Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 148

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 148 (NJ DDR 1988, S. 148); 148 Neue Justiz 4/88 Expropriation zu verstehen. Verdrängung ist auch die Ruinierung der kleinen Landwirte, die sich jahre- und jahrzehntelang hinziehen kann, die Verschlechterung der Bedingungen, unter denen sie wirtschaften.“6 Das Agrarrecht der BRD ist in seiner ganzen Wirkungsbreite dieser Tendenz untergeordnet. Diese Feststellung wird durch folgende Tatsachen belegt: Während zum Zeitpunkt des Erlasses des Landwirtschaftsgesetzes (1955) noch 4,7 Millionen Menschen (= 20 Prozent aller Erwerbstätigen) in der Landwirtschaft beschäftigt waren, sind es heute bereits weniger als die Hälfte davon. Auch die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist beträchtlich geschrumpft, während der Anteil der Betriebe mit über 30 Hektar landwirtschaftlicher Fläche deutlich angewachsen ist. Vor allem aber mußten die Bauern dn mehr als drei Jahrzehnten der Wirksamkeit des Landwirtschaftgesetzes einen volkswirtschaftlich kaum vergleichbaren Einkommensvertust hinnehmen7 trotz des durch das Landwirtschaftsgesetz fixierten Auftrages, die soziale Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen anzugleichen. Staatliche Einmischung in die Landwirtschaft mittels des Agrarrechts Das Agrarrecht der BRD ermöglicht dem Staat eine wirksame Einmischung in die Landwirtschaft mit dem Ziel, den Monopolen eine effektive Verwertung ihres Kapitals im Agrarbereich zu sichern. Dabei erweist sich auch in der Landwirtschaft jener Aspekt als völlig zutreffend, den J. D ö t s c h für die Entwicklung des bürgerlichen Rechts insgesamt wie folgt gekennzeichnet hat: „Bekanntlich reagierte der bürgerliche Staat auf die Sich aus der staatsmonopolistischen Regulierung ergebenden Anforderungen lange Zeit mit einer gesteigerten Produktion von normiertem Recht In den achtziger Jahren hat sich diese Entwicklung in den meisten imperialistischen Hauptländem verlangsamt oder ist sogar rückläufig Überall ist für die imperialistischen Regierungen offenkundig geworden, daß mit einer gesteigerten Rechtsproduktion zwar das Instrumentarium staatlicher Einflußnahme und Kontrolle über die verschiedenen Sphären der Gesellschaft vergrößert, nicht aber in gleichem Maße die staatsmonopolistische Regulierung effektiver gemacht werden konnte. “8 Die bisherige Entwicklung in der Landwirtschaft hat das geltende Agrarrecht in einen unüberbrückbaren Widerspruch zum Grundgesetz der BRD getrieben, das sich dem Wortlaut nach zu einer Agrarverfassung bekennt, die sich als Bestandteil des Modells der ,sag. sozialen Marktwirtschaft einem staatlichen Eingriff gegenüber abwehrend verhält oder doch zumindest verhalten sollte. Jedoch ist das hohe Ausmaß dirigistischer Einflußnahme des Staates auf die Landwirtschaft inzwischen unübersehbar geworden und nicht zu vertuschen. Unbeschadet dessen bemühen sich Agrarrechtswissenschaftler, die zunehmenden staatlichen Eingriffe in die Landwirtschaft zu rechtfertigen.9 Erst unlängst wies E. L i -p i n s k y nach, daß sich das agrarische Bodenrecht und das Agrarmarktrech't dm der BRD besonders weilt vom „Idealtyp der freiheitlichen Agrarverfassung“ entfernt hätten und damit, die Gebundenheit der Agrarverfassung an eine zentrale Flanungs- und Entscheidungsgewalt beträchtlich verstärken: „Die in der Agrarpolitik deutlich erkennbare Neigung, durch Zwangsmaßnahmen bestimmte Verhaltensweisen der landwirtschaftlichen Unternehmer durchzusetzen, verrückt unsere grundsätzlich freiheitliche Agrarverfassung in ihrer Ausgestaltung in den betroffenen Bereichen immer mehr in die Nähe des gebundenen Typs.1.'10 11 Den Ausweg aus dieser Lage sieht Lipinsky einzig und allein in der Milderung der sozialen Folgen des Strukturwandels. Die Rechtfertigung der staatlichen Einmischung in die Landwirtschaft unter Zuhilfenahme des Agrarrechts dauert seit den 60er Jahren bis heute unvermindet an, ist jedoch um keinen Deut überzeugender geworden. Das gilt auch für das heute immer wieder strapazierte Argument, der bürgerliche Staat dürfe in dem Maße in die Landwirtschaft eingrei-fen, in dem er ein „öffentliches Interesse“ wahmimmt, eine Schutzfunktion gegenüber der wirtschaftlich im allgemeinen benachteiligten Landwirtschaft ausübt und „soziale Gerechtigkeit“ gewährleistet. Die Verfechter eines solchen Arguments wirken vor allem auch deshalb nicht überzeugend, weil sie den sozialistischen Staaten eine „Entstaatlichung“ der Landwirtschaft und die Durchsetzung der „freien Marktwirtschaft“ empfehlen, mithin ein „Rezept“, das selbst im Kapitalismus obwohl dort verfassungsrechtlich postuliert nicht einmal der juristischen Form nach praktiziert werden kann. Das Agrarrecht der BRD umfaßt heute nicht mehr nur das bäuerliche Erbrecht, das Grundstücks verkehrsrecht und das Landpachtrecht, sondern auch das Agrarstrukrturrecht, das Kooperationsrecht, das Agrarmarktrecht, das Kreditrecht so-wie das landwirtschaftliche Steuer-, Arbeits- und Sozial-recht.11 Diese Ausdehnung des agrarrechtlichen Regelungsund Wirkungsfeldes vor allem durch enorme Verstärkung des sog. öffentlich-rechtlichen Instrumentariums, was sich beispielsweise ganz besonders im radikalen Übergang zur rechtlichen Reglementierung des landwirtschaftlichen Bodenverkehrs zeigt12, ist der verschleierte juristische Ausdruck der zunehmend massiver werdenden staatsmonopolistischen Regulierung der Landwirtschaft. Gegenstand und Zielsetzung des Agrarrechts Als eine Rechtsmaterie, die nach bürgerlicher Rechtsauffassung alle auf die Landwirtschaft bezüglichen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Normen umfaßt13, ist das Agrarrecht entschieden umfänglicher als das unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg begrifflich üblich gewesene Landwirtschaftsrecht. Den Erfordernissen der Agrarentwicklung unter den Bedingungen der staatsmonopolistischen Regulierung der Landwirtschaft entsprechend, gehören zum heutigen Agrarrecht der BRD alle Sphären, „in denen die rechtliche Ordnung der modernen Gesellschaft auf Besonderheiten des ländlichen Lebens und Arbeitens Rücksicht zu nehmen hat“.14 Das Agrarrecht umfaßt insbesondere das Agrarstruktur-recht (vor allem das Flurbereinigungsrecht), das landwirtschaftliche Kooperationsrecht, das Agrarmarktrecht, das Recht der Agrarproduktion (z. B. mit dem Sortenschutzrecht, dem Saatgutverkehrsrecht, dem Tierzuchtrecht, dem Pflanzenschutzrecht und dem Düngemittelrecht), das Agrarkreditrecht, das landwirtschaftliche Steuerrecht, das Arbeitsrecht der Landwirtschaft und das Agrarsozialrecht sowie nicht zuletzt das Agrarumweltrecht. Dabei entwickelte sich von den neueren Gegenständen des Agrarrechts historisch zuerst das Agrarmarktrecht, weil es besonders wirksam zur Ausplünderung der Landwirtschaft und au ihrer Unterordnung unter die Kommandogewalt der Monopole beizutragen vermochte. Seitdem wurde mit den Mitteln des Agrarrechts aber auch 6 W. I. Lenin, „Neue Daten über die Entwicklungsgesetze des Kapitalismus ln der Landwirtschaft“, ln: Werke, Bd. 22, Berlin I960, S. 65. 7 Der Parlamentarische Staatssekretär W. von Geldern (Das Parlament [Bonn] Nr. 43 vom 25. Oktober 1986, S. 13) räumte ein: „Real, also unter Berücksichtigung .des allgemeinen Preisanstiegs, sind ln den letzten Jahren in der BRD die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise um 35 %, die Agrareinkommen um 40 % gesunken.“ 8 J. Dötsch, „Neue Aspekte der Anpassung des bürgerlichen Rechts lm Prozeß seiner Anwendung“, in: Die eigenverantwortlichschöpferische Komponente in der Rechtsanwendung und Ihr Einfluß auf die gesellschaftliche Wirksamkeit des sozialistischen Rechts (Materialien des VI. Berliner Rechtstheoretischen Symposiums), Berlin 1986, S. 72 f. 9 Vgl. beispielsweise O. Johannsen, Staat und Landwirtschaft, Hamburg 1968, S. I; H. Strich/G. Weippert, „Die Eingliederung der Landwirtschaft in die Marktwirtschaft“, in: Berichte über Landwirtschaft, Bd. 34 (1976), S. 369; K. Kroeschell, Deutsches Agrarrecht (Ein Überblick), Köln/Berlin (West)/Bonn/München 1983, S. 4. 10 E. Lipinsky, „Zur Problematik der aktueUen Agrarverfassungspolitik“, Agrarrecht (Münster-Hiltrup) 1986, Heft 9, S. 248. 11 Vgl. Agrarrecht in Europa - Stand und Perspektiven in Forschung und Lehre, Köln/Berlin (West) /Bonn/München 1983, S. 1 ff. und 79 ff. 12 Vgl. A. Pikalo, „Die Reglementierung des landwirtschaftlichen Bodenverkehrs und ihre Auswirkungen auf die Agrarstruktur“, in: Agrarrecht ln Europa, Frankfurt am Main 1984, S. 21 ff. 13 Vgl. W. Winkler, „Das Agrarrecht, sein Gegenstand und seine Stellung in der Rechtsordnung“, in: Recht, Umwelt, Gesellschaft - Festschrift für Alfred Pikalo zum 70. Geburtstag , Frankfurt am Main 1979, S. 363. 14 K. Kroeschell, „Agrarrecht in der industriellen Gesellschaft“, Agrarrecht 1967, Heft 12, S. 311.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 148 (NJ DDR 1988, S. 148) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 148 (NJ DDR 1988, S. 148)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Zielstellung sind solche Fragen zu beantworten wie:. Welches Ziel wird mit der jeweiligen Vernehmung verfolgt?. Wie ordnet sich die Vernehmung in die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Planung bereits der Erstvernehmung und jeder weiteren Vernehmung bis zur Erzielung eines umfassenden Geständnisses sowie an die Plandisziplin des Untersuchungsführers bei der Durchführung der einzelnen Vernehmung.

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