Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 223

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 223 (NJ DDR 1988, S. 223); Neue Justiz 6/88 223 allem Willensfähigkeiten, z. B. negative Antriebsimpulse, zu unterdrücken), um sich einsichtsgerecht zu verhalten (Handlungsaspekt). Das ist tatbezogen prüfbar z. B. an tatsituativem Durch-setzungs- und Beherrschungsvermögen, der Stärke der Verführungssituation im Verhältnis zur Willensstärke bzw. Beeinflußbarkeit und der Wertung affektiver Situationen. Für die Prüfung dieser Frage ist z. B. zu beurteilen: die Art und Weise der Tatbegehung, die Tatsituation, ob ein zielgerichtetes, planmäßiges, beherrschtes oder ungesteuertes Tatvorgehen erfolgte, ob gruppenspezifische und andere Einflüsse oder Handlungen wirkten, die zeigen, ob vorhandene Willenskräfte aktualisiert und beherrscht werden konnten. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, welchem der genannten Aspekte die tat- und deliktsbezogen unterschiedliche Bedeutung haben können für die Prüfung und Beurteilung der Schuldfähigkeit entscheidende Bedeutung zukommt. Liegen die Fähigkeitsvoraussetzungen im Sinne des § 66 StGB vor, ist es dem Jugendlichen möglich, die gesellschaftsgemäße Handlungsvariante zu erkennen, erforderliche Einstel-lungs-, Motivations- und Handlungskorrekturen vorzunehmen, das Handeln danach selbst positiv zu bestimmen und sich für die gesellschaftsgemäße Handlungsmöglichkeit zu entscheiden. Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit ist nicht entscheidend, ob der Jugendliche die gesellschaftlichen Normen und Werte auch für sich als verbindlich anerkennt, um seine Schuldfähigkeit bejahen zu können. Diese ist vielmehr unter Berücksichtigung der tatbezogenen Anforderungen von den dargelegten Fähigkeitsvoraussetzungen abhängig. Dabei sind die jeweiligen Besonderheiten der Entscheidungssituation und der Täterpersönlichkeit zu beachten, z. B. die intensive Einwirkung eines zur Tatbegehung auffordernden Gruppeneinflusses auf einen retardierten, leicht beeinflußbaren oder intelligenzgeminderten Jugendlichen oder die erhöhten Anforderungen an die Steuerungsfähigkeit beim Affekt. Es ist jedoch davon auszugehen, daß die Schuldfähigkeit bei Vorliegen einer gewissen Retardierung, Intelligenzminderung oder sozialen Fehlentwicklung selbst in einer ungünstigen Situation des Fertigwerdens mit bestimmten entwicklungsbedingten Besonderheiten im allgemeinen dennoch gegeben ist. Derartige Umstände wirken sich in der Regel nicht in dem Maße auf die Entscheidungsfähigkeit des Jugendlichen aus, daß diese zu verneinen wäre. Im allgemeinen sind auch solche Jugendlichen fähig, sich gesellschaftsgemäße Mindestnormenkenntnisse anzueignen, positive Einstellungen und Verhaltensmotive zu bilden und sich in ihren Bedürfnissen zu beherrschen. Wenn sie beispielsweise eine gesellschaftswidrige Einstellung zu bestimmten Verhaltensanforderungen und gesellschaftlichen Normen haben, so schließt dies keineswegs die Schuldfähigkeit aus. Ist es erforderlich, ein forensisches Gutachten einzuholen, dann ist in ihm eine kurze zusammenfassende Beurteilung der wesentlichen persönlichkeits- und tatabhängigen Schuldfähigkeitstatsachen vorzunehmen, der die genannten Aspekte in ihrer gegenseitigen Bedingtheit bzw. Wechselwirkung und Bedeutung für den erreichten Entwicklungsstand und die Entscheidungsfähigkeit des Jugendlichen im Sinne der Fragestellung des § 66 StGB zugrunde zu legen sind. Beim Vorliegen der Schuldfähigkeit des Jugendlichen sind Hinweise auf festgestellte entwicklungsbedingte Besonderheiten, die Einfluß auf die Tat hatten und die bei der Schuldbewertung sowie im weiteren Erziehungsprozeß für die Persönlichkeitsentwicklung von Bedeutung sein können, für die gerichtliche Arbeit wissenswert. Schuldfähigkeitsprüfung bei Gruppendelikten Die Schuldfähigkeitsprüfung erfolgt auch bei den Gruppendelikten unter den genannten Aspekten. Eine delikts- und tatbezogene Prüfung umfaßt insoweit die Beantwortung der Frage, ob der Jugendliche eventuell unter komplizierten Entscheidungsbedingungen einer Gruppentatsituation zu einer richtigen Entscheidung fähig war. Dabei sind die spezifischen Besonderheiten der konkreten Entscheidungssituation zu beachten, wie z. B. die intensive Einwirkung eines zur Tatbegehung animierenden Gruppeneinflusses auf einen in seiner Persönlichkeit retardierten, leicht beeinflußbaren, noch wenig gefestigten, autoritätsgebundenen oder gehemmten Jugendlichen (Wechselbeziehungen zwischen persönlichkeits- und tatabhängigen Schuldfähigkeitstatsachen). Auch wenn sich der Jugendliche durch das Wirken gruppenbedingter Beziehungen in einer besonderen Entscheidungssituation befand, die ihm eine gesellschaftsgemäße Entscheidung erschwerte, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß normal entwickelte Jugendliche mit der Vollendung des 14. Lebensjahres unter unseren gesellschaftlichen Bedingungen in der Regel fähig sind, sich auch in einer Gruppensituation entsprechend den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu entscheiden. Dies vor allem deshalb, weil der Jugend im sozialistischen Bildungs- und Erziehungsprozeß die gesellschaftlichen Normen klar vermittelt und mit eindeutigen Verhaltensforderungen verbunden werden. Junge Menschen leben vorwiegend in positiven sozialen Beziehungen, so daß sie bei negativer Gruppenbeeinflussung in einen für sie erkennbaren sowie tatmotivbezogen differenzierbaren Widerspruch geraten. Dieser bringt ihnen den gegen die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens gerichteten Charakter des Delikts zum Bewußtsein, den sie im allgemeinen trotz besonderer psychischer Entscheidungsbedingungen einer Gruppenstraftat erkennen können. Auch bei Jugendlichen, die in einer sich gegenseitig auf-wiegelnden und die gesellschaftlichen Beziehungen erheblich störenden negativen Gruppe Straftaten begehen, bestehen in der Regel keine Zweifel an der Schuldfähigkeit. Die Jugendlichen werden im Rahmen ihrer Bildung zu parteilichem Verhalten erzogen, was die Fähigkeit einschließt, ein bewußt negatives, destruktives Auftreten und Verhalten in einer Gruppe (z. B. bei bestimmten Veranstaltungen) auch entsprechend zu werten und sich geordnet zu verhalten. Sie können sich also auch stark wirkenden negativen Antriebsimpulsen der Gruppe entziehen und ihr Verhalten positiv ausrichten. Die Schuldfähigkeit darf folglich auch nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Beziehungen, in denen sich die Straftat vollzog, geprüft werden. Prüfung und Bewertung entwicklungsbedingter Besonderheiten Das Gesetz (§ 65 Abs. 3 StGB) geht davon aus, daß entwicklungsbedingte Besonderheiten bei der Feststellung und Verwirklichung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher zu berücksichtigen sind. Diese Regelung ist eine wichtige, grundlegende Bestimmung für die differenzierte, von der erwachsener Täter abzugrenzende staatliche Reaktion gegenüber Jugendlichen.5 Es handelt sich insoweit nicht um eine Ermessensfrage des Gerichts. Stets ist zu prüfen, ob derartige Besonderheiten Vorlagen, wobei es unbestritten ist, daß sie nur dann strafrechtlich relevant sind, wenn sie Einfluß auf die Straftat hatten, also tatbezogen wirkten. Die entwicklungsbedingten Besonderheiten ergeben sich daraus, daß Jugendliche sich noch im Prozeß der sozialen Bildung ihrer Persönlichkeit, insbesondere der Aneignung gesellschaftlicher Normen, Werte und sozialistischer Einstellungen sowie der Herausbildung der Fähigkeiten zu gefestigtem, verantwortungsbewußtem Verhalten befinden. Sie resultieren aus einem vielschichtigen Komplex äußerer und innerer Faktoren, die die spezifische Entwicklungssituation junger Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren kennzeichnen. Sie werden wesentlich durch die sich in diesem Alter vollziehenden tiefgreifenden persönlichkeitsformenden sozialen, physischen und psychischen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse bestimmt. Die Jugend ist keine homogene soziale Gruppe der Gesellschaft. Der Übergang von der Schule in das Berufsleben vollzieht sich unterschiedlich, individuelle Entwicklungen, Erfahrungen und Verhaltensweisen spiegeln sich im Verhalten differenziert wider. Aber es werden vom 14. Lebensjahr an mit dem Eintritt der Strafmündigkeit auch spezielle, weitreichende Anforderungen an einen jungen Menschen gestellt. 5 Vgl. auch OG, Urteil vom 17. Oktober 1985 - 2 OSK 14/85 - (OQ-Informatlonen 1985, Nr. 5, S. 35).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen umgesetzt. Die zentrale Erfassung und Registrierung des Strafgefangenenbestandes auf Linie wurde ter-miriund qualitätsgerecht realisiert. Entsprechend den Festlegungen im Befehl des Genossen Minister gebildeten Referate war neben der Vorkommnisuntersuchung die Durchsetzung der vom Leiter der Hauptabteilung auf der ienstkonferenz gestellten Aufgaben zur Vertiefung des Zusammenwirkens mit den Rechtspf rga nen Entwicklung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen - Entwicklung der Qualität und Wirk- samkeit der Untersuchung straf-tatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den an-deren Sicherheitsorganen. Die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten hat kameradschaftlich unter Wahrung der Eigenverantwortung aller daran beteiligten Diensteinheiten zu erfolgen. Bevormundung Besserwisserei und Ignorierung anderer Arbeitsergebnisse sind zu unterbinden. Operative Überprüfungsergebnisse, die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie Mittel und Methoden seiner subversiven Tätigkeit zu erkunden, zu dokumentieren und offensiv zu bekämpfen. Die zur Blickfeldarbeit einzusetzenden müssen in der Lage sein, die Schwerpunkte des Militärverkehrs, wie die Kommandozentralen, die wichtigsten Magistralen und die Beund Entladebahnhöfe mit den zu übergebenden zuverlässig abzusichern.

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