Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 113

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 113 (NJ DDR 1987, S. 113); Neue Justiz 3/87 113 nicht bedarf, weil eine fehlerhafte, d. h. auch unvollständige Entscheidung über den gestellten - Schädenersatzantrag im Strafbefehlsverfahren dadurch ausgeschlossen sei, daß in keinem Fall der Staatsanwalt eine geringere als die vom Geschädigten beantragte Summe in den Strafbefehlsantrag aufnehmen darf und Grundlage der Entscheidung über einen Schadenersatzanspruch auch im Strafbefehlsverfahren stets der Antrag-des Antragsberechtigten ist. Dabei gelte auf Grund der Besonderheiten des Strafbefehlsverfahrens, daß im Strafbefehl dem Schadenersatzantrag des Antragsberechtigten nur stattgegeben oder die Sache an das zuständige Gericht verwiesen werden darf.2 Ob diese zutreffende Orientierung eine strafprozessuale Rechtspflicht für die Staatsanwaltschaft und die Gerichte darstellt, mag umstritten sein. Jedoch steht eindeutig fest, daß keine Rechtsfolgten eintreten, wenn gegen sie verstoßen wird. Aus der vorgenannten Orientierung ergibt sich eine interessante Parallele zur Beratung wegen Vergehen vor den gesellschaftlichen Gerichten. Die im Ergebnis einer solchen Beratung zu treffende Festlegung hinsichtlich der Leistung von Schadenersatz erfolgt gemäß § 27 Abs. 3 SchKO, § 29 Abs. 3 KKO nur im Einvernehmen mit dem Geschädigten. In der Rechtsprechung hat sich durchgesetzt, das Einvernehmen eines in der Beratung nicht anwesenden Geschädigten anzunehmen, wenn die Verpflichtung zur Wiedergutmachung des Schadens mit dem vorher gestellten Schadeners'atzantrag übereinstimmt.3 4 Diese Praxis wird auch im Strafbefehlsverfahren angestrebt und dort zwingend notwendig, da diese besondere Verfahrensart ohne mündliche Verhandlung auskommen muß. Im Strafbefehlsverfahren wird also das Einverständnis des Geschädigten in vorgenannter Weise unterstellt. Folgt man dem Argument, daß bei einer solchen Verfahrensweise der Geschädigte durch die Schadenersatzentscheidung nicht beschwert werden kann, müßte ihm auch gegen eine Schadenersatzentscheidung des gesellschaftlichen Gerichts die Einlegung eines Einspruchs nicht zustehen, zumal der Geschädigte an der öffentlichen Beratung des gesellschaftlichen Gerichts teilnehmen und in ihr aktiv wirken kann. Der Geschädigte gilt hier aber als „Betroffener“ i. S. des § 276 Abs. 1 StPO und hat demzufolge ein auf den Schadenersatz beschränktes Einspruchsrecht. Dieses Recht oder ein anderer Rechtsbehelf soll dem Geschädigten unter den gleichen Voraussetzungen im Strafbefehlsverfahren versagt werden. Daß die aufgeworfene Frage nicht i\ur ein theoretisches Problem ohne praktische Bedeutung ist, beweist folgendes Beispiel: Im September 1983 hat das Kreisgericht E. den’ Bürger S. wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung persönlichen Eigentums mittels Strafbefehl zur Verantwortung gezogen und ihn u. a. zu einer Schadenersatzleistung in Höhe von 566 M an den Geschädigten verpflichtet. Im Ermittlungsverfahren hatte der Geschädigte einen Schadenersatz in Höhe von 566 M beantragt. Weiter hieß es in dem Schadenersatzantrag: „Hinzu kommen Schäden am Lack und an Blechteilen (Reparaturkosten).“ Gegen die Entscheidung über den Schadenersatz hat der Geschädigte Beschwerde gemäß § 310 StPO eingelegt. Das Bezirksgericht hat diese Beschwerde des Geschädigten als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, daß dem Geschädigten kein Einspruchs- und kein Beschwerderecht zusteht Das Beschwerderecht des Geschädigten gegen Entscheidungen über den Schadenersatz im Strafverfahren sei ein Rechtsmittel, das sich nur auf die Anfechtung der im Strafurteil ausgesprochenen Entscheidung über den Schadenersatz , beschränke. Richtig ist, daß ein auf den Schadenersatz beschränktes Einspruchsrecht des Geschädigten in der StPO für das Strafbefehlsverfahren, expressis verbis nicht geregelt ist. Würde man aber die Existenz eines solchen Rechts verneinen, so führt dies zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der Rechte des Geschädigten. Auch würde eine solche Auffassung m. E. dem rechtspolitischen Anliegen, der Systematik und somit dem Inhalt der StPO widersprechen. Wenn vom Bezirksgericht in dem genannten Beispiel der Geschädigte zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf ein gesondertes Zivilrechtsverfahren verwiesen wurde, so steht dem entgegen, daß zwar fehlerhaft, aber rechtskräftig über die geltend gemachten Forderungen des Geschädigten entschieden wurde. Der über den bezifferten Betrag hinaus geltend gemachte Schadenersatzanspruch war Verfahrensgegenstand, wurde aber nicht anerkannt. Da Angriffe auf rechtskräftige Entscheidungen nicht zulässig sind gleich, ob sie durch unzulässige Rechtsmittel oder durch neue Klagen, die auf den gleichen Verfahrensgegenstand gerichtet sind, erfolgen kann der Geschädigte, über dessen Schadenersatzan- spruch in einem Strafbefehlsverfahren entschieden wird, nur mittels Rechtsbehelfen dagegen Vorgehen. Einen solchen Rechtsbehelf gibt es für den Geschädigten aber nicht, so daß er lediglich eine Kassation anregen kann. Auch die weiteren von W. Herzog/E. Kermann/H. Willa-mowski angeführten Argumente für die fehlende Notwendigkeit eines Einspruchs- bzw. Beschwerderechts (die Gewährleistung einer rationellen Verfahrensweise, die Beschleunigung durch Anwendung einer besonderen Verfahrensart, die Begrenzung des prozessualen Aufwands und die Gewährleistung einer kurzen Verfahrensdauer) können nicht durchgreifen. Der Zweck des Strafbefehlsverfahrens wird m. E. durch ein beschränktes Einspruchs- und Beschwerderecht nicht in Frage gestellt, zumal bei dessen Existenz und Wahr-nahme die Rechtskraft des Strafbefehls hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs eintritt, wenn der Beschuldigte auf sein Einspruchsrecht verzichtet. Der Geschädigte muß stets' in einem Strafverfahren ein Rechtsmittel gegen die ihn beschwerende Schadenersatzentscheidung haben bzw. in einem Verfahren, welches dem allgemeinen Verfahren erster Instanz vorgelagert ist, einen Rechtsbehelf, der zur Einleitung eines Verfahrens erster Instanz über die Schadenersatzentscheidung-führen muß und darauf aufbauend ein Rechtsmittel zur Wahrung des Zwei-Instanzenprinzips. , Eine Novellierung der StPO in dieser Frage macht sich m. E. erforderlich, da expressis verbis ein beschränktes Einspruchsrecht des Geschädigten in § 272 StPO bisher nicht geregelt ist. Zu beantworten bleibt aber die Frage, ob bei gegenwärtiger Rechtslage davon auszugehen ist, daß ein beschränktes Einspruchs- und Beschwerderecht des Geschädigten bereits existiert Die Beantwortung vorstehender Frage kann zu drei verschiedenen Ergebnissen führen, und zwar: Ein solches Recht existiert in der gegenwärtigen StPO nicht, das Gesetz enthält eine Rechtslücke oder der Gesetzestext ist in dieser Frage mit den Methoden der sozialistischen Rechtstheorie auslegungsfähig. Würde man von einer existierenden Rechtslücke ausgehen, d. h. von vorliegenden gesellschaftlichen Verhältnissen, über die rechtlich entschieden werden muß und für die keine unmittelbar zutreffende Rechtsnorm vorhanden ist, so bestünde lediglich die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Analogie anzuwenden. Wegen des im Strafrecht bestehenden ausdrücklichen Analogieverbots5, wäre zunächst zu prüfen, ob dieses sich nicht auch auf das zum Strafrecht gehörende Verfahrensrecht zwangsläufig beziehen muß. Bisher ist die Rechtswissenschaft davon ausgegangen, daß nur Analogie zuungunsten des Betroffenen auch im Strafverfahrensrecht sozialistischen Gesetzlichkeitsgrundsätzen zuwiderlaufe. Die Frage der Existenz eines Rechtsbehelfs des Geschädigten bei bestehender Rechtslage ist jedoch einfach dadurch zu beantworten, daß die Bestimmungen der StPO mittels der verbalen und systematischen Methode ausgelegt werden. Ehe Bestimmung des § 17 Abs. 1 StPO regelt, daß jedem durch eine Straftat Geschädigten u. a. das Recht zusteht, gegen im Strafverfahren erlassene, ihn beschwerende Entscheidungen Beschwerde einzulegen. Folgerichtig ergibt sich aus dieser Grundsatzbestimmung die allgemeine Rechtsmittelnorm des § 310 Abs. 1 StPO, in der es heißt: „Wurde in einem Strafverfahren über einen Schadenersatzanspruch entschieden, kann der Geschädigte gegen die Entscheidung über den Schadenersatz Beschwerde einlegen " Diese Rechtsmittelnorm muß Anwendung auf alle Schadenersatzentscheidungen erster Instanz finden, mit der Ausnahme des Falls gemäß § 277 Abs. 4 StPO (spezielle Rechtsmittelnorm gegen Entscheidungen erster Instanz der gesellschaftlichen Gerichte). Obwohl expressis verbis das beschränkte Einspruchsrecht des Geschädigten noch nicht geregelt ist, so existiert es bereits im Gesetz durch das Vorhandensein des darauf aufbauenden 2 W. Herzog/E. Kermann/H. Wlllamowski, „Wirksamere Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Strafverfahren“, NJ 197S, Heft 15, S. 417 f. 3 Das ist auf die Orientierung in Ziff. 1.6.1. der Richtlinie Nr. 26 des Plenums des Obersten Gerichts der DDR Vom 24. März 1976 zum Zusammenwirken der Gerichte mit den Schiedskommissionen (GBl.-Sdr. Nr. 870) zurückzuführen. Diese Richtlinie wurde im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des GGG, der SchKO und der KKO durch Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts vom 21. Dezember 1982 (NJ 1983, Heft 1, S. 5) aufgehoben, ihre Orientierung in dem hier behandelten Zusammenhang hat sich jedoch in der Praxis bewährt und durchgesetzt. 4 Vgl. Zivilprozeßrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 350. 5 Vgl. staats- und Rechtstheorie, Lehrbuch, 3. Aufl., Berlin 1980, S. 581.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 113 (NJ DDR 1987, S. 113) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 113 (NJ DDR 1987, S. 113)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit nicht zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gemacht werden können. Die erforderliche Prüfung der Ausgangsinformationen beziehungsweise des Sachverhaltes, Mitarbeiter Staatssicherheit betreffend, werden durch den Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des Gesetzes kein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Schreibmaschine nicht für die Beweisführung benötigt wird. Ausgehend von diesen allgemeinen Voraussetzungen ist bei der Gestaltung von Prozessen der Untersuchungsarbeit durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit. Zum Gegenstand der im Gesetz normierten Befugnisregelungen, ihrer Abgrenzung von strafprozessualen Prüfungshandlungen und sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den strafprozessualen Befugnissen des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ableitet. Jegliche Nutzung des Paragraphen Strafprozeßordnung im Zusammenhang mit operativen Befragungen ist mit der Preisgabe der Identität als Untersuchungsorgan verbunden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X