Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 96

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 96 (NJ DDR 1986, S. 96); 96 Neue Justiz 3/86 teriellen Verantwortlichkeit vor, dann ist der Betrieb nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, sie anzuwenden.15 16 Beträgt der Schaden bis zu 10 Prozent des monatlichen Tariflohns und verpflichtet der Werktätige sich schriftlich zum Schadenersatz, dann ist es nach § 265 Abs. 2 AGB nicht erforderlich, die materielle Verantwortlichkeit geltend zu machen. Ein Rechtsanspruch des Werktätigen auf eine solche betriebliche Entscheidung besteht jedoch nicht; ebensowenig kann der Betrieb den Werktätigen zur Abgabe einer solchen Verpflichtung zwingen. Das AGB orientiert auf die konsequente Anwendung und Durchsetzung der materiellen Verantwortlichkeit des Werktätigen. Deshalb räumt § 266 AGB dem Betrieb die Möglichkeit des Verzichts auf einen durch Entscheidung der Konfliktkommission oder des staatlichen Gerichts rechtskräftig zugesprochenen Schadenersatzanspruch nur dann ein, wenn der Werktätige einen angemessenen Teil der Schadenersatzsumme vereinbarungsgemäß gezahlt hat und durch seine vorbildliche Arbeitsdisziplin erwarten läßt, daß er künftig das sozialistische Eigentum achten wird. Der Verzicht auf einen Rest des Schadenersatzanspruchs ist also an klare gesetzliche Voraussetzungen gebunden. Um das Anliegen des § 266 AGB durchzusetzen, ist es notwendig, daß der Betriebsleiter dem Gesamtverhalten des Schädigers besondere Aufmerksamkeit widmet, um ggf. im Wege des Verzichts auf einen Teil der Schadenersatzsumme als Mittel der Anerkennung vorbildlicher Arbeitsleistung die Wirksamkeit der materiellen Verantwortlichkeit zu erhöhen. Stellt sich heraus, daß die Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit pflichtwidrig unterlassen wurde, so kann das ggf. dazu führen, daß die materielle Verantwortlichkeit des für diese Entscheidung verantwortlichen Leiters selbst zu prüfen ist.17 18 Zusammenwirken zwischen Versicherung und Betrieb Die Prüfung der Voraussetzungen für die arbeitsrechtliche materielle Verantwortlichkeit des Werktätigen ist durch den Betrieb eigenverantwortlich und von sich aus vorzunehmen; sie kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Staatliche Versicherung eine Information über den Schaden einschließlich der Schadenshöhe gegeben hat.16 Hingegen ist der Betrieb verpflichtet, die Staatliche Versicherung unverzüglich darüber zu unterrichten, ob und inwieweit er die materielle Verantwortlichkeit gegenüber dem Werktätigen geltend gemacht bzw. aus welchen Gründen er davon Abstand genommen hat (§ 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft; § 10 Abs. 2 der VO über die Versicherung der sozialistischen Betriebe der Landwirtschaft ; § 7 Abs. 4 der 1. DVO zum Gesetz über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft). Stellt die Staatliche Versicherung fest, daß der Betrieb die Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit unterlassen hat, sollte sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Staatsanwalt anzuregen, im Rahmen seiner Gesetzlichkeitsaufsicht diesen Anspruch durchzusetzen. Der Staatsanwalt kann die Geltendmachung vom Betrieb fordern oder auch selbst bei der Konfliktkommission einen entsprechenden Antrag stellen. Außer beim Staatsanwalt kann die Staatliche Versicherung auch bei dem dem Betriebsleiter übergeordneten Organ anregen, die materielle Verantwortlichkeit geltend zu machen. Die versicherungsrechtlichen Bestimmungen unterstützen wirksam die Pflicht der Betriebe zur Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit (§ 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft). So kann die Staatliche Versicherung gemäß § 7 Abs. 3 der 1. DVO zum Gesetz über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft den als Versicherungsleistung an den Geschädigten gezahlten Betrag vom Betrieb zurückfordern, wenn dieser die materielle Verantwortlichkeit pflichtwidrig nicht geltend macht und den vom Schädiger zu leistenden Schadenersatz nicht an die Staatliche Versicherung überweist. Der Betrieb hat in diesem Fall denjenigen Betrag zu erstatten, der bei Durchsetzung der materiellen Verantwortlichkeit nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen vom Werktätigen zu zahlen gewesen wäre. Hat der Betrieb nach Ansicht der Staatlichen Versicherung aus nicht gerechtfertigten Gründen von der Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit des Werktätigen abgesehen, so wird der versicherungsrechtliche Regreßanspruch gegen den Betrieb aber erst dann relevant, wenn rechtskräftig Bei anderen gelesen Wirtschaftsdelikte werden in der BRD bagatellisiert Über den Zeitraum von 6V2 Jahren hatte sich der Inhaber einer Ofenbaufirma in der BRD als „Feuerwehr der Großindustrie“ betätigt: Im Zusammenwirken mit illegalen Arbeitsverleihern stellte er bei dringenden Reparaturar-beiten an Hochöfen namhaften Stahlkonzernen innerhalb weniger Stunden bis zu 200 Arbeitskräfte zur Verfügung, wobei Scheinwerkverträge abgeschlossen wurden. Um die lukrativen Aufträge im Umfang von etwa 30 Millionen DM zu erhalten, hatte der Firmeninhaber leitenden Angestellten der Stahlkonzerne beträchtliche Schmiergelder gezahlt. Der durch nicht abgeführte Sozialbeiträge sowie einbehaltene Lohn- und Umsatzsteuer verursachte Schaden betrug rund 2,5 Millionen DM. Die „Frankfurter Rundschau“ (Frankfurt am Main) vom 20. Dezember 1985 kommentierte das Strafverfahren so: y V.'v-!.'. Von einem „Pilotcharakter" des Verfahrens sprach der Vorsitzende Richter der 12. Strafkammer des Bochumer Landgerichts, als ein Subunternehmer wegen illegalen Entleihens von Arbeitskräften zu einer Haftstrafe von drei Jahren mit Haftverschonung verurteilt wurde. Und er begründete diese Einordnung mit dem Hinweis darauf, daß es sich bundesweit um das erste derartige Verfahren handle. Wenn der Richter in Bochum das so sagt, muß es wohl stimmen, aber es klingt doch tmglaublich. Dieser unmenschliche und rechtswidrige Sklavenhandel ist nämlich nicht erst durch den Wallraff-Bericht* bekanntgeworden. Was an Ungesetzlichem geschah (und sicher bis heute geschieht), das weiß man seit Jahr und Tag in Vorstandsetagen ebenso wie in Betriebsratsbüros. Dieses Thema lieferte Stoff für Kriminalfilme nur mit der Praxis sieht es anders aus. Getan wurde wenig, aber dafür wurde um so mehr geredet. Alle Justizminister gelobten hoch und heilig, die Flut der Wirtschaftskriminalität einzudämmen. Aber Schätzungen besagen, daß durch Wirtschaftskriminelle jährlich ein Schaden von etwa hundert Milliarden Mark entsteht. Es gibt viele Gründe dafür. Einer davon ist die Neigung der Strafverfolgungsbehörden -so eine Experten-Untersuchung -, die Wirtschaftsstraftaten zu bagatellisieren. Da bestehe vielfach die Neigung, sie als Kavaliersdelikte einzustufen. Tatsächlich kommt es oft nicht zum Prozeß, weil die Sache durch Strafbefehl erledigt oder durch Einstellung des Verfahrens abgeschlossen wird. * Vgl. den Report des BRD-Schriftstellers Günter Wallraff über seine Erlebnisse als türkischer Leiharbeiter, In der BRD unter dem Titel .Ganz unten" erschienen und in der DDR auszugsweise in der NBI 1985, Nr. 49 52, und 1986, Nr. 1 abgedruckt. Red. NJ darüber entschieden wurde, ob der Betrieb sich pflichtwidrig verhalten hat.19 Im Falle des berechtigten Absehens von der Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit liegen die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 der 1. DVO zum Gesetz über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft nicht vor, so daß eine Rückzahlungsverpflichtung des Betriebes ausgeschlossen ist. Das gleiche gilt, wenn der Betrieb unter den Voraussetzungen des § 266 AGB auf den Restbetrag eines rechtskräftig zuerkannten und zu einem angemessenen Teil bereits bezahlten Schadenersatzanspruchs verzichtet. 15 Vgl. H. Harrland, „Zur Rolle der sozialistischen Gesetzlichkeit bei der weiteren Gestaltung der Triebkräfte aus der Sicht der Rechtspflege“, in: Sozialistische Gesetzlichkeit, Sicherheit und Ordnung bei der Entfaltung der gesellschaftlichen Triebkräfte, Berlin 1985, S. 20. 16 Vgl. hierzu G. Knischka (I)/W. Rudelt (II), „Verzicht auf arbeitsrechtliche materielle Verantwortlichkeit ja oder nein?“. NJ 1978. Heft 10, S. 441 f. 17 Vgl. OG, Urteil vom 2. September 1983 - OAK 25/83 - (NJ 1983, Heft 11, S. 465 f.). 18 So auch H. Schick, a. a. O., S. 698, und G. Bley/D. Klimesch, a. a. Q., S. 14. Vgl. auch Fragen und Antworten in NJ 1980, Heft 8, S. 374. 19 Die Staatliche Versicherung hat u. E. nicht das alleinige Entscheidungsrecht über die Zulässigkeit eines Rückforderungsanspruchs. Das würde den durch das AGB den Betrieben übertragenen Entscheidungsraum einengen.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit anderen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der Führungs- und Leitungstätigkeit weitgehend auszuschließen. ,. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den aren naund Entvv icklungsbed inqi in qsn. Der hohe Stellenwert von in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Staatsführung; die Gewährleistung der Objektivität und Unantastbarkeit. der Untersuchungsbandlungen als wirksamer Schutz vor Provokationen und Hetzkampagnen des Gegners - die konsequente Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei der Beweisführung bilden eine untrennbare Einheit. Das sozialistische Strafverfahrensrecht enthält verbindliche Vorschriften über die im Strafverfahren zulässigen Beweismittel, die Art und Weise ihrer Erzielung st: vveiter zu sichern. Die Möglichkeiten der ungsarbeit zur Informationsos-winnunq über tisen-operativ bedeutsame Sachverhalte und Personen wurden unpassender ausgeschöpft.

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