Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 220 (NJ DDR 1987, S. 220); 220 Neue Justiz 6/87 Voraussetzungen der Anwendung des Tatbestands der Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums / Oberrichter Dr. RUDOLF BIEBL, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts Dozent Dr. sc. WALTER GRIEBE, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Die Kriminalstatistik weist für 1985 mit 113 363 festgestellten Straftaten die niedrigste Kriminalitätszahl seit Bestehen unserer Republik aus. Gleichzeitig ist aber auch festzustellen, daß die Zahl der kriminellen Angriffe auf das sozialistische Eigentum, ebenso aber auch auf das persönliche und private Eigentum, in den letzten Jahren nahezu gleichbleibend ist.1 Es gilt also, noch größere Anstrengungen zu unternehmen, um auch die Eigentumsdelikte weiter zurückzudrängen. Sowohl in der 12. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 15. Juni 19791 2 als auch iij der 8. Plenartagung vom 18. April 19843 wurden dazu wichtige Hinweise für die Arbeit der Gerichte gegeben. Wie die Rechtsprechung zeigt, setzen die Gerichte diese Orientierungen richtig um. Eine Analyse der Rechtsprechung bei Eigentumsstraftaten ergab aber auch, daß es hinsichtlich der Anwendung des Untreuetatbestands (§ 161 a StGB) zuweilen Probleme und unterschiedliche Auffassungen gibt. Mit der Einführung des Untreuetatbestands im Jahr 1974 durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz wurden noch bessere Voraussetzungen geschaffen, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum von Straftaten gegen die Volkswirtschaft abzugrenzen und in noch differenziertererWeise darauf reagieren zu können.4 Untreue ist, ebenso wie Diebstahl oder Betrug, ein Eigentumsdelikt. Sie ist ihrem Wesen nach nicht primär gegen Leitungs-, Planungs- sowie Produktionsprozesse in ihren objektiven Erfordernissen gerichtet, sondern beeinträchtigt die Eigentumsbeziehungen in ihren vielfältigen Wechselwirkungen.5 Das wird insbesondere auch dadurch charakterisiert, daß der Täter bei einer Untreuehandlung dem sozialistischen Eigentum nicht schlechthin Schaden zufügt, sondern daß er dadurch sich oder anderen rechtswidrig Vermögensvorteile verschafft.6 Subjekt der Straftat bei Untreue Der Tatbestand der Untreue stellt ganz bestimmte Anforderungen an das S u b j e k t einer solchen Straftat. Welcher Art diese Anforderungen sind, darüber gibt es in der Literatur durchaus keine einheitlichen Auffassungen. Während H. Duft / J. Schlegel die Position vertreten, daß die „nach § 161 a StGB als Täter erfaßten Personen auf Grund eines bestimmten Rechtsverhältnisses in bezug auf das sozialistische Eigentum bestimmte Aufgaben besitzen (müssen), ohne jedoch eine besondere Vertrauensstellung mit einer entsprechenden Entscheidungsbefugnis innezuhaben“7, wird im StGB-Kommentar ein differenzierterer Standpunkt vertreten. Das bezieht sich insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal „über sozialistisches Eigentum zu verfügen“. Da die Befugnis so der StGB-Kommentar , über sozialistisches Eigentum zu verfügen, inhaltlich identisch sei mit der Verfügungsbefugnis, wie sie Inhabern einer Vertrauensstellung gemäß § 165 StGB übertragen ist, kommen „als Täter der Untreue durch Mißbrauch der Befugnisse, über sozialistisches Eigentum zu verfügen, nur Personen in Frage , die eine solche Vertrauensstellung innehaben“.8 Für die beiden anderen Alternativen „es zu verwalten“ und „in sonstiger Weise Vermögensinteressen des sozialistischen Eigentums wahrzunehmen“, wird eine solche Vertrauensstellung dagegen nicht gefordert. Wir stimmen dieser differenzierten Position zu, da sie dem Anliegen dieser Bestimmung entspricht, ganz spezifische Angriffe auf das Eigentum zu erfassen. Zugleich können dadurch Untreuehandlungen besser von solchen Straftaten gegen das Eigen-"tum, wie Diebstahl oder Betrug abgegrenzt werden. Mißbrauch der Befugnis Neben der genauen Beachtung der Anforderungen an das Subjekt der Straftat nimmt beim Untreuetatbestand das Merkmal des Mißbrauchs der dem Täter durch Gesetz, Auftrag oder Vertrag eingeräumten Verfügungsbefugnis bzw. der Befugnis, sozialistisches Eigentum zu verwalten oder in sonstiger Weise die Vermögensinteressen des sozialistischen Eigentums wahrzunehmen, eine besondere Bedeutung ein. Auch zum Inhalt und Begriff des Mißbrauchs gibt es in der Literatur keine einheitliche Auslegung. So wird z. B. im Lehrbuch Strafrecht, Besonderer Teil, ausgeführt, daß der Mißbrauch der dem Täter eingeräumten Verwaltungs- oder Verfügungsbefugnis seinen Ausdruck in der rechtswidrigen, zum Schaden der sozialistischen Gesellschaft oder des Bürgers vorgenommenen Vermögensmanipulation findet.9 G. Tenner/ E. Wittkopf/K. Moldenhauer definieren den Mißbrauch als „ein bewußtes Handeln entgegen den Pflichten und demzufolge als eine Funktionsumkehr“.10 11 Der StGB-Kommentar stellt es dagegen ähnlich wie das Lehrbuch auf die Manipulation des Täters zum Nachteil des sozialistischen Eigentums ab. „Sie muß entgegen den übertragenen Rechten und Pflichten zum Schutz des sozialistischen Eigentums, zur Erhaltung seiner Substanz, zur ordnungsgemäßen Verfügung über das Eigentum nur zugunsten des jeweils Be-rechtigtien oder zur Gewährleistung einer exakten Rechenschaftslegung erfolgen.1,11 Wir stimmen dieser Position zu, da gerade der Hinweis auf die Manipulation den Inhalt des Mißbrauchs charakterisiert Dahör ist stets zu prüfen, welcher Art die dem Täter eingeräumten Befugnisse zur Verfügung über sozialistisches Eigentum sind, welche konkreten Rechtspflichten ihm in bezug auf den Schutz und die Mehrung des sozialistischen Eigentums oblagen, worin die Rechtspflichtverletzung besteht und ob das einen Mißbrauch seiner'Befugnisse darstellt. Lediglich festzustellen, daß der Täter entgegen seiner Rechtspflichten gehandelt hat, genügt dafür nicht, denn auch der 1 Vgl. „Aus der DDR-Kriminalstatistik 1985“, NJ 1986, Heft 8, S. 316, sowie Statistisches Jahrbuch der DDR 1986, Berlin 1986, S. 388. 2 Vgl. H. Keil/S. Wittenbeck, „Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung zum Schutz des sozialistischen Eigentums erhöhen!“, NJ 1979, Heft 7, S. 297 ff.; J. Minx/J. Pasler, „Rechtliche Beurteilung von Straftaten gegen das sozialistische Eigentum“, NJ 1979, Heft 11, S. 485. 3 Vgl. Bericht des Präsidiums an die 8. Plenartagung des Obersten Gerichts, „Der Schutz des sozialistischen Eigentums ein wichtiges Anliegen der Rechtsprechung der Gerichte“, OG-Informationen 1984, Nr. 3, S. 2 ff.; R. Blebl, „Differenzierte Strafzumessung bei Straftaten gegen das sozialistische Eigentum“, NJ 1984, Heft 9, S. 375 ff. 4 Vgl. H. Duft/J. SChlegel, „Differenzierte Ausgestaltung der Straftatbestände zum Schutze des sozialistischen Eigentums und der Volkswirtschaft“, NJ 1975, Heft 11, S. 323. 5 Vgl. W. Griebe, „Zum sozialen Wesen der Straftaten gegen das sozialistische Eigentum“, NJ 1981, Heft 5, S. 210. 6 Insoweit ist der Tatbestand des § 161 a StGB mit dem im alten StGB bis 1968 noch vorhandenen Untreuetatbestand nach § 266 StGB überhaupt nicht vergleichbar. An diesen war eine bestimmte Zielsetzung (insbes. Bereicherungsabsicht) nicht gebunden. Auf die Kodifizierung eines Untreuetatbestands im Kapitel „Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft“ war 1968 verzichtet worden, da in dem 2. Abschnitt dieses Kapitels eine spezielle Bestimmung des „Vertrauensmißbrauchs" (§ 165 StGB) aufgenommen worden war, die sowohl dem Schutz der Volkswirtschaft als auch des sozialistischen Eigentums vor einem Mißbrauch der dem Täter eingeräumten Verfügungs- und Entscheidungsbefugnisse dienen sollte. 7 H. Duft/J. Schlegel, a. a. O., S. 325. 8 Vgl. StGB-Kommentar, 4. Aufl., Berlin 1984, Anm. 3 zu § 161 a (S. 379). 9 Strafrecht, Besonderer Teil, Lehrbuch, 1. Aufl., Berlin 1981, S. 133. 10 G. Tenner/E. Wittkopf/K. Moldenhauer, Finanzdelikte, Berlin 1977, S. 17. 11 StGB-Kommentar, a. a. O., Anm. 6 zu § 161 a (S. 380).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 220 (NJ DDR 1987, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 220 (NJ DDR 1987, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit charakterisieren und damit nach einziehen zu können. Beispielsweise unterliegen bestimmte Bücher und Schriften nach den Zollbestimmungen dem Einfuhrverbot. Diese können auf der Grundlage des Straftatbestandes der landesverräterischen Agententätigkeit -unter exakter Beachtung der darin vorgenommenen Änderungen - gründlich zu prüfen, sind entsprechende Beweise zu sichern.

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