Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 105 (NJ DDR 1988, S. 105); Neue Justiz 3/88 105 Souveränität der DDR gerichtete Positionen auf dem Gebiet der Strafrechtsprechung zu überwinden, indem sie nach Vorarbeiten in der strafrechtswissenschaftlichen Literatur auf das Strafrecht zugeschnittene funktionelle Begriffe zum „Inland“ und zum „Deutschen“ als Täter bzw. Opfer einer Straftat entwickelten. Dies führte dazu, daß der „funktionelle Inlandsbegriff“ nur das Staatsgebiet der BRD erfaßte, während das Staatsgebiet der DDR in analoger Anwendung der Grundsätze des internationalen Strafrechts „wie“ Ausland behandelt werden sollte.il Eine solche Position ist aber offensichtlich inkonsequent. Denn: Gehört die DDR nicht zum Inland, kam nur die Charakterisierung als Ausland in Frage; ein Drittes gibt es auf Grund der Souveränität der Staaten in ihren Beziehungen zueinander nicht. Die Konstruktion des „funktionellen Inlandsbegriffs“ war der Versuch des Bundesgerichtshofs, sich auf strafrechtlichem Gebiet politischen Gegebenheiten anzupassen, ohne mit- den Positionen des Bundesverfassungsgerichts in Kollision zu geraten, das die DDR nicht als Ausland anerkennt.!2 Der „funktionelle Inlandsbegriff“ wurde faktisch mit dem räumlichen Geltungsbereich des StGB der BRD identifi- ziert. Ihm wurde eine „funktionsgerechte Bedeutung“ beigemessen, der Tatsache folgend, daß die BRD auf dem Gebiet der DDR „keine Staatsgewalt“ ausüben würde. Die These des Bundesverfassungsgerichts von der sog. Teilidentität der BRD mit dem „Deutschen Reich“ in den Grenzen von 1937 bot den Ansatz für das Konzept, daß die DDR zwar nicht zum Staatsgebiet (Inland) der BRD, aber doch zum Staatsgebiet (Inland) des „umfassenden Staates Gesamtdeutschland“ gehöre. Je nach Betrachtung wurde die DDR damit „funktionsgerecht“ zum Ausland („wie Ausland“) und gleichzeitig eigentlich doch zum Inland erklärt. Hinzu kommt, daß auch der strafrechtliche Inlandsbegriff, je nach dem „Regelungszusammenhang“ in § 3 und in § 5 Ziff. 6 StGB der BRD11 12 13 14 15 uneinheitlich angewandt wurde. An dieser dem Völkerrecht wie der Logik zuwiderlaufenden Konstruktion haben die oberen Gerichte der BRD bis heute festgehalten, immer bemüht zu vermeiden, die DDR als Ausland zu respektieren. Die Erstreckung des Geltungsbereichs des BRD-Strafrechts auf Staatsbürger der DDR Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 zum Grundlagenvertrag, das u. a. das Fortbestehen einer „gesamtdeutschen Staatsangehörigkeit“ behauptet, führte in der Strafrechtsprechung der BRD auch hinsichtlich des aktiven und des passiven Personalitätsprinzips zu völkerrechtswidrigen Positionen. Kaum noch vertreten wird heute die These, das Strafrecht der BRD gelte auch für alle von Staatsbürgern der DDR und gegen sie im Ausland begangenen Straftaten. Sie war zu einer Zeit verbreitet, als die „Alleinvertretung“ gängige Doktrin und Praxis war. Gegen diese These wurden erst Einwände erhoben, als die Rechtsprechung dazu überging, im Verhältnis zur DDR und zu ihren Staatsbürgern die Regeln des internationalen Strafrechts anzuwenden. In der Mehrzahl tendieren Theorie und Praxis heute zu einer Beschränkung des strafrechtlichen Geltungsbereichs im Sinne des aktiven wie des passiven Personalitätsprinzips. Stets wird der Umstand genutzt, daß die entsprechenden Bestimmungen im StGB der BRD den Terminus „Deutscher“ verwenden, dessen Auslegung ganz im Sinne der politischen Doktrin zur Zeit seiner Formulierung aufrechterhalten wird.!4 Es herrscht das Bestreben vor, sich für willkürliche begrenzende oder ausdehnende Auslegungen die Tür offenzuhalten. Dem dient vor allem eine Konstruktion, die die Staatsbürger der DDR im Sinne des pässiven Personalitätsprinzips dem „Schutz“ des BRD-Strafrechts unterstellt. Aber auch darüber hinaus wird durch die Anwendung der 2. Alternative des § 7 Abs. 2 Ziff. 1 StGB der BRDl5 versucht, Personen, die zum Zeitpunkt ihres Handelns außerhalb des Staatsgebietes der BRD Bürger der DDR waren, dem Strafrecht der BRD zu unterwerfen. Das geschah bisher in zwei Varianten, und in beiden wurde gegen elementare Regeln des Völkerrechts verstoßen. In der ersten Fallgruppe wurde versucht, Handlungen, speziell auch Hoheitsakte, von Bürgern der DDR auf dem Territorium der DDR zu kriminalisieren, obwohl diese sowohl nach dem Völkerrecht als auch nach dem Recht der DDR (lex loci) erlaubt, ja sogar geboten waren. Hierzu gehört auch der völkerrechtsgemäße Schutz der Staatsgrenze der DDR.16 Nach dem Gleichheitsgrundsatz der Staaten und dem Nichteinmischungsgebot gilt eindeutig, daß die BRD nicht berechtigt ist, Hoheitsakte der DDR „nachzuprüfen“ und diese der eigenen rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Im Fall Hanke hatte das Landgericht Stuttgart gerade gegen dieses völkerrechtliche Verbot verstoßen.12 Auf dieser rechtswidrigen Grundlage basiert insgesamt die sog. Zentrale Erfassungsstelle in Salzgitter, deren Auflösung überfällig ist eine Forderung, die bereits weitgehend anerkannt wird.l8 Zur zweiten Fallgruppe gehören z. B. die Urteile im Fall Weinhold: Der Täter, der zum Zeitpunkt der Tat Staatsbürger der DDR war, hatte seine Mordverbrechen auf dem Territorium der DDR an Staatsbürgern der DDR begangen. Nachdem die Justizorgane der BRD die Auslieferung Wein-holds an die DDR verweigert hatten, schützten ihn Gerichte der BRD auch dadurch, daß sie in völkerrechtswidriger Weise die Strafhoheit der BRD auf ihn nach § 7 Abs. 2 Ziff. 1 StGB der BRD erstreckten.19 20 21 Die rechtswidrige Erstreckung des strafrechtlichen Geltungsbereichs der BRD auf Bürger der DDR geschieht in der Rechtsprechung der BRD zur Zeit vor allem in Anwendung des passiven Personalitätsprinzips. Mit strafrechtlichen Mitteln wird versucht, eine „Obhutspflicht“ der BRD gegenüber den Bürgern der DDR zu realisieren. Zu diesem Zweck wird ganz allgemein behauptet, alle Staatsbürger der DDR seien „Deutsche“ i.S. des §7 Abs. 1 StGB der BRD.20 Damit gelte das Strafrecht der BRD auch für Taten, die im Ausland (also in der DDR) gegen einen „Deutschen“ begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist. Bei diesem Konzept ist die Verletzung elementarer Souveränitätsrechte der DDR offenkundig. Die DDR wird faktisch zum Inland der BRD erklärt, und die Bürger der DDR werden aktiv und passiv der Jurisdiktion der BRD unterworfen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in seinem Urteil vom 3. November 1982 den weitgehenden Rechtssatz auf gestellt: „Deutsche im Sinne des § 7 Abs. 1 StGB sind auch Bürger der DDR. “21 Bereits mit seinem Urteil vom 7. März 1984 11 Vgl. beispielsweise Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. November 1980 in BGHSt Bd. 30, S. 1 ff.; E. Dreher/H. Tröndle, a. a. O., Anm. 3 zu § 3 (S. 25 f.). 12 Vgl. BVerfGE Bd. 36, S. 17. 13 § 3 lautet: „Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden." § 5 lautet: „Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden: 6. Verschleppung und politische Verdächtigung (§§ 234 a, 241 a)', wenn die Tat sich gegen einen Deutschen richtet, der im Inland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat; “ E. Dreher/H. Tröndle (a. a. O., Anm. 6 zu § 5) kommentieren knapp: „Unter Inland ist hier (entgegen Anm, 3 zu § 3) auch die DDR zu verstehen.“ 14 Zur Geschichte vgl. H. Roggemann, „Die Grenzen der Strafgewalt zwischen beiden deutschen Staaten“, Recht in Ost und West (Berlin[West]) 1974, Heft 5, S. 185 ff.; V. Krey, „Anwendung des .internationalen Strafrechts1 im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur DDR“, Juristische Rundschau 1980, Heft 2, S. 45 ff. 15 §7 Abs. 2 lautet: „Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter 1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist “ 16 vgl. M. Herdegen, „Die Achtung fremder Hoheitsrechte als Schranke nationaler Strafgewalt“, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Stuttgart) 1987, Heft 2, S. 221 ff. 17 Vgl. dazu F. K. Kaul/B. Graefrath, a. a. O. 18 Vgl. G. Wieland, a. a. O., S. 548; ferner R. Fenner, „Die Geraer Forderungen und das Karlsruher Urteil“, Deutschland-Archiv (Köln) 1985, Heft 10, S. 1062 ff. (1069); vgl. auch die Aussage des SPD-Politikers Gerhard Schröder: „Erfassungsstelle Salzgitter ist ein Relikt des kalten Krieges“, ND vom 21. Januar 1988, S. 5. 19 Hier ist nicht Raum für eine Auseinandersetzung mit dem Staatsangehörigkeitsrecht der BRD; vgl. dazu G. Riege, a. a. O., S. 184 ff. 20 §7 Abs. 1 lautet: „Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.“ 21 Neue Juristische Wochenschrift 1983, Heft 22, S. 1277 ff.; vgl. hierzu auch G. Seidel, a. a. O., S. 20, und H. Weber, a. a. O., S. 316.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 105 (NJ DDR 1988, S. 105) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 105 (NJ DDR 1988, S. 105)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Außeneioherung den objekt-seitigen Teil der Objekt-Umweltbeziehungen. Zur effektiven Gestaltung der ist eng mit den territorial zuständigen Dieneteinheiten dee Staatssicherheit zueaamenzuarbeiten. Ebenso ist das Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Kräften zu realisier! Die Inspirierung und Organisierung von Straftaten gemäß sind untrennbarer Bestandteil der Strategie des Gegners zur langfristigen Destabilisierung und Vernichtung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft unter den derzeit komplizierten Klassenkampfbedingungen neue anspruchsvollere Aufgabenstellungen ergeben, steigt auch der Anspruch an die politisch-ideologische Erziehungsarbeit in den Dienstkollektiven Staatssicherheit kontinuierlich weiter. Die Mitarbeiter für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der möglichen Straftat und ihrer politisch-operativ interessanten Zusammenhänge in der Regel von einmaligem Wert. Es sind dadurch Feststellungen möglich, die später unter den Bedingungen des Untersuche nqshaftvollzuqes fortzusetzen. Die Aktivitäten der Verhafteten gegen den Untersuchungshaftvollzug reflektieren daher nicht nur die Hauptrichtungen der feindlichen Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Direktive des Ministers für Staatssicherheit auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen.

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