Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 274

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 274 (NJ DDR 1988, S. 274); 274 Neue Justiz 7/88 tung der vorliegenden Ermittlungsergebnisse ausgelöst werden kann. H. Willamowski hat auf der 3. wissenschaftlichen Konferenz des Straf- und Militärkollegiums die bisherigen, auch der Kommentierung zu § 190 StPO zugrunde liegenden Orientierungen zumindest teilweise in Frage gestellt.36 Würde man ihm folgen, bedürfte es der Änderung zentraler Dokumente. Sein erster Einwand gilt der Anm. 1.3. zu § 190 StPO, 2. Stabstrich (S. 2$S), die auf der Beweisrichtlinie des Obersten Gerichts beruht, wonach eine Rückgabe nicht erfolgen soll, wenn zwar Lücken und Widersprüche vorliegen, diese aber durch das Gericht in der Hauptverhandlung geklärt werden können. Natürlich ist ein bloßes Vertrauen darauf nicht erlaubt. Ferner dürfen die Lücken und Widersprüche den hinreichenden Tatverdacht nicht erschüttern. Geht es z. B. nur um eine ergänzende Vernehmung von Zeugen, um partielle Widersprüche zu klären, so sollte es durchaus bei der jetzigen Orientierung verbleiben. Es muß einfach auch beachtet werden, daß keine unnötigen, unbedachten Verzögerungen des Verfahrens ausgelöst werden. Das schließt z. B. auch ein, auf eine Rückgabe zu verzichten, wenn nach verantwortungsbewußter Prüfung eingeschätzt werden kann, daß die Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft sind. Die weiteren Einwände beziehen sich auf die jetzigen Orientierungen bei unterbliebener psychiatrisch-psychologischer Begutachtung bzw. auf den Fall, daß gesellschaftliche Kräfte nicht in das Verfahren einbezogen wurden. Eine unterbliebene Begutachtung ist auch m. E. ein Ermittlungsmangel, der eine Rückgabe rechtfertigt. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn der Staatsanwalt die Gründe für die Nichteinbeziehung gesellschaftlicher Kräfte hinreichend dokumentiert und die Einschätzung der Täterpersönlichkeit, der Ursachen und Bedingungen der Straftat in anderer Weise belegt ist. 3. Das geltende Strafprozeßrecht regelt die gerichtliche Hauptverhandlung quasi nach dem inquisitorischen Prinzip, wonach die Leitung der Hauptverhandlung und die Durchführung der Beweisaufnahme fest in den Händen des Gerichts, namentlich des Vorsitzenden, liegt. Damit ist keine negative Bewertung zu verbinden, zumal dieses Prinzip historisch gewachsen ist. Dennoch ist zu fragen, ob es in seiner praktischen Handhabung genügend zur Aktivierung aller Verfahrensbeteiligten beiträgt und welche Hinweise dazu der Kommentar vermittelt. Es scheint, daß die Verfasser des Kommentars diese Frage wohl gesehen, sich aber gescheut haben, sie mit Konsequenz insbesondere bei der Kommentierung des § 220 ff. StPO zu durchleuchten. Ich unterstreiche ihre Forderung in Anm. 1.1. zu § 229 StPO (S. 277), die Verhandlung so zu leiten, „daß die Beteiligten von ihrem Fragerecht aktiv Gebrauch machen, damit der Sachverhalt allseitig aufgeklärt wird“.37 Sollte nicht überlegt werden, wie alle Verfahrensbeteiligten weiter aktiviert werden können?38 Gegenstand und Umfang der Aufklärung und der Beweisaufnahme Die Kommentierung der §§ 101 und 222 StPO leidet an der systemwidrigen und unlogischen Struktur dieser Strafprozeßrechtsnormen selbst. Wenn in § 101 Abs. 2 StPO Umstände aufgezählt werden, die in be- und entlastender Hinsicht aufzuklären sind, dann ist dies mit dem Anspruch auf Vollständigkeit in recht eklektizistischer Weise geschehen. Die genannten Umstände sind aber weder vollständig noch in einer solchen Weise nebeneinanderzureihen. Der Kommentar macht diesen Mangel des Gesetzes leider nicht deutlich und begünstigt damit ein Vorgehen, das die Aufklärungserfordernisse nicht in erster Linie aus den Anforderungen des Straf rechts herleitet. Richtig weisen E. Buchhol z/I. B u c h h o 1 z/E. Kose-w ä h r39 darauf hin, daß der Gegenstand und Umfang der Aufklärung im Ermittlungsverfahren und in der gerichtlichen Beweisaufnahme zunächst von den Tatbestandsanforderungen, dann von den Umständen bestimmt werden, die zur Charakterisierung der Tatschwere als primäre Voraussetzung für die Entscheidung über Art und Maß der strafrechtlichen Verant- wortlichkeit notwendig sind, ferner von der Pflicht, Ursachen und Bedingungen der Straftat festzustellen'. Die Aufklärung der Persönlichkeit des Täters erscheint dabei nicht verselbständigt. Der Beitrag von E. Buchholz/I. Buchholz/E. Kose-währ vermittelt hierzu gute und überzeugende Argumente, die in Ergänzung der Kommentierungen der §§ 101, 222 StPO beachtet werden sollten. Diese Normen bedürfen m. E. einer sprachlichen Neufassung, auch unter dem Gesichtspunkt, daß selbstverständlich auch all jene Umstände aufzuklären sind, die im Einzelfall eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließen (Schuldausschließungsgründe, Rechtfertigungsgründe u. a.) oder zum Absehen von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit führen können. Dabei muß das Strafprozeßrecht notwendigerweise auf einer relativ abstrakten Orientierungsebene bleiben; wahrscheinlich ist es auch weiterhin zweckmäßig, im Rahmen der Anleitung der Rechtsprechung der Praxis deliktsspezifische Anforderungsmodelle zu vermitteln. Für das Ermittlungsverfahren ist dies früher wiederholt in Gestalt methodischer Aufklärungs- bzw. Ermittlungshinweise geschehen. Auch aus kriminalistischer Sicht vermitteln Aufklärungshilfen Hinweise für Versionsbildungen und für die Untersuchungsplanung. Ihre Nützlichkeit ist unbestreitbar. Sie lenken den Blick auf wesentliche Umstände, die, aus der strafrechtlichen Anforderungscharakteristik abgeleitet, nach langjährigen Erfahrungen bei den betreffenden Straftaten (-gruppen) auch tatsächlich nachweisbar sind. Dabei ist aber darauf zu achten, daß damit nicht Schematismus und Formalismus in dem Glauben begründet werden, man müsse alle nur denkbaren Fragestellungen abarbeiten. Wenn solche methodischen Hilfen zum schöpferischen Durchdenken der Aufklärungspflichten im Einzelfall anregen, erfüllen sie einen wichtigen Zweck. Das gilt auch für die Aufklärungshinweise, die in vielen Dokumenten des Obersten Gerichts deliktsspezifisch vermittelt worden sind. Sie im einzelnen hier nachzuweisen ist sicher nicht notwendig. Auf das Problem der Aufklärung des Schadens bei Eigentumsstraftaten soll hier jedoch ausdrücklich hingewiesen werden. Die Feststellung des Schadens hat hier nicht nur für die strafrechtlich relevanten Fragestellungen (z. B., ob eine schwere Schädigung des sozialistischen Eigentums und damit ein Verbrechen vorliegt) Bedeutung, sondern auch für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Auf die richtige Zeitwertbestimmung orientiert nunmehr der „Gemeinsame Standpunkt“ der zentralen Rechtspflegeorgane vom 1. August 1987.40 41 * * In diesem Sinn sind derartige zentrale Orientierungen zur Aufklärung von erheblichem praktischem Nutzen, indem sie einerseits der Rationalisierung des Verfahrens dienen und andererseits dazu beitragen, die Rechte der Betroffenen (z. B. der Geschädigten) zu sichern. Die prozessualen Zwangsmaßnahmen Die prozessualen Zwangsmaßnahmen sind auf die strafprozessuale Tätigkeit der Untersuchungsorgane, Staatsanwälte und Gerichte gleichermaßen bezogen. Dabei haben die Gerichte für äie Gesetzlichkeit bestimmter Maßnahmen eine besondere Garantiefunktion. Klassifizierungs- und Begriffsstreit soll hier unberücksichtigt bleiben.44 Der Kommentar verdeut- 36 Vgl. H. Willamowski, „Zum Inhalt und Umfang der gerichtlichen Beweisprüfung lm Eröffnungsverfahren und bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung“, ln: Gerichtliche Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß, a. a. O., S. 55 ff. 37 Der Hinweis auf OG-Informatlonen 1983, Nr. 1, S. 14, scheint mir aber fehlzugehen, denn er enthalt diese Forderung nicht, wenn auch hier dazu aufgefordert wird, das Recht, Fragen zu stellen und Erklärungen abzugeben, als Ausdruck des Verteidigungsrechts zu wahren. 38 Vgl. dazu lm einzelnen L. Reuter, „Kontradiktion in der gerichtlichen Beweisaufnahme“, in: Gerichtliche Beweisführung und Wahrheitsfindung lm sozialistischen Strafprozeß, a. a. O., S. 225 ff. 39 E. Buchholz/I. BuChholz/E. Kosewähr, „Umfang der Beweisführung zur Persönlichkeit des Angeklagten“, NJ 1988, Heft 1, S. 35. 40 Gemeinsamer Standpunkt zur Zeitwertbestimmung von Sachen, die durch Diebstahl, Betrug oder vorsätzliche Sachbeschädigung erlangt, beschädigt oder zerstört worden sind, vom 1. August 1987, OG-Informationen 1987, Nr. 5, S. 3 ff. 41 So gibt es eine durchaus unterschiedliche Klassifizierung der straf- prozessualen Zwangsmaßnahmen. Auch werden sie mitunter als strafprozessuale Sicherungsmaßnahmen bezeichnet (so Strafver- fahrensrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 158 ff.).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 274 (NJ DDR 1988, S. 274) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 274 (NJ DDR 1988, S. 274)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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