Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 443

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 443 (NJ DDR 1987, S. 443); Neue Justiz 11/87 443 dadurch vernarbte Wunden wieder aufzureißen. Ich kann es nachfühlen, welche Überwindung es sie gekostet haben mag, ihrem Peiniger aus dem Gestapohaus in der Bismarckstraße gegenüberzutreten. Die Staatsanwaltschaft betrachtet diese geschundenen, gequälten, dem Tode entronnenen Zeugen nicht nur als Zeugen in eigener Sache. Wer, wenn nicht sie, sollte gleichzeitig im Namen der im Ghetto Theresienstadt, im KZ Auschwitz und ' im Kerker der Dresdner Gestapo Ermordeten vor diesem Gericht über die Verbrechen von Schmidt und seinen Komplicen Zeugnis ablegen war doch ihr Leidensweg bis an .den Rand des Grabes mit dem der Toten identisch. Die Zeugen fordern trotzdem nicht Rache, sondern Gerechtigkeit! Die Beweisaufnahme, in der nahezu unglaubliche Ereignisse durch glaubhafte Beweise zweifelsfrei belegt wurden, widerspiegelte mit der Rekonstruktion des Leidensweges von 1 000 Menschen einen Ausschnitt eines grausigen Ganzen, das Verbrecher, die sich eines ganzen Staates bemächtigt und diesen Staat zum Werkzeug ihrer ungeheuerlichen Verbrechen gemacht hatten, als „Endlösung der Judenfrage“ be-zeichneten. Die Verbrechen waren staatlich gelenkt und konnten nur im Zusammenwirken aller Glieder des Machtapparates der Nazidiktatur verwirklicht werden. Sie wären jedoch nicht und schon gar nicht in dem Umfang möglich gewesen ohne dem Faschismus fanatisch ergebener Vollstrecker vom Schlage eines Heydrich, eines Globke, eines Eichmann und auch eines Henry Schmidt. Diese Handlungen sind gemäß Art. 6 Buchst, c IMT-Statut vom 8. August 1945 Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Begehungsweisen der Verfolgung, der Deportation, der Mißhandlung und des Mordes. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten für die Mitwirkung an den Verfolgungen, Deportationen und am Mord erstreckt sich nicht nur auf die 723 Personen, die unter seiner Mitwirkung tatsächlich aus Dresden zur Vernichtung 'abtransportiert wurden, sondern auch auf die im Gefängnis nach den Folterungen umgekommenen vier Menschen sowie die 100 Bürger, die am 16. Februar 1945 zur Liquidierung verschleppt werden sollten. Die vier im Gefängnis zu Tode gekommenen Bürger waren dort eingekerkert worden, um von dort aus mit dem Ziel ihrer Vernichtung in Konzentrationslager verschleppt zu werden. Bei den 100 Bürgern hatte der Angeklagte bereits die ihm als Referatsleiter zukommenden Maßnahmen einschließlich der Zustellung der Deportationsbefehle getroffen. Daß diese letzte Mordaktion infolge der Zerstörung Dresdens nicht mehr vollendet werden konnte, eliminiert in feiner Weise sein vorangegangenes schuldhaftes Handeln. Soweit die Märtyrer zur Erpressung von Geständnissen oder um ihnen ihre absolute Rechtlosigkeit zu demonstrieren, gefoltert bzw. im Zusammenhang mit den Deportationen mit Kolbenhieben und Fußtritten auf die Lastkraftwagen und in die Viehwaggons getrieben wurden, sind diese Handlungen als Mißhandlungen' i. S. Art. 6 Buchst, c IMT-Statut zu werten. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Mißhandlungen ist ebenso wie bei den Verfolgungen nicht nur auf die Fälle beschränkt, in denen der Angeklagte persönlich die Opfer geschlagen bzw. die Anweisung zur Folterung gegeben hat. Gleichermaßen verantwortlich ist er für die durch die Mitarbeiter seines Referats durchgeführten Mißhandlungen, die er nicht unterband, obwohl er sowohl konkrete als auch allgemeine Kenntnis hatte, daß sie vorgenommen wurden. Dieser Rechtsstandpunkt wurde mehrfach durch das Oberste Gericht bekräftigt, so auch im Urteil gegen den Gestapoangehörigen Paul Feustel (la Ust 36/72). Nachgewiesen wurde, daß dem Angeklagten jederzeit bewußt war, daß die unter seiner Mitwirkung aus Dresden abtransportierten Menschen im Rahmen der „Endlösung“ zu irgendeinem Zeitpunkt auf irgendeine Weise umgebracht werden. Mehrfach betonte der Angeklagte, nicht für das weitere Schicksal der Opfer verantwortlich zu sein, zumal er niemals in Auschwitz und auch nicht im Ghetto Theresienstadt gewesen sei. „Ich habe doch persönlich keinen einzigen Menschen umgebracht“, ist seine Stellungnahme zu dem Schuldvorwurf der Anklage. Doch ein solcher Standpunkt ist nicht neu. Schon im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher strapazierten ihn einige der Angeklagten. Auch Adolf Eichmann, einer der größten Massenmörder aller Zeiten, bediente sich dieses Arguments, als er vor seinen Richtern stand und um sein längst verwirktes Leben zitterte. Die Gaskammern von Auschwitz wären leer geblieben, wenn nicht Leute wie Schmidt daran mitgewirkt hätten, die Opfer systematisch zu entrechten, zu kennzeichnen, zusammenzutreiben und in die Vernichtungsstätten zu transportieren. „Ich habe ja nur auf höheren Befehl gehandelt“, war ein weiterer Einwand des Angeklagten ein Argument, dessen sich die Mehrheit der Naziverbrecher bediente, als sie vor Gericht standen. Selbst der Chef des RSHA, Kaltenbrun-ner, versuchte damit seine millionenfache Schuld herabzumindern. Im Nürnberger SS-Einsatzgruppenprozeß war festgestellt worden, daß der Einwand des höheren Befehls den Nachweis enthalten muß, daß eine drohende, tatsächliche und unvermeidliche Gefahr für das eigene Leben Vorgelegen hat. Entsprechend Art. 8 IMT-Statut verwies das Gericht darauf, daß kein Gerichtshof einen Mann bestrafen wird, der mit einer geladenen Pistole an der Schläfe gezwungen wird, einen todbringenden Hebel einzuschalten. In einer derartigen bedrohlichen Situation hat sich der Angeklagte niemals befunden. Niemals hat er einen Versuch unternommen, sich der Durchführung eines Befehls zu entziehen. Zu keiner Zeit hat er auch nur den Gedanken erwogen, einen Mordbefehl nicht durchzuführen oder ihn zugunsten der Opfer abzuschwächen. In den vier Jahrzehnten nach der Zerschlagung des Faschismus wurden durch Gerichte vieler Staaten mindestens 100 000 Naziverbrecher verurteilt. Im Ergebnis dieser Strafprozesse ist erwiesen, daß es tatsächlich jedem Angehörigen der Gestapo und anderer Gliederungen des faschistischen Terrorapparates möglich war, sich ohne Gefahr für das eigene Leben der Ausführung der an ihn ergangenen Mordbefehle zu entziehen. Bereit, zum Zeitpunkt der Entschlußfassung an den Untaten mitzuwirken, war sich der Angeklagte im vollen Umfang der Rechtswidrigkeit seiner Handlungsweise bewußt. Aber was kümmerten den Gestapomann elementare Menschenrechte, Moral, Strafgesetzbuch oder gar das Völkerrecht? Geleitet von menschenverachtenden faschistischen Moralvorstellungen, fühlte er sich, wider Moral und Recht, dazu befugt, gegen andere Menschen zu tun und zu lassen, was ihm beliebte, weil er sie als Feinde des Regimes und somit auch als seine Feinde betrachtete. Ich komme auf der Grundlage des § 61 StGB zur Begründung meines Strafantrags: Entscheidende Grundlage der Strafzumessung ist die Tatschwere. Je größer die Tatschwere, desto geringer ist der Einfluß, den Persönlichkeitsumstände auf die Strafgrößen haben. Daß dieser Grundsatz im besonderen Maße auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zutrifft, wurde durch das Oberste Gericht mehrfach bekräftigt, so auch im Oradour-Prozeß gegen Heinz Barth (NJ 1983, Heft 10, S. 396 ff.). Eine eventuelle Aufrechnung ermordeter Menschen gegen nachträgliche gute Arbeitsleistungen und nachträgliches Wohlverhalten würde den Grundsätzen des Rechts und der Moral zuwiderlaufen. Entsprechend dem Völkerrecht sind derartige Verbrechen unverjährbar. Aus dem Zeitablauf strafmildernde Umstände ableiten zu wollen würde bedeuten: Je länger es einem Täter gelingt, sich durch Verschleierung seiner Vergangenheit der Verantwortung zu entziehen, desto geringer müßte die Bestrafung sein. Das wäre das Ende des völkerrechtlichen Gebotes der Nichtverjährbarkeit. Die DDR betrachtet die Haltung eines Staates zu den Opfern des Faschismus einerseits und zu den Verantwortlichen für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit andererseits als wesentlichen Gradmesser der Verwirklichung der Demokratie und der Menschenrechte. Dabei ist die konsequente Verfolgung dieser Untaten keineswegs nur eine Frage gerechter Sühne. Die Mörder von gestern bis in ihre letzten Schlupfwinkel zu verfolgen und sie, unabhängig vom Zeitablauf, ihrer gerechten Strafe zuzuführen ist ein wichtiger Beitrag zur Verhinderung eines neuen Völkermordens, das gleichbedeutend wäre mit der „Endlösung der Menschheit“. Mehrfach wandte der Angeklagte ein, daß auch andere an der Durchführung der Verbrechen mitgewirkt haben. Das ist unbestritten entspricht das doch dem Wesen der faschistischen Organisationsverbrechen. Ich gestatte mir, einen Prominenten des Nürnberger Prozesses, den stellvertretenden Hauptankläger der USA, Dr. Robert Kempner, zu zitieren: „Die Endlösungsmaschine war von Menschen des 20. Jahrhunderts konstruiert und von Zehntausenden von menschlichen Wesen mit unmenschlicher Begeisterung oder in ,Pflichterfüllung1 gesteuert und bedient worden: von Ministern und Bauleitern, Staatssekretären und SS-Offizieren, Ausplünderungs- und Gasexperten und vielen;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Bei der Durchführung der ist zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader haben durch eine wirksame Kontrolle die ständige Übersicht über die Durchführung der und die dabei erzielten Ergebnisse sowie die strikte Einhaltung der Kontrollfrist, der Termine für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität - Analyse von Forschungs und Diplomarbeiten - Belegarbeit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit . Die auf den Sicherheitserfordemissen der sozialistischen Gesellschaft beruhende Sicherheitspolitik der Partei und die daraus resultierenden Anforderungen an die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die politisch-operative Sicherung entwicklungsbestimmender Vorhaben und Prozesse der soziaxistischen ökonomischen Integration, Vertrauliche Verschlußsache Grundfragen der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Betreuern sowie der Hauptinhalt ihrer Anziehung und Befähigung durch den Leiter in der Fähigkeit zur osycho oisch-nädagogischen Führung von Menschen auf der Grundlage einer hohen Allgemeinbildung; Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Anwendung der für die Lösung ihrer konkreten Aufgaben erforderlichen spezifischen Mittel und Methoden; Kenntnisse über die Mittel und Methoden feindlichen Vorgehens, zur Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen können konkrete Aktionen und Handlungen oes Gegners voiausgesehen oder runzeitig erkannt und vorbeugend unwirksam gemacht in ihren Wirkungen eingeschränkt werden.

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