Dokumentation DDR - Neue Justiz (NJ), 42. Jahrgang 1988 (NJ 42. Jg., Jan.-Dez. 1988, Ausg.-Nr. 1-12, S. 1-516)DDR Deutsche Demokratische -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 37 (NJ DDR 1988, S. 37); ?Neue Justiz 1/88 37 Hintergrund des sozialen Gesamtverhaltens, nicht um die Biographie des Taeters selbst. Sachbezogen ist dies u. E. in folgenden Richtungen einzugrenzen : Da eine Straftat zu beurteilen ist, interessiert zunaechst das Verhalten gegenueber der Strafrechtsordnung (Strafrechtsnormen), ggf. also fruehere (nicht verjaehrte) Straftaten bzw. (nicht getilgte) Vorstrafen. Da die Straftat ein bestimmtes schutzwuerdiges Objekt (Persoenlichkeit, Eigentum) verletzt hat, geht es auch um das bisherige Verhalten des Angeklagten zu diesem Objekt (gegenueber anderen Menschen, gegenueber dem sozialistischen Eigentum, dem Eigentum anderer usw.). Da die Arbeit sowohl fuer die Persoenlichkeitsentwicklung von bestimmender Bedeutung ist, als auch eine von den Mitgliedern der Gesellschaft zu Recht erwartete grundlegende Leistung ist (Art. 24 Verf.) und daher in der Beurteilung des Sozialverhaltens und damit der Wertschaetzung eines Menschen den zentralen Platz einnimmt, ist die Frage zu stellen, ob und inwieweit das Arbeitsverhalten des Beschuldigten bzw. Angeklagten fuer die Einordnung und Beurteilung seiner Straftat bedeutsam ist. Es wird in unserer Praxis bekanntlich als ein im Strafverfahren aufzuklaerender Gegenstand der Beweisfuehrung angesehen. 18 Insoweit sind alle fuer und gegen den Beschuldigten bzw. Angeklagten sprechenden Seiten seines Arbeitsverhaltens festzustellen und zu wuerdigen. Dabei sind auch die konkrete Art der Arbeitstaetigkeit, ihr Verhaeltnis zur Qualifikation des Angeklagten und ebenfalls die Arbeitsbedingungen zu beruecksichtigen, also Umstaende, die auf das konkrete individuelle Arbeitsverhalten dieses Menschen von Einfluss sind.19 Unter diesem Aspekt ist es auch gerecht, ueber das Arbeitsverhalten hinausgehende besondere gesellschaftliche Leistungen oder Aktivitaeten einzubeziehen.20 Soweit aber das hier geforderte, zum Gegenstand der Beweisfuehrung gehoerende Sozialverhalten des Taeters nicht zuverlaessig und zweifelsfrei festgestellt und bewiesen werden kann, ist nach dem Beweisgrundsatz ?in dubio pro reo? die fuer den Angeklagten guenstigere Variante moeglichen Verhaltens zugrunde zu legen. Es darf kein negativ zu beurteilendes Verhalten (z. B. Arbeitsbummelei) unterstellt, es darf aber auch nicht das Fehlen positiven Verhaltens dem Beschuldigten als Makel vorgehalten werden. Bis zum Beweis des Gegenteils sind Beschuldigte bzw. Angeklagte als gesetzestreue Menschen zu betrachten und zu behandeln. Feststellung der Faehigkeit und Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten Hinsichtlich der Faehigkeit und Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten21 interessiert hier ueber bereits oben behandeltes Verhalten vor der Taet hinaus insbesondere das straftatbezogene Verhalten nach der Tat (?? 25 Ziff. 1, 62 Abs. 2 StGBl. Mit zuverlaessigen Beweisen zweifelsfrei festzustellen sind nicht verjaehrte Straftaten bzw. nicht getilgte Vorstrafen. Daraus kann erkennbar werden, ob die Straftat eine ?einmalige Entgleisung? war. Gegenstand der Beweisfuehrung ist aber auch das Handeln zur Beseitigung oder Wiedergutmachung schaedlicher Auswirkungen der Straftat oder andere mit der Straftat bzw. ihrer Aufklaerung zusammenhaengende positive Leistungen (? 25 Ziff. 1 StGB). Das betrifft wiederum auch wesentliche Seiten des Arbeitsverhaltens des Angeklagten nach der Tat in positiver und negativer Hinsicht, das ebenfalls zum Gegenstand der Beweisfuehrung zu machen ist. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Strafe und auch die Wiedereingliederung kann das Freizeitverhalten bedeutsam sein (wieviel Freizeit hatte der Angeklagte, wie gestaltete er sie, wie verhalten sich die Arbeits- und Freizeitinhalte zueinander?) sowie die Art und Tiefe der sozialen Kommunikation (wie gestaltet er sie, wie traegt er z. B. zum Familienleben bei?). Schliesslich muessen u. E. unter diesem Aspekt eventuell vorhandene individuelle psychische Besonderheiten oder Auffaelligkeiten (z. B. geringe Intelligenz, emotionales Defizit) beachtet werden, um im Rahmen der Massnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit weitgehend zu individualisieren. Ist das hier umrissene, fuer die Beweisfuehrung im Strafverfahren und auch in hoeheren Instanzen beweismaessig ueberpruefbare Sozialverhalten des Angeklagten zweifelsfrei aufge-.klaert bzw. festgestellt, dann ist die daraus abzuleitende prognostische Beurteilung der Faehigkeit und Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten kein Gegenstand der Beweisfuehrung mehr, sondern eine Frage der (nicht mit Wahrheitsfeststellung gleichzusetzenden) sozialen und rechtlichen Beurteilung. Diese Einschaetzung hat sich auf sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte zu stuetzen, nicht auf persoenliche Ansichten oder subjektive Eindruecke. Allerdings muss auch diese aus dem bezeichneten Sozialverhalten zu schliessende Beurteilung und die darauf begruendete Strafzumessung justitieller Ueberpruefung durch eine hoehere Instanz zugaenglich sein, insbesondere hinsichtlich ihrer Schluessigkeit und rechtlichen Zulaessigkeit (z. B. ob nur einseitig unguenstige Umstaende oder negative Verhaltensweisen beruecksichtigt wurden, ob die Relation von Tatschwere und Verhalten nach der Tat beachtet wurde oder ob wegen fehlender Faehigkeit oder Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten in unzulaessiger Weise eine ueber der Tatschwere liegende Strafe ausgesprochen wurde). Hier, kann nicht ausfuehrlich zum Einfluss von vorhandener oder fehlender Faehigkeit und Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten, von gezogenen bzw. versaeumten Lehren aus frueherer Bestrafung (? 61 Abs. 2 StGB) oder von Rueckfaelligkeit auf die Strafzumessung Stellung . genommen werden. Folgende Grundaussage darf jedoch nicht unausgesprochen bleiben: Gegenstand strafrechtlicher Beurteilung und Entscheidung ist die Straftat bzw. die persoenliche strafrechtliche Verantwortlichkeit. Sie begrenzt auch die Schwere der Strafe. Unter keinem Gesichtspunkt, auch nicht unter Berufung auf die Zwecke der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 2 und ?? 30, 39 StGB) oder im Hinblick auf die unguenstige Prognose kuenftigen Sozialverhaltens, darf eine ueber der Tatschwere bzw. dem festgestellten Grad strafrechtlicher Verantwortlichkeit (die bei Rueckfalltaetern u. U. erhoeht sein kann22) liegende Strafe ausgesprochen werden. Sie waere ungerecht und wuerde den herrschenden Grundsatz unserer Strafzumessung (? 61 Abs. 1 StGB) verletzen. Strafe kann nicht fuer kuenftiges Verhalten oder in Erwartung eines bestimmten Sozialverhaltens verhaengt werden. Fuer soziale Fehlentwicklung oder Persoenlichkeitsdefizite kann es keine strafrechtliche Schuld geben; sie koennen also auch keinen Grund fuer Strafe oder eine strengere Bestrafung abgeben. Demgegenueber kann es jedoch sehr wohl vertretbar und gerecht sein, bei positivem Gesamtverhalten, insbesondere auch bei positivem Verhalten nach der Tat, und darauf gestuetzter Bereitschaft zu kuenftig gesetzestreuem Verhalten eine u. U. erheblich mildere Strafe (? 62 Abs. 2 StGB) auszusprechen. In besonderen Faellen kann darueber hinaus gaenzlich von Massnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen werden (?25 Ziff. 1 StGB). Dies entspricht dem sozialistischen, humanen Grundgedanken des moeglichst sparsamen Einsatzes von Zwang. * 18 Dafuer hat gerade das Auftreten des Kollektivvertreters lm Strafverfahren der DDR eine grosse Bedeutung. Diese Frage bedarf u. E. noch naeherer Diskussion. Mag bei einem Eigentumsdelikt wegen des sozialen innere?! Zusammenhangs von Arbeit und Eigentum die Feststellung des Arbeitsverhaltens sachgerecht sein, so ist die Frage danach bei manchen Sexual-, Gewalt- oder Fahrlaessigkeitsdelikten etwas weit hergeholt. 19 Im Strafverfahren geht es nicht um eine moralische oder arbeits-reChtliche Einschaetzung des Arbeitsverhaltens, sondern darum, die Straftat zum sonstigen wesentlichen Sozialverhalten ins Verhaeltnis zu setzen und zu fragen, ob es begruendet ist zu erwarten, dass sich der Angeklagte kuenftig gesetzestreu verhalten wird. 20 Das Fehlen solcher gesellschaftlichen Aktivitaeten ist allerdings kein strafrechtlich relevanter Makel. 21 Vgl. E. Buchholz/H. Dettenborn, ?Faehigkeit und Bereitschaft des Straftaeters zu kuenftig verantwortungsbewusstem Handeln?, NJ 1979, Heft 10, S. 440 ff.; dieselben, ?Beruecksichtigung der Faehigkeit und Bereitschaft des Straftaeters zu kuenftig verantwortungsbewusstem Verhalten bei der Strafzumessung?, NJ 1980, Heft 3, S. 109 ff. 22 Dass das Persoenlichkeitsbild der Rueckfalltaeter sehr differenziert ist, ist bekannt. Ein nicht geringer Teil sind psychisch labile, lebensuntuechtige oder sozial fehlentwickelte Menschen mit krankheitswertigen Stoerungen. Deshalb waere eine undifferenzierte Strafverschaerfung allein wegen des Rueckfalls unzulaessig. Von einer differenzierten Praxis auch unter Nutzung der Moeglichkeiten des ? 62 Abs. 3 StGB berichtet L. Reuter (?Zur Anwendung der Rueckfallbestimmungen des StGB?, NJ 1982, Heft 3, S. 118 ff.).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

In der politisch-operativen Arbeit ist schöpferische erforderlich; denn Entwerfen von Varianten, Entwickeln von operativen Kombinationen, Aufbau von Legenden, Planung komplexer operativer Maßnahmen und Aufklärung der Pläne und Absichten negativer oder verdächtiger Gruppierungen und bestimmter Konzentrationspunkte im Verantwortungsbereich zur Störung der betreffenden Ereignisse, um rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zu deren Verhinderung einleiten zu können. Erarbeitung von Informationen über - feindliche Beeinflussungs- oder Abwerbungsversuche - Konfliktsituationen, operativ bedeutsame Kontakthandlungen oder - ein mögliches beabsichtigtes ungesetzliches Verlassen im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Auswahl und beim Einsatz der sowie der Ausarbeitung und Anwendung operativer Legenden und Kombinationen; Organisierung der Zusammenarbeit sowie der erforderlichen Konsultationen mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie sowie der Partner in der Zusammenarbeit und dem Zusammenwirken müssen bewußt unter dem Aspekt einer zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit gestaltet werden.

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