Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 283

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 283 (NJ DDR 1987, S. 283); Neue Justiz 7/87 283 einbarten Arbeits- und Lohnbedingungen umfaßt, kann z. B. entsprechend der Interpretation des Arbeitsgerichts wegen Forderungen, die während der Tarifverhandlungen erhoben wurden, über die aber keine Vereinbarung erzielt wurde, nach Abschluß des Tarifvertrages nicht gestreikt werden. Die theoretisch vorgesehenen Ausnahmen vom Streikverbot während der Tarifperiode „aus Rücksicht auf Leben, Wohlfahrt und Ehre“ werden praktisch kaum angewendet. In einer 1981 getroffenen Entscheidung hat das Arbeitsgericht die Tiefbauarbeitergewerkschaft in Kopenhagen zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 Dänischen Kronen verurteilt, weil die Gewerkschaft ihre Mitglieder aufgefordert hatte, einen bestimmten Arbeitsplatz zu verlassen. Dieser Arbeitsplatz war von einer staatlichen Aufsichtsbehörde für „gefährlich und im Widerspruch zum Gesetz über die Arbeitsumwelt eingerichtet“ erklärt worden.® Wenn andererseits ein Unternehmer während der Tarifperiode aus Profitgründen seine Produktion an einen anderen Ort verlagert und in diesem Zusammenhang Massenentlassungen vornimmt, wird das vom Arbeitsgericht mit dem Hinweis auf „betriebswirtschaftliche Gründe“ nicht als ungesetzliche Aussperrung betrachtet. Der Arbeitsrechtswissenschaftler O. Krarup stellt dazu fest: „In Wirklichkeit ist keine Rede von irgendeiner ,Frie-denspflicht‘, jedoch von einer Arbeitspflicht, die einseitig einem Part im Tarifverhältnis obliegt, nämlich den Lohnarbeitern. Der Arbeitgeber kann sich, wenn es ihm zu teuer wird, zu jeder Zeit vom Tarifvertrag freimachen, indem er einfach den Betrieb stillegt.“8 9 Als Mittel der Disziplinierung und des ökonomischen Drucks auf die Gewerkschaften spielt die Geldstrafe eine besonders verhängnisvolle Rolle. Bei festgestellter Verletzung eines Tarifabkommens kann das Arbeitsgericht „denjenigen oder diejenigen, die an dem tarifwidrigen Verhalten teilgenommen haben, zu einer Geldstrafe verurteilen, die dem Kläger zukommen soll“ (§ 12 des Gesetzes über das Arbeitsgericht). Diese Art von Sanktion ist vom institutionellen Vorgänger des Arbeitsgerichts als Richterrecht geschaffen worden und seit 1910 im Gesetz über das Arbeitsgericht festgeschrieben. In der Praxis findet diese Bestimmung fast ausschließlich bei Arbeitsniederlegungen der Werktätigen Anwendung. Ein Vergleich der von 1969 bis 1982 ausgesprochenen Geldstrafen zeigt, daß 95 Prozent aller Geldstrafen von den Arbeitern bezahlt wurden und daß die einzelnen Strafen gegen Gewerkschaftsverbände nicht selten Millionenhöhe erreichten.10 11 Versuche der LO, die Geldstrafe abzuschaffen, führten nach Verhandlungen mit dem DA zu einem Kompromiß, der dem 1973 neugefaßten Gesetz über das Arbeitsgericht (§ 12) zugrunde gelegt wurde. Die Anwendung der Geldstrafe ist nunmehr in folgenden Fällen eingeschränkt: Arbeitsniederlegungen, die auf Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind, für die die Gegenseite die Verantwortung trägt, sollen nicht mit einer Geldstrafe belegt werden. Bei der Bemessung der Geldstrafe muß berücksichtigt werden, ob die Arbeitsniederlegung eine „verständliche Reaktion“ auf ein bestimmtes Verhalten der Gegenseite ist. Liegt eine „angemessene Reaktion“ auf den Tarifbruch durch die Gegenseite vor, soll die Geldstrafe nicht angewendet werden. Die Geldstrafe darf nicht länger als Ersatz für den vom „Arbeitgeber“ behaupteten finanziellen Verlust angesehen werden. Kurzzeitige Arbeitsniederlegungen sollen generell nicht mehr mit Geldstrafe belegt werden. Das Arbeitsgericht hat allerdings in seiner Geldstrafenpraxis diese Ausnahmeregelungen bis auf die zuletzt genannte Bestimmung im großen und ganzen kaum angewandt. So wurde u. a. bei der Festlegung der Sanktionshöhe weiterhin ausdrücklich auf die ökonomischen Einbußen des Unternehmens Bezug genommen.11 Die konkrete Höhe der Geldstrafe wird nach festen Sätzen je Arbeiter und Streikstunde bemessen. Um die LO, deren Einzelgewerkschaften ihre erhöhte Kampfentschlossenheit in der ersten Hälfte der 80er Jahre mehrfach machtvoll demonstriert haben, hinsichtlich ihrer materiellen Basis noch empfindlicher zu treffen, werden nach einem Urteil des Arbeitsgerichts vom November 1982 um 50 bis 100 Prozent höhere Geldbußen, die an die Unternehmer zu zahlen sind, ausgesprochen. Damit kostet den ungelernten Arbeiter eine Streikstunde 20 Kronen und den Facharbeiter 24 Kronen. Für den Fall, daß streikende Arbeiter der Auflage des Arbeitsgerichts zur Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht nachkommen, wird eine verschärfte Geldstrafe (10 Kronen je Arbeiter und Stunde zusätzlich) verhängt. „Organisationsverantwortung“ Mittel zur Einschränkung verfassungsmäßiger Grundrechte Das entscheidende arbeitsrechtliche Mittel zur Disziplinierung der organisierten Arbeiterklasse ist die sog. Organisationsverantwortung, d. h. die im Hauptabkommen zwischen DA und LO festgelegte Pflicht der (Gewerkschafts- bzw. Unternehmer-) Organisationen, „tarifwidrige Arbeitsniederlegungen nicht zu unterstützen, sondern mit allen angemessenen Mitteln zu verhindern“. Zugleich sieht das Gesetz über das Arbeitsgericht (§ 2) die Verantwortlichkeit dieser Organisationen vor, „falls sie sich an dem beanstandeten Verhalten beteiligt haben“; dies zieht die Verurteilung zu zusätzlichen Geldbußen nach sich. Abgesehen davon, daß die „Angemessenheit“ der Mittel nirgendwo eindeutig definiert ist, vertritt die Rechtsprechung des Arbeitsgerichts den Standpunkt, daß sich Gewerkschaftsverbände und -klubs gegenüber ihren Mitgliedern nicht neutral verhalten sollen. Sie sollen im Gegenteil für den Unternehmer Partei ergreifen und ihre eigenen Mitglieder isolieren. Unabhängig davon, ob die Leitung der zuständigen Gewerkschaftsorganisation in einer bestimmten Situation bereits zu der Überzeugung gekommen ist, ob die Aktion ihrer Mitglieder als tarifwidrig bewertet werden kann oder nicht, ist sie gezwungen, sich von dieser Aktion zu distanzieren. Unter Hinweis auf die „Organisationsverantwortung“ wurde 1984 die Spezialarbeitergewerkschaft SiD zu 20 Millionen Kronen Geldstrafe verurteilt das ist die bislang höchste Geldstrafe in der arbeitsgerichtlichen Praxis Dänemarks. Das Arbeitsgericht hielt die von der SiD-Führung unternommenen Schritte, einen Arbeitskampf zu beenden und die Streikenden zur Rückkehr an den Arbeitsplatz aufzufordern, für nicht ausreichend. Jedoch war der Konflikt durch politische Provokationen rechter Kräfte hervorgerufen worden und erforderte eine politische Stellungnahme der Gewerkschaftsführung. Dies war der eigentliche Anlaß für das „Maulkorburteil“, wie es der Vorsitzende der Gewerkschaftsorganisation SiD nannte.12 Das Urteil sowie eine Reihe anderer Entscheidungen des Arbeitsgerichts, mit denen Gewerkschaften u. a. wegen ihrer Teilnahme an politischen Demonstrationen während der Arbeitszeit verurteilt wurden, zeigen deutlich, daß die arbeitsrechtliche Regelung der Organisationsverantwortung dazu benutzt wird, verfassungsmäßige Grundrechte der Gewerkschaften einzuschränken. Der Dänische Arbeitgeberverband drückte seine Zufriedenheit mit dieser Rechtspraxis aus: In seinem Jahresbericht 1980/81 bekannte er offen, daß der Verband „die Bestrebungen fortgesetzt hat, die Organisationsverantwortung zu verschärfen. Wie aus konkreten Entscheidungen hervorgeht, sind diese Bestrebungen in sehr weitem Umfang geglückt“.13 Leitungsrecht des Unternehmers eingeschränkte Mitbestimmung der Werktätigen Während das Arbeitsgericht seine Entscheidungen im allgemeinen auf der Grundlage einer formellen Gleichstellung der Tarifpartner trifft (bzw. durch darüber hinausgehende Interpretation im vorrangigen Interesse der Unternehmer), hat es das „Recht des Arbeitgebers, die Arbeit zu leiten und zu ver- 8 Vgl. O. Krarup, „Hvem har gavn af Arbejdsretten?“, ln: Lighed ior loven. Heit 1 (1983), S. 17. 9 Ebenda, S. 16. 10 O. Krarup, „Hvem har gavn al Arbejdsretten?“, a. a. O., S. 20. 11 Vgl. O. Krarup, „Bod og organlsationsansvar“, ln: Lighed for loven, HCft 2 (1984), S. 6 f. 12 H. Hansen, „Elter HT-dommen“, Politiken (Kopenhagen) vom 20. November 1984, S. 7. 13 Dansk Arbejdsglverlorening Beretning 1980/81 , Kopenhagen 1981, S. 21.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 283 (NJ DDR 1987, S. 283) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 283 (NJ DDR 1987, S. 283)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie den Erfordernissen und Bedingungen der Beweisführung des einzelnen Ermittlungsverfahrens unter Zugrundelegen der gesetzlichen Bestimmungen und allgemeingültiger Anforderungen durchzusetzen. Das stellt hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Vergehen des Untersuchungsführers ist die Voraussetzung dafür, daß eine offensive Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen kann mit dem Ziel, die mit der Sicherung von Transporten, Vor- und Oberführungen Verhafteter verbundenen möglichen Gefahren und Störungen weitestgehend zu eliminieren und stets ein Höchstmaß an Ordnung und Sicherheit fest einzuordnen sind in die jeweiligen spezifischen Aufgaben der Linien und Diensteinheiten zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit als der Hauptaufgabe Staatssicherheit . Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Objektkommandantur die entsprechenden Gesetze korrekt anwenden und sie in der Lage sind, aussagekräftige Protokolle für die weitere operative Bearbeitung anzufertigen.

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