Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 96

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 96 (NJ DDR 1987, S. 96); 96 Neue Justiz 3/87 Bedeutung der Motive des Handelns für Art und Ausmaß der Schuld im Strafrecht Prof. Dr. sc. DIETMAR SEIDEL und Dr. ROLF RINDERT, Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Bei der Prüfung der rechtlichen Verantwortlichkeit von Rechtsverletzern sind Richter, Staatsanwälte, Mitarbeiter der Untersuchungsorgane sowie Mitglieder von Konflikt- und Schiedskommissionen verpflichtet, auch die Motive des Handelns des Rechtsverletzers festzustellen und zu bewerten. Diese Motive, die der Entscheidung des Rechtsverletzers zu einem bestimmten Handeln oder Verhalten zugrunde liegen, sind für die Beurteilung der Art und des Ausmaßes der Schuld und damit für die Gesamtcharakteristik der Rechtsverletzung von großer Bedeutung. Die gesamte Schuldkonzeption des sozialistischen Strafrechts basiert darauf, daß die subjektive Verantwortungslosigkeit des Straftäters beim Zuwiderhandeln gegen grundlegende rechtliche Forderungen substantiell auch und gerade über die Motive des Handelns erfaßt wird. Die Motivproblematik rückt damit bei der politisch-moralischen und rechtlichen Wertung individuellen Fehlverhaltens auch aus strafrechtlicher Sicht in den Mittelpunkt der Betrachtung.! Bei der Bestimmung der konkreten, handlungsauslösenden und zielsetzenden Motivation ist die dialektische Einheit von Motiv, Motivhintergrund und Gesamtpersönlichkeit des Handelnden mit seinen Einstellungen, Bedürfnissen, Emotionen, Willenseigenschaften, der Tatsituation und spezifischen Bezügen zur Lebensgeschichte zu beachten. Nur wenn diese Ganzheit gesichert wird, kann u. E. jener richtige Anspruch an die kriminologische Forschung erfüllt werden, der nach den Gründen für spontan-anarchische und sozial-destruktive Widerspruchslösungen im Auseinandersetzungsprozeß zwischen Individuum und Gesellschaft fragt und dabei „jegliches Zerreißen der Einheit von Individuum und Gesellschaft, von Taten und Tätern und die Abtrennung des Kriminalitätsproblems von seinen sozialen und personellen, allgemeinen und konkreten Zusammenhängen verbietet“.2 Dies gilt im Kern auch im Hinblick auf die Untersuchung und Feststellung von Inhalt und Ausmaß der Schuld im konkreten Strafverfahren, bei dem letztlich gleichermaßen „jegliches Zerreißen der Einheit von Individuum und Gesellschaft“ zu vermeiden ist und bei dem die Persönlichkeit des Handelnden so beachtet und beurteilt werden muß, daß neben dem Was auch das Warum und mit dem Objektiven auch das Subjektive ermittelt und rechtlich bewertet wird. Definition und Stellenwert der Motive Alle Erkenntnisse zur wesensmäßigen Einheit von Bewußtsein und Tätigkeit besagen, daß dies letztlich eine Einheit von Äußerem und Innerem ist, was S. L. R u b i n s t e i n in dem Satz ausdrückt, daß jede „äußere materielle Tätigkeit des Menschen . bereits in sich psychische Komponenten (enthält)“.1 2 3 4 5 Gerade deshalb ist „das Studium der psychologischen Seite der Tätigkeit nichts anderes als das Studium der Psychologie der Persönlichkeit im Prozeß ihrer Tätigkeit“/ Diese Dialektik von Bewußtsein und Tätigkeit und damit von objektiver Verhaltensqualität und subjektiver Handlungsintention findet im Motivationalen einen gewissen Kulminationspunkt. Deshalb ist es für die einheitliche Beurteilung von Tat und Täter unabdingbar, in die Beweggründe des Handelns einzudringen und dabei all jene Erkenntnisse zu nutzen, die für die Entstehung, die Entwicklung und die Entäußerung menschlichen Handelns erbracht worden sind. Der Motivationsprozeß und die Motivanalyse stehen dabei u. E. im Zentrum. H.-D. Schmidt definiert die Motive als „vergegenständlichte Bedürfnisse. Die Bedeutsamkeit, der subjektive Wertgehalt, der persönliche Sinn materieller oder ideeller Gegenstände als Ziel der Tätigkeit, als Orientierungspunkt der Antriebe -erschließen uns die Motive des Handelns. Das bedeutet auch: Die Interaktionsbeziehungen des Individuums zur Welt subjektiv werthaltiger, personal bedeutsamer Objekte, auf welche sich die bedürfnistragenden, antriebsgeleiteten Aktivitäten richten, sind Ursprung und Quelle der Motive “5 Die vor Jahren von H. Dettenborn /H.-H. Fröh-lich/H. Szewczyk' unter forensisch-psychologischem Aspekt erarbeitete Definition des Motivs als „das aktuelle Erleben, mit dem die Entscheidung zum kriminellen Sozialverhalten unmittelbar und real im Subjekt begründet ist“6, erscheint uns zu eng auf eine reale Gegenwärtigkeit „des Motivs“ orientiert. Dessen waren sich wohl auch die Autoren bewußt, wenn sie zur Vermeidung von Fehlinterpretationen ergänzend erläutern, daß auch habituelle Persönlichkeitseigenschaften, kognitive und emotionale Komponenten usw. als innere Bedingungen motivbildend wirken. Gleichzeitig eliminieren sie aus der Motivanalyse vermutlich in Sorge um eine Ausuferung der Untersuchung die Entstehungsgeschichte der Motivation.7 Wir halten jedoch eine komprimierte Analyse der Entstehung der Motive, sofern sie per-sönlichkeits- und tatbezogen erfolgt, für möglich, notwendig und aussagefähig. Motivationssuche und -feststellung ohne jenen Persönlichkeitsbezug, der für das So-Geworden-Sein wesentliche Aussagen liefert, und ohne Berücksichtigung der Eigentümlichkeit der Motiventstehung ist schwerlich möglich, da solchermaßen deduzierte Motive weder moralisch noch juristisch zu leisten vermögen, was sie leisten müssen: über gutes oder schlechtes, positives oder negatives, verantwortungsgerechtes oder verantwortungsloses Handeln hinreichend Aufschluß für eine sachadäquate juristische Entscheidung im Kontext ganzheitlicher Betrachtung eines Tatgeschehens zu geben. , Den allgemeingültigen theoretischen Bezugsrahmen für diese Forderung trifft u. E. T. H a h n , wenn sie schreibt: „Es gilt also für das motivationale zwecksetzende Moment des individuellen Bewußtseins genau das, was Bewußtsein generell kennzeichnet: a) es hat keinen eigenen, von der objektiven gesellschaftlichen Realität unabhängigen Inhalt, es ist materielle gesellschaftliche Verhältnisse widerspiegelndes bewußtes Sein, den Gesetzen der Außenwelt unterworfenes Abbild, und die wesentlichen Gesetze seiner Entwicklung sind die des Zusammenhanges mit dem materiellen gesellschaftlichen Sein; b) es ist, auch in individueller Erscheinungsform, gesellschaftliches Produkt, Ergebnis des gesellschaftlichen Verkehrs der Individuen, die Gesetzmäßigkeiten seiner Entwicklung sind insofern sozialer Natur; c) es weist relative Eigengesetzlichkeit und Selbständigkeit auf.“8 9 T. Hahn sieht in den Motiven den Ausdruck der Ganzheit des individuellen Bewußtseins, die „keineswegs allein durch aktuelle Lebensbedingungen geprägt sind. Da der Mensch mit den Anforderungen und Anreizen seiner Umwelt als ein Wesen konfrontiert ist, das über relativ stabile Kenntnisse, Wertvorstellungen, Urteile und Orientierungen verfügt, weisen seine Motive (im Normalfall, d. V.) eine gewisse Unabhängigkeit von situativen Bedingungen und Einflüssen aus. Daher gibt es auch keine Zuordnung zwischen äußeren gesellschaftlichen .Zwängen“ bzw. innerem organischem Drängen einerseits und Motiven andererseits. Der Mensch vermag eine bestimmte subjektive Rangfolge der inneren wie äußeren Umstände und Stimuli festzulegen und sein Tun dementsprechend zu motivieren“9 Damit wird der hohe Stellenwert des Motivs für menschliches Handeln, sein letztlich, gesellschaftlicher Ursprung und der notwendig soziale Bezug für die Determination individuellen Verhaltens, auch hinsichtlich einer Motivationsgenese, 1 Zur Bestimmung der Motive des Tatverhaltens vgl. R. Müller, „Differenzierte Erfassung der Motive bei Eigentumsstraftaten“, NJ 1983, Heft 11, S. 454; W. Griebe, „Feststellung der Tatmotive bei Eigentumsdelikten“, NJ 1984, Heft 11, S. 460. 2 J. Lekschas, „Widerspruchsdialektik und Kriminalitätsforschung“, Staat und Recht 1985, Heft 7, S. 583. 3 S. L. Rubinstein, Prinzipien und Wege der Entwicklung der Psychologie, Berlin 1969, S. 88. 4 S. L. Rubinstein, Grundlagen der allgemeinen Psychologie, Berlin 1968. S. 765. 5 H.-D. Schmidt, Grundriß der Persönlichkeitspsychologie, Berlin 1982, S. 84. 6 H. Dettenborn/H.-H. Fröhlich/H. Szewczyk, Forensische Psychologie, Berlin 1984. S. 131. 7 Ebenda, S. 131 f. 8 T. Hahn, Motivation, Motivforschung, Motivtheorien, Berlin 1985, S. 14. 9 Ebenda, S. 15.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 96 (NJ DDR 1987, S. 96) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 96 (NJ DDR 1987, S. 96)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit über die operative Personenkont rolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Anweisung des Generalstaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Unter- suchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zen- tralen Medizinischen D: iptc: Staatssicherheit zur enstes, oer teilung und der Abteilung des Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten des. Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Der politisch-operative UntersuchungshaftVollzug stellt einen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Ei- Vf- gentums Beschuldigter!däziMfei, daß die im Artikel der Vejfä ssung-geregelten Voraussetzungen der Staatshaftung nicht ZürnTragen kommen. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und der gesamten Tätigkeit der sozialistischen Staatsmacht gilt es im Prozeß der Untersuchungsarbeit ausgehend von den wachsenden Anforderungen der er Jahre zu verwirklichen.

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