Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1987, Seite 101

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 101 (NJ DDR 1987, S. 101); Neue Justiz 3/87 101 Im gerichtlichen Verfahren festgestellte tatbezogene entwicklungsbedingte Besonderheiten (§ 65 Abs. 3 StGB), die es dem Jugendlichen erheblich erschwerten, sich geäellschaftsge-mäß zu verhalten, können im Rahmen der Verurteilung auf Bewährung besonders bei der Festlegung der Dauer der Be-währun'gszeit und der Höhe der anzudrohenden Freiheitsstrafe berücksichtigt werden. Sie weisen mitunter auf einen geringen Grad der Schuld hin, dem auch das Maß der Strafe zu entsprechen hat.13 14 Eine die Tatschwere übersteigende Dauer der Bewährungszeit oder Höhe der angedrohten Freiheitsstrafe, weil ungünstige Persönlichkeitsumstände zu überwinden oder bestimmte Verpflichtungen (z. B. Schulabschluß) zu realisieren sind, ist nicht gerechtfertigt. Abgrenzung zwischen Bewährungsverurteilung und Freiheitsstrafe Für die Anwendung der zeitigen Freiheitsstrafe gelten auch bei Jugendlichen die Grundsätze des § 39 StGB. Allerdings bietet § 71 StGB die Möglichkeit, bei Vergehen Jugendlicher Strafen ohne Freiheitsentzug auch dann auszusprechen, wenn sie im verletzten Gesetz nicht angedroht sind. Diese zusätzliche Differenzierungsmöglichkeit ist u. a. in den Fällen anwendbar, in denen bedeutsame Entwicklungsetappen des Jugendlichen (z. B. Schul- und Lehrausbildung) im Zusammenhang mit positivem Verhalten vor und nach der Tat gebührend zu berücksichtigen sind, die verletzte Strafrechtsnorm jedoch keinen Raum für. eine Strafe ohne Freiheitsentzug läßt und die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Strafmilderung gemäß § 62 Abs. 2 nicht vorliegen. Die Beachtung des § 71 StGB ist somit ein Aspekt der Individualisierung der Strafe, der Verwirklichung sozialistischer Gerechtigkeit bei der Strafzumessung. Es werden dabei die Fähigkeit und Bereitschaft des jugendlichen Täters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten und die Erziehungsvoraussetzungen in seiner sozialen Umwelt berücksichtigt und damit dem Prozeß des Hineinwachsens des Jugendlichen in seine gesellschaftliche Verantwortung in spezifischer Weise Rechnung getragen.1* Von besonderem Interesse sind auch die Fälle, in denen von der konkreten Tatschwere des Vergehens her Verurteilung auf Bewährung oder Freiheitsstrafe möglich wäre. Bei der Abgrenzung der beiden Strafarten kommt den über die Tatschwere hinausgehenden Persönlichkeitsumständen entscheidende Bedeutung zu. Sie sind in richtiger Relation zur Tatschwere zu bewerten. Dabei gilt der Grundsatz, daß Disziplinlosigkeiten in der Entwicklung des Jugendlichen, die besonders in seinem Verhalten vor der Tat zum Ausdruck kommen können, im Verhältnis zur Tatschwere nicht überbewertet, werden dürfen.15 16 Sie sind oftmals Ausdruck verschiedenartiger Widersprüche im Erziehungsprozeß bzw. in bestimmten Abschnitten der Persönlichkeitsentwicklung des Jugendlichen.15 Deshalb kann aus Disziplinlosigkeiten allein nicht von vornherein auf mangelnde Fähigkeit und Bereitschaft des Jugendlichen, sich künftig gesellsehaftsgemäß zu verhalten, geschlossen werden. Die Gerichte haben dementsprechend. gerade hierbei der Feststellung entwicklungsbedingter Besonderheiten Jugendlicher gemäß § 65 Abs. 3 StGB besondere Aufmerksamkeit zu widmen.17 18 Sie könften vor allem im Motiv und in der Begehungsweise der Tat (größtenteils verbunden mit ungünstigen Lebens- und Erziehungsverhältnissen) zum Ausdruck kommen und ausschlaggebend für den Ausspruch der Verurteilung auf Bewährung sein.13 Die Forderung, insbesondere für die Verfahren gegen Jugendliche noch stärker alle Möglichkeiten der gesellschaftlichen Einwirkung zu nutzen, beinhaltet, an die Erziehungsvoraussetzungen in der sozialen Umwelt des Täters anzuknüpfen, die ebenfalls von ausschlaggebender Bedeutung für den Ausspruch der Verurteilung auf Bewährung sein können. Das bezieht sich sowohl auf Bürgschaften und ein günstiges Schul-, Lehrlings- oder Arbeitskollektiv als auch auf die erzieherische Einflußnahme in der Familie und auf bereits eingeleitete Maßnahmen durch die Organe der Jugendhilfe. Eine unlängst abgeschlossene Untersuchung der Strafzumessung bei von Jugendlichen begangenen Eigentumsvergehen und unbefugter Benutzung von Fahrzeugen ergab, daß Kleine, aber notwendige Ergänzung In seinem Jubiläumsartikel „Die ersten Jahre“ (NJ 1987, Heftl, S. 7 ff.) hat Wolfgang Weiß Erinnerungen an die Gründerperiode unserer „Neuen Justiz" wachgerufen wie alle klugen Blicke zurück gewiß im Interesse eines Blickes nach vorn. Ungeachtet seines erstaunlichen Gedächtnisses hat er auf eines zu verweisen „vergessen“: auf seine eigene Rolle im Selbsterziehungsprozeß derjenigen, die nach 1947 Juristisches zu schreiben begannen. Endesunterzeichneter möchte jedenfalls bezeugen, daß er ohne einen Wolfgang Weiß und dessen einfühlsame, sach- und sprachkundige HiTfe nicht gelernt hätte, wenigstens hin und wieder der von diesem als härteste Leserkritik bezeichneten Kritik zu entgehen, der nämlich, gar nicht erst gelesen zu werden. Hermann Klenner vereinzelt noch nicht so herangegangen und manchmal nur die Einwirkung mittels Strafe gesehen wird.19 Gerade bei diesen Delikten aber, die über die Hälfte aller Straftaten Jugendlicher ausmachen, bedarf es soweit das die Tatschwere nicht von vornherein erfordert in der Regel nicht des Ausspruchs der Freiheitsstrafe. Für diese Straftaten Jugendlicher ist eine hartnäckig ablehnende Haltung zu den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens vor allem, wenn es sich um Ersttäter handelt nickt typisch. Das Oberste Gericht hat daher wiederholt darauf orientiert, die Strafzumessungskriterien des § 61 Abs. 2 StGB zusammenhängend, d. h. in ihrer Einheit zu beachten.20 Das ist Voraussetzung für die richtige Einschätzung, ob das Vergehen des Jugendlichen Ausdruck der in § 30 Abs. 1 StGB beschriebenen Merkmale oder aber schwerwiegender Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin gemäß § 39 Abs. 2 StGB ist. Hiervon hängt die Abgrenzung zwischen Verurteilung auf Bewährung und Freiheitsstrafe maßgeblich mit ab. Zusammenfassend ist hervorzuheben, daß bei der Strafzumessung gegenüber Jugendlichen der Verwirklichung der sozialistischen Gerechtigkeit besondere Bedeutung zukommt. Indem die Gerichte die nicht in die Tat bzw. Tatschwere eingegangenen Persönlichkeitsumstände beachten, ihnen in Verbindung mit der vollen Nutzung der Vorzüge der sozialistischen Gesellschaft Rechnung tragen, verwirklichen sie den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz (Art. 20) 21 Auch die differenzierte Reaktion auf Straftaten Jugendlicher ist bei der Vertiefung des Vertrauensverhältnisses der Bürger zur Politik unseres Staates von großem Gewicht. 13 Vgl. OG, Urteil vom 17. Oktober 1985 - 2 OSK 14/85 - (OG-Infor-matlonen 1985, Nr. 5, S. 35). 14 Die bisher im StGB-Kommentar (a. a. O., Anm. 3 zu §71 [S. 226]) enthaltene Auffassung, daß § 71 StGB im Grunde genommen nur bei Vorliegen besonderer schuldmindernder Umstände anzuwenden sei, wird daher für problematisch gehalten. 15 Vgl. J. Schlegel, „Zur Anwendung von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Jugendstrafsachen“, OG-Informationen 1977, Nr. 2, S. 29; StGB-Kommentar, a. a. Ö., Anm. 1 zu § 76 (S. 229 f.). 16 Vgl. hierzu J. Leksohas u. a-, Kriminologie, Berlin 1983, S. 351 ff.; I. BuChholz, „Effektive Ausgestaltung der Verurteilung auf Bewährung bei Jugendlichen“, NJ 1984, Heft 8, S. 308. 17 Vgl. Abschn. n Ziff. 5 des Gemeinsamen Dokuments des Obersten Gerichts und des Ministeriums der Justiz vom 16. Juli 1986, a. a O. 18 Vgl. zum Inhalt entwicklungsbedingter Besonderheiten und ihrer Bedeutung für die Rechtsprechung u. a. M. Amboß, „Die Bedeutung entwicklungsbedingter Besonderheiten Jugendlicher für die Schuldbewertung“, NJ 1974, Heft 21, S. 643 ff.; dieselbe, „Die Bedeutung entwicklungsbedingter Besonderheiten und der Tatmotive für die strafrechtliche Verantwortlichkeit Jugendlicher“, Der Schöffe 1979, Heft 2, S. 39 ff.; Bericht des Präsidiums an die 10. Plenartagung des Obersten Gerichts am 14. Dezember 1978, a. a. O., S. 14; G. Sarge, „Einige Gedanken “, a. a. O., S. 54. Vor Strafrechtswissenschaft und -praxis steht die Aufgabe, unter Nutzung der Erkenntnisse der Jugendforschung (vgl. z. B. W. Fried-rich/H. Müller, Zur Psychologie der Zwölf- bis Zweiundzwanzig-Jährigen, Berlin 1980; dieselben. Soziale Psychologie älterer Schüler, Berlin 1983, und W. FriedriCh/W. Gerth, Jugend konkret, Berlin 1984) die entwicklungsbedingten Besonderheiten in ihrer Relevanz für das Strafrecht noch genauer als bisher zu bestimmen. 19 Vgl. hierzu J. Arnold, „Überlegungen zur Verwendung des Begriffs Täterpersönlichkeit aus der Sicht der Strafrechtspraxis“, Staat und Recht 1986, Heft 5, S. 409 ff. (insb. S. 412). 20 Vgl. Bericht des Präsidiums an die 15. Plenartagung des Obersten Gerichts „Zur Rechtsprechung der Gerichte bei der Anwendung und Ausgestaltung der Verurteilung auf Bewährung“ vom 20. März 1980, OG-Informationen 1980, Nr. 2, S. 4, sowie die OG-Urteile vom 7. November 1973 - 2 Zst 31/73 - (NJ 1974, Heft 3, S. 83); vom 20. Juni 1974 - 2 Zst 37/74 - (NJ 1974, Heft 18, S. 564); vom 30. März 1972 - 2 Zst 5/72 - (NJ 1972, Heft 12, S. 366). 21 Vgl. E. BuChholz/U. Dähn/H. Weber, Strafrechtliche Verantwortlichkeit und Strafe, Berlin 1982, S. 126.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 101 (NJ DDR 1987, S. 101) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Seite 101 (NJ DDR 1987, S. 101)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 41. Jahrgang 1987, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1987. Die Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1987 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1987 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 41. Jahrgang 1987 (NJ DDR 1987, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1987, S. 1-516).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit ergeben. Ich setze voraus, daß der Inhalt dieses Abkommens im wesentlichen bekannt ist. Im Verlaufe meiner Ausführungen werde ich aufbestimmte Regelungen noch näher eingehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß qualifizierte Informationabeziehungen sowie wirksam Vor- und Nach- Sicherungen wesentliche Voraussetzungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Vorführungen sind, die insbesondere zum rechtzeitigen Erkennen und Aufklären von feindlich-negativen Kräften und ihrer Wirksamkeit im Innern der DDR. Je besser es uns gelingt, feindlich-negative Aktivitäten bereits im Keime zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, Angaben über die Art und Weise sowie den Umfang der Gefahr zu machen oder zur Abwehr von weiteren Folgen beizutragen.

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