Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 277

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 277 (NJ DDR 1988, S. 277); Neue Justiz 7/88 277 rischen Diebstahl (bzw. Betrug oder Untreue) nach §§ 162 Abs. 1 Ziff. 3 bzw. 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB zu qualifizieren sind, „bei denen das durch die außergewöhnlich schwerwiegende Art und Weise der Überwindung von Sicherungen oder Hindernissen zum Schutz des fremden Eigentums charakterisierte Gesamtverhalten einen gesellschaftsgefährlichen Angriff darstellt“6 Dabei kann sich diese besonders große Intensität jeweils bezogen auf eine Straftat auch im mehrfachen gewaltsamen Überwinden von Hindernissen wie Fensterscheiben, Türen, Kassetten usw. zur Entwendung von Geld oder Gegenständen äußern. Obwohl die einzelne Teilhandlung Einschlagen der Fensterscheibe, Aufbrechen der Tür oder der Kassette für sich allein genommen keine besonders große Intensität aufweist, kann die Handlung in derartigen Fällen durch die Summierung innerhalb eines Vorgangs eine solche Schwere annehmen, die die Beurteilung der Tat als „mit besonders großer Intensität begangen“ erfordert. Soweit hier eine wiederholte Tatbegehung vorliegt, ist dies als Verbrechen gemäß §§ 162 Abs. 1 Ziff. 3 bzw. 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB zu erfassen.6 7 8 Besonders große Intensität durch geistige Anstrengungen Das Stadtgericht Berlin hatte in einer Entscheidung zu beurteilen, ob das Tatbestandsmerkmal „besonders große Intensität“ bei Betrugshandlungen zum Nachteil des sozialistischen Eigentums vorliegt, wenn der Täter seine speziellen beruflichen Kenntnisse und Möglichkeiten durch technische Manipulationen an einer EDV-Anlage zur Begehung der Straftaten ausnutzt. Dabei legte es dar, daß der Grad der Intensität nicht allein nach dem konkreten Aufwand (z. B. Erv/erb von Orts- und Sachkenntnissen für. die Tatbegehung) beurteilt werden darf. „Relevant dafür sind vielmehr auch die in der Berufsausbildung und -ausübung sowie die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung bestimmter Funktionen erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Möglichkeiten, die dem Täter die Begehung der Straftat maßgeblich erleichterten. “8 Dieser Begründung zur besonders großen Intensität unter Ausnutzung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten im zitierten Urteil des Stadtgerichts ist soweit es die dem Sachverhalt zugrunde liegende Tatbegehung betrifft zuzustimmen. In dieser Richtung ist u. E. auch die Auffassung von R. Beckert zur besonders großen Intensität beim Einsatz geistiger Anstrengungen in den Grenzen dieses Sachverhalts zutreffend. Soweit das Stadtgericht Berlin in seiner Entscheidung jedoch verallgemeinert, daß der Schraubenzieher in der Hand des Spezialisten eine gleichrangige Bewertung erfährt, ist das nicht unbedenklich. Die bestimmungsgemäße Verwendung eines Schraubenziehers als Werkzeug bedarf keiner besonderen geistigen Anstrengungen. Der im Urteil des Stadtgerichts hypothetisch vertretenen Auffassung „Jedes andere Herangehen würde zu einer ungerechtfertigt milderen Beurteilung eines über spezielle Kenntnisse verfügenden Täters führen“ kann nicht beigepflichtet werden. Einmal werden damit bedeutsame Unterschiede zwischen besonders großer Intensität in Form physischer Anstrengung und geistiger Intensität verwischt. Zum anderen werden Faktoren wie persönliche geistige Fähigkeiten und spezielle Fertigkeiten nicht in das konkrete Verhältnis zur kriminellen Handlung gesetzt. Unter dem vom Stadtgericht genannten Aspekt ist natürlich zu beachten, daß mangelnde geistige Fähigkeiten, dort wo sie durch langwierige Denkprozesse kompensiert werden, nicht schlechthin mit besonders großer Intensität verglichen werden können. Allerdings ist es immer erforderlich, das Ausmaß an aufgebrachter Intensität tatbezogen einzuschätzen. Daß die Grenzen zwischen geistiger und physischer Anstrengung, die eine besonders große Intensität widerspiegeln, fließend sind und daß die entsprechenden Methoden je nach Verlauf der kriminellen Handlung bei den gleichen Tätern beide Seiten gleichzeitig oder abwechselnd zum Ausdruck bringen, ist gleichfalls zu beachten. So hatten sich in einem Fall zwei Täter, die in vorher angewandter Brachialgewalt ein zu großes Entdeckungsrisiko erkannten, anhand moderner Schließvorrichtungen mit der Herstellung und Präparie- rung von Schließwerkzeugen intensiv befaßt. Der hierbei nicht nur zeitmäßig, sondern auch physisch betriebene besonders große Aufwand zur Realisierung der einzelnen Straftaten widerspiegelte in hohem Maße Fähigkeiten und Fertigkeiten und demzufolge Leistungen auf Grund geistiger Anstrengungen. Durch ihre besonders große geistige Intensität, die sie für die Erlangung von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten auf wendeten, konnten sie im Verlauf ihres kriminellen Handelns auf Brachialgewalt völlig verzichten und mit geringerem Risiko über längere Zeit Eigentumsverbrechen begehen. Bedenklich ist es, wenn das Vorliegen des Merkmals „besonders große Intensität“ bejaht wird, nur weil sich der Täter zur Öffnung von Postschließfachanlagen Nachschlüssel anfertigte, um aus den Fächern Pakete zu entwenden, und er dazu seine berufsbedingten technischen Kenntnisse und Fertigkeiten (z. B. als Rohrleitungsmonteur) nutzte. Das öffnen eines Schlosses mit einem Dietrich erfüllt zwar das Merkmal der großen Intensität i. S. der §§ 161, 180 StGB, ist aber nicht als „mit besonders großer Intensität begangen“ anzusehen. Auch das Anfertigen eines geeigneten Mittels hier des Nachschlüssels zum Öffnen des Schlosses erfüllt diese Anforderungen nicht. Es handelt sich dabei um relativ einfache Handwerksarbeit, die keiner besonderen Spezialkenntnisse bedarf. Zu „besonders großer Intensität“ bei einer Vielzahl von Einzelhandlungen Das Oberste Gericht hatte sich mit dem Vorliegen der „besonders großen Intensität“ in einem Fall auseinanderzusetzen, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Der Ange-“ klagte drang insgesamt llmal in Verkaufsstellen, Büroräume und in eine Gaststätte ein und entwendete Bargeld und Waren im Wert von etwa 6 000 M. Zum öffnen der verschlossenen Eingangstüren benutzte er in seinem Besitz befindliche sowie am Tatort Vorgefundene Schlüssel. In vier weiteren Fällen drang er mit Sperrhaken und durch Einsteigen in fremde Wohnungen ein und entwendete Bargeld, Schmuck und Tontechnik im Gesamtwert von etwa 4 000 M. Das Kreisgericht sah sowohl in den Handlungen, die sich gegen das sozialistische Eigentum richteten als auch in den Diebstählen von persönlichem Eigentum die Tatbestandsvoraussetzungen der besonders großen Intensität i. S. der §§ 162 Abs. 1 Ziff. 3, 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB als gegeben an und verurteilte den Angeklagten wegen mehrfachen verbrecherischen Diebstahls von sozialistischem und persönlichem Eigentum. Es begründete seine Entscheidung damit, daß der Angeklagte innerhalb eines kurzen Zeitraums wiederholt mit Nachschlüsseln und Sperrhaken in Wohnungen und andere Räumlichkeiten eingedrungen ist. Das Oberste Gericht hob die Entscheidung des Kreisgerichts auf und nahm zu den Voraussetzungen des Vorliegens der besonders großen Intensität bei einer Vielzahl von Diebstahlshandlungen Stellung.9 Dabei legte es dar, daß die Vielzahl von Diebstahlshandlungen eine erhebliche Tatintensität erkennen läßt, die Ausdruck einer verfestigten negativen Einstellung gegenüber fremdem Eigentum ist und den Grad der Schuld sowie die Schwere des gesamten strafbaren Verhaltens mitbestimmt. Das ist jedoch nicht das objektive Merkmal des wiederholten Handelns mit besonders großer Intensität i. S. der §§ 162 Abs. 1 Ziff. 3, 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB. Ob das Handeln dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, ist vielmehr hinsichtlich jeder Einzelhandlung anhand der Art und Weise der jeweiligen Tatbegehung und der zur Verwirklichung der kriminellen Zielstellung eingesetzten Mittel und 6 Ebenda, S. 595. 7 Vgl. OG, Urteil vom 6. April 1977 - 2a OSK 5/77 - (NJ 1977, Heft 12, S. 378). 8 Stadtgericht Berlin, Urteil vom 2. Februar 1978 104 BSB 8/78 (NJ 1978, Heft 8, S. 365); vgl. dazu auch die Anmerkung von R. Beckert, a. a. O., S. 366; J. Minx/J. Pasler, „Rechtliche Beurteilung von Straftaten gegen das sozialistische Eigentum“, NJ 1979, Heft 11, S. 485 (bes. S. 487). 9 Vgl. OG, Urteil vom 19. Dezember 1986 - 4 OSK 14/86 - (NJ 1988, Heft 6, S. 258).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 277 (NJ DDR 1988, S. 277) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 277 (NJ DDR 1988, S. 277)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit nicht zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gemacht werden können. Die erforderliche Prüfung der Ausgangsinformationen beziehungsweise des Sachverhaltes, Mitarbeiter Staatssicherheit betreffend, werden durch den Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des Gesetzes kein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Schreibmaschine nicht für die Beweisführung benötigt wird. Ausgehend von diesen allgemeinen Voraussetzungen ist bei der Gestaltung von Prozessen der Untersuchungsarbeit durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit. Zum Gegenstand der im Gesetz normierten Befugnisregelungen, ihrer Abgrenzung von strafprozessualen Prüfungshandlungen und sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den strafprozessualen Befugnissen des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ableitet. Jegliche Nutzung des Paragraphen Strafprozeßordnung im Zusammenhang mit operativen Befragungen ist mit der Preisgabe der Identität als Untersuchungsorgan verbunden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X