Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 230

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 230 (NJ DDR 1988, S. 230); 230 Neue Justiz 6/88 durchdachten Systems von Abkürzungen gut ausgewiesen. Der Leser muß jedoch darauf achten, daß die Literatur nicht vollständig ist; die Verwendung der neueren Literatur unter Weglassung älterer Publikationen kann aber akzeptiert werden. Die ausgewiesene Literatur zu den einzelnen Abschnitten hätte sorgfältiger zugeordnet werden sollen und müßte m. E. auf konträre Positionen hinweisen. Bei der folgenden Besprechung einzelner Komplexe des Kommentars war es einerseits schwierig, die richtige Auswahl zu treffen, und andererseits bestand die Gefahr, den Kommentar nach den für die Neufassung der StPO maßgeblichen Vorstellungen (außerhalb der jetzigen Fassung der StPO) zu beurteilen. Die hier vorgenommene Auswahl soll keine hierarchische Wertung einzelner Institute des Strafprozeßrechts bedeuten. Auch wenn dabei die Interpretation der geltenden StPO zu beurteilen ist, scheint es sinnvoll zu sein, dies mit dem Blick auf die Neugestaltung des Strafverfahrensrechts zu tun. Der Kommentar selbst vermittelt diese Sicht, indem er Vorschriften der StPO, die die Rechte und Interessen der Bürger betreffen, bis an die Grenze des Möglichen zugunsten der Bürger auslegt. Er folgt damit einer Linie, die in den letzten Jahren durch eine Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichts, mit denen frühere Rechtsstandpunkte korrigiert wurden, vorgezeichnet ist (z. B. zum Verbot der Straferhöhung im Rechtsmittelverfahren, zur Wirkung eines beschränkt eingelegten Protests zuungunsten des Angeklagten). Zu den Grundsatzbestimmungen der StPO In den letzten Jahren ist erneut über die Grundsatzbestimmungen der StPO (§§ 1 bis 21) viel nachgedacht worden. Die Diskussion darüber, die noch nicht abgeschlossen ist, betrifft vor allem das tiefere Verständnis der sozialen Funktion des Strafverfahrens unter den Bedingungen der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der DDR. Sie widerspiegelt sich nur bedingt in der Kommentierung (zu §§ 1 und 2 StPO). Im Kern geht es um die gesellschaftsgestaltende Rolle des Strafverfahrens, die sich nicht im Schutz der sozialistischen Staatsund Gesellschaftsordnung und der Bürger erschöpfen kann. Es geht um ein Durchdenken und Bewältigen des dialektischen Verhältnisses des Gesellschaftlichen und Individuellen, des Staat-Bürger-Verhältnisses im Strafverfahren unter den sich ändernden gesellschaftlichem Reproduktionsbedingungen. K.-H. Beyer hat dazu theoretische Positionen entwik-kelt, die m. E. für die Neufassung der Grundsatzbestimmungen der StPO tragend sein können.9 Ein theoretisches Verständnis des Strafverfahrens und des Strafverfahrensrechts, das nicht aus den .realen gesellschaftlichen Lebens- und Entwicklungsprozessen hervorgeht und daraus seine Aufgaben- und Funktionsbestimmung ableitet, orientiert m. E. einseitig und betont nur die instrumentale Funktion (Vorbemerkung zu § 1 StPO, S. 19). Es wird nicht oder nicht genügend berücksichtigt, daß im Strafverfahren in einer bestimmten Form gesellschaftlich relevante Widersprüche zur Geltung kommen und ausgetragen werden. Wird diese Seite hervorgehoben, ist der Blick stärker auf den sozialen Inhalt des Strafverfahrens und auf die vom Strafverfahren betroffenen Bürger in der Gesamtheit ihrer gesellschaftlichen Beziehungen gerichtet. Der Kommentar kann natürlich keine theoretische Vorleistung für das geben, was in der Strafprozeßrechtstheorie noch auszuarbeiten sein wird, doch bleibt das in ihm enthaltene traditionelle instrumentale Verständnis des Strafverfahrens bereits hinter den heutigen theoretischen Erkenntnissen zurück. Im übrigen wird in der Kommentierung der Grundsatzbestimmungen völlig zu Recht deren Bedeutung für das gesamte Strafprozeßrecht betont. Obwohl die Feststellung, daß sich aus den Grundsatzbestimmungen „unmittelbar Rechte und Pflichten für jeden am Strafverfahren Beteiligten“ ergeben, zwar in der Allgemeinheit zutreffend ist, wäre sie aber im einzelnen doch differenziert nachzuweisen. Richtig wird auch auf den Zusammenhang von Verfassungsrecht und Strafrecht einerseits und Strafverfahrensrecht andererseits hingewiesen. Der hohe Rang der Verfassung (und nicht nur der Abschnitt „Sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtspflege“) für das Strafverfahren muß noch viel stärker in der strafprozessualen Tätigkeit widergespiegelt werden. Auch die Beziehung zwischen Strafrecht und Strafprozeßrecht darf nicht zu sehr auf eine „dienende“ Rolle des Prozeßrechts beschränkt werden.10 11 12 13 14 * * * Kritisch ist zu vermerken, daß in Anm. 1.2. zu § 2 StPO die Begriffe „Ursachen und Bedingungen“ (S. 22), die in vielen anderen Vorschriften ebenfalls enthalten sind, in einer Verkürzung kommentiert werden, die vorliegende Erkenntnisse nicht hinreichend berücksichtigt und die keine Aussage zu der immer wieder gestellten Forderung nach Aufklärung und Beseitigung der unmittelbaren Ursachen und Bedingungen zuläßt.11 H. Weber/R. Hörmann haben hierzu weiterführende Überlegungen vorgestellt, die für die Auslegung der entsprechenden Begriffe in der StPO herangezogen werden sollten.19 Hier geht es um ein exakt erfaßtes Verständnis wichtiger Aspekte des sozialen Inhalts des Strafverfahrens. Davon werden Umfang und Art der Beweisführung in einem Maße berührt, daß klare orientierende Definitionen notwenig sind, wenn das Strafverfahren nicht über seine Zweckbestimmung hinaus ausgeweitet oder desorientiert werden soll. Die Kommentierung der §§ 3 und 6 StPO (S. 23 f. und S. 27 f.) verweist zutreffend auf die Verfassung und internationale Konventionen, insbesondere auf die Internationale Konvention über zivile und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (GBl. II 1974 Nr. 6 S. 58). In der Tat bezeugt der Kommentar in seiner Gesamtheit den Willen unseres Staates, die Rechte und Interessen der Bürger, vor allem ihre verfassungsmäßigen Grundrechte, im Geiste auch der völkerrechtlichen Verpflichtungen der DDR zur Gewährleistung der grundlegenden Menschenrechte strikt einzuhalten. Das Strafprozeßrecht der DDR verwirklicht diese völkerrechtlichen Verpflichtungen; dies zu betonen ist angesichts der fortwährenden böswilligen Unterstellungen fehlender Rechtsgarantien für Bürger im Strafverfahren der DDR durch Justiz und einzelne Vertreter der Strafprozeßrechtswissenschaft der BRD angezeigt. Indessen hat die DDR durch ihren Beitritt zu der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafung vom 10. Dezember 1984 ihre Entschlossenheit erneut bekräftigt, die Grundrechte und Würde der Bürger dm Sinne des § 3 StPO zu achten und jeder Verletzung dieser Verpflichtung entschlossen entgegenzutreten. Das entspricht dem zutiefst humanistischen Wesen des Sozialismus, seinen hohen menschlichen Idealen. Hier ordnet sich in Folgerichtigkeit die Kommentierung der gesetzlichen Vermutung der Unschuld und des daraus abgeleiteten Satzes „in dubio pro reo“ ein (S. 27), doch muß in Übereinstimmung mit R. Schröder /J. Arnold betont werden, daß dieser Satz erst dann anzuwenden ist, „wenn alle sachdienlichen Beweismöglichkeiten ausgeschöpft sind“.19 Ungeklärt scheint mir in diesem Zusammenhang die Frage nach der Zulässigkeit einer möglichen Wahlfeststellung1'* im Strafverfahren der DDR. Der Kommentar läßt sie unberücksichtigt, obwohl in der Praxis entsprechende Sachverhalte strafrechtlich zu beurteilen sind. 9 Vgl. K.-H. Beyer, „Die Funktion des sozialistischen Strafverfahrens, seine Ziele und Aufgaben bei der weiteren schrittweisen Zu-rüCkdrängung der Kriminalität“, Staat und Recht 1987, Heft 7, S. 548 ff. 10 Vgl. L. Reuter, „Zur Wechselwirkung von Strafrecht und Strafverfahrensrecht“, in: Zur Entwicklung des sozialistischen Strafverfahrensrechts der DDR Wesenszüge, Probleme, Perspektiven, a. a. O., S. 87 ff. 11 Vgl. Abschn. IH Ziff. 1 Buchst, a der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 16. März 1978 (GBl. I Nr. 14 S. 169). 12 Vgl. H. Weber/R. Hörmann, „Probleme der Feststellung und des Beweises von Ursachen und Bedingungen der Straftat im Strafverfahren“, in: Gerichtliche Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß, OG-Informationen, a. a. O., S. 193 ff. 13 Vgl. R. Schröder/J. Arnold, „Zum Grundsatz ,in dubio pro reo‘ und zur Aufklärung der Persönlichkeit des Täters in der gerichtlichen Beweisaufnahme“, NJ 1987, Heft 10, S. 416. 14 Hier ist zwar ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt aufgeklärt, aber er kann entweder den einen oder den anderen Tatbestand erfüllen (z. B. unbefugtes Benutzen von Kraftfahrzeugen oder Diebstahl).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 230 (NJ DDR 1988, S. 230) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 230 (NJ DDR 1988, S. 230)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht, in dem feindlichen oder anderen kriminellen Elementen ihre Straftaten zweifelsfrei nachgewiesen werden. Ein operativer Erfolg liegt auch dann vor, wenn im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diensteinheiten. Gewährleistung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des IfS zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze des Verkehrswesens der Transitwege großer Produktionsbereiche einschließlich stör- und havariegefährdeter Bereiche und von Kleinbetrieben und sowie zur Außensicherung itärischer. bjekte.

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