Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 418

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 418 (NJ DDR 1987, S. 418); 418 Neue Justiz 10/87 sozialen Aktivität zugelassen werden, zumal dem Strafverfahren keine allgemeine Erziehungsfunktion zukommt. Die Aufklärung der Persönlichkeit des Angeklagten in der gerichtlichen Beweisaufnahme hat im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen und des Grades der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sowie der Auswahl und Festlegung gerechter Maßnahmen zu erfolgen. Die Einschätzung der Fähigkeit und Bereitschaft des Täters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten ist eine Prognose, die sich aus Tatsachen ergeben, also vom Beweisergebnis getragen sein muß. Es würde den Grundsätzen sozialistischer Gerechtigkeit widersprechen, mangelnde Fähigkeit und Bereitschaft zu künftig gesellschaftsgemäßem Verhalten lediglich zu unterstellen. Hingegen ist zu beachten, daß auch positives Verhalten vor und nach der Tat nur dann ausschlaggebend in die Entscheidung über die Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit einbezogen werden kann, wenn es bewiesen ist. Das hat besondere Bedeutung für die Abgrenzung zwischen Freiheitsstrafen und Strafen ohne Freiheitsentzug, ist aber auch für das Absehen von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (§ 25 StGB) von Belang. So wurden die Gerichte in einer Reihe von Kassationsverfahren darauf orientiert, ausgehend von der konkreten, nicht erheblichen Tatschwere bei hohem persönlichem Engagement des Täters in der Arbeit und im gesellschaftlichen Leben, was nach der Tat fortgesetzt wird, bei aktiver Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts und Bemühungen zur Schadenswiedergutmachung von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß § 25 Ziff. 1 StGB abzusehen.13 Die Persönlichkeitsaufklärung im Strafverfahren muß sich einerseits tatbezogen auf die hauptsächlichen sozialen Tätigkeitsbereiche des Täters konzentrieren (ohne etwa alle Seiten und Daten zu erfassen), andererseits darf aber der Täter nicht isoliert (in ausschließlich negativer oder positiver Art) betrachtet werden. Wird die Persönlichkeit des Angeklagten in der Beweisaufnahme unter solchen Gesichtspunkten aufgeklärt, entsprechen die Gerichte damit der Subjektrolle des Täters. Erfassung der Motive Ein weiteres Problem der Aufklärung der Persönlichkeit des Täters besteht in der sorgfältigen Erfassung und richtigen Be- rücksichtigung der Motive für das strafbare Verhalten. Dazu haben sich vor kurzem D. Seidel /R. Rindert unter gleichzeitiger Analyse der Rechtsprechung des Obersten Ge- richts geäußert.14 Ihr Beitrag vermittelt wertvolle Ansätze dafür, in welche Richtung Erkenntnisse der Psychologie, der Soziologie und der Philosophie für die Strafrechtspraxis nutz- bar gemacht werden könnten. Wir sind allerdings der Auffassung, daß der gegenwärtige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Rechtsprechung noch keine gegenüber den bisherigen Orientierungen des Obersten Gerichts veränderte Praxis bei der Aufklärung und Bewertung der Motive bewirken kann. Die Gerichte können einer simplifizierenden Motivanalyse und -auslegung am besten dann entgegenwirken, wenn sie die in der Rechtsprechung des Obersten Gerichts gegebenen Hinweise15 und die nach wie vor gültige Anleitung von der 6. Plenartagung am 28. März 1973 zu Problemen der strafrechtlichen Schuld16 strikt beachten. Der Auffassung von D. Seidel/R. Rindert, für das Strafrecht und seine gesellschaftspolitische Aufgabenstellung komme es entscheidend darauf an, „nicht nur festzustellen, was geschehen ist, sondern warum es geschah, aus welchen Einstellungen, Haltungen und emotionalen Gründen, d. h. eben wesentlich den Motiven (tatsituativ) im engen Kontakt mit der Motivationsstruktur einer Täterpersönlichkeit“17, ist im Ergebnis zuzustimmen. Es ist aber anzufügen, daß die wirklichen Motive nicht nur aus den Aussagen der Angeklagten herzuleiten sind. Abgesehen davon, daß Motive dem Menschen nicht immer bewußt werden müssen, nennen Angeklagte auf die entsprechende Frage oftmals Motive, die mit den ihrem Handeln tatsächlich zugrunde liegenden Beweggründen nicht identisch sind; teilweise werden gar keine Motive genannt. Damit bleibt die Frage unbeantwortet. Die Anforderungen an die Gerichte zur Aufklärung der Motive beziehen sich deshalb auch auf die Feststellung von Umständen, die Aufschluß über die Motive geben können. Dafür ist besonders das objektive Erscheinungsbild des Tatgeschehens in Verbindung mit der Persönlichkeit des Täters von Bedeutung. So hat das Oberste Gericht z. B. für die Abgrenzung zwischen Rowdytum und vorsätzlicher Körperverletzung und für die Herausarbeitung des Motivs „aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung oder der Regeln des sozialistischen Zusammenlebens“ (§214 StGB) bedeutsame Prüfungskriterien entwickelt und hervorgehoben, daß allein aus der Persönlichkeitsentwicklung des Täters nicht auf das Vorliegen dieses Motivs geschlossen werden kann.18 Motive werden nach wie vor mit Einstellungen identifiziert. Eine solche Identifizierung, die eine Aufklärung der Motive nur zusätzlich erschwert, hatten wir gerade angesichts der Erkenntnisse über das Persönlichkeitskonzept im sozialistischen Strafrecht für überwunden gehalten.19 Die Kritik E: Kosewährs an den von R. Müller und W. Griebe erarbeiteten Hinweisen für die differenzierte Erfassung der Motive bei Eigentumsstraftaten als „kurzschlüssige Verbindung zwischen Einstellungen und Motiven“ teilen wir aber nicht.20 Die Hinweise von R. Müller und W. Griebe sind u. E. eine wichtige und nützliche Hilfe für die Praxis.21 Es wäre wünschenswert, wenn weitere konkrete Vorschläge dazu unterbreitet werden könnten. D. Seidel/R. Rindert leiten aus den von ihnen angeführten Rechtssätzen des Obersten Gerichts eine Wertigkeit der Motive ab. Dazu ist zu bemerken, daß die Gerichte die Motive bei aller Bedeutung aber auch nicht überbewerten dürfen und daß sie die anderen für die Einschätzung des Grades der Schuld und damit für die Strafzumessung notwendigen Tatsachen ebenfalls aufklären müssen. Im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB ist das Motiv eine Schuld- tatsache, der zwar ein maßgeblicher Stellenwert für die Einschätzung des Ausmaßes der subjektiven Verantwortungslosigkeit in bezug auf das objektive Tatgeschehen zukommt; es stellt aber nicht den alleinigen Maßstab dafür dar. Die Forderung des Obersten Gerichts, bei der Feststellung des konkreten Schuldgrades einzelne Schuldfaktoren nicht isoliert, sondern stets in ihrem Zusammenhang und ihrer wechselseitigen Bedingtheit zu bewerten, hat an Aktualität nichts eingebüßt.22 Die Gerichte haben in der Beweisaufnahme alle dafür notwendigen Tatsachen in belastender und entlastender Hinsicht aufzuklären. 13 Vgl. ÖG, Urteile vom 14. November 1985 - 2 OSK 16/85 -, vom 19. Juni 1985 - 4 OSK 3/85 - und vom 20. Februar 1986 - 4 OSK 2/86 -. 14 Vgl. D. Seldel/R. Rindert, „Bedeutung der Motive des Handelns für Art und Ausmaß der Schuld im Strafrecht“, NJ 1987, Heft 3, S. 96 ff. 15 Vgl. die von D. Seidel/R. Rindert angeführten Entscheidungen, a. a. O., S. 97 f. 16 Vgl. Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung zu Problemen der strafrechtlichen Schuld vom 28. März 1973. NJ-Beilage 3/73 zu Heft 9. 17 D. Seidel/R. Rindert, a. a. O., S. 98. 18 Vgl. Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 5. Plenartagung über die Rechtsprechung der Gerichte zum Schutz der Bürger vor Angriffen auf die Gesundheit, die Sicherheit und Geborgenheit vom 30. Juni 1983, OG-Informationen 1983, Nr. 4, S. 11 f., und Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 3. Plenartagung über die Erhöhung der Wirksamkeit der Rechtsprechung der Gerichte zum Schutz der Gesundheit der Bürger als Ausdruck der Verwirklichung der Menschenrechte vom 13. Mai 1987, OG-Informationen 1987, Nr. 3, S. 3. 19 Vgl. hierzu E. Buchholz/I. Buchholz, „Zum Persönlichkeitskonzept im sozialistischen Strafrecht“, Staat und Recht 1982, Heft 10, S. 932 ff. 20 E. Kosewähr, a. a. O S. 781. 21 Vgl. R. Müller, „Differenzierte Erfassung der Motive bei Eigentumsstraftaten“, NJ 1983, Heft 11, S. 454 ff.; W. Griebe, „Feststellung der Tatmotive bei Eigentumsdelikten“, NJ 1984, Heft 11, S. 461 ff. 22 Vgl. Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung am 28. März 1973, a. a. O., S. 3. Druckfehlerberichtigungen Im Teil 5 der Chronik „Recht und Justiz In der Geschichte Berlins" (NJ 1987, Heft 9, S. 359 ff.) muß es auf S. 361 unter dem Datum 1. 1. 1937 In Satz 3 richtig heißen: Der Staatskommissar erhielt als Stadtpräsident die Vollmachten Im Beitrag von H. Fleblg In NJ 1987. Heft 9. S. 362 ff., muß es auf S. 362, rechte Spalte, letzter Abs., Satz 1 richtig heißen: wird mit dem Abschluß eines Gemeinschaftsvertrages leitungskoordinierend auf die planmäßige Gestaltung zwischenbetrieblicher Kooperationsbeziehungen eingewirkt.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

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