Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 486

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 486 (NJ DDR 1987, S. 486); 486 Neue Justiz 12/87 Nürnberg hat zweitens klar herausgestellt, daß Angriffskriege, unabhängig von d„em mit ihnen verfolgten Ziel, durch das Völkerrecht verboten sind. Es kommt nicht darauf an, ob fremdes Gebiet erobert oder ein ideologisches oder politisches System zerstört werden sollte. Falls damals noch Zweifel geblieben sein sollten, wurden sie Ende 1974 mit der von der UN-Vollversammlung ohne Gegenstimme angenommenen Resolution zur Definition der Aggression endgültig ausgeräumt: „Keine Erwägungen, seien sie nun politischer, wirtschaf tli-cher, militärischer oder anderer Art, dürfen als Rechtfertigung für eine Aggression dienen“, heißt es dort in Art. 5-Abs. 1. Nürnberg hat drittens die Frage geklärt: Rechtfertigt ein außerordentlicher Notstand, einschließlich der Gefahr, den Krieg zu verlieren, skandalöse Verletzungen der grundlegenden Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts? Das Urteil des US-amerikanischen Militärgerichtshofs im Fall 10, in der Strafsache gegen Krupp, sagt dazu eindeutig: „Die Regeln und Gebräuche der Kriegführung bestimmen auch, was im Falle eines Notstandes rechtens ist Zu behaupten, daß sie mutwillig und in dem alleinigen Befinden irgendeines Kriegführenden außer acht gelassen werden dürfen, bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als die Kriegsregeln und Kriegsgebräuche ganz abzuschaffen. “ Angesichts der Zerstörungskraft heutiger Kriegstechnologie ist die Frage, ob alles, was technisch möglich ist, auch wenn es vom Völkerrecht verboten ist, im Kriege getan werden darf, von geradezu existentieller Bedeutung. Ich möchte deshalb aus dem Urteil des US-amerikanischen Militärgerichtshofs im Fall 7 gegen Generalfeldmarschall List und andere Nazioffiziere zitieren: „Die völkerrechtlichen Regeln müssen eingehalten werden, auch wenn als Ergebnis dessen eine Schlacht oder sogar ein Krieg verloren wird. Zweckmäßigkeit oder Notwendigkeit kann ihre Verletzung nicht recht-fertigen. “ Die vierte und nach meiner Auffassung wichtigste Lehre von Nürnberg bezieht sich auf die Doktrin des höheren Befehls. Sie kann kurz so ausgedrückt werden: Eine Person, die nach dem Kriegsvölkerrecht ein Verbrechen begeht, ist grundsätzlich dafür verantwortlich, sogar dann, wenn sie „im Auftrag ihrer Regierung oder .eines Höhergestellten“ handelte, es sei denn, sie hatte keine „moralische Entscheidungsfreiheit“ zur Vermeidung der Befehlsausführung. Die Doktrin des höheren Befehls ist mit dem Argument angegriffen worden, daß Disziplin und Gehorsam innerhalb des Militärdienstes absolut notwendig seien und daß in der Hitze des-Gefechts kein juristisches Seminar abgehalten werden könne. Aber die Befehle, die die größten Katastrophen verursachen und vor allem ausdrücklich vom Kriegsvölkerrecht verboten sind, werden nicht in der Hitze des'Gefechts aus dem Stegreif erteilt; sie beruhen auf vorheriger genauer Planung und erfordern umfangreiche Vorbereitungen, ehe sie ausgeführt werden können. Diese tragische Entwicklung im zweiten Weltkrieg ist in den Nürnberger Urteilen detailliert beschrieben worden. Diese Lehren der Nürnberger Prozesse sind meiner Meinung nach im Hinblick auf die Gefahr eines atomaren Weltkriegs, aber auch im Hinblick auf die Möglichkeit seiner Verhinderung von außerordentlicher Bedeutung. Herr Professor, Sie haben bereits auf dem XI. Kongreß der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen, der im November 1980 auf Malta stattfand, eine Studie vorgelegt, die völkerrechtliche Argumente für den Kampf der Juristen gegen das nukleare Wettrüsten zusammenträgt und damit einen Beitrag zur Erhaltung und Festigung des Weltfriedens leistet. Unter Bezugnahme auf die Feststellung im Nürnberger Urteil gegen die Hauptkriegsverbrecher, daß der Aggressionskrieg das schwerste internationale Verbrechen ist, haben Sie die „Planung und Vorbereitung, den Beginn oder das Führen eines aggressiven Atomkrieges als ein noch größeres Verbrechen“ bezeichnet. Wie steht das Völkerrecht zur Erstanwendung nuklearer Waffen? Es ist meine Grundthese, daß der Ersteinsatz nuklearer Waffen bereits durch das bestehende Völkerrecht verboten ist. Die Welt braucht nicht in Furcht und Lähmung auf den Tag zu warten, an dem ein universell bindender völkerrechtlicher Vertrag speziell den nuklearen Erstschlag verbieten wird. Auch wenn kein solcher Vertrag existiert, ist der nukleare Erstschlag bereits jetzt durch Geist und Buchstaben geltender völkerrechtlicher Verträge verboten. Trotzdem ist es natürlich richtig und wichtig, um einen universellen völkerrechtlichen Vertrag zu ringen, der das absolute Verbot-des nuklearen Erst- schlags bekräftigt, nicht als Zukunftsmusik, sondern als bestehende Tatsache. Paradoxerweise scheinen Bemühungen um einen solchen allgemein verbindlichen Vertrag bei manchen Leuten die falsche Vorstellung zu nähren, solange kein solcher Vertrag existiert, solange sei der nukleare Erstschlag erlaubt. Schlimmer noch meinen manche: selbst dann, wenn der Vertrag zustande käme, könnte ja irgendein kernwaffenbesitzender Staat es ablehnen, dem Vertrag beizutreten oder ihn zu ratifizieren, so daß er seine Wirkung gar nicht entfalten könnte. Also der Satz, daß alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, folglich erlaubt seih müsse, paßt auf unser Thema gar nicht. Kein Staat kann sich darauf berufen, die Führung eines Nuklearkriegs falle gewissermaßen in einen „rechtsleeren“ Raum. Nein, es gibt hierfür fundamentale Bestimmungen des Völkerrechts, und ich halte es für eine erstrangige Pflicht aller Juristen, diese in der ganzen Gesellschaft bekannt zu machen. Der internationale Aufruf der Juristen gegen Nuklearkrieg, der ja auch durch die Juristenvereinigung der DDR unterstützt wird und in Ihrer Zeitschrift veröffentlicht- wurde, gibt hier ein ermutigendes Beispiel. Wenn sich die Erkenntnis von der Völkerrechtswidrigkeit eines nuklearen Erstschlags bei Regierungen und Völkern ausbreitet und vertieft, können internationale Spannungen abgebaut werden, kann sich die Hoffnung der Menschheit auf effektive Schritte zur Rüstungsbegrenzung und schließlich zur Abrüstung erfüllen. Würden Sie bitte Ihre Thesen zum völkerrechtlichen Verbot der Erstanwendung von Kernwaffen kurz darlegen? Ich gehe davon aus, daß nukleare Kriegführung an sich ihrem Wesen nach rechtswidrig ist. l$s ist das Recht nicht nur seine Regeln, sondern das gesamte System von Institutionen und Verfahren zur Anwendung der Regeln , das Zivilisation möglich macht. Ohnedies brächte aller technologische Fortschritt nur Schaden hervor. Die Straßen wären übersät mit Leichen und Autowracks, gäbe es keine Straßenverkehrsordnungen. Gerade weil das Recht sich sozialer Gefahren und Übel bewußt ist, besteht die gesamte Zivilisationsgeschichte aus Bemühungen, individuelle und kollektive Gewaltanwendung rechtlich zu begrenzen, zu verhindern. Das in Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta verankerte Verbot jeglicher Androhung und Anwendung von Gewalt schließt natürlich auch die Erstanwendung nuklearer Waffengewalt ein. Zweitens hat ein mit Kernwaffen geführter. Krieg wenn wir uns an klassische Kriegsdefinitionen halten wollen kein rationales Kriegsziel; der Angreifer wie auch der Angegriffene würden ausschließlich auf ihre gegenseitige physische Vernichtung hinwirken. Die Folgen eines Nuklearkriegs Chaos und Verzweiflung, Berge von Toten und Sterbenden, Hunger und Verseuchung des Bodens, der Luft und des Wassers, die für künftige Generationen nachhaltige genetische Katastrophe wären von den Menschen nicht mehr beherrschbar. Im wahrsten Sinne würde der Nuklearkrieg die Abdankung des Menschengeschlechts bedeuten. So unvollkommen die internationale Rechtsordnung auch sein mag ein solches Ausmaß an Irrationalität wie den Nuklearkrieg läßt sie nicht zu, da doch schon im Briand-Kellogg-Pakt von 1928 der gewissermaßen „normale“ Krieg als „Werkzeug der nationalen Politik“ geächtet wurde. Ich meine drittens, daß ein Atomkrieg die Befolgung der grundlegenden Regeln des formellen Kriegsrechts verhindern würde. Es ist ein fundamentales Prinzip jeden Rechts und des gesunden Menschenverstandes, daß das allgemeine Verbot eines Handlungstyps jede bestimmte Handlung, die ihm unterfällt, untersagt, auch wenn diese bestimmte Handlung als solche nicht ausdrücklich verboten ist. Also: wenn Mord generell verboten ist, so ist auch Mord mit einem Messer verboten, selbst wenn kein spezielles Verbot für Mord mit Messern existiert. Auf unseren Gegenstand bezogen: Ist nach der Haager Landkriegsordnung von 1907, die die grundlegenden Regeln der Kriegführung enthält, beispielsweise schon die wahllose Zerstörung eines einzelnen Gebäudes durch konventionelle Waffen verboten, dann ist die unvermeidlich wahllose Zerstörung und Verseuchung ganzer Gebiete durch Atomwaffen natürlich ebenso verboten. Offenkundig könnte aber keine der Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung, von deren Einhaltung das Leben von Millionen Menschen abhängt, bei einer nuklearen Kriegführung beachtet werden. Kurz gesagt: Der Atomkrieg würde unvermeidlich zu Kriegsverbrechen von gigantischem Ausmaß führen. Zu beachten ist viertens, daß ein nuklearer Krieg die kriegführenden Seiten daran hindern würde, die ihnen nach;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 486 (NJ DDR 1987, S. 486) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 486 (NJ DDR 1987, S. 486)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben und die Überbewertung von Einzelerscheinungen. Die Qualität aller Untersuchungsprozesse ist weiter zu erhöhen. Auf dieser Grundlage ist die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten zu gestalten. Das Zusammenwirken mit den Organen des und der Zollverwaltung, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten, den anderen staats- und wirtschaftsleitenden Organen, Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen. Durch die Abteilungen der sind die Orientierungen der selbst. Abteilungen schöpferisch entsprechend der Lage im jeweiligen Verantwortungsbereich umzusetzen und in ihrer eigenen politisch-operativen Arbeit sowie in der Zusammenarbeit mit Werktätigen, besonders in Form der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern, gewonnenen Erfahrungen ständig ausgewertet und genutzt werden müssen. Ein breites System der Zusammenarbeit schließt die weitere Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Richtlinie über die Operative Personenkontrolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung über das pol itisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der Deutschen Volkspolizei sowie den anderen staatlichen Institv tionen und gesellschaftlichen Organisationen. Die Linie hat unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Linien eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit zu entwickeln. Sind bereits beim Kandidaten derartige Überzeugungen vorhanden, wirken sie als Handlungsantrieb für die Zusammenarbeit und deren Realisierung.

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