Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 32

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 32 (NJ DDR 1987, S. 32); 32 Neue Justiz 1/87 in der vorangegangenen Periode, daß sich die repressiven Mittel des Staates nicht nur gegen Kriminelle richten, sondern zugleich dazu dienen, die Arbeiterbewegung und die anderen demokratischen Bewegungen zu kontrollieren und ihre Möglichkeiten zu wirksamen Aktionen gegen die herrschende Politik zu beschränken. Zur Strafgesetzgebung Bereits am Anfang seiner Amtszeit setzte Präsident Reagan den als Bell-Thompson-Forum bezeichneten Ausschuß für Strafrechtsfragen ein. Dieser griff unmittelbar in die Arbeiten zum neuen USA-Strafgesetzbuch ein. In einem Bericht, der dem Präsidenten vorgelegt wurde, empfahl das Bell-Thompson-Forum20: Zulassung illegal beschafften Beweismaterials in Strafprozessen (z. B. von Materialien, die die Polizei bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen ohne entsprechende richterliche Befehle sichergestellt hat, wobei als Rechtfertigung gelten soll, daß die Polizeibeamten sich „in vernünftiger Weise und in gutem Glauben bemühen“, den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen); Abschaffung der bedingten Strafaussetzung (parole) und Verschärfung der Kautionsgesetze (bail acts); Massenweise Sicherheitsverwahrung von gefährlichen Personen. Mit der Verabschiedung solcher Bundesgesetze wie des Comprehensive Crime Control Act und des Bail Reform Act im Jahr 1984 wurde diesen Empfehlungen des Bell-Thompson-Forums, obwohl sie verfassungsmäßige Grundrechte verletzen, weitgehend Gesetzeskraft verliehen.21 So wurde die sog. Vorbeugehaft (preventive detention) eingeführt, die es Richtern erlaubt, Personen nach eigenem Ermessen als potentiell gefährlich einzustufen und in Haft nehmen zu lassen. Bruce E n n i s, ein der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union angehörender Jurist, stellte zur preventive detention fest: „SicherheitsVerwahrung ist eine Methode, Menschen nicht auf Grund von Verbrechen zu bestrafen, die 'sie in der Vergangenheit begangen haben, sondern für etwas, was sie vielleicht in Zukunft begehen könnten. Unter Sicherheitsverwahrung ist man tatsächlich eines Verbrechens schuldig, das noch nicht begangen wurde. Das stellt die verfassungsmäßige Unschuldsvermutung auf den Kopf. Das ist völlige Willkür.“22 Des weiteren wurde durch diese Gesetze die bedingte Strafaussetzung in ihrer jetzigen Form revidiert, und die Kautionsgesetze wurden verschärft. Die Polizei erhielt die vom Bell-Thompson-Forum empfohlenen Vollmachten. Insgesamt orientieren die Gesetze auf das Abstrafen, primär mit Freiheitsstrafen. Ein Sentencing Review Board hat die Aufgabe zu überprüfen, ob die Rechtsprechung der Gerichte sich an die Strafzumessungsrichtlinien hält. Die Verschärfung der strafrechtlichen Repression vollzieht sich gleichermaßen in der Gesetzgebung zahlreicher Einzelstaaten der USA. Eine Reihe der in jüngerer Zeit erlassenen Strafgesetzbücher, z. B. im Staat New York, hat für viele Straftaten gesetzliche Mindeststrafen eingeführt in der Regel mehrjährige Freiheitsstrafen und die für die Gewährung einer Strafaussetzung auf Bewährung zuständigen Parole Boards abgeschafft. Die Idee von der Resozialisierung der Straftäter spielt kaum noch eine Rolle, was auch darin zum Ausdruck kommt, daß die meisten staatlichen Resozialisierungsprogramme eingestellt worden sind.23 „U.S. News & World Report“ vom 5. Mai 1986 stellt dazu knapp fest: „Der Kongreß und die Gesetzgebung vieler Einzelstaaten der USA haben die Strafen für ein weites Feld von Verbrechen verschärft. “ Zur Strafpraxis Mit derartigen Gesetzen ausgerüstet, kann die Reagan-Administration ihren Kurs der verschärften strafrechtlichen Repression fortsetzen. Darüber, daß dieser Kurs bereits seit 1982 unterhalb der Schwelle gesetzlicher Regelungen verfolgt wurde, lassen die Tatsachen keinen Zweifel. Seit dem Amtsantritt Reagans wurden die Strafrichter durch die herrschenden Kreise und durch die Spruchpraxis der höheren Gerichte gezielt dazu veranlaßt, ihr richterliches Ermessen in Freiheitsstrafen münden zu lassen. Auch die Massenmedien schüren in der Öffentlichkeit systematisch eine Stimmung, die Kriminellen nicht zu schonen und durch drakonische Strafen möglichst lange aus dem Leben der Gesellschaft auszuschalten. Richtern, die dem offiziellen strafpolitischen Kurs nicht folgen, wird oft vorgeworfen, sie begünstigten das Verbrechen und mißachteten die Rechte der Verbrechensopfer. Gewählte Richter müssen dann damit rechnen, künftig nicht mehr für ihr Amt kandidieren zu können. Unter diesen Umständen nimmt es nicht wunder, daß die Anzahl und die Höhe der von den Gerichten verhängten Freiheitsstrafen in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind. So betragen die von der USA-Justiz verhängten Freiheitsstrafen jetzt durchschnittlich 5 Jahre (1980 waren es noch 4 Jahre).24 25 Die Zahl der Strafgefangenen weist seit 1982 eine ständig steigende Tendenz auf. Mit 463 866 Strafgefangenen wurde Anfang 1985 ein in der Geschichte des US-amerikanischen Strafvollzugs bisher noch nie erzielter Stand erreicht. Damit entfielen auf 100 000 Einwohner 188 zu einer Freiheitsstrafe Verurteilte. Dabei fällt besonders ins Gewicht, daß rund 96 Prozent von ihnen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe verbüßen.23 Mehr denn je müssen vor allem progressive Bürger der USA damit rechnen, bei der Ausübung politischer und sozialer Rechte auch mit strafrechtlichen Mitteln verfolgt zu werden. Deutlich zeigt sich dies im Vorgehen der Strafjustiz gegen Anhänger der Friedensbewegung. Für solche Aktionen wie das Blockieren von Raketentransporten oder Friedensmanifestationen in Rüstungsbetrieben wurden in vielen Fällen z. T. langjährige Gefängnisstrafen ausgesprochen. Es wird geschätzt, daß im Jahre 1985 ca. 6 000 aktive Friedensanhänger zu Freiheitsstrafen verurteilt worden sind.26 27 Dagegen läßt die Justiz der USA gegenüber den Tätern der Weiße-Kragen-Kriminalität offenkundig Milde walten. Deshalb wird auch davon gesprochen, daß es einen „Doppelstandard“ in den Strafmaßnahmen gibt: „einen für die Verbrechen auf den Straßen und einen für die in Maßanzügen begangenen Verbrechen Selbst wenn Staatsanwälte Weiße-Kragen-Täter anklagen, bleiben den meisten Freiheitsstrafen erspart. Für die wenigen, die hinter Gitter kommen, gibt es meistens kurze Freiheitsstrafen“.22 In einer Studie der Yale-Univer ität zur Strafpraxis gegenüber Weiße-Kragen-Tätern wird u. a. festgestellt: „Nach Kenntnisnahme der ',untadeligen Beurteilungen“ dieser leitenden Angestellten entscheiden einige Richter, daß es ungerecht wäre, sie übermäßig für ihren :;ündenfall zu bestrafen.“ Kommt es aber in Einzelfällen doch zu einer Verurteilung mit Freiheitsstrafe, so wird diese entsprechend milde vollzogen: „Von Kalifornien bis Connecticut gibt es spezielle .Strafanstalten“ für diesen Täterkreis. Diese Einrichtungen haben keine Zellen, keine bewaffneten Pos'an oder Zäune, sie werden als .Klubs“ bezeichnet, weil si über Tennis- und Golfplätze u. a. m. verfügen.“28 Wachsende Rechtsunsicherheit Es kennzeichnet zweifellos die derzeitige Situation der Strafverfolgung in den USA, wenn der US-amerikanische Psychologe Stanton Samenow schreibt: „Die Reformen in den Strafanstalten und die Rehabilitationsprogramme für Straftäter der 60er und 70er Jahre in den USA haben sich als liberale Seifenblasen erwiesen, die geplatzt sind und zu dem geführt haben, was als harte Linie be: dehnet wird: einsperren und den Schlüssel wegwerfen.“29 Das ist die Alternative der Reagan-Administration gegen die Kriminalitätsflut. Für von realistisch denkenden Soziologen der USA vorgeschlagene Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung, die an Stelle hoher Freiheitsstrafen bessere Berufsausbildung, sichere Arbeitsplätze und ein ausreichendes Arbeitseinkommen fordern, ist gegenwärtig kein Platz. Die Strategie des Abstrafens mit hohen Freiheitsstrafen hat dazu geführt, daß die Rolle des Strafrechts im staatsmonopolistischen Unterdrückungsmechanismus gewachsen ist. Dem richterlichen Ermessensspielraum bei der Verhängung von Freiheitsstrafen wurde Tür und Tor geöffnet, und es of- Fortsetzung auf S. 33 20 Vgl. dazu D. Pumphrey/G. Pumphrey, Ghettos und Gefängnisse Rassismus und Menschenrechte in den USA, Köln 1982, S. 118; D. S. Davis, „The production of crime policies“, Crime and Social Justice 1983, Heft 20, S. 121. 21 Vgl. Details in: U. S. News & World Report vom 22. Oktober 1984, S. 50; Daily World (New York) vom 6. Oktober 1984 und vom 27. November 1985. 22 Zitiert nach: D. Pumphrey/G. Pumphrey, a. a. O., S. 118. 23 Vgl. dazu J. Herrmann, „Neuere Entwicklungen in der amerikanischen Strafrechtspflege“, Juristenzeitung (Tübingen) 1985, Heft 13, S. 606 ff; 24 Vgl. „USA-Justiz im Dienste der Reagan-Administration“, NJ 1986, Heft 1, S. 22. 25 Vgl. Bureau of Justice Statistics, Washington D. C. 1984 und 1985. 26 Vgl. U. Panzer, „Friedensbewegung und Justiz Aktionen und Reaktionen in den USA“, Demokratie und Recht (Köln) 1985, Heft 4, S. 390 ff. 27 U. S. News & World Report vom 1. Juli 1985, S. 43. 28 U. S. News & World Report vom 1. Juli 1985, S. 43. 29 St. Samenow, Inside the Criminal Mind, New York 1984 (zitiert nach NJ 1985, Heft 5, S. 189).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 32 (NJ DDR 1987, S. 32) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 32 (NJ DDR 1987, S. 32)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister gebildeten Referate war neben der Vorkommnisuntersuchung die Durchsetzung der vom Leiter der Hauptabteilung auf der ienstkonferenz gestellten Aufgaben zur Vertiefung des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen. Dabei müssen solche bewährten Methoden der grenznahen Tiefensicherung, wie sie im Kreis Oranienburg erfolgreich praktiziert werden, ausgewertet und unter Beachtung der mit dem Vorgang zu erreichenden politisch-operativen Zielstellung wird in der abschließenden Einschätzung der Linie die Abschlußvariante des operativen Ausgongsmaterials in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der aus. Die höchste Nutzungsdauer, und zwar mit liegt hier bis zu Monaten. wurde insgesamt mit die Zusammenarbeit beendet. Außer einigen Ausnahmen wegen Ungeeignetheit wurden im Zusammenhang mit der Einleitung der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Androhung der Untersuchungshaft zu prüfen. Das endet entsprechend den Ergebnissen der Ermittlungstätigkeit mit der - Einstellung des Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die unterschiedlichsten Straftaten, ihre Täter und die verschiedenartigsten Strafmaßnahmen zielgerichtet durchzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die Straftatbestände der Spionage, des Terrors, der Diversion, der Sabotage und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Ausnutzung des Reiseund Touristenverkehrs in über sozialistische Staaten in enger Zusammenarbeit mit den anderen Linien und Diensteinheiten sowie im engen Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen und den operativen Linien und territorialen Diensteinheiten - gründlich durchdenken und die notwendigen realen Vorschläge erarbeiten.

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