Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 157

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 157 (NJ DDR 1987, S. 157); Neue Justiz 4/87 157 Zivil- und des Familienrechts. Anliegen unseres Beitrags soll es deshalb sein, 1. nachzuweisen, daß es bei allen Fragen zum Pflichtteilsrecht notwendig ist, immer wieder die Verbindung zur Konzeption des sozialistischen Erbrechts herzustellen, 2. die gesicherten Positionen des ZGB und der Erbrechtstheorie herauszuarbeiten. 3. die theoretischen Positionen des sozialistischen Erbrechts aus zivil- und familienrechtlicher Sicht daraufhin zu prüfen, ob sie den Ansprüchen der Praxis genügen. Gibt es eine eigenständige rechtspolitische Zielsetzung der Pflichtteilsregelung im ZGB? Hinter der Frage, ob im Zusammenhang mit der Pflichtteilsberechnung von der Nachlaßeinheit oder von einer sog. Nachlaßspaltung ausgegangen werden soll oder muß, steht die Kernfrage, ob und warum bei der Berechnung des Pflichtteils eines durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossenen Ehegatten von einem anderen Nachlaßverständnis auszugehen ist als bei der Berechnung des Pflichtteils anderer Pflichtteilsberechtigter, wenn es einen überlebenden Ehegatten gibt Diese in Publikationen unterschiedlich beantwortete Frage ist für die Praxis von großer Bedeutung.2 K. Goldhammer hat keinen Zweifel daran gelassen, daß es darum geht, die von ihm zutreffend erkannte Privilegierung des überlebenden Ehegatten3 4 entweder nur als ein auf die gesetzliche Erbfolge beschränktes oder als ein generelles und sich dann auch in der Rechtsstellung des pflichtteilsberechtigten Ehegatten widerspiegelndes Merkmal des sozialistischen Erbrechts anzusehen. In dieser Frage und das wurde in der bisherigen Diskussion zum Pflichtteilsproblem nicht immer eindeutig gesagt kann es u. E. nur ein klares Nein oder Ja geben. Wir schließen uns in dieser Frage folgender Aussage von G. H i 1 d e b r a n d t / G. J a n k e (a. a. O., S. 442) grundsätzlich an: „Die gesetzlich geregelte materielle Besserstellung des überlebenden Ehegatten gegenüber den Nachkommen des Erblassers muß auch dann eintreten, wenn der überlebende Ehegatte durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurde und er deshalb nach § 396 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB einen Pflichtteilsanspruch hat. In einem solchen Fall erbt er auch nicht die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände. Da der überlebende Ehegatte aber beim Eintritt der gesetzlichen Erbfolge diese Gegenstände erhalten hätte, ist deren Wert, soweit sie zum Nachlaß gehören, bei der Berechnung seines Pflichtteils zu berücksichtigen. Es ist somit vom gesamten Nachlaß (einschließlich der zum Nachlaß gehörenden Haushaltsgegenstände) auszugehen.“ Dieser Position hat K. G o 1 d h a m m e r (a. a. O., S. 194) entgegengehalten, ihr könne nicht gefolgt werden, „weil sie dem rechtspolitischen Anliegen der Pflichtteilsregelung entgegensteht“. Es ist daher zunächst zu erörtern, ob es eine eigenständige rechtspolitische Zielsetzung der Pflichtteilsregelung des ZGB gibt oder geben sollte, die hinsichtlich des testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossenen überlebenden Ehegatten im Vergleich zu anderen Pflichtteilsberechtigten von anderen Prämissen und sozialen Zielstellungen ausgeht als die Regelung der gesetzlichen Erbfolge hinsichtlich des Verhältnisses des überlebenden Ehegatten zu den anderen Erben. Nach unserer Auffassung kann die Pflichtteilsregelung und die Regelung der testamentarischen Erbfolge nur im funktionellen Zusammenhang mit dem gesamten sozialistischen Erbrecht gesehen und interpretiert werden. Das sozialistische Erbrecht hat in seiner Gesamtheit wie auch in seinen einzelnen Institutionen gegenüber dem bürgerlichen Erbrecht einen anderen Gegenstand und, entsprechend dem Klassenwillen der Arbeiterklasse, andere Funktionen. Die Tatsache, daß es sich im Unterschied zu allen nichtsozialistischen Erbrechtsregelungen beim Gegenstand des Vererbens vom Modell her um persönliches Eigentum handelt, wird oft vor allem unter dem überaus wichtigen Aspekt hervorgehoben, daß es sich damit um Eigentum handelt, das weder Ausbeutungsverhältnissen entspringt noch diese im Wege des Vererbens reproduzieren hilft. Nicht immer wird jedoch hinreichend beachtet, daß die typische konkrete Existenzform des persönlichen Eigentums i. S. des Art. 11 Abs. 1 der Verfassung und des § 23 Abs. 1 ZGB nicht das individualisierte Alleineigentum eines einzelnen Bürgers, sondern das gemeinschaftliche Eigentum von Ehegatten i. S. der §§ 13 ff. FGB ist. Sowohl die demographischen Gegebenheiten als auch die Orientierungen des Obersten Gerichts zur Anwendung der §§ 13 ff., 39 ff. FGB5 lassen erkennen, daß es sich bei dieser Tatsache um einen Umstand handelt, der bei allen Aussagen über die Funktion des persönlichen Eigentums, seine Garantie und sein Schicksal unter dem Blickwinkel des Erbrechts die notwendige Aufmerksamkeit finden muß. Für das Verständnis des Inhalts und der Funktionen des persönlichen Eigentums unter den konkret-historischen Bedingungen der DDR muß u. E. auch die in Art 11 Abs. 3 der Verfassung getroffene Aussage über die Unzulässigkeit eines den Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufenden Gebrauchs des Eigentums herangezogen werden. Während das bürgerliche Erbrecht in der imbeschränkten, sich in Erbverträgen oder Testamenten äußernden Dispositionsbefugnis das Pendant seines Eigentums- und Eigentumsrechtsverständnisses sah und sieht, kann die Gewährleistung des persönlichen Eigentums der Bürger und des Erbrechts gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verfassung der DDR nur eine Garantie einer Dispositionsbefugnis sein, die die Einbindungen der Subjekte und der Objekte des persönlichen Eigentums in die sozialistischen gesellschaftlichen Verhältnisse reflektiert6 Dem entspricht die Gesamtkonzeption des sozialistischen Erbrechts. Wer die gesetzliche Erbfolge als die „familienfreundliche“ und die testamentarische als die „die Interessen des Erblassers wahrende“ Regelung betrachtet, statt beide Re-gelungskomplexe gleichermaßen als familienfreundliche und die Interessen des Erblassers (Eigentümers) wahrende anzusehen, geht an dieser gesetzgeberisch auch im Pflichtteilsrecht geltenden Konzeption vorbei. Daraus folgt für die hier zu klärende Frage nach der Konzeption des Pflichtteilsrechts zweierlei: Erstens ist der Kreis der Pflichtteilsberechtigten im ZGB im Vergleich zur früheren BGB-Regelung enger gefaßt, was faktisch eine unserem Verständnis vom Eigentumsschutz folgende Erweiterung der Testierfreiheit bedeutet. Zweitens kommt in der Pflichtteilsregelung des ZGB nicht mehr die Absicht zum Ausdruck:, der abstammungsgemäßen Übertragung eines (durch testamentarische Verfügung des Erblassers) verlorengegangenen Erbteils zu dienen; vielmehr sollen familienspezifische soziale Funktionen realisiert werden. „Anknüpfungspunkt für die Pflichtteilsregelung des ZGB ist also nicht mehr die Verwandtschaft mit dem Erblasser als solche, sondern die (im Regelfall bestehende) soziale Gemeinschaft mit ihm.“7 8 Die familienspezifischen sozialen Funktionen des Pflichtteils und ihre Auswirkungen auf die Pflichtteilsberechnung Unbestritten ist der Pflichtteil kein Unterhaltsersatz, obgleich er Kindern, Enkeln und Eltern bei bestehender Unterhaltsberechtigung einen gewissen Ausgleich für den Ausschluß von der gesetzlichen Erbfolge gewährt. Feststeht auch, daß der in der sozial engsten Beziehung zum Erblasser stehende Ehegatte und die unterhaltsberechtigten Kinder zu schützen sind. Übereinstimmung gibt es ferner darüber, daß die im Vergleich zur früheren BGB-Regelung erhebliche Erhöhung des Pflichtteilsanspruchs auf zwei Drittel des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 396 Abs. 2 ZGB) zugunsten des Ehegatten und der unterhaltsberechtigten Kinder, Enkel und Eltern des Erblassers eine gravierende Einschränkung der Testierfreiheit darstellt. Ob hingegen die Ausgestaltung des Pflichtteilsanspruchs als Geldanspruch der sozialen Zielstellung voll entspricht, ist schon früher u. E. völlig zu Recht bezweifelt worden.® 2 Dies beweisen z. B. Untersuchungen in Diplomarbeiten von D. Mielke, Die familien- und erbrechtliche Stellung des überlebenden Ehegatten beim Tod des anderen Ehepartners, Berlin 1986, S. 42 ff., und K. Liebig, Die Stellung des Ehegatten im Erbrecht, Berlin 1986, S. 45 ff. 3 Es soll hier außer Betracht bleiben, daß das von Goldhammer verwendete Berechnungsbeispiel (a. a. O., S. 195) die vorhergehende famiiienrechtliche Abwicklung der ehelichen Vermögensgemeinschaft gemäß §§ 39 f. FGB nicht beachtet und daß möglicherweise der Wertanteil der Haushaltsgegenstände am Nachlaß sich im Normalfall der DDR-Haushalte nicht als Quote 3 :1 darstellt. 4 Die Schwierigkeit besteht u. a. darin, zu sichern, daß mit den traditionellen erbreChtliChen Begriffen nicht auch das bürgerliche Verständnis dieser Begriffe weiterlebt. Auf die Gefahr, „das geschichtlich Neue am sozialistischen Erbrecht zu übersehen, die Regelungen lediglich als quantitative Weiterentwicklung des übernommenen Rechtszustandes zu begreifen“, hat bereits W. Drews („Die Grundlagen des sozialistischen Erbrechts“, Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin, Gesellschafts- und sprach-, wissenschaftliche Reihe, 1978, Heft 2, S. 141) aufmerksam gemacht. 5 Vgl. Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung bei der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft der Ehegatten nach Beendigung der Ehe vom 27. Oktober 1983 (GBl. I Nr. 32 S. 309). 6 Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 2, a. a. O., S. 240. 7 W. Drews, a. a. O., S. 145. 8 Beispielsweise von W. Seifert, „Sozialökonomische Grundlagen des Erbrechts und ihre Umsetzung im ZGB-Entwurf“, Staat und Recht 1975, Heft 2, S. 286.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der einheitlichen Durchführung des Vollzuges der Untersuchungshaft sowie der ständigen Erhöhung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den UntersyehungshiftinstaUen MfSj - die Kontrolle der Durchsetzung dieser Dienstanweisung in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Schwerin und Neubrandenburg, soll aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen der politischoperative Untersuchungsvollzug zu realisieren ist und welche Besonderheiten dabei mit inhaftierten Ausländern aus dem nichtsozialistischen Ausland und zu einigen Problemen und Besonderheiten bei der Absicherung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Seite Erfahrungen die bei der Sicherung, Kontrolle und Betreuung von Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Volkspolizei verstärkt zur Anwendung zu bringen. Die Durchführung von Aktionen gegen Gruppen deren Mitglieder erfordert eins exakte Vorbereitung durch die zuständigen operativen Diensteinheiten und - zusammen mit den zuständigen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften darauf auszurichten, zur weite.pfi, Bfnöhung der Massen-Wachsamkeit und zur Vertiefung des rtrauens der Werktätigen zur Politik der Partei und Regierung aufzuwiegeln und zu Aktionen wie Proteste und Streiks zu veranlassen. - Eine besondere Rolle spielen hierbei auch auftretende Probleme im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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