafprozeßordnung vor.1 Der Begriff „Neufassung“ betont einmal die Kontinuität der Entwicklung des Strafverfahrensrechts der DDR und zum anderen die Notwendigkeit, den Gleichklang zwischen der Rechtsentwicklung und den Erfordernissen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung ständig zu gewährleisten. Die erste StPO der DDR vom 2. Oktober 1952 I (GBl. Nr. 142 S. 996) war Bestandteil der gesellschaftlichen und der staatsrechtlichen Umgestaltungen des Jahres 1952. Das gilt entsprechend für das StEG vom 11. Dezember 1957 (GBl. I Nr. 78 S. 643), für den Rechtspflegeerlaß vom 4. April 1963 (GBl. I Nr. 3 S. 21) sowie für das Gesetz zur Änderung und Ergänzung strafrechtlicher und verfahrensrechtlicher Bestimmungen vom 17. April 1963 (GBl. I Nr. 4 S. 65). Die StPO vom 12. Januar 1968 (GBl. I Nr. 2 S. 49) stand wie der gesamte Strafrechtskomplex wiederum im Zusammenhang mit grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, die in der zweiten Verfassung der DDR vom 6. April 1968 (GBl. I Nr. 8 S. 199) ihren Ausdruck fanden. In ähnlicher Weise betrifft dies das StÄG vom 19. Dezember 1974 (GBl. I Nr. 64 S. 597), während die Änderungen der Jahre 1977 und 19791 2 für das Strafverfahrensrecht nicht von grundsätzlicher Bedeutung waren. Die Entwicklung des Strafverfahrensrechts spiegelt die zunehmende Integration und Differenzierung des sozialistischen Rechtssystems der DDR wider. Dabei ist die Feststellung von Egon K r e n z , Mitglied des Politbüros und Sekretär des Zentralkomitees der SED, bedeutsam, „daß die DDR über ein gut entwickeltes sozialistisches Gesetzeswerk verfügt. Es entspricht den objektiven Erfordernissen unserer entwickelten sozialistischen Gesellschaft.“3 Die Integration des Strafverfahrensrechts im einheitlichen sozialistischen Rechtssystem ist weiter zu erhöhen. Dabei ist das Strafverfahrensrecht nicht nur in seinen Wechselbeziehungen mit dem Strafrecht, sondern insbesondere auch mit dem Staats- und Völkerrecht zu sehen. Schließlich umfaßt das Strafverfahrensrecht die Rechtsnormen, welche die Ziele und Aufgaben, die Funktion und Struktur des Strafverfahrens als spezifische Form staatlicher Leitung regeln. Es bestimmt den Ablauf des Strafverfahrens und die Rechte und Pflichten der daran Beteiligten bei der Prüfung, Feststellung und Sicherung der Verwirklichung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Die strafprozessualen Bestimmungen tragen dazu bei, daß Maßnahmen eingeleitet werden, um Ursachen und Bedingungen von Straftaten unter Ausschöpfung der gegebenen gesellschaftlichen Möglichkeiten zu beseitigen. Das Strafverfahrensrecht ist als anerkannter Zweig des einheitlichen sozialistischen Rechtssystems zwar die wichtigste, aber nicht die einzige Grundlage der Verwirklichung des Strafrechts. Es hat zugleich wesentliche, eigenständige Bedeutung für die Gewährleistung der Rechte und die Achtung der Würde des Menschen. Strafrecht und Strafverfahrensrecht bedingen einander als selbständige Rechtszweige, beeinflussen sich wechselseitig und entwickeln sich darüber hinaus selbständig. Bereits 1985 wurden auf dem Kolloquium der Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Grundfragen der Entwicklung des Strafverfahrensrechts behandelt und Vorschläge für die Konzeption einer Neufassung unterbreitet.4 In diesem Zusammenhang ist schließlich auch auf die im Dezember 1987 verteidigte Studie zu „Grundlinien der weiteren Entwicklung des Strafverfahrens und des Strafverfahrensrechts in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ zu verweisen. Kontinuierliche Entwicklung des Strafverfahrensrechts der DDR und Staatsordnung und der Rechte der Bürger durch immer wirksamere Bekämpfung und Vorbeugung von Straftaten bei. Das Strafverfahren ist immer mehr in den gesamtgesellschaftlichen Kampf gegen die Kriminalität und für ihre Vorbeugung integriert, d. h. seine gesellschaftliche Wirksamkeit erhöht sich. Das Strafverfahrensrecht ordnet sich stärker in das sozialistische Rechtssystem ein und vertieft seine Wechselbeziehungen zu anderen Rechtszweigen. Durch die Qualifizierung der Leitungstätigkeit der zentralen Organe der Strafrechtspflege und durch den Ausbau und die Gewährleistung der differenzierten, zielgerichteten, aktiven und unmittelbaren, dem Verhältnis von gesellschaftlichem Aufwand und gesellschaftlicher Wirksamkeit entsprechenden Mitwirkung der Bürger am Strafverfahren und bei der Umsetzung seiner Ergebnisse wird der demokratische Zentralismus allseitig und immer wirksamer durchgesetzt. Die Garantien für die gerechte Anwendung des Strafrechts und für die Gewährleistung der Rechte und Würde des Menschen im Strafverfahren werden weiter ausgebaut. Die Verantwortung der Staats- und Wirtschaftsorgane, Einrichtungen, Genossenschaften und gesellschaftlichen Organisationen für die Gewährleistung von Gesetzlichkeit, Ordnung, Disziplin und Sicherheit im jeweiligen Verantwortungsbereich wird auch durch das Strafverfahrensrecht ausgeprägt und konsequent durchgesetzt. Aus der mit diesen Wesenszügen charakterisierten Entwicklung des Strafverfahrens und des Strafverfahrensrechts der DDR ergibt sich die Konsequenz, daß Funktion, Struktur, Ziele, Aufgaben und Prinzipien des Strafverfahrens im Einklang mit der Dynamik und den Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung kontinuierlich im Prozeß der Rechtsverwirklichung und Rechtsetzung zu präzisieren sind. Die seit 1952 systematisch entwickelte, übersichtliche Struktur des Strafverfahrens mit seinen Stadien und den klaren Regelungen der Rechte und Pflichten der Beteiligten (insbesondere der Organe der Strafrechtspflege) hat sich in ihrer Grundlinie bewährt, jedoch bedürfen insbesondere die Regelungen der Rechte und Pflichten der Beteiligten und der verschiedenen Stadien der weiteren Ausgestaltung. Die Qualität des Strafverfahrensrechts, der erreichte Grad der Adäquatheit zwischen gesellschaftlichen Erfordernissen und Strafverfahrensrecht ist nur eine Seite, wesentlich ist vor allem aber seine wirksame, schöpferische Anwendung. Die gesellschaftliche Wirksamkeit des Strafverfahrens im einzelnen hängt von vielen Faktoren ab, die den gesellschaftlichen „Rahmen“ für das Strafverfahren bilden.3 Prohlemkreise für die angestrebte Diskussion über die StPO-Neufassung Auf die Darlegung der vielfältigen konzeptionellen Vorschläge zur Neufassung der StPO kann hier unter Hinweis auf die bereits zitierten Quellen verzichtet werden. Bei der Umsetzung konzeptioneller Vorstellungen für die Neufassung der StPO und in Auswertung der dazu erforderlichen Analysen der geltenden StPO sind m. E. als Orientierung für die angestrebte sachkundige Diskussion zwei Problemkreise von besonderer Bedeutung: 1. Die Erarbeitung einer Neufassung der StPO verlangt die unbedingte Berücksichtigung der qualitativ neuen, noch wenig erforschten Anforderungen der 90er Jahre. Die neuen Erkenntnisse zur Funktion und Struktur, zu den Zielen, Aufgaben und Prinzipien sowie die damit verknüpften Konsequenzen für Möglichkeiten und Grenzen des Strafverfahrens gilt es in den Einzelregelungen der verschiedenen Stadien 1 S. Wittenbeck, „Planmäßige Vervollkommnung der sozialistischen Rechtsordnung“, NJ 1887, Heft 11, S. 430 ff.; H. Plltz/G. Teichler, „Weitere Ausgestaltung des Strafverfahrensrechts in der DDR“, NJ 1988, Heft 1, S. 32 ff. 2 2. StÄG vom 7. April 1977 (GBl. I Nr. 10 S. 100) und 3. StÄG vom 28. Juni 1979 (GBl. I Nr. 17 S. 139). 3 E. Krenz, Staat und Recht bei der weiteren Entfaltung der Vorzüge und Triebkräfte der sozialistischen Gesellschaft, Berlin 1985, S. 35. 4 Vgl. dazu den Protokollband zur Entwicklung des sozialistischen Strafverfahrensrechts der DDR Wesenszüge, Probleme, Perspektiven, Leipzig. 1986. Vgl. dazu auch K.-H. Beyer, „Die Funktion des sozialistischen Strafverfahrens, seine Ziele und Aufgaben bei der weiteren schrittweisen ZurüCkdrängung der Kriminalität“, Staat und Recht 1987, Heft 7, S. 548 ff. Vgl. u. a. E. Buchholz, „Methodologische Probleme der Erforschung der Wirksamkeit des Strafrechts“, Staat und Recht 1985, Heft 11, S. 916 ff.; H. Weber, „Theoretische Probleme der Effektivität der Strafverfolgung“, Staat und Recht 1983, Heft 11, S. 873 ff. Die Entwicklung des Strafverfahrensrechts der DDR läßt folgende Wesenszüge erkennen: Dieser Rechtszweig trägt zur Gewährleistung des Schutzes der sozialistischen Gesellschafts-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende politisch-operative Probleme bei der Verdachtsprüfung und der Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit in Ermittlungsverfahren mit Haft bearbeiteten Personen hat eine, wenn auch differenzierte, so doch aber feindlieh-negative Einstellung. Diese feindlich-negative Einstellung richtet sich gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der inneren Ordnung und Sicherheit entsprechend den neuen LageBedingungen, um uuangreifbar für den Feind zu sein sowie für die exakte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit die sichere Verwahrung eines Beschuldigten oder Angeklagten in einer Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit tätigen Mitarbeiter zu entsprechen. Die Zielstellungen der sicheren Verwahrung Verhafteter in allen Etappen des Strafverfahrens zu sichern, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie Kenntnisse zu vermitteln über - Symptome und Krankheitsbilder, die für psychische Auffälligkeiten und Störungen Verhafteter charakteristisch sind und über - mögliche Entwicklungsverläufe psychischer Auffälligkeiten und Störungen und den daraus resultierenden Sicherheitserfordernissen, sowohl in ihrer Gesamtheit als auch auf die einzelnen Reproduktionsprozesse und die zwischen ihnen bestehenden Zusammenhänge und Wechselbeziehungen bezogen.

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