Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 191

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 191 (NJ DDR 1987, S. 191); Neue Justiz 5/87 191 Zur Diskussion Zur Frage der Zulässigkeit eines Einspruchs oder einer Beschwerde des Geschädigten im Strafbefehlsverfahren Dr. GERHAflD KÖRNER, Vizepräsident des Obersten Gerichts HORST W1LLAMOWSKI, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz Die Probleme, die G. Leonhard in NJ 1987, Heft 3, S. 112, aufgreift, berühren konzeptionelle Fragen nicht allein der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen und der Rechtsstellung des Geschädigten1 im Strafbefehlsverfahren, sondern auch solche der richtigen Anwendung und der gesetzgeberischen Gestaltung des Strafbefehlsverfahrens sowie des Anfechtungsrechts des Geschädigten bei Schadenersatzentscheidungen im Strafverfahren überhaupt. Üm bei diesen Fragen zu richtigen Lösungen für die Anwendung des geltenden Rechts und auch für die künftige Gesetzgebung zu gelangen, ist vor allem von zwei inhaltlich miteinander verbundenen Grundanforderungen an Entscheidungen über Schadenersatzansprüche im Strafbefehlsverfahren auszugehen: der weitestgehenden Durchsetzung des begründeten Interesses des Geschädigten und der sozialistischen Gesellschaft an der raschen und vollständigen Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens auch im Rahmen dieser besonderen Verfahrensart sowie der Einordnung der dazu geeigneten und erforderlichen prozessualen Abläufe in die spezifische Struktur des Strafbefehlsverfahrens mit seiner vereinfachten, auf besonders zügigen Abschluß der Sache gerichteten Verfahrensweise. Von diesen Prämissen für die Zulässigkeit und den Umfang von Entscheidungen über Schadenersatzansprüche im Strafbefehlsverfahren hat sich der Gesetzgeber auch bei der StPO-Novelle von 1974, mit der diese Entscheidungsmöglichkeiten eingeführt worden sind, leiten lassen.1 2 3 Bei der aufgeworfenen Problematik geht es um die Frage, ob der Geschädigte eine Schadenersatzentscheidung unter den spezifischen prozessualen Gegebenheiten des Strafbefehlsverfahrens, das bei einfachem Sachverhalt, klarer Beweislage und Ge-ständigkeit des Beschuldigten (§ 270 Abs. 2 StPO) eine beschleunigte und rationelle Entscheidung über die strafrechtliche und materielle Verantwortlichkeit des Beschuldigten ermöglichen soll3, anfechten darf und inwieweit das gegenwärtig zulässig oder künftig erstrebenswert ist. In dieser Diskussion ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsbehelf des Einspruchs, der zur Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in einer Hauptverhandlung durch das Kreisgericht, das den Strafbefehl erlassen hat, führt (§274 StPO), und dem Rechtsmittel der Beschwerde, deren Einlegung das Tätigwerden des übergeordneten Gerichts in einem gesonderten Verfahren zur Folge hat (§ 310 StPO; § 147 Abs. 2 ZPO i. V. m. Ziff. 3.3. der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen vom 14. September 1978 [GBl. I Nr. 34 S. 369]). Bekanntlich handelt es sich hierbei um verschiedene Rechtsinstitute von unterschiedlicher Bedeutung und Wirkung.4 Nach geltendem Recht muß die Frage, ob der Geschädigte im Strafbefehlsverfahren (also bis zur Einlegung eines Einspruchs durch den Beschuldigten5 6 oder bis zum Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls [§§272 Abs. 1, 273 Abs. 1, 274 Abs. 1 StPO]) gegen die Entscheidung über den Schadenersatzanspruch Einspruch oder Beschwerde einlegen darf, eindeutig verneint werden. Die dem Geschädigten bekanntzumachende Schadenersatzentscheidung (Auszug aus dem Strafbefehl) darf deshalb auch keine Belehrung über eine Anfechtbarkeit dieser Entscheidung durch den Geschädigten enthalten. Eine andere Handhabung würde die Bestimmungen der §§ 272 Abs. 1 Satz 2, 310 Abs. 1 StPO verletzen. Legt der Beschuldigte keinen Einspruch gegen den Strafbefehl ein, werden sämtliche darin getroffenen Entscheidungen (einschließlich derjenigen über den Schadenersatz) rechtskräftig. Zur Unzulässigkeit des Einspruchs des Geschädigten gegen einen Strafbefehl Als die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auch im Strafbefehlsverfahren zügelassen wurde, hat der Gesetz- geber die gerichtlichen Entscheidungsmöglichkeiten (und damit die entsprechenden Antragsvarianten des Staatsanwalts) so bestimmt und begrenzt, daß in dieser besonderen Verfahrensart stets entweder eine Sachentscheidung nur im Sinne des Antrags des Geschädigten getroffen oder die Sache zur Entscheidung an das zuständige Gericht (Zivil- oder Arbeitsrechtskammer) verwiesen werden darf (vgl. insbes. § 271 Abs. 4 und 5 StPO). Im Strafbefehlsverfahren ist also eine Sachentscheidung über den Schadenersatzanspruch, durch die der Geschädigte beschwert werden könnte, juristisch ausgeschlossen.® Der gerichtliche Entscheidungsrahmen wurde beschränkt, um die bisherige Einfachheit und Zügigkeit der prozessualen Vorgänge im Strafbefehlsverfahren auch nach der Zulassung von Entscheidungen über den Schadenersatz zu erhalten. Deshalb wurden Sachentscheidungen, die ein Einspruchsrecht des Geschädigten bedingt hätten, vom Gesetz ausgeschlossen. Ein solches Einspruchsrecht hätte zur Folge, daß das Strafbefehlsverfahren allein von dem Geschädigten in das allgemeine Strafverfahren (mit Durchführung einer Hauptverhandlung) übergeleitet werden könnte. Damit aber wäre das insoweit mit der Novellierung verfolgte Ziel, die Entscheidung über den Schadenersatz auf möglichst rationelle Weise im Rahmen des Strafbefehlsverfahrens zu gewährleisten, nicht mehr voll erreichbar gewesen. Auf den Schadenersatzantrag des Geschädigten ist deshalb zwar stets eine (Sach-oder Prozeß-)Entscheidung zu treffen, zugleich wurde aber ein gerichtlicher Entscheidungskatalog eingeführt, nach dem es nicht gestattet ist, den Schadenersatzantrag im Strafbefehl ganz oder teilweise als unzulässig oder unbegründet7 abzuweisen (§§ 271 Abs. 1, 4 und 5, 272 Abs. 1 Ziff. 5 StPO). Angesichts dieser dem Schutz der Interessen des Geschädigten dienenden Regelungen erschien es gerechtfertigt, das Einspruchsrecht, das schon bisher allein dem Beschuldigten zugestanden hatte, auch nach der Einführung der Entscheidungsmöglichkeit über den Schadenersatz nicht auf den Geschädigten zu erweitern (§ 272 Abs. 1 Satz 2 StPO). Nach dem damaligen Erkenntnisstand wurde für ein solches Einspruchsrecht des Geschädigten kein sachliches Bedürfnis gesehen. Um das gesetzliche Anliegen zu realisieren, wurden entsprechende verfahrensmäßige Garantien eingeführt (§§ 271, 272 StPO). Sie bestehen in der Verpflichtung des Staatsanwalts und des Gerichts zu dem dargelegten spezifischen Antrags- und Entscheidungsverhalten. Natürlich hängt die Wirksamkeit solcher Garantien davon ab, daß der Staatsanwalt und das Gericht ihre in diesen 1 Die nachfolgenden Ausführungen über den Geschädigten und seine Schadenersatzansprüche gelten entsprechend für die dem Geschädigten gleichgestellten Rechtsträger sozialistischen Eigentums, auf die kraft Gesetzes oder Vertrags Schadenersatzansprüche Geschädigter übergegangen sind, und für ihre Regreßforderungen (§ 17 Abs. 2 StPO). 2 Vgl. H. Willamowski, „Ziel und Hauptrichtungen der Änderungen der StPO“, NJ 1975, Heft 4, S. 97 ff. (100); Fragen und Antworten, NJ 1975, Heft 11, S. 334; W. Herzog/E. Kermann/H. Willamowski, „Wirksamere Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Strafverfahren“, NJ 1975, Heft 15„ S. 443 ff. (446 bis 448). 3 Zu den Kennzeichen des Strafbefehlsverfahrens als besondere Verfahrensart vgl. J. Schlegel/H. Pompoes, „Geldstrafe und Strafbefehlsverfahren“, NJ 1971, Heft 20, S. 606 ;■ H. Willamowski, a. a. O., S. 100; B. Kermann/F. Mühlberger/H. Willamowski, „Höhere Wirksamkeit der besonderen Verfahrensarten in Strafsachen“, NJ 1975, Heft 12, S. 355 ff. (357 f.); Fragen und Antworten, NJ 1977, Heft 7, S. 211; Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, 2. Aufl., Berlin 1982, S. 276 ff. 4 Zu den rechtlichen Unterschieden der beiden Anfechtungsarten vgl. im einzelnen Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, a. a. O., S. 277 f. und 327 f. 5 Zur Beendigung des Strafbefehlsverfahrens durch den Einspruch des Beschuldigten, vgl. E. Kermann/F. Mühlberger/H. Willamowski, a. a. O., S. 357; Fragen und Antworten, NJ 1977, Heft 7, S. 211; Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, a. a. O., S. 278. 6 Vgl. W. Herzog/E. Kermann/H. Willamowski, a. a. O., S. 447 f. Hier werden ausführlich die gesetzgeberischen Motive für die Beschränkung des Einspruchsrechts auch gegenüber der Schadenersatzentscheidung im Strafbefehl allein auf den Beschuldigten in ihrer wechselseitigen Bedingtheit erläutert. Eine von dem rechtspolitischen Anliegen der Novellierung und den in dieser Verfahrensart nur zugunsten des Geschädigten zulässigen Sachentscheidungen losgelöste Argumentation im Sinne einseitiger Forcierung bestimmter Verfahrensweisen, wie sie nach der Darstellung von G. Leonhard angenommen werden könnte, hat es nicht gegeben. 7 Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Schadenersatzantrag als unzulässig oder als unbegründet abzuweisen ist, vgl. R. Beckert in der Anmerkung zum Urteil des BG Erfurt vom 15. Oktober 1982 - 1 BSB 402/82 - (NJ 1984, Heft 4, S. 166 f.); W. Rudelt/ Ch. Kaiser/M. Müller/H. Neumann, „Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit Werktätiger im Strafverfahren“, NJ 1978, Heft 11, S. 491 f„ und H. Conrad, „Differenzierte Behandlung von Schadenersatzanträgen im Strafverfahren“, NJ 1986, Heft 9, S. 377 f.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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