Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 313

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 313 (NJ DDR 1987, S. 313); Neue Justiz 8/87 313 Aus den Problemen der Sachaufklärung und Feststellung des Sachverhalts, die in den Strafverfahren wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls sichtbar wurden, ergibt sich die Schlußfolgerung, daß die weitere Erhöhung der Qualität der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen in nicht unbedeutendem Maß von einer besseren Nutzung der materiellen Beweismittel und einer sachkundigeren Arbeit der Gerichte bei der Beweiswürdigung abhängt. Prüfung der Pflichtenlage der Unfallbeteiligten Sachverhaltsaufklärung und richtige Anwendung des materiellen Rechts stehen in Verkehrsstrafsachen in einem engen wechselseitigen Zusammenhang. Zum einen ist die richtige Anwendung und Auslegung von Rechtsnormen eine wesentliche Voraussetzung für die zielgerichtete Aufklärung des Sachverhalts. Zum anderen ist ohne sorgfältig getroffene Sachverhaltsfeststellungen eine zutreffende Anwendung der in Frage kommenden Rechtsvorschriften nicht möglich. Das Oberste Gericht mußte sich in einer Reihe von Kassationsentscheidungen mit der fehlerhaften Anwendung von Rechtsvorschriften der StVO und der StVZO sowie unrichtiger Beurteilung von Tatbestandsmerkmalen der §§ 196 bis 201 StGB auseinandersetzen. In den Verkehrsstrafsachen wurde sichtbar, daß es besonders auf eine lebensnahe Prüfung der Pflichtenlage der Unfallbeteiligten unter strikter Beachtung der Forderung des Gesetzes nach konsequentem Schutz von Leben und Gesundheit aller Verkehrsteilnehmer ankommt. Bei der Beurteilung des Umfangs der Pflichten in der konkreten Verkehrssituation ist vor allem zu beachten, daß Sicherheit und Flüssigkeit im Straßenverkehr zwar eine Einheit bilden, jedoch die Flüssigkeit unter keinen Umständen zu Lasten der Sicherheit und des Schutzes der Verkehrsteilnehmer gewährleistet werden darf. Bedeutsam für dieses Anliegen ist die sinnvolle Anwendung des Vertrauensgrundsatzes im Straßenverkehr. Der Vertrauensgrundsatz besagt im wesentlichen, daß ein sich pflichtgemäß verhaltender Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen darf, daß sich auch die anderen Verkehrsteilnehmer pflichtgemäß verhalten, soweit nicht bereits ein pflichtwidriges Verhalten anderer erkennbar ist. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, so z. B. auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Personen (§ 1 Abs. 2 StVO). Aber auch in konkreten Verkehrssituationen kann der Vertrauensgrundsatz von vornherein eingeschränkt oder völlig aufgehoben sein, wenn z. B. unklare Verkehrssituationen bestehen oder die Erfahrungen des Straßenverkehrs eine Häufung von Fehlverhaltensweisen bestimmter Gruppen von Verkehrsteilnehmern in bestimmten Verkehrssituationen erkennen lassen, die einem generellen Vertrauen auf das richtige Verhalten dieser Verkehrsteilnehmer eindeutig entgegensteht. Vertrauensgrundsatz gegenüber Fußgängern Ein Bezirksgericht hatte den Grundsatz ausgesprochen, daß die Annahme eines Fahrzeugführers, ein die Fahrbahn von links nach rechts überquerender Fußgänger werde im Bereich der Fahrbahnmitte stehenbleiben und das Fahrzeug zunächst passieren lassen, ein im innerstädtischen Verkehr gerechtfertigtes Vertrauen sei. Das Oberste Gericht mußte dieses Urteil wegen fehlerhafter Anwendung des Vertrauensgrundsatzes aufheben. In der Kassationsentscheidung führte es dazu aus, daß der vom Bezirksgericht aufgestellte Rechtssatz in dieser Absolutheit nicht den Bedingungen des modernen Straßenverkehrs entspricht.9 Häufige Pflichtverletzungen von Fußgängern in Städten beim Überqueren der Fahrbahn stehen einer solchen, von den konkreten Bedingungen und der jeweiligen Verkehrssituation (hier: nicht sehr breite Straße, keine getrennten Fahrbahnen, schnelles Gehen des Fußgängers, Dunkelheit mit künstlicher Beleuchtung) nicht getragenen allgemeinen Annahme entgegen. Die Belange des Straßenverkehrs erfordern von allen Fahrzeugführern, sich auf Fußgänger, die die Fahrbahn überqueren, und auf deren mögliches Verhalten einzustellen, um jede Gefährdung zu verhindern. Das schließt eine erhöhte Aufmerksamkeit und Zuwendung zum Fußgänger, unverzügliche Bremsbereitschaft als auch ggf. deutliche Herabsetzung der Geschwindigkeit oder Anhalten des Fahrzeugs und Abgabe von Warnsignalen ein. Das Fortsetzen der Fahrt, ohne sich auf den Fußgänger und mögliche Gefahrensituationen einzustellen, entspricht nicht der Verantwortung, die insbesondere die Führer motorisierter Fahrzeuge infolge der damit -verbundenen Betriebsgefahr im Straßenverkehr tragen. Die Weiterfahrt mit unverminderter Geschwindigkeit ist nur dann zulässig, wenn der Fahrzeugführer aus dem Verhalten des Fußgängers eindeutig schlußfolgern kann, daß dieser das Fahrzeug wahrgenommen hat und die ihm obliegenden Pflichten erfüllen wird (z. B. bei Blickkpntakt mit dem Fahrzeugführer, Verringern der Schrittgeschwindigkeit oder Stehenbleiben des Fußgängers, um das Fahrzeug vorbeizulassen). Mit der Nichterfüllung dieser Anforderungen gegenüber Fußgängern verletzt der Fahrzeugführer § 1 Abs. 1 StVO. Unabhängig davon bleiben selbstverständlich die sich für die Fußgänger aus § 35 StVO ergebenden Pflichten bestehen. Da die Fahrbahn in erster Linie dem Fahrzeugverkehr Vorbehalten ist, wird an die Fußgänger insbesondere die Forderung gerichtet, die Fahrbahn erst zu betreten, nachdem sie sich ausreichend und allseitig davon überzeugt haben, daß keine Gefährdung eintreten kann. Sie haben die Fahrbahn zügig auf dem kürzesten Weg mit Vorsicht zu überqueren und dabei (auch während des Überquerens) ständig den Fahrzeugverkehr zu beobachten.'10 11 Aus der oben dargelegten Einschränkung des Vertrauensgrundsatzes gegenüber Fußgängern darf daher keinesfalls die Schlußfolgerung gezogen werden, daß damit die Fußgänger von ihrer eigenen Verantwortung befreit werden. Vorfahrtsregeln und Vertrauensgrundsatz Das Oberste Gericht hatte sich in einem Verfahren mit der Anwendung des Vertrauensgrundsatzes im Zusammenhang mit den Vorfahrtsregeln (§ 13 StVO) auseinanderzusetzen.11 Der Fahrer wollte eine Landstraße von einem Feldweg aus nach links befahren, orientierte sich deshalb nach links und erkannte in größerer Entfernung einen KOM, der sich nach seiner Annahme mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h (zulässige Höchstgeschwindigkeit) der Einmündung näherte. Von rechts kam kein Fahrzeug. In der Auffassung, rechtzeitig wieder die vom KOM benutzte Fahrbahnhälfte räumen zu können, fuhr der Fahrer der Arbeitsmaschine nach links auf die Landstraße auf, hatte dabei jedoch einen zu diesem Zeitpunkt den KOM mit etwa 70 km/h überholenden Motorradfahrer nicht wahrgenommen. Aus dieser Situation ergibt sich die Frage, ob mit einem Fahrzeug im Sichtschatten des KOM gerechnet werden mußte. Dazu wurde im Urteil des Obersten Gerichts zunächst dargelegt, daß die Annahme des wartepflichtigen Kraftfahrers, der KOM fahre bereits die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, auf einer Schätzung beruhte. Da Schätzungen jedoch nicht den Informationsgehalt einer sicheren Feststellung haben, schließen sie die Möglichkeit von Abweichungen nicht aus. Schon deshalb ist die Schlußfolgerung, der KOM werde nicht überholt, unzulässig. Im übrigen ist es durchaus nicht ungewöhnlich, daß Fahrer von kleineren, schnelleren und wendigeren Fahrzeugen bestrebt sind, ihnen die Sicht nach vorn versperrende Fahrzeuge zu überholen, und dabei kurzfristig die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit überschreiten. Sie tun dies, um den Überholvorgang möglichst schnell abzuschließen. Dieser Fahrfehler stellt zwar eine nicht zu billigende Verletzung der Pflicht zur Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit dar (§ 12 Abs. 2 StVO), ist jedoch noch nicht als Verkehrsraserei zu charakterisieren. Der Wartepflichtige darf sich deshalb in einer solchen Verkehrssituation nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen. Kommen auf der bevorrechtigten Straße von links große, die Sicht erheblich einschränkende Fahrzeuge, muß stets damit gerechnet werden, daß sich für den Wartepflichtigen nicht sichtbare kleinere Fahrzeuge im Überholvorgang befinden. Ausgehend von dem Grundsatz, daß der wartepflichtige Kraftfahrer die Vorfahrt auf der gesamten Fahrbahnbreite einzuräumen hat, verbietet sich in derartigen Verkehrssituationen das Befahren der Kreuzung oder Einmündung soweit eine Gefährdung nicht sicher auszuschließen ist. Die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes beim Linksabbiegen (§ 15 StVO) war auch Gegenstand des Kassationsverfahrens gegen den Fahrer eines Traktors, der auf einer Fernverkehrsstraße links in eine Einmündung abbiegen 9 OG, Urteil vom 5. November 1986 - 3 OSK 16/86. 10 Vgl. OG, Urteil vom 19. November 1981 - 3 OSK 27/81 - (NJ 1982, - Heft 4, S. 188). Zu den Pflichten der Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn und der sich aus ihrer schuldhaften Verletzung ggf. ergebenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit vgl. OG, Urteil vom 29. Juli 1986 - 3 OSK 10/86 - (NJ 1986, Heft 11, S. 474). 11 OG, Urteil vom 18. September 1986 - 3 OSK 12/86.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 313 (NJ DDR 1987, S. 313) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 313 (NJ DDR 1987, S. 313)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der Dietz Verlag Berlin Honecker, Die Aufgaben der Partei bei der weite ren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der. Aus dem Referat auf der Beratung mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung, Geheime Verschlußsache Referat des Ministers für Staatssicherheit auf der Zentralen Aktivtagung zur Auswertung des Parteitages der im Staatssicherheit , Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Entwicklung der Wirksamkeit der Untersuchungsarbeit und der Leitungstätigkeit, Wesentliche Aspekte der Entwicklung der Untersuchungsarbeit. Im Mittelpunkt der Untersuchungsarbeit stand die weitere konsequente Durchsetzung der vom Genossen Minister auf der llreisdelegiortenkctyFersns: in jedoza erantwer iungsbcreicb. und der insgesamt eine hohe politische Stabilität, Sicherheit und Ordnung gewährleisten und die Friedens und Dialogpolitik der Partei.

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