Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 87

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 87 (NJ DDR 1986, S. 87); Neue Justiz 3/86 87 Wirtschaftsbeziehungen kann man ebenfalls keine allgemeine Verhandlungspflicht der Staaten akzeptieren253, z. B. über Kreditvergabe oder Investitionen. Die Regierung der DDR bekennt sich bei prinzipieller Bereitschaft zur Lösung internationaler Probleme auf dem Verhandlungswege nicht schrankenlos zur Zusammenarbeit, sondern erklärt ihre „Bereitschaft zur Zusammenarbeit überall dort, wo es die Lage erlaubt“.26 Was die konkrete Lage erlaubt, bestimmt die DDR wie jeder andere Staat selbst kraft ihrer Souveränität im Rahmen des Völkerrechts. Aus der Tatsache, daß Verhandlungen das Hauptmittel zur Realisierung der internationalen Zusammenarbeit der Staaten sind und daß im völkerrechtlichen Prinzip der Zusammenarbeit von einer „Pflicht zur Zusammenarbeit“ die Rede ist, kann also nicht ohne weiteres geschlußfolgert werden, daß jeder Staat verpflichtet sei, mit jedem anderen Staat über beliebige Fragen zu verhandeln. Ich komme also zu dem Ergebnis, daß es ohne spezielle Vereinbarung der beteiligten Staaten keine völkerrechtliche Verhandlungspflicht zur Realisierung der internationalen Zusammenarbeit gibt. Mit der Vereinbarung der Staaten, Verhandlungen zu führen, wird zugleich der Gegenstand festgelegt, über den verhandelt werden soll, und zumeist wird auch das angestrebte Ziel der Verhandlungen genannt. Die bereits erwähnte Gemeinsame sowjetisch-amerikanische Erklärung zu Verhandlungen über nukleare und Weltraumwaffen vom 8. Januar 1985 verdeutlicht dies anschaulich.27 Verhandlungspflicht der Staaten aus völkerrechtlichen Verträgen Sowohl auf dem Gebiet der friedlichen Streitbeilegung als auch bei der übrigen internationalen Zusammenarbeit werden Verhandlungspflichten in großem Umfang vertraglich festgelegt. Bei der friedlichen Streitbeilegung geschieht dies oft in Vertragsklauseln28 29, aber auch in Ad-hoc-Vereinbarungen.28 Auf dem Gebiet der übrigen internationalen Zusammenarbeit werden Partner, Gegenstand und Ziel beabsichtigter Verhandlungen durch Vereinbarung der Staaten konkret festgelegt. Seit dem Vertrag über das Verbot der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, im kosmischen Raum und unter Wasser (Teststopp-Abkommen) vom 5. August 196330 in dem die beteiligten Staaten sich verpflichteten, ihre Verhandlungen mit dem Ziel der Einstellung aller experimentellen Kernwaffenexplosionen fortzusetzen kann man von einer Verhandlungspflicht der Partner auf diesem Abrüstungsgebiet sprechen. In Art. VI des Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 19683l wird diese Pflicht bekräftigt. Dort heißt es: „Jeder Vertragspartner verpflichtet sich, im Geiste des guten Willens Verhandlungen über wirksame Maßnahmen zur Einstellung des nuklearen Wettrüstens in nächster Zukunft, zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle zu führen. “ Der Inhalt des Art. VI des Nichtweiterverbreitungsvertra-ges ist u. a. auf Verhandlungen über den Abschluß eines Vertrages gerichtet, nicht aber auf den Abschluß des Vertrages selbst. Das ist ein pactum de negotiando, wonach sich die Staaten „auf der Grundlage von Treue und Glauben um eine beiderseits befriedigende Kompromißlösung bemühen sollen, selbst wenn dies nur unter Aufgabe bislang unnachgiebig behaupteter Positionen möglich sein würde. Dies setzt die Bereitschaft voraus, zum Zwecke der Verhandlungen früher eingenommene Standpunkte aufzugeben und der anderen Seite ein Stück entgegenzukommen.“32 33 Natürlich können sich die Staaten auch verpflichten, im Ergebnis von Verhandlungen einen Vertrag abzuschließen. Das wäre ein pactum de contrahendo, also ein Vertrag, der sich von anderen Verträgen u. a. dadurch unterscheidet, daß er von den Beteiligten den Abschluß eines Vertrages verlangt, ohne dessen Inhalt näher zu bestimmen. Völkerrechtliche Rechte und Pflichten zu der entsprechenden Materie selbst ergeben sich nur aus dem abgeschlossenen Ergebnis (-vertrag) .33 Die Verpflichtung zu Verhandlungen über einen Vertrag verpflichtet die Staaten sofern nichts anderes vereinbart ist nicht zum Abschluß des Vertrages selbst, wohl aber zu Bemühungen, den Vertragsabschluß möglich zu machen, Bereitschaft zu Kompromissen zu zeigen, aufeinander zuzugehen usw. Anforderungen an das Verhalten der Staaten beim Bestehen einer Verhandlungspflicht Da Verhandlungen das grundlegende Mittel für eine friedliche Zusammenarbeit der Staaten sind und normalerweise auf die Festigung und Ausweitung der Bereiche abzielen, in denen Kooperation möglich ist, darüber hinaus aber auch auf die Beseitigung von Hindernissen und Störungen in den gegenseitigen Beziehungen im Interesse der Friedenssicherung, haben sich bestimmte Verhaltensregeln für den Umgang der Staaten miteinander herausgebildet. Staaten, die beschlossen haben, miteinander Verhandlungen zu führen, können daher im Interesse der gemeinsamen Sache voneinander verlangen, „die Verletzung der allgemein anerkannten Normen der Verhandlungsführung, den Unwillen, auf eine gegenseitig annehmbare Übereinkunft zuzusteuern“, zu unterlassen.34 Dazu sind die Staaten moralisch-politisch verpflichtet, und es ist schon eine Frage der Höflichkeit, sich so zu verhalten, daß die jeweils andere Seite und ihre Vorschläge ernst genommen werden, daß Erklärungen und Vorschläge seriös sind und offiziellen Charakter tragen. Als Mindestanforderungen an das Verhalten der Staaten beim Bestehen einer Verhandlungspflicht sieht T. Gebre-hana35 an: a) Reziprozität (z. B. mit der Formulierung gemeinsamer Interessen zu beginnen und diese im Prozeß der Zusammenarbeit ständig zu beachten); b) klare Formulierung der eigenen Position, damit die andere Seite sie ohne Tricks verstehen kann (man könnte auch sagen: Berechenbarkeit); c) keine Einbeziehung dritter Staaten, die ein direktes eigenes Interesse am Verhandlungsgegenstand haben, weil das die Verhandlungen der unmittelbar Beteiligten komplizieren könnte; d) die Bereitschaft aller Seiten, wenn nötig Konzessionen zu machen; .e) das Unterscheiden zwischen dem Wünschenswerten und dem Erreichbaren, um nicht unnötig Zeit zu verlieren; f) das Abwägen der Konsequenzen für den Fall, daß die Verhandlungen scheitern. Obwohl derartige Anforderungen nirgendwo allgemeinverbindlich für die Staaten festgelegt und insofern wie T. Ge-brehana sagt „ungeschriebene Normen“ sind, ergeben sie sich teilweise aus grundlegenden völkerrechtlichen Verhaltenspflichten, insbesondere aus den Grundprinzipien des Völkerrechts. Aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten folgt z. B. die Pflicht zur Beachtung der Souveränität und Gleichberechtigung des jeweils anderen Verhandlungspartners, die Pflicht, ihm gegenüber kein Diktat anzuwenden, ihm kein Ultimatum zu stellen. Eine Verhandlungspflicht 25a Selbst eine Internationale Organisation wie die UNIDO, die ausschließlich für den Zweck der Internationalen ökonomischen Zusammenarbeit geschaffen wurde, geht nicht davon aus, daß eine allgemeine Verhandlungspflicht ihrer Mitglieder über ökonomische Fragen besteht. Aus der Präambel und aus Art. 2 Buchst, f des Statuts der UNIDO vom 8. April 1979 (GBl. der DDR II 1986 Nr. 1 S. 1) ergibt sich, daß Verhandlungen über Industrialisierung nur auf Ersuchen der betreffenden Länder stattfinden können. 26 O. Fischer, „Im Kampf für den Frieden“, Einheit 1982, Heft 11/12, S. 1158. 27 Es heißt dort (vgl. ND vom 9. Januar 1985), daß Gegenstand der Verhandlungen der Komplex von Fragen sein wird, die die Weltraum- und nuklearen Waffen strategischer und mittelbarer Reichweite betreffen, wobei alle diese Fragen in ihrem wechselseitigen Zusammenhang erörtert und gelöst werden. Als Ziel der Verhandlungen wird die Ausarbeitung effektiver Übereinkünfte genannt, die auf die Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum und seine Beendigung auf der Erde, auf die Begrenzung und Reduzierung der nuklearen Rüstungen und auf die Festigung der strategischen Stabilität gerichtet sind. 28 Als Beispiel für eine Vertragsklausel sei Art. 41 der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge vom 23. August 1978 genannt (Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, a. a. O., S. 1044 ff.). 29 Bei den Vereinbarungen wird häufig zwischen pactum de negotiando und pactum de contrahendo unterschieden (vgl. p. Terz, a. a. O.). 30 Völkerrecht, Dokumente, Teil 2, a. a. O., S. 526 f. 31 Völkerrecht, Dokumente, Teil 2, a. a. O., S. 608 ff. 32 Urteil des Schiedsgerichtshofs für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden vom 26. Januar 1972 betr. griechische Entschädigungsforderungen gegen die BRD wegen Neutralitätsverletzungen im ersten Weltkrieg, in: Archiv des Völkerrechts (Tübingen), Bd. 16 (1974/75), S. 344. 33 Ein typisches Beispiel für pactum de contrahendo findet sich z. B. in Art. 7 des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD vom 21. Dezember 1972 (Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, a. a. O., S. 820 ff). Danach erklären die DDR und die BRD ihre Bereitschaft, Abkommen zu schließen, um die Zusammenarbeit u. a. auf den Gebieten Wirtschaft, Wissenschaft und Technik, Verkehr, Umweltschutz zu entwickeln und zu fördern. 34 J. Andropow zu Fragen von Krieg und Frieden, ND vom 29. April 1983. 35 Vgl. T. Gebrehana, a. a. O S. 71 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 87 (NJ DDR 1986, S. 87) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 87 (NJ DDR 1986, S. 87)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermitt-lungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. ca., die im Zusammenhang mit Untergrundtätigkeit von Bedeutung sind. Das sind, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie zu unterstützen, zürn Beispiel in Form konsequenter Kontrolle der Einnahme von Medizin, der Gewährung längeren Aufenthaltes im Freien und anderen. Bei verhafteten Ehepaaren ist zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird.

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