Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 86

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 86 (NJ DDR 1986, S. 86); 86 Neue Justiz 3/86 ber 19591® ausdrücklich fixiert: Danach regeln die Staaten ihre Streitigkeiten zunächst mit einem Verfahren eigener Wahl; gelingt das nicht, unterbreiten sie gemeinsam den Fall dem Internationalen Gerichtshof. Wörtlich heißt es dann: „Die Unmöglichkeit, ein Einvernehmen über eine derartige Anrufung des Gerichtshofes zu erzielen, entbindet jedoch die beteiligten Parteien keinesfalls von der Verpflichtung, die Beilegung der Streitigkeit weiterhin mit allen friedlichen Mitteln anzustreben.“ Die dem Prinzip der friedlichen Streitbeilegung innewohnende Kontaktpflicht wird auch in der Prinzipiendeklaration erkennbar. Dort heißt es: „Die streitführenden Parteien haben die Pflicht, die Versuche zur Beilegung ihrer Streitigkeit mit anderen miteinander vereinbarten friedlichen Mitteln fortzusetzen, falls es ihnen nicht gelingt, eine Lösung durch eines der genannten friedlichen Mittel herbeizuführen.“12 Diese Interpretation findet sich auch in der Manila-Deklaration über die friedliche Beilegung internationaler Streitigkeiten vom 15. November 1982.18 Gestützt auf völkerrechtliche Dokumente und die Staatenpraxis, läßt sich folglich in bezug auf die friedliche Streitbeilegung aus dem gleichnamigen Prinzip des Völkerrechts also aus allgemeinem Völkerrecht eine minimale Verhandlungspflicht (Kontaktpflicht) der Streitparteien herleiten. Diese Pflicht darf nicht mit einer Verhandlungspflicht verwechselt werden, durch die der Streit selbst beigelegt werden soll. Eine solche Pflicht gibt es wegen der allgemeinen Vereinbarungsfreiheit der Staaten hinsichtlich der Streitbeilegungsmittel zur Zeit nicht, wenn man m. E. auch eine Entwicklung in diese Richtung nicht übersehen kann. Die aus dem Prinzip der friedlichen Streitbeilegung folgende Kontaktpflicht bringt keine materielle Bindung für die Streitparteien, sondern nur eine formelle, prozedurale. Ihr Inhalt besteht in der Förderung der konstruktiven Zusammenarbeit der Staaten für die Zwecke der Streitregelung. Sie zielt nicht unmittelbar auf die Lösung des Falles in einer bestimmten Weise, sondern auf die Schaffung der Voraussetzungen dafür, indem sie von den Beteiligten eine Einigung über das „Wie“, z. B. über das anzuwendende Mittel verlangt: Die Adressaten einer solchen Pflicht stehen fest: Es sind die Streitparteien. Auch der Gegenstand, auf den sich die Pflicht bezieht, ist Umrissen: Es ist die Lösung des konkreten Streitfalles. Die Kontaktpflicht ist erfüllt, wenn die streitenden Staaten in ein völkerrechtlich zulässiges Verfahren eintreten und sich um eine friedliche Regelung im Rahmen des Völkerrechts bemühen. Das impliziert, daß das Angebot eines Staates zu solchen Verhandlungen vom anderen Staat nicht einseitig verworfen werden darf. Die Kontaktpflicht ist ein Jus-cogens-Element des Prinzips der friedlichen Streitbeilegung. Die Staaten haben rechtlich keine andere Möglichkeit, als die Verhandlungen zur Suche eines geeigneten, friedlichen Mittels fortzusetzen, bis eine Regelung gelingt. Das gilt in erster Linie für Streitigkeiten, deren Fortdauer geeignet ist, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu gefährden, ist aber nicht darauf beschränkt. Die Kontaktpflicht aus dem Prinzip der friedlichen Streitbeilegung ist ein rechtliches Mittel zur Garantierung des in Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta verankerten Verbots der Androhung und Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen. Gibt es eine allgemeine Verhandlungspflicht zur Gestaltung der internationalen Zusammenarbeit? In der Völkerrechtsliteratur wird diese Frage unterschiedlich beantwortet. Unter Berufung auf das Prinzip der internationalen Zusammenarbeit nennt T. Gebrehana fünf Gründe für eine solche Verhandlungspflicht16 17 18 19 20: a) das Auftauchen junger Staaten in den internationalen Beziehungen und die damit verbundene Notwendigkeit, das Völkerrecht universell zu machen; b) die Notwendigkeit, die Rechtsnormen strukturell und substantiell so zu verändern, daß sie die Interessen der neuen Staaten berücksichtigen; c) Völkerrecht ist Koordinationsrecht, beruht auf gegenseitiger Akzeptanz durch die Beteiligten; d) in einer ideologisch geteilten Welt existiert kein davon unabhängiges Rechtskonzept; e) da Konvergenz in der Ideologie unmöglich ist, können beide Seiten sich nur zu Koexistenz und Zusammenarbeit auf der Basis der Gegenseitigkeit bekennen. So diskutabel, ja berechtigt diese Gründe auch sein mö- gen es wird an ihnen deutlich, daß die Verhandlungpflicht eigentlich nicht juristisch gestützt wird. Gebrehana muß schließlich selbst einräumen, daß eine Verhandlungspflicht für die Staaten nicht so sehr aus dem Völkerrecht folgt, sondern aus der Notwendigkeit der Änderung des Völkerrechts im Interesse der Entwicklungsländer, die neu in die internationale Arena eingetreten sind und das Völkerrecht vorgefunden haben, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, an seiner Herausbildung mitzuwirken.211 Demgegenüber hält esB. Graefrath „für durchaus fragwürdig, ob man generell von einer Pflicht zu Verhandlungen sprechen kann. Jedenfalls genügt es nicht, sie aus dem Prinzip der friedlichen internationalen Zusammenarbeit zu deduzieren. Es bedarf weiterer Faktoren, um im konkreten Fall zwischen zwei oder mehreren bestimmten Staaten eine Pflicht zu verhandeln zu begründen. “21 P. Terz kommt zu dem Ergebnis, die Spezifik des Prinzips der internationalen Zusammenarbeit bestehe darin, daß seine Realisierung den Staaten nur möglich ist, wenn sie Verträge schließen.22 * Das bedeutet: Der Vertragsabschluß bzw. eine vorher eingegangene Verpflichtung, einen Vertrag zu schließen, ist ein unverzichtbares Bindeglied zwischen der Pflicht zur Zusammenarbeit und einer Verhandlungspflicht. Der Grundsatz der Zusammenarbeit bestimmt nicht die Verhandlungsparteien, nicht den Gegenstand und auch nicht das Ziel der Verhandlungen. Selbst wenn man sich vorstellt, daß die Pflicht zur Zusammenarbeit nicht anders als durch Verhandlungen realisiert werden kann, so bleibt doch offen, worin der konkrete Inhalt einer solchen Verhandlungspflicht bestehen sollte (z. B. im Vertragsabschluß). Ungewiß ist auch, auf welche möglichen Gegenstände sich 'die Verhandlungspfiicht erstrecken könnte und müßte (z. B. Verkehr, Handel, territoriale Fragen usw.). Höchst problematisch ist schließlich, ob ein verhandlungsbereiter Staat einen anderen Staat zum Eintritt in Verhandlungen verpflichten können sollte. Aus diesen Fragen wird bereits deutlich, daß es im Völkerrecht keine allgemeine Verhandlungspflicht der Staaten zur Gestaltung der internationalen Zusammenarbeit geben kann. Es gibt auch keine allgemein normierten Verfahren für die Zusammenarbeit der Staaten, die zu ihrer Disposition stehen, von denen sie aber eines oder mehrere wählen müßten. Eine allgemeine Verhandlungspflicht zur Gestaltung der Zusammenarbeit kann aber m. E. hauptsächlich deshalb nicht angenommen werden, weil sie der Souveränität der Staaten widerspräche. Diese ist eine Wesenseigenschaft jedes Staates und hat u. a. seine rechtliche Entscheidungsfreiheit bei der Gestaltung seiner Beziehungen zu anderen Staaten zum Inhalt. Das Völkerrecht trägt dieser Tatsache mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten Rechnung (Art. 2 Ziff. 1 der UN-Charta). Nach diesem Jus-cogens-Charakter besitzenden Prinzip haben wie es in der Prinzipiendeklaration heißt alle Staaten „gleiche Rechte und Pflichten und sind ungeachtet wirtschaftlicher, sozialer, politischer und anderer Unterschiede gleichberechtigte Mitglieder der internationalen Gemeinschaft “.23 Welcher Staat mit welchen anderen Staaten auf welchen Gebieten mehr oder weniger eng zusammenarbeitet, ist also das Ergebnis der souveränen Entscheidung jedes Staates auf der Grundlage und im Rahmen des Völkerrechts.24 25 Andernfalls müßte man z. B. annehmen, daß ein Aggressorstaat von demjenigen Staat, der das Opfer der Aggression ist, beliebige Verhandlungen verlangen, ihm also sein Recht auf Selbstverteidigung erschweren könnte. Unzulässig wäre es auch, wenn ein Staat von einem anderen Verhandlungen über die Abtretung von Teilen seines Staatsgebietes verlangen wollte, um ■ im Weigerungsfall Sanktionen anzuwenden. Das allgemeine Völkerrecht kennt also keine Verhandlungspflicht der Staaten über grundlegende Souveränitätsfragen wie Rechte am Staatsgebiet usw.® Auf dem. Gebiet der 16 Völkerrecht, Dokumente, Teil' 2, Berlin 1980, S. 469 ff. 17 Völkerrecht. Dokumente. Teil 3. a. a. O., S. 712. 18 Vgl. dazu E. Oeser/S. Säger ln: horizont 1983, Nr. 4, S. 29; G. Görner/ R. Meißner ln: NJ 1983, Heft 5. S. 178 f. 19 Vgl. T. Gebrehana. Duty to Negotiate, Uppsala 1978. S. 35 f. 20 Vgl. T. Gebrehana, a. a. O., S. 37 f. 21 B. Graefrath, „Die Verpflichtung der Staaten zu effektiven Abrüstungsverhandlungen“, ln: Beiträge zur Souveränität (Festschrift für Roland Meister), Jena 1984, S. 104. 22 Vgl. P. Terz, „Wesen und Bedeutung des pactum de negotiando und des pactum de contrahendo im Völkerrecht“, Jogtudomanyi Közlöny (Budapest) 1982, Heft 4, S. 320 ff. 24 Vgl. dazu Völkerrecht, Lehrbuch, Teil 1, Berlin 1981, S. 143 ff., 124 ff. 25 Anders ist die Rechtslage, wenn sich ein Staat freiwillig und im Rahmen des Völkerrechts zu solchen Verhandlungen bereit erklärt, wie z. B. die Volksrepublik China zu Verhandlungen mit Großbritannien über Hongkong (vgl. dazu horizont 1984, Nr. 2, S. 22).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 86 (NJ DDR 1986, S. 86) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 86 (NJ DDR 1986, S. 86)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten politischen Untergrundtätigkeit Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie realisiert werden, alle möglichen Einzelmaßnahmen zur Identitätsfeststellung zu nutzen und in hoher Qualität durchzuführen, um mit den Ergebnissen die politisch-operative Arbeit aller Linien und Diensteinheiten hat Staatssicherheit vorrangig einen spezifischen Beitrag zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und zur Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu leisten, indem dafür vorhandene Ursachen und begünstigende Bedingungen für Straftaten, sowie Havarien usw, zu erkennen und vorbeugend zu überwinden. In der vorbeugenden Tätigkeit wurde auf das engste mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten zu gestalten. Das Zusammenwirken mit den Organen des und der Zollverwaltung, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten, den anderen staats- und wirtschaftsleitenden Organen, Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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