Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 444

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 444 (NJ DDR 1987, S. 444); 444 Neue Justiz 11/87 anderen, die wenigstens einen Sieg für Hitler erringen wollten nämlich den gegen die Juden. Hitler hat seine Gefolgsleute stets an die Stelle gesetzt, an der er ihrer erfolgreichen Mordarbeit sicher sein konnte. Es gab nicht nur einen Adolf Eichmann im Dritten Reich, jedes Ministerium, ob Auswärtiges Amt oder Reichsverkehrsministerium oder Reichsfinanzministerium, hatte seine ,Eichmänner‘ mit ihrer Zuständigkeit für Mord-, Deportations- oder Ausplünderungsaufgaben. “ Wer könnte nach der zurückliegenen Beweisaufnahme noch daran zweifeln, daß auch die Dresdner Gestapo ihren „Eichmann“ hatte? Als die Sowjetarmee im Mai 1945 in Dresden einmarschierte, erlebten diesen historischen Augenblick nur wenige jüdische Bürger. Tausende waren in der Nacht der Naziherrschaft umgebracht worden. Hunderte davon unter Mitwirkung des Angeklagten. Die Totenbücher mahnen die Lebenden zur Aditung der Menschenrechte als elementarer Grundlage einer dauerhaften Rechts- und Friedensordnung. Sie zeugen gleichermaßen wie die Aussagen der wenigen Überlebenden der Katastrophe von der unermeßlichen Schuld des Angeklagten. Bereits mit seinem ersten Verbrechen, dem 50 Menschen zum Opfer fielen, hatte er ein Recht auf ein Leben in Freiheit verwirkt. Den ersten Opfern waren Hunderte gefolgt. Sie starben einen qualvollen Tod in den Gaskammern von Auschwitz, in den Kasematten des Ghettos Theresienstadt, im Kerker der Dresdner Gestapo. Umstände, die geeignet wären, für den Angeklagten außergewöhnliche Strafmilderung zu begründen, liegen nicht vor. In Würdigung der Schwere seiner Verbrechen und entsprechend dem hohen Maß der persönlichen Schuld muß er für immer aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Damit erfüllen wir das Vermächtnis des antifaschistischen Widerstandes und aller Opfer des Faschismus. Das ist ein Gebot elementarer Menschlichkeit. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Verhütung neuen Völkermordens, zur Sicherung des Friedens und zur Wahrung elementarer Menschenrechte. Ich beantrage, den Angeklagten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen und ihm die staatsbürgerlichen Rechte für dauernd abzuerkennen. II Aus dem Plädoyer des Verteidigers Der Verteidiger hat vom Gesetz her die Aufgabe, nur für den Angeklagten dazusein. Das gilt auch und im besonderen bei einem solchen Gegenstand eines Strafverfahrens. Es sei nur daran erinnert, daß es in der Vorgeschichte zum Nürnberger Prozeß die Sowjetunion war, die eine Verurteilung der Kriegsverbrecher in einem gerechten und geregelten Gerichtsverfahren forderte, nachdem es bei den Westalliierten Stimmen gab, die dieses Menschenrecht den Kriegsverbrechern nicht zubilligen wollten und die Hinrichtung ohne Urteil forderten. So kam es zum Nürnberger Prozeß zu einem Gerichtsverfahren, in dem auch der Verteidiger seinen festen Platz hatte. Es war und ist Ausdruck von Humanität, Angeklagten in solchen Strafverfahren die gleichen Rechte zu gewähren wie den gewöhnlichen Straftätern. Die Rechtsprechung der DDR hat diese Tradition bei der Verfolgung und Verurteilung von Kriegsverbrechern und Verbrechern gegen die Menschlichkeit fortgesetzt. Nur für den Angeklagten dazusein heißt nichts anderes, als alles ihn Entlastende darzulegen, dazu alle juristisch zulässigen und möglichen Beweisführungen ins Verfahren einzubringen. Gerade einem Menschen, der von höchster Strafe bedroht ist und das ist hier ja der Fall , kann und darf man keine Möglichkeit abschneiden, Argumente vorzubringen, die seine Schuld mildern können. Es geht hier nicht um die Entschuldigung seines Handelns, sondern um die allseitige Ermittlung der Wahrheit und um die Objektivierung des Geständnisses des Angeklagten. Der Angeklagte hat die prinzipiellen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zugegeben, er hat nichts Wesentliches bestritten. Das bestimmt natürlich auch die Art und den Umfang der Verteidigung. Es macht aber die Verteidigung nicht überflüssig. Vielmehr wird es möglich, den Blick auf die Grundfragen der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu lenken. Diese Einstellung des Angeklagten, seine Haltung bewahrt ihn und auch uns vor der Versuchung, hier würdelos um Einzelheiten zu debattieren, die doch am Gesamtgeschehen nichts ändern können. Die Anklage wirft dem Angeklagten vor, er habe sich durch Tarnung seiner Identität der Strafverfolgung entzogen. Kann dieser Umstand Gegenstand strafrechtlicher Be-, trachtung sein? Kann dies straf erschwerend wirken? Das Strafrecht der DDR kennt keine Pflicht zur Selbstanzeige. Das Oberste Gericht hat in seiner Rechtsprechung herausgearbeitet, daß die Pflicht zur Anzeige des Vorhabens eines Mordes dann nicht gilt, wenn sich der Betreffende damit gleichzeitig selbst bezichtigen muß. Es ist eindeutig: man kann ein solches Verhalten vom Angeklagten nicht verlangen, man kann es ihm nicht vorwerfen. Unrichtig ist auch, wenn die Anklage davon ausgeht, der Angeklagte habe sich verborgen gehalten. Der Staatsanwalt ist selbst davon ausgegangen, daß der Angeklagte aktiv am Wiederaufbau teilgenommen hat, daß er in einer Vielzahl gesellschaftlicher Gremien tätig war sowohl im Berufsleben als auch im Wohngebiet. Er hat sich also nicht verborgen, sondern war gewissermaßen eine stadtbekannte Persönlichkeit. Soll nun aus dem ständigen Verschweigen seiner Vergangenheit in den Fragebögen abgeleitet werden, es habe keinen Wandel seiner Persönlichkeit gegeben; er habe sich vor der gesellschaftlichen Fortentwicklung und dem Wiederaufbau verborgen? Ich meine: nein! Läßt nicht die Entwicklung des Angeklagten in den 42 Jahren nach dem Kriege und damit dem Ende seiner unheilvollen Tätigkeit den Schluß zu, er sei ein anderer Mensch geworden? Haben es nicht" die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse nach dem Kriege geschafft, auch diesen Menschen zu ändern? Und war dies nicht nur deshalb möglich, weil der Angeklagte dazu bereit war, weil er selbst seinen Beitrag leistete hier, in diesem Lande, dessen Verlassen der Angeklagte niemals erwogen hat? Die Trennung vom Faschismus hat der Angeklagte nicht selbst, von innen heraus vollzogen. Hierzu bedurfte es des Kriegsendes und des Endes der faschistischen Macht. Der Angeklagte wird 75 Jahre alt. Er hat davon 12 Jahre im Nazistaat mitgewirkt, 3 Jahre davon nur sind Gegenstand der Anklage. Dann folgten 42 Jahre gesellschaftlich anerkannter, nützlicher und straffreier beruflicher und gesellschaftlicher Tätigkeit bis hinein ins Rentenalter, bis fast auf den Tag seiner Festnahme. Der Angeklagte hat in diesem Verfahren von sich aus, aus freien Stücken zur Wahrheitsfindung und wie er selbst einmal sagte zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen, und zwar durch die Aufdeckung seiner eigenen Handlungsweise. Dabei ging er wohl selbst am meisten schonungslos mit sich um. Er legte aus damaliger Sicht sein Handeln dar, auch wenn mancher erwartet hatte, daß er es aus heutiger Sicht zu bemänteln versuchen würde. Aus heutiger Sicht das ist auch dem Angeklagten klar ist nichts zu rechtfertigen. Viele Ermittlungsergebnisse wären ohne seine aktive Mitwirkung, ohne das zum Teil schonungslose Aufdecken und Eingestehen seiner eigenen Verantwortung und Verantwortlichkeit nicht ohne weiteres möglich gewesen. Sollten wir darin nicht einen Beitrag zu seiner Abrechnung mit dem Naziregime, mit seiner Vergangenheit sehen? Sicherlich, ein später Beitrag, aber dies eher zu tun hätte Selbstanzeige bedeutet. Dies war von ihm nicht zu verlangen. Sollte man dem Angeklagten seinen Beitrag zur Wahrheitsfindung nicht positiv anrechnen? So, wie jedem Straftäter seine Mitwirkung an der Aufdeckung seiner strafbaren Handlungen als milderndes Strafzumessungskriterium angerechnet wird? Ich meine, das ist unumgänglich. Und ich meine, daß es Gesetzesgebot gemäß § 61 Abs. 2 StGB ist, da die Strafzumessung dem Recht der DDR zu entnehmen ist. Für den Angeklagten ein gerechtes Strafmaß zu finden heißt auch, es im angemessenen Verhältnis zu Verurteilungen in anderen Prozessen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sehen, zu Verurteilungen von Tätern, die vor und hinter Schmidt kamen, d. h. die in der Hierarchie der Mordschütze und der Schreibtischtäter waren. Heinz Barth wurde im Oradour-Prozeß zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt; er war der Vollstrecker, der Exekutionskommandos angehörte und vielfach selbst mordete. Hans Globke, der Verfasser und Kommentator der berüchtigten Nürnberger Rassengesetze, die den Ausgangspunkt, die juristische Grundlage für das Handeln des Angeklagten Schmidt bildeten, wurde als Schreibtischtäter ebenfalls zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt. , Beide Urteile ergingen zu einer Zeit, da in der DDR die Anwendung der Todesstrafe noch möglich war. Die Strafmaße bei Barth und Globke waren Strafmilderungen i. S. des Art. 8 IMT-Statut (Handeln auf Befehl) wohlgemerkt im Verhältnis zur Todesstrafe. Wäre jetzt für Schmidt eine Verurteilung zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe gerecht, wenn bereits Barth und Globke dazu verurteilt wurden? Ich meine: Die Differenzierung zwischen lebenslanger und höchster zeitiger Freiheitsstrafe muß nunmehr neu betrachtet werden. Ich beantrage daher, den Angeklagten zu einer zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe zu verurteilen.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 444 (NJ DDR 1987, S. 444) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 444 (NJ DDR 1987, S. 444)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie sind noch kontinuierlicher geeignete Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung feindlich-negativer Aktivitäten Verhafteter fest zulegen, rechtzeitig ein den Erfordernissen jeder Zeit Rechnung tragender Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Arbeit mit MdI. Informationen zur Sicherung der Dienstzweige des - Minde tanforderungen. die an Kandidaten gestellt werden müssen, Mitarbeiter, operative.

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