Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 471

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 471 (NJ DDR 1987, S. 471); Neue Justiz 12/87 471 ihn unter Verwendung von Atomwaffen beginnt. Wenn Art. 5 der Definition den Aggressionskrieg als ein Verbrechen gegen den Weltfrieden verurteilt, das durch keinerlei Erwägungen zu rechtfertigen ist und das die völkerrechtliche Verantwortlichkeit des Aggressors nach sich zieht, so gilt das im besonderen Maße für eine mit Kernwaffen begonnene Aggression. Der zweite denkbare Fall, daß im Verlauf der Eskalation eines mit konventionellen Waffen begonnenen Konflikts Kernwaffen eingesetzt werden, ist danach zu differenzieren, ob der Aggressor des konventionellen Konflikts oder das Opfer dieser Aggression zuerst Kernwaffen anwendet. Würde derjenige Staat, der die bewaffnete Auseinandersetzung beginnt, auch noch als erster nukleare Waffen ein-setzen, so beginge er damit eine erneute Aggressionshandlung. Er würde damit seine völkerrechtliche Verantwortlichkeit als Aggressor noch potenzieren. Einer genaueren Betrachtung bedarf die Frage, ob das Opfer eines mit konventionellen Waffen geführten Aggressionskrieges berechtigt ist, mit einem nuklearen Schlag zu antworten. In ähnlicher Weise stellt sich die Frage für die Parteien eines internationalen militärischen Konflikts, in dem ein Aggressor nicht zu ermitteln ist. Das Problem ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, w.eil nach der NATO-Strategie ein im Verlaufe eines konventionellen Konflikts ausgeführter Erstschlag mit Nuklearwaffen rechtmäßig sein soll. Daraus leitet die NATO gemäß ihrer Konzeption von der „flexible response“ (flexible Erwiderung) eine „nukleare Verteidigungsoption“ für sich ab.8 Diese These steht jedoch im Widerspruch zu einer ganzen Anzahl völkerrechtlicher Normen, vor allem aus dem Komplex der Regeln der Kriegführung. Unzulässigkeit der Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht Zunächst ist festzustellen, daß jeder Staat im Falle eines bewaffneten Angriffs das unveräußerliche Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung hat. Dieses in Art. 51 der UN-Charta niedergelegte Recht gibt jedem militärisch angegriffenen Staat die Möglichkeit, allein oder im Bündnis mit anderen Staaten militärische Gewalt gegen den oder die Aggressorstaaten einzusetzen, um die Einstellung der Aggressionshandlungen zu erzwingen. Dabei dürfen die Verteidigungshandlungen des angegriffenen Staates und seiner Verbündeten heute nicht mehr ohne-Berücksichtigung der Gesamtinteressen der internationalen Staatengemeinschaft vorgenommen werden. Spätestens seit der Gründung der Vereinten Nationen ist die unmittelbare Funktion des Selbstverteidigungsrechts, den Schutz der territorialen Unverletzlichkeit und der politischen Unabhängigkeit des angegriffenen Staates zu gewährleisten, in die übergeordnete Zielstellung eingeordnet, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen. Die Wahrung nationaler Interessen hat auch in Krisenzeiten unter Berücksichtigung der objektiven Lebensinteressen dpr internationalen Gemeinschaft zu erfolgen. Das findet auch in der Festlegung des Art. 51 der UN-Charta seinen Ausdruck, daß der sich verteidigende Staat umgehend den UN-Sicherheitsrat über die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts informieren muß und die eingeleiteten Verteidigungshandlungen einzustellen hat, sobald der Sicherheitsrat die zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen ergreift. Ein unverzichtbarer Maßstab zur Bestimmung des Umfangs der rechtmäßigen militärischen Gewaltanwendung in Ausübung des Selbstverteidigungsrechts ist das Prinzip der Proportionalität der Mittel. Dieses Prinzip, das fester Bestandteil des Selbstverteidigungsrechts der Staaten gemäß Art. 51 der UN-Charta ist, besagt vor allem, daß Ausmaß und Intensität der in Ausübung des Rechts auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung angewendeten Mittel nicht in offensichtlichem Mißverhältnis zu denen des Aggressors stehen dürfen.9 Es bedarf keines ausführlichen Nachweises, daß der Ein- satz von Kernwaffen als Antwort auf einen konventionellen Angriff allein schon auf Grund des Proportionalitätsprinzips nicht zu rechtfertigen ist. Kernwaffen als die gefährlichsten Massenvernichtungswaffen können wegen ihrer bekannten Wirkungen nicht mehr auf einen völkerrechtlich legitimierten Zweck, nämlich die Erzwingung der Beendigung von Aggressionshandlungen, beschränkt werden. Ganz im Gegenteil birgt der Ersteinsatz von Kernwaffen die Gefahr einer nicht mehr beherrschbaren Eskalation des bewaffneten internationalen Konflikts in sich, in deren Folge Weltfrieden und internationale Sicherheit irreversibel zerstört werden würden, ganze Staaten und Völker dem Untergang geweiht wären. Der Ersteinsatz von Kernwaffen als Reaktion auf eine konventionelle Aggression ist daher weder durch irgendeine militärische „Notwendigkeit“ begründbar noch durch das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung zu rechtfertigen. Es wäre selbst ein schweres Verbrechen an der Menschheit und somit eine Verletzung geltenden Völkerrechts.10 11 Verletzung der Regeln der Kriegführung (sog. humanitäres Völkerrecht) Die Völkerrechtswidrigkeit des Ersteinsatzes von Nuklearwaffen ergibt sich auch aus Regeln des auf bewaffnete internationale Konflikte anzuwendenden Rechts, die zum größten Teil als universelles Völkergewohnheitsrecht für alle Staaten verbindlich sind. 1. Das Völkerrecht verbietet die Anwendung von Mitteln der Kriegführung, die darauf abzielen, unnötige Leiden zu verursachen. Dieses Prinzip war bereits in der Petersburger Deklaration über die Ausschließung gewisser Sprenggeschosse vom Kriegsgebrauch vom 29. November (11. Dezember) 186811 niedergelegt worden. Von hier aus fand es Eingang in das sog. humanitäre Völkerrecht und wurde sowohl in Art. 23 Buchst, e der Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (Haager Landkriegsordnung HLKO ) vom 18. Oktober 190712 als auch in Art. 35 Abs. 2 des Zusatzprotokolls I vom 8. Juni 197713 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz von Opfern internationaler bewaffneter Konflikte völkerrechtlich bekräftigt. Die Anwendung atomarer Vernichtungsmittel würde das militärische Ziel, den Gegner außer Gefecht zu setzen, weit überschreiten. Bekanntlich ruft die radioaktive Strahlung entweder den Tod oder langanhaltende und schwere biologische Schäden hervor, die sich in körperlichen Mißbildungen, in Siechtum sowie in Zeugungsunfähigkeit oder schweren Erbschäden äußern können. Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki haben gezeigt, welche unbeschreiblichen Leiden durch Kernwaffen erzeugt werden können, Leiden, die noch heute bei den Überlebenden und deren Nachkommen nachwirken. Der Einsatz von Kernwaffen bedeutet also eine Verletzung des Verbots der Zufügung unnötiger Leiden.14 2. Die Anwendung von Kernwaffen wäre auch ein Verstoß gegen den in Art. 22 der Haager Landkriegsordnung und in Art. 35 Abs. 1 des Zusatzprotokolls I verankerten Grundsatz, daß es kein Recht der Konfliktparteien auf eine unbeschränkte Wahl der Mittel und Methoden der Krieg- 8 Vgl. z. B. Kommunique über die 41. Ministertagung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO am 14./15. Mal 1987, ln: Europa-Archiv (Bonn) 1987, Heit 14, S. D 376. 9 Vgl. Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 27. Juni 1986, a. a. O., § 176. Vgl. auch M. Leis, „Zur Stellung der Kernwaffen lm gegenwärtigen Völkerrecht“, Staat und Recht 1986, Heft 12, S. 940. 10 Vgl. J. H. E. Fried, „Ersteinsatz von Atomwaffen - Bestehende Verbote im Völkerrecht“, Demokratie und Recht (Köln) 1981, Heft 3, S. 243 ff.; N. Paedh, „Nuklearstrategie und Völkerrechtsentwicklung“, Demokratie und Recht 1985, Heft 4, S. 404 ff. 11 AbgedruCkt bei: H. Standke/L. Krumblegel, Der Krieg lm Völkerrecht, Berlin 1961, S. 170 f. 12 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, Berlin 1980, S. 56 ff. 13 Abgedruckt in: Für die DDR geltende völkerrechtliche Regeln der Kriegführung, Teil A, Berlin 1983, S. 252 ff. 14 So auch F. BlaCkaby/J. Goldblat/S. Lodgaard, No-flrst-Use of Nu-clear Weapons, ln: M. Thee (Hrsg.), Bulletin of Peace Proposals, Oslo 1986, S. 377; E. Menzel, Legalität oder Illegalität der Anwendung von Atomwaffen, Tübingen 1960, S. 44 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 471 (NJ DDR 1987, S. 471) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 471 (NJ DDR 1987, S. 471)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermittlungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis der Absicherung der Verhafteten im Zusammenhang mit der Verhinderung feindlichen Wirksamwerdens im Untersuchungshaftvollzug zeigt, sind insbesondere die von den Verhafteten mit der Informationssaminlung konkret verfolgten Zielstellungen in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze der zur und zu Vestberlin ist demzufolge vor allem Schutz der an der Staatsgrenze zur zu Vestberlin beginnenden endenden Gebietshoheit der DDR.

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