Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 121

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 121 (NJ DDR 1988, S. 121); Neue Justiz 3/88 121 arbeitern geforderte Handlungen zur Festnahme, Mißhandlung und auf Tötung abzielende Deportationen geleistete Tatbeitrag zur Ausrottung der jüdischen Bevölkerung ist von großer objektiver Schädlichkeit und einem hohen Grad individueller Schuld charakterisiert. Der Angeklagte führte dadurch vorsätzlich auch besonders schwere Folgen herbei. Diese bestanden vor allem darin, daß der Plan der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung im Bereich der Staatspolizeileitstelle Dresden einen hohen Grad der Verwirklichung erreichte. Die jüdische Bevölkerung Dresdens bestand nach der Befreiung vom Faschismus im Jahre 1945 auch unter Einbeziehung der aus Ghetto und Konzentrationslagern Zurückgekehrten nur noch aus weit weniger als 100 Menschen. Weit über 300 jüdische Einwohner sind durch die beschriebene Mitwirkung des Angeklagten mit absoluter Gewißheit ermordet worden, und mindestens ebenso viele sind infolge der gegen sie verübten Handlungen spurlos verschwunden, ohne daß es Anzeichen für das Überleben gibt. Soweit manche dieser fast 700 Toten oder Verschollenen noch Angehörige hinterließen, wurde diesen unermeßliches Leid sowohl durch die Gewißheit des Todes als auch durch die . Unsicherheit über das Schicksal der Deportierten zugefügt, was nicht selten zu schweren gesundheitlichen Schäden und seelischen Qualen dieser Angehörigen der Opfer führte. Das gilt erst recht für die wenigen überlebenden Opfer selbst. Diese schweren Folgen, die unwiderruflich und nicht wiedergutzumachen sind, bestimmen daher wesentlich das hohe Maß der persönlichen Schuld des Angeklagten und seine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Der Angeklagte ist für die von ihm begangenen Verbrechen voll verantwortlich. Seine Verantwortlichkeit ist aus keinerlei objektiven und subjektiven Gründen eingeschränkt, auch nicht dadurch, daß er seine Handlungen auf Grund verbrecherischer Befehle beging. Da das Funktionieren des Systems der vom Faschismus staatlich organisierten Massenverbrechen gerade darauf beruhte, daß derartige Befehle von vielen Empfängern exakt ausgeführt wurden, um den verbrecherischen Erfolg zu bewirken, ist Handeln auf Befehl nach Art. 8 IMT-Statut nicht als Strafausschließungsgrund für derartige Verbrechen anerkannt worden. Der Angeklagte hat wie er zugab Befehle auch nicht nur wegen des formell verbindlichen Charakters ausgeführt, sondern weil er sich mit der faschistischen Zielsetzung identifizierte. Es kam ihm deshalb wie dargelegt niemals in den Sinn, solche Befehle nicht auszuführen. Davon hat er sich grundsätzlich nicht leiten lassen. Im Gegenteil, er erlegte sich keinerlei Zwang auf, wenn er sich bei der Ausübung dienstlicher Pflichten durch das Handeln anderer, insbesondere jüdischer Bürger behindert sah. Das zeigt sich an seinem zügellosen Vorgehen gegenüber dem Zeugen W., den der Angeklagte nicht nur festnahm, um dessen Befreiungsversuch zu untersuchen, sondern den er schwer mißhandelte. Der Angeklagte hat sich daher selbst nicht auf ein Handeln auf Befehl als Grund für den Ausschluß seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit berufen. Angesichts des Ausmaßes der Verbrechen und der Bereitwilligkeit des Angeklagten, sie befehlsgemäß auszuführen, liegt darin auch kein nach Art. 8 IMT-Statut möglicher Strafmilderungsgrund vor, den die Verteidigung zu prüfen anregte. Dem steht die weitgehend eigenverantwortliche Mitwirkung des Angeklagten an der Begehung dieser Verbrechen und deren vielfältige und mit Eifer betriebene unterschiedliche Begehung entgegen, wobei der Angeklagte wiederholt, so bei den Mißhandlungen, nicht einmal nur auf direkten Befehl tätig wurde. Der Angeklagte muß vielmehr für seine nachgewiesene Teilnahme an den faschistischen Verbrechen und gemäß dem gleichfalls nachgewiesenen Maß seiner hohen persönlichen Schuld zu der nach Auffassung des Senats dafür allein möglichen Strafe verurteilt werden. Das ist im Interesse des friedlichen Lebens der Menschen und der Abwehr jeder erneuten Bedrohung mit solchen Verbrechen sowie zur Achtung der Persönlichkeit, Ehre und Würde der Menschen geboten und ein Erfordernis der Gerechtigkeit. Der vom Angeklagten verletzte Tatbestand des IMT-Sta-tuts sieht keine Strafandrohungen vor, diese sind dem natio- nalen Strafrecht zu entnehmen. Demgemäß bestimmt § 1 Abs. 6 EGStGB/StPO, daß die erforderlichen Strafen für derartige Verbrechen aus den entsprechenden Tatbeständen des 1. Kapitels des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs zu entnehmen sind. Das ist der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit gemäß § 91 StGB, der unter Berücksichtigung der in Abs. 2 für die Bestrafung bei Herbeiführung besonders schwerer Folgen vorgesehenen und allein zulässigen Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Strafzumessung zugrunde zu legen ist. Der Angeklagte hat durch die von ihm gemeinsam mit anderen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit besonders schwere Folgen verursacht, wie bereits begründet worden ist. Das dazu führende aktive Handeln des Angeklagten, die Einbeziehung weiterer Helfer und die bewirkten verbrecherischen Ergebnisse erfordern zwingend seine Bestrafung nach § 91 Abs. 2 StGB, da Gründe für eine Nichtanwendung dieser Bestimmung, die sich vor allem auf den Nichteintritt oder die Verringerung von schweren Folgen beziehen müßten, nicht festgestellt wurden und auch keinerlei Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Strafmilderung gegeben sind. Der Angeklagte hat in so bedeutendem Maße an den faschistischen Verbrechen bewußt und zielstrebig mitgewirkt und zur Zeit ihrer Begehung in keiner Weise versucht, ihre Auswirkungen zu mildern oder zu verringern, daß der Senat weder in bezug auf die objektive Tatbegehung noch hinsichtlich der Einstellung des Angeklagten derartige Umstände festzustellen vermochte. Umstände; die die Anwendung der außergewöhnlichen Strafmilderung rechtfertigen könnten, ergeben sich auch nicht aus dem Verhalten des Angeklagten nach 1945. Soweit er von seinen Straftaten tatsächlich Abstand gewonnen und gute berufliche Leistungen vollbracht hat, ändert dies nichts an der objektiven Schädlichkeit der fast drei Jahre lang begangenen Verbrechen und dem dadurch bestimmten Maß seiner Schuld. Die Bereitschaft des Angeklagten, nach seiner Verhaftung an der Aufdeckung seiner Straftatert mitzuwirken, und die gezeigte Reue und erklärte Scham über die Verbrechen, auf die die Verteidigung Bezug nahm, können gleichfalls zu keiner anderen Bewertung der Tatschwere und der persönlichen Schuld des Angeklagten führen, insbesondere hinsichtlich der herbeigeführten schweren Folgen. Soweit die Verteidigung die Frage aufwarf, daß nachdem durch den Beschluß des Staatsrates der DDR vom 17. Juli 1987 die bisher gleichfalls in § 91 Abs. 2 angedrohte Todesstrafe nicht mehr anwendbar ist eine Prüfung der gegen den Angeklagten anzuwendenden Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unter dem Gesichtspunkt erfolgen müsse, ob mit Rücksicht auf die nunmehr in der DDR allein mögliche Höchststrafe sich auch andere Relationen in der Strafzumessung und damit in der Anwendung der Vorschriften über die außergewöhnliche Strafmilderung ergeben können, vermag sich dem der Senat nicht anzuschließen. Abgesehen davon, daß es dazu der eindeutigen gesetzlichen Orientierung bedürfte, geht der Senat davon aus, daß der genannte Beschluß des Staatsrates der DDR in Verbindung mit den weiteren Beschlüssen vom 17. Juli 1987 die bestehende Rechtslage sowohl darin bekräftigt hat, daß Kriegsund Naziverbrechen weiterhin unnachsichtig verfolgt werden, indem sie aus der am 17. Juli 1987 beschlossenen allgemeinen Amnestie ausgenommen wurden, als auch darin, daß solche Kriegs- und Naziverbrechen, mit denen besonders schwere Folgen herbeigeführt wurden, bereits in den Vorjahren auch durch Nichtanwendung der Todesstrafe durch den Ausspruch einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausreichend und dem Völkerrecht entsprechend geahndet werden konnten. Die nunmehr ausdrücklich festgelegte Nichtanwendbar-keit der Todesstrafe ist daher kein Anhalt für eine weitere Differenzierung der Strafzumessung bei besonders schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Angeklagte ist demnach wegen mehrfach begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Art. 6 Buchst, c IMT-Statut, mit denen er besonders schwere Folgen herbeiführte, in Anwendung des § 91 Abs. 2 StGB zur Verantwortung zu ziehen. Wer sich derart schwerer und vielfacher Beteiligung an den faschistischen Massenverbrechen schuldig;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 121 (NJ DDR 1988, S. 121) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 121 (NJ DDR 1988, S. 121)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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