Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 375

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 375 (NJ DDR 1987, S. 375); Neue Justiz 9/87 375 betreffenden Kollektiv hervorgerufen wurde“. Die Gesetzesformulierung sollte so verstanden werden, daß es sich um solche Straftaten handelt, die Schwerpunkte der gesell-, schaftlichen Entwicklung betreffen und Haltungen und Ein-Stellungen des Straftäters zu den gesellschaftlichen Interessen zum Ausdruck "bringen, die besonders verantwortungslos sind. Das können Straftaten sein, durch die hohe ökonomische Verluste eingetreten sind und wo es besonders darauf ankommt, den Ursachen und Bedingungen auf den Grund zu gehen, um soweit sie durch betriebliche Unzulänglichkeiten bedingt sind diese Umstände zu verändern. Das können ebenso Straftaten sein, die durch umfangreiche Spekulationen, Warenhortungen u. a. die Versorgung der Bevölkerung stören und besonders egoistische Haltungen und Einstellungen des Straftäters sichtbar machen, wie auch Straftaten, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit nachhaltig beeinträchtigt oder die Bevölkerung besonders beunruhigt wurde.9 10 Die besondere Funktion des gesellschaftlichen Anklägers d. h. die Mitwirkung eines zweiten Anklägers, wenn auch mit anderer Aufgabenstellung als der Staatsanwalt kann deshalb nur dann sinnvoll sein, wenn besondere, über ein kleines Kollektiv hinausgehende und damit übergreifende Interessen größerer Kollektive oder Organisationen eine Rolle spielen, die auch rechtspropagandistisch eine besondere Bedeutung haben. Damit soll zugleich gesagt werden, daß nicht bei jeder Straftat, die Empörung unter Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat, ein gesellschaftlicher Ankläger zu beauftragen, sein wird.19 Voraussetzung und Kriterium für die Mitwirkung eines gesellschaftlichen Anklägers sind also nicht schwere Folgen einer Straftat an sich; beachtlich sind vielmehr die Bedingungen des Zustandekommens einer solchen Straftat, insbesondere, ob sie ein bedeutsames gesellschaftliches Problem beinhaltet, das mit der Kraft der Gesellschaft überwunden werden muß. Damit wird zugleich gesagt, daß der Angeklagte dem gesellschaftlichen Ankläger nicht unbedingt aus gemeinsamer Arbeit bekannt sein muß (vgl. § 55 Abs. 2 StPO). Der gesellschaftliche Ankläger muß auch in bezug auf die Straftat Sachkunde besitzen, weil er insbesondere zu ihrer Schwere, dem verursachten Schaden und den gesellschaftlichen Auswirkungen Stellung nimmt. Spezielle Voraussetzungen für die Mitwirkung gesellschaftlicher Verteidiger Beim gesellschaftlichen Verteidiger liegen die Voraussetzungen und Kriterien für seine Mitwirkung etwas anders. Da der gesellschaftliche Verteidiger zwar zur Verteidigung beiträgt, aber kein Beistand oder Anwalt (Strafverteidiger) des Angeklagten ist, geht es auch hier in erster Linie um übergreifende gesellschaftliche Interessen, um Interessen größerer Kollektive. Im Vordergrund steht, aus ihrer Kenntnis heraus Zusammenhänge und Bedingungen mitzuteilen, die für die Verteidigung des Angeklagten beachtlich sein können. Daraus folgt auch, daß bei mehreren Angeklagten nicht mehrere gesellschaftliche Verteidiger mitwirken müssen. Die Beauftragung eines gesellschaftlichen Verteidigers kann z. B. geboten sein, wenn ein Werktätiger sich' in einer komplizierten Entscheidungssituation befand, in deren Ergebnis er nicht die richtige Entscheidung getroffen hat (Fälle, die dem Widerstreit der Pflichten § 20 StGB oder dem Wirtschaftsrisiko § 169 StGB nahekommen), oder in Fällen, in denen ohne persönliche Bereicherungsabsicht mit Hilfe unrechtmäßiger Handlungen das Ansehen des Betriebes erhalten werden sollte, aber auch in den obengenannten Fällen, bei denen der Volkswirtschaft durch fahrlässiges oder sonst unaufmerksames Verhalten ein großer Schaden zugefügt wurde. Dem speziellen Auftrag des gesellschaftlichen Verteidigers entspricht es, daß er dem Gericht aus gesellschaftlicher Sicht die mildernden Umstände'darlegt und in den Kollektiven die rechtspolitische Bedeutung der getroffenen gerichtlichen Entscheidung erläutert (weil es gerade in den letztgenannten Fällen für Nichtjuristen oft nicht einfach ist zu begreifen, warum trotz u. U. sehr hoher Schadenssummen eine Verurteilung auf Bewährung oder ein öffentlicher Tadel ausgesprochen oder von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wurde). Das Gesetz sieht die Beauftragung eines gesellschaftlichen Verteidigers schließlich auch dann vor, wenn „nach der Auffassung des Kollektivs oder gesellschaftlichen Organs . schwerwiegende Zweifel an der Schuld (des Beschuldigten oder Angeklagten) bestehen (§ 56 Abs. 2 StPO). Dem gesellschaftlichen Verteidiger kommt demnach vor allem zu, in solchen Fällen aufzutreten, in denen besondere Rolf Kaulfersch 7. August 1919 - 20. Juli 1987 Der ehemalige Stellvertreter des Ministers der Justiz Rolf Kaulfersch ist nach langer Krankheit kurz vor Vollendung seines 68. Lebensjahres verstorben. Rolf Kaulfersch gehörte zu den Aktivisten der ersten-Stunde. Seit dem Jahre 1948 arbeitete er in den Justizorganen. Zunächst war er Richter am damaligen Amtsgericht in Halberstadt. Schon im Jahre 1950 wurden ihm Leitungsfunktionen an den Landgerichten Torgau und Dessau übertragen. In der Folgezeit war er als Oberrichter und als Stellvertreter des Direktors am Bezirksgericht Halle tätig. Auf Grund seiner vorbildlichen Arbeit wurde er 1961 in das Mi-- nisterium der Justiz berufen und mit den Aufgaben eines Stellvertreters des Ministers betraut. Diese verantwortungsvolle Funktion übte er bis kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben im Jahre 1970 aus. Rolf Kaulfersch leistete eine umfangreiche gesellschaftspolitische Arbeit. Im Jahre 1948 wurde er Mitglied der NDPD. Er war zeitweilig stellvertretender Landesvorsitzender seiner Partei in Halle und später Mitglied des Hauptausschusses der NDPD. Besonders aktiv wirkte er als Mitglied des Sekretariats des Zentralvorstandes der Vereinigung der Juristen der DDR. ln den Jahren 1950 bi 1960 war Rolf Kaulfersch Abgeordneter des Bezirkstags Halle und danach Abgeordneter der Volkskammer. Rolf Kaulferschs politisch-fachliches Wirken wurde mehrfach durch staatliche und gesellschaftliche Auszeichnungen, u. a. mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze, gewürdigt. Wir haben einen pflichtbewußten Juristen und Funktionär verloren, der sich um die Entwicklung der sozialistischen Rechtspflege Verdienste erworben hat. Sein Andenken werden wir stets in Ehren halten. schuldmindernde Umstände zu berücksichtigen sind (komplizierte Entscheidungssituation, außergewöhnliche Anforderungen an den Handelnden, Bemühungen-um die Lösung volkswirtschaftlich komplizierter Widersprüche u. ä.). Dagegen wird der Kollektivvertreter darüber hinaus die in der Persönlichkeit des Beschuldigten bzw. Angeklagten liegenden, zu dessen Gunsten sprechenden Umstände des Gesamtverhaltens vor und nach der Tat herausstellen. * Aus dem Gesagten folgt, daß an die Personen, die als gesellschaftlicher Ankläger oder gesellschaftlicher Verteidiger mitwirken, bestimmte Anforderungen zu stellen sind. Sie müssen ihrer unterschiedlichen spezifischen Verantwortung' im Verfahren bei der Feststellung der Wahrheit, der Gewährleistung der Gesetzlichkeit und der Rechte der Bürger im Strafverfahren gerecht werden und sollten darüber hinaus als Repräsentanten der Öffentlichkeit an der Auswertung des Verfahrens mitwirken. Dieses Verständnis des Wesens des gesellschaftlichen Anklägers und des gesellschaftlichen Verteidigers trägt m. E. zu einer hohen Qualität dieser Mitwirkungsformen bei. Würde davon ausgegangen, daß diejenigen Kollektive, denen der Beschuldigte oder der Angeklagte unmittelbar angehört (Grundkollektive), keinen gesellschaftlichen Ankläger oder Verteidiger beauftragen können, wären sie neben der Mitteilung über den Verdacht einer Straftat nur darüber zu informieren, daß sie einen Kollektivvertreter benennen und eine Bürgschaft übernehmen können. Es entfiele dann ihre Aufklärung gemäß § 102 Abs. 3 StPO über die gesetzlichen Voraussetzungen der Beauftragung eines gesellschaftlichen Anklägers oder gesellschaftlichen Verteidigers. Eine solche Handhabung wäre für die Grundkollektive überschaubarer, würde ihnen ihre Entscheidung erleichtern. Eine eindeutige Orientierung auf gesellschaftliche Organe, Nationale Front usw. als den nach § 54 Abs. 1 StPO berechtigten Kreis, einen gesellschaftlichen Ankläger oder gesellschaftlichen Verteidiger zu beauftragen, würde die Mitwirkung geeigneter Bürger für eine solche Aufgabe fördern und den öffentlichen Einfluß auf die Aufdeckung und Beseitigung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen von Straftaten verstärken. 9 Vgl. H. Hugot/K.-H. Oehmke, a. a. O. 10 Wurden z. B. Rentnern mehrfach Geldbörsen gestohlen, kann das große Empörung auslösen, jedoch wird es in diesen oder anderen Fällen durchaus ausreichen, über Presse, Nationale Front usw. den Bürgern mitzuteilen, daß der Täter gefaßt und einer gerechten Strafe zugeführt wurde.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 375 (NJ DDR 1987, S. 375) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 375 (NJ DDR 1987, S. 375)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und. Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Ermittlungsverfahren Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Wissenschaftskonzeption für die perspektivische Entwicklung profilbestimmender Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule Staatssicherheit nach dem Parteitag der Partei , Dietz Verlag, Berlin Erich Honecker, Die Aufgaben der Parteiorganisationen bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der - Referat auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung angeregt und durch den Leiter der Hauptabteilung befohlen. Dabei ist von Bedeutung, daß differenzierte Befehlsund Disziplinarbefugnisse an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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