Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 475

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 475 (NJ DDR 1987, S. 475); Neue Justiz 12/87 475 Gestaltung des Inhalts der Arbeitspflichten Unter den Bedingungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts muß bei der Anwendung des Arbeitsrechts der Inhalt der Arbeitspflichten der Werktätigen neu durchdacht werden. § 80 Abs. 1 AGB fordert von allen Werktätigen ausnahmslos, ihre Arbeitspflichten mit Umsicht und Initiative wahrzunehmen. Wenn der wissenschaftlich-technische Fortschritt ein Arbeitsverhalten und eine Arbeitsdisziplin von völlig neuen Dimensionen erfordert10 11 12, so kann das nicht ohne Konsequenzen für die inhaltliche Gestaltung von Arbeitspflichten für Werktätige mit und ohne Leitungsfunktion bzw. auch für die Arbeitspflichten von Leitern der verschiedenen Leitungsebenen bleiben. Arbeitspflichten i. S. des Arbeitsrechts sind soziale Anforderungen an das Arbeits- und Lei-stüngsverhalten der Werktätigen im Arbeitsprozeß und im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozeß, die aus den objektiven Erfordernissen der sozialistischen Arbeitsverhältnisse und der mit ihnen eng verbundenen gesellschaftlichen Verhältnisse sowie der Arbeitsbedingungen einschließlich der durch den wissenschaftlich-technischen Fortschritt hervorgebrachten erwachsen. Sie können sich aus der gesamten normativen Hierarchie arbeitsrechtlicher Bestimmungen, aber auch aus betrieblichen Regelungen, Verträgen und Weisungen, also letztlich aus Rechtsanwendungsentscheidungen unterschiedlicher Art, ergeben. Vor der Arbeitsrechtswissenschaft stehen in diesem Zusammenhang gerade auch bedingt durch die neuen Anforderungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts eine Reihe bisher nicht vollständig gelöster Aufgaben. Wann erfüllt ein Werktätiger z. B. seine Arbeitspflichten „mit Umsicht und Initiative“? Umsicht und Initiative sind juristische Bewertungsbegriffe, deren Inhalt nur in Abhängigkeit von den Arbeitsinhalten und der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsaufgabe bestimmt werden kann. Arbeitspflichten sind keine Minimalanforderungen in dem Sinne, daß sie auf ein für alle Werktätigen zutreffendes Durchschnittsniveau quantitativer Anforderungen reduzierbar wären. Der Werktätige ist nicht bloß verpflichtet, seine Arbeitsaufgabe schlechthin zu erfüllen, sondern ordnungs-und fristgemäß mit Umsicht und Initiative. Eine Arbeitspflicht kann somit erst dann als erfüllt gelten, wenn sie diese qualitativen Merkmale aufweist. Die qualitativen Anforderungen an Umsicht und Initiative sind z. B. davon abhängig, welche Arbeitsfunktionen bereits technisiert sind und welche nicht, welcher. Grad an schöpferischer Arbeit objektiv gefordert wird, ob es sich um eine unmittelbar oder mittelbar arbeitsleitende Tätigkeit oder um eine leitende Funktion handelt, die direkt oder indirekt mit der Produktion oder Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts befaßt ist. Für die Arbeitsrechtswissenschaft sehe ich in diesem Zusammenhang die Aufgabe, Kriterien zu erarbeiten, wie für die unterschiedlichen Arbeitsrechtssubjekte und für bestimmte Gruppen von Werktätigen (z. B. der Wissenschaft-lichrtechnischen Intelligenz, für den Bereich Forschung und Entwicklung, für - Wissenschaftler in spezifischen wissenschaftlichen Einrichtungen, für die unterschiedlichen Leitungsebenen etc.) das Verhältnis von subjektiven Rechten und Pflichten, aber auch die Hierarchie der Pflichten in den verschiedenen Leitungsebenen gestaltet werden muß, um mit Hilfe arbeitsrechtlicher Instrumentarien die Dialektik von Disziplin, Schöpfertum und Initiative im Rechtsanwendungsprozeß besser in den Griff zu bekommen sowie exakter bestimmen zu können, was im konkreten Fall „Umsicht und Initiative“ im Sinne der Anforderungen an das Arbeitsver-halten durch § 80 AGB tatsächlich ist. R. Streich sprach für den Bereich des Wirtschaftsrechts von einem „unausweichlichen Verhaltensalgorithmus“,11 Solch einen (-Ar-beits-)Verhaltensalgorithmus benötigt auch das Arbeitsrecht, selbstverständlich einen, der schöpferische und schematische Elemente enthält, wobei die ersten überwiegen müssen. Arbeits- und Leistungsverhalten der Leiter An die Leiter werden unter den Bedingungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts besonders hohe Anforderungen gestellt.!2 Von ihnen werden richtige und stabile Entscheidungen von hoher Qualität erwartet, und es wird ein völlig neues Herangehen, ja ein „Umdenken“ in bezug auf gesellschaftlich gerechtfertigte Entscheidungsfreudigkeit und gesunde Risikobereitschaft verlangt. Meines Erachtens kann die „Risikoproblematik“13 14 15 16, d. h. das rechtlich relevante gesellschaftlich gerechtfertigte Risiko, nicht lediglich aus der Sicht des Strafrechts oder nur aus der Sicht rechtlicher Verant- wortlichkeit bestimmt werden. Das sozialistische Arbeitsrecht braucht eine natürlich nicht von den Erkenntnissen und Anforderungen des Strafrechts losgelöste, sondern damit eng verbundene, jedoch eigenständige Risikokonzeption für die Anforderungen an das schöpferische Arbeits- und Leistungsverhalten vor allem der Leiter. Die arbeitSrechtlich relevante Risikohandlung bezieht sich nicht nur auf das Verhalten bzw. die Pflichten, die durch § 163 ff. StGB erfaßt werden. Sie geht qualitativ und quantitativ darüber hinaus. Arbeitsrechtlich relevantes (gesellschaftlich gerechtfertigtes) Risiko ist eine mit den Anforderungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts zusammenhängende rechtmäßige Herbeiführung der Möglichkeit einer Gefahr bzw. einer unerwünschten, in der gegebenen' Situation aber gesellschaftlich zulässigen (ergebnisrationalen) Folge11 durch schöpferisches Arbeitsverhalten im Arbeitsprozeß, indem die Leiter bzw. Werktätigen für gesellschaftlich nützliche Ziele tätig werden, und keine bzw. keine effektivere Möglichkeit besteht, einen gesellschaftlichen Vorteil oder die Abwendung eines gesellschaftlichen Nachteils auf andere Art und Weise zu erreichen.13 Gesellschaftlich gerechtfertigtes Risiko im Arbeitsrecht ist damit ein Arbeitsverhalten in Form einer Entscheidung zum Handeln in Erfüllung von dem Werktätigen übertragenen Arbeitsaufgaben bzw. von Arbeitspflichten zur Erzielung eines gesellschaftlichen Vorteils oder zur Abwendung eines gesellschaftlichen Nachteils, bei dem ein Mißlingen zwar nicht vollständig ausgeschlossen, aber (un)verhältnismäßig unwahrscheinlich ist, ein Gelingen jedoch ein Ergebnis zeitigt, das die Handlung des gesellschaftlichen Nutzens wegen mehr als nur „rechtfertigt“. Situationen für Risikoentscheidungen können z. B. bei der Erprobung oder Einführung neuer Technologien oder Arbeitsmethoden entstehen. Neue, progressive Wege in diesem Sinne zu beschreiten darf sich auf den „Entscheidungsträger“ nicht negativ auswirken, vielmehr muß ein solches Verhalten durch das Arbeitsrecht positiv stimuliert, bei Erfolg anerkannt und bei Mißerfolg zumindest toleriert werden. Ein gesellschaftlich gerechtfertigtes Risiko im Sinne des sozialistischen Arbeitsrechts liegt vor, wenn die Handlung zur Erzielung eines gesellschaftlichen Vorteils oder zur Abwendung eines gesellschaftlichen Nachteils vorgenommen wurde; wenn der Werktätige bei der Entscheidung zum Handeln eine verantwortungsbewußte Prüfung aller die Handlung und ihre Auswirkungen bestimmenden Umstände vorgenommen und die zum Gelingen der Handlung unter den gegebenen objektiven und subjektiven Bedingungen möglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat; wenn der mit der Handlung angestrebte Erfolg mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten war; wenn der angestrebte gesellschaftliche Vorteil den möglichen gesellschaftlichen Nachteil erheblich übersteigt oder der mögliche Schaden geringer als der abzuwendende Schaden ist“.1® Sofern diese Voraussetzungen vörliegen, hat der Werktätige nicht schuldhaft seine Arbeitspflichten verletzt, und die disziplinarische bzw. materielle Verantwortlichkeit sollte nicht angewandt werden. Die in der Perspektive notwendig werdende Erhöhung 10 Vgl. H. Nick, Wissenschaftlich-technische Revolution, Berlin 1983, S. 48 und 53. Vgl. die daraus resultierenden arbeits rechtlichen Probleme bei W. Thiel, „Zur Wirksamkeit des sozialistischen Arbeitsrechts bei der Festigung und Entwicklung der sozialistischen Arbeitsdisziplin“, NJ 1986, Heft 12, S. 494 ff. 11 R. Streich, „Aufgaben des Wirtschaftsrechts zur besseren Beherrschung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts“, in: Staat, Recht und wissenschaftlich-technischer Fortschritt, Berlin 1981, S. 68. 12 Vgl. ausführlich P. Sander/W. Thiel, „Intensiv-erweiterte Reproduktion der Arbeitskraft, Arbeitsverhalten der Leiter und sozialistisches Arbeitsrecht“, in: Komplexe und effektive staatliche Leitung zur Verwirklichung der ökonomischen Strategie, Berlin 1985, S. 63 ff.; W. Thiel, „Anforderungen an Analysen zur Wirksamkeit des Arbeitsrechts“, NJ 1986, Heft 6, S. 230. 13 Denkanstöße gerade auch für die Arbeitsrechtswissenschaft liefert seit Jahren D. Seidel; vgl. z. B.: „Die Stimulierung schöpferisch-riskanter Entscheidungen zur Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts mit Hilfe des Rechts“, Staat und Recht 1978, Heft 6, S. 503 ff.; ders., „Förderung von Schöpfertum und Risikobereitschaft durch das sozialistische Recht“, NJ 1985, Heft 4, S. 152 ff. 14 Vgl. G. Zellmer, Entscheidungstheoretische Aussagen zum Risiko und Möglichkeiten seiner Berücksichtigung untersucht am Beispiel hochaggregierter Bilanzmodelle, Diss. B, Berlin 1980. 15 Der Begriff folgt teilweise Überlegungen von N. S. Malein, Rechtsverletzungen: Begriff, Ursachen, Verantwortlichkeit, Moskau 1985, S. 164 (russ.). 16 So schon A. Baumgart, ln: Lexikon des Arbeitsrechts (Stichwort: „Gerechtfertigte Risikohandlung“), Berlin 1972, S. 324 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 475 (NJ DDR 1987, S. 475) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 475 (NJ DDR 1987, S. 475)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Veränderung der politisch-operativen Lage ergeben, realisiert. Zum. Mit führen von Funkanlagen aller- Art ist im Transitverkehr zwischen der und Westberlin von den Transitreisenden an den Grenzübergangsstellen der Sicherung, Beobachtung und Kontrolle der Transit-strecken und des Transitverkehrs - Westberlin und - Gewährleistung der politisch-operativen Arbeit unter den veränderten Bedingungen in allen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der operativen und Berichterstattung sind diesem Grundsatz unterzuOici. In der ersten Zeit der Zusammenarbeit kommt es in Ergänzung der beim Werbungsgesprach aufgezeigten Grundlegende und der Anforderungen zur Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen. Besonders kommt es darauf an, die Anleitung und Kontrolle der noch planmäßiger, kontinuierlicher und systematischer durchzuführen. Das erfordert auch Überlegungen und Entscheidungen, wie eine systematische und qualifizierte Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten, die Teilvorgänge bearbeiten, zu sichern, daß alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen koordiniert und exakt durchgeführt und die dazu notwendigen Informationsbeziehungen realisiert werden. Organisation des Zusammenwirkens mit den Sachverständigen nehmen die Prüfung und Würdigung des Beweiswertes des Sachverständigengutachtens durch den Untersuchungsführer und verantwortlichen Leiter eine gewichtige Stellung ein.

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