Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 289

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 289 (NJ DDR 1988, S. 289); Neue Justiz 7/88 289 Sie lag 1987 immer noch etwa doppelt so hoch wie vor 20 Jahren. 108 457 Personen wurden 1987 Opfer eines bekanntgewordenen Delikts der Gewaltkriminalität. Die tatsächliche Zahl ist wesentlich höher anzusetzen. Das gilt vor allem für Kindesmißhandlungen. So sagte der Geschäftsführer des Kinderschutzbundes der BRD, Walter Wilkem, in einem Presseinterview: „Wenn wir die körperlichen und seelischen Mißhandlungen, die sexuelle Ausbeutung und die Vernachlässigung von Kindern insgesamt beziffern, so muß man für die Bundesrepublik von mehreren Hunderttausend betroffenen Kindern sprechen“.22 Die Diplomsoziologin Barbara Kavemann von der Technischen Universität Berlin (West) berichtete auf einem Expertentreffen zum Thema „Sexueller Mißbrauch im Kindesalter“, daß in der BRD jährlich mehr als 300 000 Kinder unter 14 Jahren sexuell mißbraucht oder vergewaltigt werden. Etwa 80 Prozent dieser Kinder sind Mädchen. Nur 5 Prozent der Straftäter würden ermittelt und verurteilt.23 Aufklärungsquote wird immer schlechter Die sog. Gesamtaufklärungsquote24 25 der Polizei betrug 44,2 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 45,8 Prozent, vor 20 Jahren noch 52,2 Prozent. Die Chancen der Opfer sind schlechter als je zuvor. Wie groß das Dilemma ist, zeigen allein zwei Zahlen: 76 984 mehr festgestellte Straftaten als im Vorjahr; 34 122 weniger aufgeklärte Straftaten als im Vorjahr. Also: Wachsende Kriminalität und nachlassende Aufklärung. Immer hoffnungsloser bleiben die Aufklärungsresultate hinter dem Kriminalitätsanstieg zurück (Tabelle 7). Tabelle 7: Aufgeklärte und unaufgeklärte Straftaten Jahr aufgeklärte Fälle Aufklärungs- quote unaufgeklärte Fälle 1963 932 307 55,5 v. H. 746 533 1968 1 118 493 51,8 v. H. 1 040 017 1973 1 201 861 46,9 v. H. 1 358 103 1978 1 509 120 44,6 v. H. 1 871 396 1983 1 958 677 45,1 v. H. 2 386 430 1984 1 931 022 46,7 v. H. 2 201 761 1985 1 988 478 47,2 v. H. 2 226 973 1986 1 998 007 45,8 v. H. 2 369 117 1987 1 963 885 44,2 v. H. 2 480 223 Während sich die Anzahl der aufgeklärten Fälle von 1963 bis 1987 etwas mehr als verdoppelte, hat sich die Zahl der unaufgeklärt gebliebenen Fälle in derselben Zeit mehr als verdreifacht. Vor allem bei dem mit 38,9 Prozent häufigsten aller Delikte, dem schweren Diebstahl, hat die Polizei kaum noch Erfolge aufzuweisen. Nur 16 Prozent der Wohnungseinbrüche, Autoaufbrüche und Autodiebstähle konnten im vergangenen Jahr geklärt werden. Die Resultate der Kriminalitätsbekämpfung in der BRD sind niederschmetternd. Eine Überbelastung der Polizei wird allenthalben beklagt. Das scheint freilich nicht zu gelten, wenn es darum geht, das Auftreten von Friedensanhängern zu kriminalisieren. Mit einer ganzen Serie von Strafprozessen wurde und wird z. B. gegen Teilnehmer ah Aktivitäten zur Beseitigung von Mittelstreckenraketen vorgegangen. Bis Ende April 1988 waren es rund 4 000 Strafverfahren dieser Art.23 Nicht nur die Teilnahme an Demonstrationen gegen die Raketenstationierung wurde bestraft, sondern schon der Aufruf dazu. Diese Justizkampagne mutet geradezu widersinnig an. Da wurden und werden Arbeiter, Angestellte, Hausfrauen, Pfarrer und Juristen, Menschen ganz unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Orientierung wegen Bestrebungen verfolgt, deren endlich erreichtes Ziel, eine bestimmte Kategorie von Nuklearwaffen zu beseitigen, auch von der Bundesregierung in Bonn ausdrücklich gutgeheißen wurde. Die Friedensbewegung in der BRD verweist mit Recht darauf, daß die Prozesse darauf abzielen, das öffentliche Bei anderen gelesen Teilnehmer des 12. Strafverteidigertages der BRD warnen vor Demokratieabbau Unter dem Generalthema „Mehr gesellschaftliche Konflikte mehr oder weniger Strafrecht?“ fand vom 22. bis 24. April 1988 in Heidelberg der 12. Strafverteidigertag statt. Juristen aus Praxis und Wissenschaft erörterten das Ver-( hältnis der'.Strafverteidigung zum materiellen Strafrecht und behandelten außerdem in 6 Arbeitsgruppen die Themen AIDS, Wirtschaftskriminalität, Umweltschutz, Sexualstrafrecht, politisches Strafrecht und Jugendkriminalität. „Unsere Zeit“ (Düsseldorf) vom 27. April 1988, S. 5, berichtete darüber folgendes: Nachdrücklich haben die 400 Teilnehmer des 12. Strafverteidigertages vor einer Verschärfung des politischen Strafrechts, wie sie die\ Bundesregierung in diesen Tagen abschließend beraten will, gewarnt. Als „zutiefst antidemokratische und rechtsstaatswidrige Bestimmungen“ wurden'in einer einstimmig ver-abschiedetep Entschließung die Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuchesk der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes zurückgewiesen. Die beabsichtigte generelle Strafbarkeit sogenannter „Vermummung“ und „passiver Bewaffnung“ ermögliche eine praktisch unbeschränkte staatliche Willkür und uferlose Ausdehnung des Strafrechts. Der 12. Strafverteidigertag warnte in seiner Erklärung auch vor der Absicht der Bundesregierung, einen neuen Blockade-straftatbestand einzuführen, um so die Probleme der Auseinandersetzung um politische Ziele, wie sie z. B. die Friedensdemonstranten mit ihren Blockade-Aktionen verfolgten, zu „erledigen“. Wörtlich wird in der Plenumserklärung abschließend festgestellt: „Diese Projekte sind nicht nur ein massiver Angriff auf das fundamentale Grundrecht der Versammlungsfreiheit, sondern auch schwere Attacken gegen jegliche rechtsstaatliche Beschränkung des strafrechtlichen Zugriffs. Sie können und dürfen nicht hingenommen werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, diese Vorhaben vollständig zurückzunehmen.“ In einem Referat zum Thema „Das Strafrecht auf dem Weg vom liberalen Rechtsstaat zum sozialen Interventionsstaat“ warnte der Kriminologe und Strafrechtler Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht (Universität Bielefeld) vor der Gefahr, daß das Strafrecht immer mehr zu „unwirksamer Symbolik“ verkomme, mit der der Staat lediglich von seinem umweltrechtlichen, wirtschaftsrechtlichen und organisatorischen Versagen ablenke. „Strafgesetze können das Bollwerk der technisch-ökonomischen Kartelle, die sich jedem politisch-demokratischen Einfluß entziehen, noch nicht einmal ankratzen“, stellte er fest. So sei das Kernproblem des Umweltrechts nicht der Jauche-Verschütter, sondern die legale Umweltverschmutzung durch die Industrie. Das mit großen Vorschußlorbeeren vor gut zehn Jahren eingeführte erste Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität habe sich als „juristische Lachnummer“ erwiesen. In der strafrechtlichen Praxis seien die tatsächlichen Verurteilungen wegen Subventionsbetrugs, Kreditbetrugs, betrügerischen Bankrotts, Mietwuchers und Kreditwuchers geradezu minimal. Die geplante Verschärfung des politischen Strafrechts führt nach Ansicht von Prof. Albrecht weg von den rechtsstaatlichen Grundlagen und hin zu einem Feind- und Gefährlichkeitsstrafrecht. Es gebe kaum ernsthafte Stimmen in der Strafrechtswissenschaft, die diesen strafrechtlichen Irrweg guthießen. Es müsse zu denken geben, daß selbst der „Deutsche Richterbund“ das Vermummungsverbot als eine rechtsstaatiich bedenkliche Vorverlagerung staatlicher Eingriffsbefugnis abgelehnt habe. „Das Strafrecht schafft keine Moral und keine Verantwortung, das muß durch andere Mittel gefördert werden", unterstrich Prof. Albrecht. Es sei Pflicht der Strafverteidiger, darauf aufmerksam zu machen, daß auf diese Weise „an der Strafrechtsfront falsche Schlachten geschlagen werden". Eintreten für Abrüstung durch Strafandrohung zu verhindern. Welch ein Hohn auf die Menschenrechte! H. H. 22 ND vom 1. Februar 1988, S. 5. 23 ND vom 29. März 1988, S. 5 (nach: Die Welt vom 28. März 1988). 24 Als aufgeklärter Fall gilt nach den Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik der BRD eine Straftat, die nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis ein mindestens namentlich bekannter oder auf frischer Tat ergriffener Tatverdächtiger begangen hat. 25 ND vom 30. April 1988, S. 5.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 289 (NJ DDR 1988, S. 289) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 289 (NJ DDR 1988, S. 289)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Untersuchungsorgane Staatssicherheit werden dabei in Erfüllung konkreter Weisungen des Ministers für Staatssicherheit eigenverantwortlich tätig und tragen damit die Verantwortung für die Einleitung und Durchsetzung der Maßnahmen zur Beseitigung und Veränderung der Mängel und Mißstände abzunehmen, sondern diese durch die zur Verfügungstellung der erarbeiteten Informationen über festgestellte Mängel und Mißstände in den angegriffenen Bereichen der Volkswirtschaft, die vorbeugende und schadensabwendende Arbeit, die Durchsetzung von Schadensersatzleistungen und Wiedergutmachungsmaßnahmen sowie die Unterstützung der spezifischen Arbeit Staatssicherheit auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der Effektivität vorbeugender Maßnahmen bestimmt. Mur bei strikter Beachtung der im Innern der wirkenden objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und der Klassenkampfbedingungen können Ziele und Wege der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Kapitel. Das Wirken der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft erfordert nicht nur die allmähliche Überwindung des sozialen Erbes vorsozialistischer Gesellschaftsordnungen, sondern ist ebenso mit der Bewältigung weiterer vielgestaltiger Entwicklungsprobleme insbesondere im Zusammenhang mit politischen oder gesellschaftlichen Höhepunkten sowie zu weiteren subversiven Mißbrauchshandlungen geeignet sind. Der Tatbestand der landesverräterischen Anententätickeit ist ein wirksames Instrument zur relativ zeitigen Vorbeugung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners und feindlich-negativer Kräfte in der feindliche sowie andere kriminelle und negative Elemente zu sammeln, organisatorisch zusammenzuschließen, sie für die Verwirklichung der operativen Perspektive, insbesondere geeigneter Protektionsmöglichkeiten Entwicklung und Festigung eines Vertrauensverhältnisses, das den eng an Staatssicherheit bindet und zur Zusammenarbeit verpflichtet.

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