Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 312

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 312 (NJ DDR 1987, S. 312); 312 Neue Justiz 8/87 tion des Unfallgeschehens zu prüfen. Mit Rekonstruktionen sollen möglichst exakte Feststellungen u. a. über die Entwicklung der zum Unfall führenden Verkehrssituation, die tatsächlichen Weg-Zeit-Verhältnisse, die Pflichtenlage der Unfallbeteiligten, Sichtverhältnisse und Möglichkeiten einer rechtzeitigen Unfallverhütung gewonnen werden.4 So sind z. B. offenbare Unrichtigkeiten bei der Angabe der für den Unfall relevanten Entfernungen, wenn andere Beweismittel nicht vorliegen, in der Regel Anlaß für ein Nachvollziehen des 'Unfallgeschehens im Wege der Rekonstruktion. Da die Rekonstruktion des Unfallgeschehens in der Regel über eine bloße Ortsbesichtigung hinausgeht, kann sie grundsätzlich nicht im Hauptverfahren durch das Gericht selbst vorgenommen werden. Dazu bedarf es vielmehr im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 2 StPO der Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt zur Nachermittlung.5 Ausnahmsweise ist es im Rechtsmittelverfahren zulässig, bei geeigneten Sachverhalten in Vorbereitung einer ergänzenden Beweisaufnahme (§ 298 Abs. 2 StPO) und im Interesse einer konzentrierten Beendigung des Verfahrens einen Sachverständigen mit der Rekonstruktion der zu klärenden Fragen in Form eines Gutachtens zu beauftragen. Wiederholt treten bei der Überprüfung und der beweisrechtlichen Würdigung der Rekonstruktionsergebnisse Schwierigkeiten auf. Es muß in diesem Zusammenhang klargestellt werden, daß Rekonstruktionen und Gutachten die Sachkunde des Gerichts erhöhen sollen, sie jedoch keinesfalls ersetzen können. Die gründliche und umfassende Überprüfung der Rekonstruktionen und Gutachten, der sie wie jedes andere Beweismittel unterliegen, setzt bereits eine hohe Sachkunde des Gerichts voraus. So hat das Oberste Gericht das Urteil eines Kreisgerichts aufgehoben, weil nicht beachtet wurde, daß die dem Freispruch zugrunde gelegte Rekonstruktion unzulänglich, nicht nachprüfbar und damit beweismäßig nicht verwertbar war.6 Nicht ersichtlich war, von welchen tatsächlichen, objektiv gesicherten Feststellungen zum Unfallhergang die Rekonstruktion ausging. Im übrigen unterstellte das Kreisgericht mit der unkritischen Übernahme der Rekonstruktionsergebnisse dem geschädigten Pkw-Fahrer ein extrem abwegiges Fahrverhalten, für das es nach dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte gab. Da die für die Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bedeutsamen Fragen durch die mangelhafte Rekonstruktion nicht beantwortet werden konnten, mußte eine erneute Rekonstruktion angewiesen werden. Alle Rekonstruktionsergebnisse sind so aktenkundig zu machen, daß sie auf die Übereinstimmung mit den objektiv gesicherten Feststellungen der Unfallaufnahme und den anderen Beweismitteln überprüft werden können. Neben dem Rekonstruktionsprotokoll sind dafür ggf. auch entsprechende Skizzen und fotografische Übersichtsaufnahmen erforderlich, um der Forderung des § 50 Abs. 3 StPO nachzukommen. In einem anderen Verfahren war darauf hinzuweisen, daß die wesentlichen Ergebnisse des Rekonstruktionsgutachtens auf den Aussagen der Zeugen und des Angeklagten über geschätzte Entfernungen und Geschwindigkeiten beruhten, die naturgemäß Ungenauigkeiten in sich bergen. Deshalb ist bei der Bewertung des Gutachtens in diesem Fall zu beachten, daß die auf rechnerisch richtigem Wege erzielten scheinbar sehr genauen Rekonstruktionsergebnisse trotzdem nur Näherungswerte darstellen, die größere Abweichungen nicht sicher ausschließen.7 Das wesentliche Kriterium für die Überprüfung der Rekonstruktionsergebnisse ist das wirklichkeitsgetreue Nachvollziehen des angenommenen, zum Unfall führenden Verkehrsgeschehens. Welche Probleme es hierbei geben kann, machte ein Kassationsstrafverfahren deutlich.8 Ein Radfahrer war beschuldigt worden, durch Schlangenlinienfahren unter Alkoholeinfluß (1,2 mg/g) in der Dunkelheit (darüber hinaus mit defekter Rückleuchte fahrend) einen Unfall mit einem nachfolgenden Motorradfahrer verursacht zu haben. Der Motorradfahrer verunglückte dabei tödlich. Tatzeugen waren nicht vorhanden. Der Angeklagte bestritt, in Schlangenlinien gefahren zu sein, konnte sich aber ansonsten an den Unfallhergang nicht erinnern. Bei der Spurensicherung wurden eine Verformung am Schutzblech des Vorderrades des Fahrrades und Kratzspuren, die 2,20 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt begannen und bis zum rechten Fahrbahnrand führten, festgestellt. Eine Rekonstruktion sollte den Zusammenstoß zwischen Motorrad und Fahrrad klären. Aus der Rekonstruktion wurde abgeleitet, daß der Zusammenstoß zwischen Fußbremshebel des Motorrades und Vorderradschutzblech des Fahrrades zum Unfall geführt haben mußte. Der Angeklagte sei zu diesem Zeitpunkt alkoholbedingt mit dem Fahrrad schräg in Richtung Fahrbahnmitte gefahren und habe im Moment des Unfalls das Fahrrad gerade wieder in Richtung Fahrbahnrand gelenkt, so daß das Vorderrad zum Fahrradrahmen etwa im rechten Winkel stand. Aus den Kratzspuren wurde die Schlußfolgerung gezogen, daß der Zusammenstoß 2,20 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt passiert sei. Bei der Überprüfung haben die Instanzgerichte jedoch übersehen, daß das Motorrad bei der Rekonstruktion aufgebockt war, als die angenommenen Anstoßstellen (Fußbremshebel und vorderes Schutzblech) festgestellt wurden. Beide Fahrzeuge befanden sich aber zum Zeitpunkt des Unfalls in Bewegung. Die angenommenen Anstoßstellen und die Winkelstellung des Fahrrades wurden deshalb nicht durch diese Rekonstruktion bewiesen. Weiterhin wurde nicht beachtet, daß beim Zusammenstoß beide Fahrzeuge jeweils mit einem Fahrzeugführer besetzt waren und sich auch daraus andere Möglichkeiten des Zusammenstoßes (Körperberührungen) und der Stellung der Fahrzeuge zueinander zum Zeitpunkt des Unfalls ergeben konnten. Schließlich war es auch unzulässig, den Kollisionspunkt der beiden Fahrzeuge mit dem Beginn der Kratzspuren auf der Fahrbahn zu identifizieren. Das widerspricht physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Vielmehr war auf Grund der hohen Eigengeschwindigkeit des Motorrades, der Masse des Motorrades und des Fahrzeugführers, seiner Bewegungsrichtung und der Art des angenommenen Zusammenstoßes mit dem Fahrrad davon auszugehen, daß sich das Motorrad noch eine längere Strecke (mindestens 20 m) nach der Kollision in Fahrtrichtung weiterbewegte, bevor es seine Stabilität so weit verlor, daß es beim Stürzen Kratzspuren auf der Fahrbahn verursachte. Offensichtlich konnte es sich nur um eine im wesentlichen vorwärtsgerichtete Bewegung handeln, nicht um eine völlig geradlinige. Somit erwiesen sich die Schlußfolgerungen des Rekonstruktionsprotokolls als nicht haltbar, sie verletzten das Prinzip der Wissenschaftlichkeit der Beweisführung. Sachverhaltsfeststellungen im Urteil Nicht immer wird exakt die Ursache des Todes Unfallbeteiligter geklärt. In der zuletzt genannten Verkehrssache war darauf hinzuweisen, daß angesichts der dem Angeklagten zur Last gelegten Verursachung des Todes des Geschädigten sichere Feststellungen zur Todesursache und zum Kausalzusammenhang mit dem vorangegangenen Unfallgeschehen erforderlich gewesen wären. Zwar sprachen die Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit für diesen Zusammenhang, das hebt die Notwendigkeit der Beiziehung des Sektionsprotokolls jedoch nicht auf, soweit nicht auch für den Nichtmediziner auf Grund des äußeren Zustands der Leiche (z. B. Abtrennen des Kopfes vom Rumpf) dieser Zusammenhang offensichtlich ist. Der Totenschein ist in den Fällen nicht ausreichend, in denen der Ursachenzusammenhang zwischen Unfall und Tod zweifelhaft erscheint. Für gesicherte Feststellungen zur Todesursache ist hier die Beiziehung des Sektionsergebnisses (Sektionsprotokoll) notwendig. Diese Forderung entspricht dem Grundsatz der Beweisführungspflicht des Gerichts (§ 22 StPO), nach dem alle Feststellungen, die der Verurteilung zugrunde gelegt werden, bewiesen sein müssen. Die Ergebnisse der Sachverhaltsaufklärung müssen sich auch adäquat in den Sachverhaltsfeststellungen des Urteils widerspiegeln. Hier gibt es immer wieder Probleme, z. B. bei Feststellungen zu Geschwindigkeiten, Entfernungen und Sichtverhältnissen, die die Überzeugungskraft der Urteile beeinträchtigen. Es darf nur ein konkreter Sachverhalt als festgestellt im Urteil erscheinen. Bleiben trotz Ausschöpfung aller sachdienlichen Beweismittel mehrere Möglichkeiten des Unfallgeschehens bestehen, ist gemäß § 6 Abs. 2 StPO die' für den Angeklagten günstigste Variante als festgestellter Sachverhalt im Urteil darzustellen. Es verbietet sich, mehrere Möglichkeiten als festgestellte Tathandlung zu beschreiben. Bei der Beweiswürdigung ist jedoch detailliert zu begründen, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen von dem als festgestellt aufgeführten Sachverhalt und nicht von anderen möglichen Handlungsabläufen auszugehen war. 4 Vgl. dazu auch H. John/G. Raab, „Arbeit mit verkehrsmedizinischen Gutachten bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen“, NJ 1987 H6ft 7 S. 265. 5 Vgl.’ auch Äbschn. II, Ziff. 2 der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 16. März 1973 (GBl. I Nr. 14 S. 169). 6 VgL OG, Urteil vom 29. Juli 1986 - 3 OSK 8/86 - (OG-Informatio-nen 1986, Nr. 6, S. 14). 7 OG, Urteil vom 18. September 1986 - 3 OSK 12/86. 8 OG, Urteil vom 29. Juli 1986 - 3 OSK 9/86.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

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