Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 283

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 283 (NJ DDR 1988, S. 283); Neue Justiz 7/88 283 Abgrenzung der Eingaben von anderen Rechtsformen der Mitgestaltung Bei manchen Staatsfunktionären gibt es Unsicherheiten bei der Unterscheidung der Eingaben von anderen Rechtsformen. Nach § 1 Abs. 3 Eingabengesetz sind die Eingaben von Rechtsmitteln, Neuerervorschlägen und anderen Anträgen, deren Bearbeitung durch besondere Rechtsvorschriften geregelt ist, abzuheben. In der Praxis wird das aber oftmals vermischt. So wiesen die von uns untersuchten Eingabenanalysen einen Anteil von ca. 6 Prozent Anträgen und ca. 18 Prozent Rechtsmitteln aus. Obwohl vom Grundsatz her im Zweifelsfall das Vorbringen des Bürgers entsprechend dem Eingabengesetz bearbeitet werden muß, sind diese Prozentsätze Indizien für fehlerhafte Verwaltungsarbeit, weil hier möglicherweise die Bearbeitung nach speziellen Rechtsvorschriften hätte erfolgen müssen. Auf Unsicherheiten in der Eingabenbearbeitung deutet auch die hohe Anzahl von wiederholten Eingaben hin. Etwa bei 20 Prozent der von uns untersuchten Wiederholungseingaben wandten sich die Bürger zu Recht gegen die Entscheidung über ihre erste Eingabe bzw. gegen die Verfahrensweise bei deren Realisierung. Hier sind vor allem die Nichteinhaltung von Zusagen, mangelnde Kontrolle der Realisierung von Entscheidungen, ungenügender Kontakt zum Bürger oder die verspätete Beantwortung von Eingaben zu nennen. Die Ursachen für diese Erscheinungen sind unterschiedlich. Oftmals fehlt es an hinreichenden juristischen Kenntnissen der Mitarbeiter staatlicher Organe. Die Entscheidungspraxis bei Eingaben wird nicht genügend bekanntgemacht, so daß es keine Orientierungshilfe für die Bearbeitung gleicher oder ähnlicher Fälle von Eingaben gibt. Zwar wird viel zur juristischen Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter staatlicher Organe getan, aber es. bleibt zur Zeit noch der Mangel, daß Justitiare bei den Räten der Kreise fehlen, die am ehesten befähigt sein dürften, klare, dem Gesetz entsprechende Entscheidungen bei Eingaben zu treffen. Nach unseren Feststellungen verwenden Mitarbeiter mancher Fachorgane der örtlichen Räte im Durchschnitt 10 bis 15 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Eingabenbearbeitung. Im Hinblick auf die umfassenden Aufgaben der örtlichen Staatsorgane wird hiermit häufig die Grenze der personellen Belastbarkeit erreicht. Das hat wiederum negative Auswirkungen auf die Einstellung der Mitarbeiter zu den Eingaben generell. Eine formale Behandlung der Anliegen der Bürger ist die Folge: In Antwortschreiben an die Bürger werden Vordrucke, Stempel usw. verwendet; die Kontrolle über die Durchführung angewiesener Maßnahmen wird vernachlässigt; auf gesellschaftlich und individuell bedeutsame Anliegen der Bürger wird nicht mehr mit der erforderlichen Sorgfalt und Feinfühligkeit reagiert; einzelne Leiter oder Mitarbeiter verhalten sich herzlos und bürokratisch. Mitunter kann auch ein positives Anliegen der Eingabenbearbeitung, nämlich Eingaben im persönlichen Gespräch mit den Bürgern zu klären, ins Gegenteil Umschlägen, dann nämlich, wenn das Fehlen der Schriftform dazu führt, daß dem Bürger unverbindlich, vertröstend und hinhaltend begegnet wird. Die Eingabe ist kein Allheilmittel, und der „Hinweis“ mancher Funktionäre örtlicher Staatsorgane, der Bürger möge sich doch an ein zentrales Staatsorgan wenden, ist nicht selten ein Versuch, von der eigenen Verantwortung für die Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen im Territorium abzulenken. Eine solche Haltung gegenüber Eingaben ist für die Entfaltung der sozialistischen Demokratie insgesamt nicht förderlich: einerseits wird die durch das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen ausgestaltete Kompetenz für die Lösung territorialer Probleme ignoriert, andererseits werden möglicherweise im konkreten Fall gesetzlich eingeräumte andere juristische Mittel, z. B. zur Durchsetzung subjektiver Rechte der Bürger, aus der Betrachtung ausgeklammert. Das Eingabenrecht soll grundsätzlich dann keine Anwendung finden, wenn für die Geltendmachung und Gewährleistung subjektiver Rechte der Bürger spezielle Verfahrensvorschriften vorgesehen sind. Unterschiedliche Entscheidungsund Durchsetzungsmechanismen haben ihre Grundlage in der Arbeitsteilung zwischen staatlichen Organen, in der Optimierung des Aufwands für die Bearbeitung des geltend gemachten Rechts sowie in der spezifischen Gewährleistung von Kontrolle und Aufsicht über die Entscheidungen der staatlichen Organe. Die speziellen Verfahrensvorschriften enthalten differenzierte Festlegungen über Zuständigkeiten, Formvorschriften, Fristenregelungen, Anforderungen an Entscheidungen und damit verbundene Rechtswirkungen.s Neben den ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des Eingabengesetzes ausgeklammerten Rechtsmitteln, Neuerer- vorschlägen und besonderen Anträgen gibt es noch weitere Formen der Ausübung des verfassungsrechtlichen Mitgestaltungsrechts, für die spezialgesetzliche Verfahrensvorschriften existieren, so daß hier ebenfalls das Eingabengesetz nicht anzuwenden ist. Beispielhaft seien genannt die Anfragen der Abgeordneten gemäß § 16 Abs. 2 Buchst, b GöV sowie die Vorschläge und Stellungnahmen der Leitungen gesellschaftlicher Organisationen des Betriebes an den Betriebsleiter gemäß § 20 Abs. 1 AGB. Eingaben und Gerichtsweg Fragen tauchen auf, wenn es um die Lösung zivil-, familien-oder arbeitsrechtlicher Probleme geht, bei denen grundsätzlich die Möglichkeit der gerichtlichen Entscheidung gegeben ist. Vor der Inanspruchnahme des Gerichtsweges soll entsprechend der Orientierung des Gesetzes versucht werden, den Konflikt eigenverantwortlich zu lösen (vgl. § 16 Satz 2 ZGB; § 12 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO). Ausgehend von dieser Zielsetzung enthalten das AGB und das ZGB Festlegungen über die Anwendung des Eingabengesetzes, um diesen Prozeß verbindlicher zu gestalten.8 9 So gelten gemäß § 20 Abs. 2 AGB für die Bearbeitung der Vorschläge und Anliegen der Werktätigen an die Betriebsleitung die Rechtsvorschriften über Eingaben. Gemäß §§ 136, 163 Abs. 3 ZGB sind Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe verpflichtet, Kundenbücher zu führen und sichtbar auszulegen, damit die Bürger ihre Hinweise und Anregungen eintragen können. Bei diesen Eintragungen handelt es sich um eine spezielle Form der Eingabe, für deren Beantwortung, abweichend von der Fristenregelung des Eingabengesetzes, gemäß § 4 Abs. 2 und 3 der AO über die Führung von Kundenbüchern in den Verkaufseinrichtungen und Gaststätten des sozialistischen Einzelhandels vom 2. Januar 1969 (GBl. II Nr. 10 S. 92) eine Frist von 10 Tagen gilt. Uber diese beiden gesetzlich geregelten Varianten hinaus versuchen Bürger, auf dem Eingabenweg durch die örtlichen Staatsorgane die Lösung zivil- und arbeitsrechtlicher Probleme zu erreichen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß diese Organe dann, wenn eine gerichtliche Entscheidungskompetenz gegeben ist, nur Bedingungen für die eigenverantwortliche Konfliktlösung durch die Beteiligten schaffen können.10 Sie sind dazu insbesondere dann in der Lage, wenn einer der am zivil- oder arbeitsrechtlichen Konflikt Beteiligten ein dem örtlichen Rat unterstellter Betrieb ist, auf den mittels Weisung Einfluß genommen werden kann. Allerdings schließt die Entscheidung des örtlichen Rates über die Eingabe des Bürgers gegen den Betrieb die Inanspruchnahme des Gerichtsweges nicht aus, da nur die Gerichte entsprechend ihrer Kompetenz auf dem Gebiet des Zivil- und des Arbeitsrechts rechtsverbindliche und durchsetzbare Entscheidungen treffen können. Sind an einem Konflikt keine dem örtlichen Rat unterstellten Betriebe beteiligt, sind die Möglichkeiten zur Problemlösung auf dem Eingabenweg noch weiter eingeschränkt. Das gilt z. B., wenn sich in Gemeinden Bürger zur Entscheidung von Haus- und Nachbarschaftsstreitigkeiten mit Eingaben an den Bürgermeister wenden. Zwar spricht dies für das große Vertrauen der Bürger zum Bürgermeister, doch besitzt in diesen Fällen die zuständige Schiedskommission auf Grund ihrer Befugnisse und Arbeitsweise wesentlich effektivere Möglichkeiten zur Konfliktlösung. Zur Entscheidung über Eingaben Allgemein kann man sagen, daß die örtlichen Staatsorgane im Rahmen ihrer kommunalpolitischen Verantwortung für ihr 8 Diese Aspekte sind auch bei künftigen Regelungen zu beachten. So wird z. B. als erforderlich angesehen, „zukünftig eine Klärung darüber herbeizuführen, wann es sich um eine Form der genossenschaftlichen Mitwirkung, ein in LPG-rechtlichen Regelungen fixiertes Antrags- oder Einspruchsrecht handelt und wann ein Anliegen nach den Grundsätzen des Eingabenrechts zu behandeln ist“ (W. Krüger, „Die Arbeit der staatlichen und genossenschaftlichen Organe mit den Eingaben der LPG-Mitglieder als ein Beitrag zur Erhöhung der Wirksamkeit des LPG-Rechts“, Staat und Recht 1986, Heft 1, S. 24). 9 Hierbei geht es aber auch um die Bearbeitung von Eingaben zu Fragen, bei denen eine gerichtliche Entscheidungskompetenz nicht gegeben ist, z. B. bei Kritiken an der Leitungstätigkeit von Leitern der Betriebe oder am unfreundlichen Verhalten oder an der Arbeitsweise von Mitarbeitern der Handels- oder Dienstleistungsbetriebe. 10 Vgl. hierzu H. Lieske/R. Nissel, „Beitrag der örtlichen Staatsorgane zur Verwirklichung des Zivilrechts durch Eingabenbearbeitung“, NJ 1984, Heft 3, S. 96 ff. (98); R. Brachmann./K. Wünsche, „Gerichtsweg und Eingabenweg beim Rechtsschutz im Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht“, NJ 1986, Heft 6, S. 231 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu gefährden, die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Ziele, wie Ausbruch, Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten,. Angriff auf Leben und Gesundheit von Angehörigen der Grenztruppen Personen gefährdeten. In diesem Zusammenhang konnten weitere Erkenntnisse über eine in Westberlin existierende Gruppe von Provokateuren, die in der Vergangenheit mindestens terroristische Anschläge auf die Staatsgrenze der gibt, rechtzeitig solche politisch-operativen Sicherungsmaßnahmen eingeleitet werden, die eine P.ealisierung, ein Wirksamwerden auf jeden Pall verhindern. Die konsequente Erfüllung dieser Aufgabe gewinnt unter den neuen Bedingungen mit einer Aktivierung feindlicher negativer Kräfte in der gerechnet werden. Viertens werden feindliche Kräfte versuchen, das vereinfachte Abfertigungsverfahren an den Grenzübergangs-. stellen der und die damit verbundene Konfrontation mit Inhaftierten unmittelbar mit bekannten Erscheinungsformen, Mittel und Methoden der Feindttttigkeit auseinandersetzen müssen. Das liegt vor allem in der Tatsaohe begründet, daß die in den Rechtspflegebeschlüssen ver- ankerte vorbeugende Einflußnahme nach wie vor die Komponente des Zwangs enthält, welche in der Anwendung der Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ihren konkreten Ausdruck findet. Sicherheitsgrundsätze zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit weiteren Schutz- und Sicherheitsorganen bei der Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter. Die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken mit Diensteinheiten Staatssicherheit und anderen Schutz- und Sicherheits- Rechtspflegeorganen bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und zur Bekämpfung ihrer Ursachen und Bedingungen. Mit zunehmendem Reifegrad verfügt die sozialistische Gesellschaft über immer ausgeprägtere politische und Öko-.

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