Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 229

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 229 (NJ DDR 1987, S. 229); Neue Justiz 6/87 229 Ehescheidung Die Ehescheidungszahlen veranlaßten den Gesetzgeber mit, die Normen des Scheidungsrechts zu überarbeiten. Es kam darauf an, diese nicht zu verschärfen, sondern so auszugestalten, daß es besser möglich ist, die Interessen der Ehegatten mit denen der Kinder bei Ehescheidung ins Verhältnis zu setzen. Für die Gerichte sollten die Möglichkeiten erweitert werden, beurteilen zu können, ob eine Ehe gescheitert ist oder ob sie sich in einer vorübergehenden Krise befindet. Die Modifizierungen betreffen nicht das Zerrüttungsprinzip als solches und wollen auch nicht die Möglichkeit der in Ungarn weit verbreiteten einverständlichen Scheidung auf-heben.7 Bei der einverständlichen Scheidung müssen die Ehegatten übereinstimmenden Willen zur Scheidung und zu wichtigen Scheidungsfolgen bekunden. Bei der Erhaltung einer Ehe, die ihren Sinn noch nicht ganz verloren hat oder in der eine ehetragende Gemeinschaft wiederherstellbar erscheint, wird dem Gericht eine größere Bedeutung zukommen. Dem entsprechen veränderte Vorschriften für das Ehescheidungsverfahren (§§ 280 ff. ZPO). Vor dem eingeleiteten Scheidungsverfahren hat das Gericht eine Anhörung durchzuführen. Das „Gericht“ besteht hier jedoch nur aus einem Richter. Dieser Verfahrensteil ist nicht öffentlich. Die Ehegatten haben persönlich anwesend zu sein. Bei der Anhörung, die ein vertrauensvolles Gespräch sein soll, unterhält sich der Richter mit den Ehegatten über ihre Ehe, über' die in der Ehe lebenden Kinder sowie ggf. darüber, warum die Ehegatten geschieden sein wollen. Er informiert über die zu erwartenden Folgen der Ehescheidung und versucht die Aussöhnung der Ehegatten. In Zukunft soll die Anhörung noch weitere Aufgaben erfüllen, wie die Verweisung an eine Familienberatungsstelle als eventuelle Hilfe bei der Überwindung des Ehekonflikts. Wenn der Antragsteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Anhörung erneut Ehescheidungsklage einreicht, ist das Verfahren einzustellen. Im Falle der einverständlichen Scheidung berechtigten die übereinstimmenden Erklärungen der Ehegatten das Gericht zu der Vermutung, daß die Ehe zerrüttet ist. Auch bislang bedeutete das jedoch nicht, daß das Gericht automatisch solche Ehen geschieden hat. Es mußte sich immer von dem feststehenden Willen der Ehegatten zur Eheauflösung und zu ihren Vereinbarungen überzeugen nicht behandelt wurden im Verfahren die Gründe für das Scheitern der Ehe. Dieser Verfahrensweg gilt weiter; hinzu kommt die Anhörung, die auch bei übereinstimmender Willenserklärung der Ehegatten das Gespräch mit ihnen über ihre Ehe herbeiführt. Dem Anliegen, die Ehegatten zu einer realeren Betrachtungsweise der Ehescheidung mit ihren Folgen zu bringen, dient auch die Regelung, daß die Ehegatten bei einverständlicher Scheidung über eine weitere wichtige Scheidungsfolge die Aufteilung des Vermögens Einvernehmen erzielt haben müssen. Das bedeutet, daß die Ehegatten bei einverständlicher Scheidung Vereinbarungen über die Unterbringung und den Unterhalt der gemeinsamen Kinder, den Umgang des getrennt lebenden Elternteils mit dem Kind, den Ehegattenunterhalt, die Nutzung der gemeinsamen Wohnung und die Aufteilung des Vermögens getroffen haben müssen. Eine Vereinbarung über die Aufteilung des Vermögens ist dann nicht notwendig, wenn die Ehegatten seit 3 Jahren getrennt und nicht mehr in derselben Wohnung leben. Bei Ehescheidungsverfahren, in denen kein gegenseitiges Einvernehmen vorliegt, ist es oftmals gerade die Frage der künftigen Wohnungsnutzung, die besondere Probleme hervorbringt. Hier sind die Interessen der Kinder und der geschiedenen Ehegatten möglichst in Übereinstimmung zu bringen. Das zu erreichen ist oft sehr schwierig und manchmal auch nicht möglich. Die detaillierte und umfassende rechtliche Ausgestaltung der Wohnungsnutzung bei Ehescheidung erstreckt sich auf Möglichkeiten der Vereinbarung darüber schon vor Eheschließung bis hin zu Regelungen über finanzielle Entschädigungen beim Auszug eines Ehegatten aus der Wohnung nach Scheidung. Die Entschädigung resultiert daraus, daß die Finanzierung durch die Eigentümer und auch in gewissem Umfang durch die Mieter die Wohnung zu einem Vermögenswert werden läßt. Vermögensrechtliche Beziehungen der Ehepartner Als gewisse materielle Sicherheit der Ehepartner für den Fall einer Scheidung wird die durch das modifizierte Fami- 7 Die einverständlichen Scheidungen machen etwa zwei Drittel der Scheidungsprozesse aus. vor 40 Jahren Übertragung richterlicher Aufgaben auf Rechtspfleger Die Richternot als Folge der Hitlerherrschaft und des Krieges hat in der Ostzone, in der die Säuberung der Justiz konsequent durchgeführt wurde, ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege als Folge dieser Not kann nur dann vermieden werden, wenn ihre Beseitigung auf zwei Wegen angestrebt wird: auf dem Wege der Vermehrung des Richterpersonals und auf dem Wege der Verminderung der dem Richter obliegenden Geschäfte. Auf dem ersten Wege ist mit der Heranbildung der Volksrichter schon ein beträchtliches Stück mit Erfolg zurückgelegt worden; der zweite Weg wird nun mit der Verordnung des Chefs der Deutschen Justizverwaltung vom 20. 6. 1947 (ZVBI. 1947 S. 78) beschritten Die besondere Bedeutung der Verordnung liegt darin, daß es sich bei ihr nicht nur um ein Notgesetz handelt, sondern daß sie gleichzeitig von bleibendem Wert ist dis Weiterführung einer Justizreform, wie sie seit Jahrzehnten von führenden Persönlichkeiten unseres Rechtslebens im Interesse der qualitativen Hebung des deutschen Richterstandes gefordert wird Die Geschichte dieser „Kleinen Justizreform“, d. h. der Übertragung von vormals richterlichen Geschäften auf Angehörige des gehobenen mittleren Justizdienstes, ist durch eine schrittweise Ausdehnung des Kreises der übertragenen oder übertragbaren Geschäfte gekennzeichnet Die Weiterbildung der bisherigen Entlastungsvorschriften durch die Verordnung findet im wesentlichen ihren Ausdruck in der Übertragung umfangreicher, bisher dem Richter vorbehaltener Rechtsgebiete, weiter in der erstmaligen Qualifikation des Rechtspflegers als eine abgeschlossene Instanz, ferner in der Ersetzung des Übertragbarkeitsprinzips durch das Übertragungsprinzip Es werden grundsätzlich übertragen: auf zivilprozessualem Gebiet: das Mahnverfahren, das Aufgebotsverfahren, die Zwangsvollstrekkung, soweit sie nicht Sache des Gerichtsvollziehers ist, die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung; auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit: die Grundbuchsachen, die Vormundschaftssachen, die Nachlaß- und Teilungssachen, die Registersachen, die Aufnahme von Urkunden; auf strafrechtlichem Gebiet: die Strafvollstreckung Zu der Regelung, daß der Rechtspfleger als selbständige Instanz behandelt wird, führten nicht nur Erwägungen grundsätzlicher Natur, die auf eine Erweiterung und Verselbständigung der Stellung des Rechtspflegers hinausliefen, sondern auch Erwägungen praktischer Art, die eine Rationalisierung des Verfahrens bezweckten Wenn der Rechtspfleger nunmehr auch de jure zur ersten Instanz gemacht wird und schon gegen seine Entscheidung nicht erst gegen die Entscheidung des Amtsrichters die Beschwerde an das Landgericht eröffnet und damit der Amtsrichter in übertragenen Sachen grundsätzlich auch aus dem Rechtsmittelzuge ausgeschaltet wird, so bedeutet das erstmals in der Geschichte der Entlastungsgesetzgebung eine Verminderung der Arbeitsbelastung auch in dem Stadium des Verfahrens, in das es nach Erlaß der Entscheidung durch den Rechtspfleger gelangt Durch die VQ vom 20.6. 1947 wird die „Kleine Justizreform" noch nicht vollendet, aber ihrer Vollendung ein großes Stück näher gebracht. Das Endstadium wird erst erreicht sein, wenn die gesamte nichtjudikatorische Tätigkeit, die die historische Entwicklung der deutschen Gerichtsverfassung ganz unnötigerweise in die Hand des Richters gelegt hat, diesem wieder abgenommen und der Richter, entsprechend dem Vorbild anderer Länder, auf sein ureigentliches Gebiet, die Recht-Sprechung, beschränkt sein wird. Dr. Hans Nathan (Vortragender Rat ln der Deutschen Justizverwaltung), „Zur Verordnung über die Zuständigkeit der Rechtspfleger", NJ 1947, Heft 6, S. 121 ff. Zur Beurteilung nazistischer Zwangsmaßnahmen Ein Vertrag, durch den ein jüdischer Grundstückseigentümer unter dem Eindruck der Judenverfolgungen nach dem 8. November 1938 sein Grundstück verkauft und übereignet hat, ist gemäß § 123 BGB wegen Kollektiv-Drohung anfechtbar. Die VO über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3. 12.1938 ist unwirksam, weil sie ihrem Inhalt nach den allgemein anerkannten Grundsätzen jeglichen Rechts widerspricht. Kammergericht Berlin, Urteil vom 29. November 1946 - 2 U 595/247 46 (NJ 1947, Heft 6, S. 130) Wer die Unterdrückungsmethoden des Naziregimes kannte und einen anderen wegen einer gegen das Regime gerichteten Handlung oder Äußerung den Organen des Regimes in die Hände lieferte, bekannte sich damit zu jem Regime und seinen Methoden und handelte aus politischen Gründen, selbst wenn dabei für ihn nur rein persönliche Motive maßgebend gewesen sein mögen. Kammergericht Berlin, Urteil vom 17. Mal 1947 - 1 Ss 54/47 - NJ 1947, Heft 6, S. 137);
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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