Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 311

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 311 (NJ DDR 1987, S. 311); Neue Justiz 8/87 311 Beweisführung und Rechtsanwendung in Verkehrsstrafsachen Oberrichter Dr. ROLF SCHRÖDER, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts HARTMUT PFEIL, Richter am Obersten Gericht Das Verkehrssicherheitsprogramm der DDR vom 16. Januar 1986 orientiert im Interesse von Leben und Gesundheit der Bürger und des Schutzes volkswirtschaftlicher Werte auf erhöhte Anforderungen an die Bildung, Erziehung und Aufklärung der Verkehrsteilnehmer, auf die Verbesserung der Befahrbarkeit der Straßen und der Verkehrsorganisation, die Gewährleistung der Verkehrs- und Betriebssicherheit der Straßenfahrzeuge sowie auf die weitere Aktivierung der gesellschaftlichen Mitarbeit, die staatliche Leitung der komplexen Verkehrsunfallverhütung und die Verkehrssicherheitsforschung.1 Dieses gesamtgesellschaftliche Anliegen bestimmt auch die Gerichte bei der Gestaltung einer wirksamen, vorbeugenden Rechtsprechung und der damit verbundenen Auswertung von Strafverfahren in Verkehrssachen. Die Wirksamkeit dieser Verfahren hängt vor allem auch davon ab, wie das grundlegende Prinzip des sozialistischen Straf- und Strafverfahrensrechts durchgesetzt wird, daß eine Person nur in strikter Übereinstimmung mit dem Gesetz strafrechtlich verfolgt und zur Verantwortung gezogen werden darf (Art. 99 Verfassung; Art. 4 Abs. 3 StGB). Zur Beweisführung und Wahrheitsfindung in Verkehrsstrafsachen Die Tätigkeit der Untersuchungsorgane, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte wird davon bestimmt, daß die Beweisführung ausschließlich mit gesetzlich zulässigen Beweismitteln zu erfolgen hat. Dies schließt Wissenschaftlichkeit und Unvoreingenommenheit als Ausdruck von Parteilichkeit und Objektivität in der Beweisführung sowie die Beweisführungspflicht der Rechtspflegeorgane und schließlich die Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme ein (§§ 8, 22 ff., 51, 222 ff. StPO). In Verkehrsstrafsachen, insbesondere bei Straftaten der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls (§ 196 StGB), ist es nicht selten kompliziert, den Sachverhalt aufzuklären und unter Beachtung strafprozessualer Beweisprinzipien richtig festzustellen. Das ergibt sich bereits aus der Art und Weise des Handlungsablaufs. Das Unfallgeschehen deutet sich in der Regel nicht an, sondern vollzieht sich in sehr kurzen Zeiträumen, meist innerhalb weniger Sekunden. Wegen dieser Dynamik des Verkehrsablaufs ist es mitunter schwierig, die Pflichtenlage der Unfallbeteiligten exakt festzustellen. Deshalb sind besonders bei schweren Verkehrsunfällen die wesentlichen Beweistatsachen gleich von der Unfallaufnahme durch die Verkehrspolizei an sorgfältig herauszuarbeiten. Die kritische Überprüfung der Unterlagen der Verkehrsunfallaufnahme (Verkehrsunfallanzeige, Unfallortbefundsbericht, Unfallskizze, Fotografien vom Unfallort, Befragungen der Unfallbeteiligten u. a.) ist die erste wichtige Aufgabe der Gerichte im Hauptverfahren. Sind jedoch die Unfallunterlagen ungenau oder unvollständig, dann ist deren Verwendung zu Beweiszwecken unzulässig. Bei Überprüfungen stellte sich heraus, daß Fotografien der Unfallaufnahme nicht mehr den Standort der Unfallfahrzeuge unmittelbar nach dem Unfall, sondern einen bereits wesentlich veränderten Standort Wiedergaben, ohne daß diese Veränderung in den Unterlagen vermerkt war. So war z. B. in einem Fall das Unfallfahrzeug nach Angaben von Anwesenden im Rahmen der Unfallaufnahme wieder an die vermutliche Unfallstelle gebracht und dort fotografiert worden. Es fehlte jedoch der Vermerk, daß es sich bei den Fotografien bereits um die Wiedergabe einer sog. Rekonstruktion handelt. Sind Unfallskizzen nicht maßstabgerecht, ergeben sie ein falsches Bild von der Unfallsituation. Wesentlich für die Beurteilung der Pflichtenlage sind auch Maßangaben über Entfernungen zwischen der Unfallstelle und den nächstliegenden Kreuzungen oder Einmündungen. Sachliche Beweismittel von der Unfallstelle (z. B. Blutspuren, Glassplitter, Lacksplitter) sind nicht nur in den Unterlagen zu vermerken, sondern auch zu sichern. Ebenso sind andere Spuren (Kratzspuren, Fahroder Bremsspuren) so ordnungsgemäß zu dokumentieren, daß sie später im Strafverfahren dem Unfallgeschehen richtig zugeordnet werden können. Beurteilung der Aussagen von Zeugen eines Verkehrsunfalls Für die Feststellung der Wahrheit bei schweren Verkehrsunfällen ist es bedeutsam, Zeugenaussagen kritisch auf ihre Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Geschehen zu überprüfen. Dabei darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Qualität der Aussage eines Menschen bedingt ist durch die Exaktheit der Wahrnehmung, die Erinnerung an das Wahrgenommene und die Genauigkeit der Wiedergabe des Erinnerten. Auf allen drei Ebenen kann es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen. Das bezieht sich im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen vor allem auf Entfernungs- und Geschwindigkeitsangaben, die überwiegend auf Schätzungen beruhen und damit Abweichungen nach oben und unten nicht ausschließen. In Übereinstimmung mit den vielfältigen Erfahrungen der Praxis muß eine in derartigen Situationen häufig vorhandene Ungenauigkeit menschlicher Wahrnehmungen einkalkuliert werden. Eine lebensnahe Prüfung des Sachverhalts muß daher die Möglichkeit von Wahrnehmungsfehlern einschließen.1 2 3 Auch dem sich möglicherweise im Laufe des Verfahrens verändernden Inhalt von Aussagen ist nachzugehen. Häufig entsprechen die ersten, meist kurze Zeit nach dem Unfall gemachten Aussagen weitgehendst dem tatsächlichen Verhalten der Unfallbeteiligten, da sie unter dem unmittelbaren Eindruck des Unfallgeschehens und noch ohne (bewußte oder unbewußte) Zweckmäßigkeitserwägungen gemacht werden. So erklärte z. B. in einem Verfahren die im Pkw mitfahrende Ehefrau des Angeklagten in ihrer ersten Vernehmung nach dem Unfall wiederholt, daß sie sich bei der zur Nachtzeit durchgeführten Fahrt nicht auf den Verkehrsablauf vor dem Unfall konzentriert habe (auch wegen der Beschäftigung mit den ebenfalls im Pkw mitfahrenden Kindern). In der Hauptverhandlung sagte sie dagegen aus, sie habe sich auf die Fahrbahn konzentriert und ebenfalls die Geschädigte zum Zeitpunkt der Einleitung des zum Unfall führenden Überholvorgangs nicht auf der Fahrbahn gesehen. Diese Aussage sollte offensichtlich den Angeklagten entlasten und durfte wegen ihrer Widersprüchlichkeit zur ersten Aussage beweismäßig nicht verwertet werden. Erforderlich ist es in solchen Fällen, alle wesentlichen Aussagen gemäß § 225 StPO in die gerichtliche Beweisaufnahme und deren zusammenhängende Würdigung einzubeziehen.3 Ein wichtiger Gesichtspunkt für die Bewertung des Informationsgehalts einer Zeugenaussage ist die Tatortnähe des Zeugen. Die Wahrnehmungen eines unmittelbar am Unfallort befindlichen Zeugen sind in der Regel als wesentlich sicherer zu beurteilen als die von einem weit entfernt stehenden Zeugen. Zu beachten ist besonders bei schweren Verkehrsunfällen, daß bei nicht wenigen Zeugen, die erst durch die mit dem Unfall (Zusammenstoß) verbundenen Geräusche auf das konkrete Verkehrsgeschehen aufmerksam wurden, der Eindruck entsteht, auch die vor dem Unfall liegende Verkehrssituation in ihrer Entwicklung bis zum Unfall exakt wahrgenommen zu haben. Diese Zeugen sind daher immer danach zu befragen, ab wann sie tatsächlich eigene Wahrnehmungen getroffen haben. Rekonstruktionen und Gutachten Die mit Aussagen zwangsläufig verbundenen Wahrnehmungsunsicherheiten und die nur begrenzt vorhandenen objektiven Beweismittel erfordern bei schweren Verkehrsunfällen immer wieder, die Notwendigkeit einer Rekonstruk- 1 Das Verkehrssicherheitsprogramm zur weiteren Erhöhung der Ordnung, Sicherheit und Flüssigkeit im Straßenverkehr der DÖR vom 16. Januar 1986 ist veröffentlicht in: Der Deutsche Straßenverkehr 1986, Nr. 3, S. 4 ff. 2 OG, Urteil vom 18. September 1986 - 3 OSK 12/86. 3 OG, Urteil vom 11. November 1986 - 3 OSK 19/86.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft ergeben. Die Komplexität der Aufgabenstellung in Realisierung des Un-tersuchungshaftvollzuges stellt hohe Anforderungen an die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die. Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Ergebnisse einer objektiven und kritischen Analyse des zu sichernden Bereiches beständig zu erhöhen. Dies verlangt, die konkreten Anforderungen an die umfassende Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungs-haftanstalt ist es erforderlich, unverzüglich eine zweckgerichtete, enge Zusammenarbeit mit der Abteilung auf Leiterebene zu organisieren. müssen die beim Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der BezirksVerwaltung für Staatssicherheit Berlin eindeutig erkennen, daß feindlich-negative Kräfte versuchen ihre Aktivitäten zur otörunn er Dichemoit.

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