Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 122

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 122 (NJ DDR 1988, S. 122); 122 Neue Justiz 3/88 gemacht hat, muß für dauernd aus der Gesellschaft der DDR ausgeschlossen werden. Demgemäß war gegen den Angeklagten auf die nach § 91 Abs. 2 nunmehr allein zulässige lebenslängliche Freiheitsstrafe zu erkennen. Mit dieser Auffassung befindet sich der Senat in Überein-, Stimmung mit dem Vertreter des Generalstaatsanwalts der DDR, der diese Strafe beantragt hat, und er vermochte sich aus den dargelegten Gründen nicht den Bedenken der Verteidigung und ihrem Antrag, auf eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe zu erkennen, anzuschließen. Der Senat verurteilte daher den Angeklagten Henry Schmidt im Namen des Volkes der Deutschen Demokratischen Republik zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Angesichts der Schwere der begangenen Verbrechen waren dem Angeklagten gemäß § 50 Abs. 1 und 3 StGB zugleich die staatsbürgerlichen Rechte für dauernd abzuerkennen. II OG, Urteil vom 22. Dezember 1987 I OSB 8/87 . Aus der Begründung: Das Bezirksgericht hat alle für die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und die Strafzumessung bedeutsamen Tatsachen und Umstände umfassend und sorgfältig aufgeklärt und Feststellungen getroffen, die im vollen Umfang dem Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechen. Die mit der Berufung gegen Sachverhaltsfeststellungen erhobenen Einwände sind unzutreffend bzw. unbegründet. Soweit beanstandet wird, daß der Angeklagte mit der Leitung des Göhle-Werkes übereingekommen ist, am Hellerberg ein Barackenlager dieses Betriebes als Zwangsarbeitslager für jüdische Bürger zu nutzen, sowie Bedenken dagegen erhoben werden, daß mindestens 300 Personen dort am 23. November 1942 eingewiesen worden sind, erweisen sich diese Einwände als unzutreffend. Aus dem Besprechungsprotokoll vom 10. November 1942, das Gegenstand der erstinstanzlichen Beweisaufnahme war, ergibt sich, daß die festgelegten Maßnahmen sogar gemeinsam beschlossen worden sind, so daß die vom Bezirksgericht getroffene Feststellung keine Wertung zuungunsten des Angeklagten darstellt. Die festgestellte Mindestanzahl von 300 Häftlingen hat der Angeklagte vor dem Bezirksgericht selbst bestätigt. Die mit der Berufung angeführten Umstände vermögen das Eingeständnis des Angeklagten nicht zu widerlegen, da z. B. die abverlangten 150 Handtücher nicht für die Deportierten, sondern nach dem obengenannten Besprechungsprotokoll für den Wirtschaftsbetrieb bestimmt waren. Aus der Anzahl der Handtücher kann daher nicht abgeleitet werden, wieviele jüdische Bürger in das Lager verbracht worden sind. Soweit mit der Berufung Ergänzungen der erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen erstrebt werden, wird verkannt, daß für die Prüfung von Handlungen und Umständen, die der Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht zugrunde gelegt worden sind, kein Raum ist. Die Pflicht des Rechtsmittelgerichts besteht vielmehr darin, die angefochtene Entscheidung nachzuprüfen, ob der Sachverhalt in dem von der Anklage bestimmten tatsächlichen Umfang aufgeklärt und richtig festgestellt worden ist. Das ist der Fall. Entgegen dem Berufungsvorbringen sind daher hinsichtlich der tatsächlichen Kenntnis des Angeklagten vom Inhalt der „Endlösung der Judenfrage“, bezüglich der Anzahl der Deportationen und der Deportierten sowie in bezug auf die sog. Heimeinkaufsverträge weitere Feststellungen nicht zu treffen. Dem Angeklagten wurde nicht zur Last gelegt, „von der systematischen Massenvernichtung jüdischer Menschen durch planmäßige Tötung“ konkrete Kenntnis gehabt zu haben. Es wurde vielmehr in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt, daß dem Angeklagten bewußt war, daß die jüdischen Opfer im Rahmen der „Endlösung der Judenfrage“ von den Deportationsziel orten insbesondere aus den Konzentrationslagern nicht zurückkehren sollten und ihre Verbringung in das Konzentrationslager Auschwitz vielfach gleichbedeutend mit ihrem Tode war. Dem Angeklagten wurde weiter nicht zur Last gelegt, Einfluß auf die Anzahl der Deportationen und die Zahl der Deportierten gehabt zu haben, so daß es einer solchen Feststellung nicht bedarf. Das trifft auch auf den Abschluß der sog. Heimeinkaufsverträge zu, da der Angeklagte nicht beschuldigt worden ist, daran mitgewirkt zu haben. Aus all diesen Gründen bedarf es keiner Änderung oder Ergänzung der im Verfahren erster Instanz getroffenen Sachverhaltsfeststellungen. Soweit mit der Berufung teilweise gegen die Strafrecht-' liehe Verantwortlichkeit des Angeklagten gemäß Art. 6 Buchst, e IMT-Statut Einwände erhoben werden, vermochten sie ebenfalls nicht durchzugreifen. Mit der Berufung wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten für die Organisierung der für den 16. Februar 1945 festgelegten Deportation mit dem Hinweis darauf verneint, daß er davon keine Kenntnis gehabt habe und dafür der ihm unterstellte Sachgebietsleiter verantwortlich gewesen sei. Entgegen dem Vorbringen der Verteidigung ist der Angeklagte schon deshalb dafür strafrechtlich verantwortlich, weil er nach den in Übereinstimmung mit dem Beweisergebnis getroffenen Feststellungen bereits Ende Juni 1942 eine Beratung zur Vorbereitung aller Deportationen in das Ghetto Theresienstadt mit ihm unterstellten Gestapobeamten durchgeführt, zu allen wesentlichen insbesondere zu den sich wiederholenden Maßnahmen Festlegungen getroffen und die Teilnehmer mit ihrer Durchführung beauftragt hat. Danach konzentrierte er sich auf kurze Anweisungen und Kontrollen. Der Angeklagte hat darüber hinaus den Termin für die Durchführung der obengenannten Deportation bestimmt und veranlaßt, daß die zu Deportierenden sich am Stellplatz einzufinden haben. Die Ausführung dieser Maßnahme hat er dem ihm unterstellten Sachgebietsleiter übertragen. Der Angeklagte ist also auch für diesen Transport wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig, da er schon vorher die grundsätzlichen Aufgaben gestellt, verteilt und für die Durchführung auch dieser Deportation konkrete Weisungen erteilt hatte, die in seinem unmittelbaren Verantwortungsbereich als Referatsleiter entsprechend ausgeführt wurden. Den mit der Berufung gegen die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten für den Tod der jüdischen Bürger J., M., C. und W. erhobenen Bedenken kann nicht gefolgt werden. Der Umstand, daß der Angeklagte mit den erstgenannten drei Personen keine unmittelbare dienstmäßige bzw. persönliche Berührung hatte, und die Annahme, daß der Tod der vier im Polizeigefängnis eingesperrten Menschen auf Selbsttötung zurückzuführen sei, schließen seine Verantwortlichkeit nicht aus. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Vorbringen der Verteidigung, der Tod dieser vier Menschen sei erwiesenermaßen durch Selbsttötung herbeigeführt worden, nicht dem Beweisergebnis entspricht. Zutreffend wird in der Entscheidung des Bezirksgerichts ausgeführt, daß nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob der Tod infolge direkter Tötungshandlungen eingetreten ist oder ob die Opfer wegen Mißhandlungen und wegen der zu erwartenden Verbringung in ein Konzentrationslager ihrem Leben ein Ende setzten. Vor allem aber hat die Verteidigung den Charakter der faschistischen Organisationsverbrechen nicht erkannt. Das Oberste Gericht hat in Entscheidungen zu Verbrechen nach Art. 6 Buchst, c IMT-Statut wiederholt darauf hingewiesen, daß sie sich als völkerrechtswidrige Massenverbrechen von allen anderen Straftaten grundsätzlich unterscheiden. Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind vom faschistischen deutschen Staat geplante und organisierte Massenverbrechen, deren Erfolg auf dem arbeitsteiligen Zusammenwirken einer Heerschar von Planern, Befehlsgebern, Befehlsvollstreckern usw. auf allen Führungsebenen beruhte. Dies sowie die Hierarchie der Befehlsgebung waren notwendige Voraussetzungen zur Herbeiführung des verbrecherischen Erfolges. Das Bezirksgericht hat zweifelsfrei festgestellt, daß in diesem System zur Verfolgung der jüdischen Menschen im Regierungsbezirk Dresden-Bautzen dem Angeklagten als Leiter des sog. Judenreferats eine besondere Verantwortung oblag. Das Ziel der Verfolgung jüdischer Menschen bestand in ihrer Vernichtung. Dem dienten u. a. die vom Angeklagten zu;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 122 (NJ DDR 1988, S. 122) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 122 (NJ DDR 1988, S. 122)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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