Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 52

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 52 (NJ DDR 1986, S. 52); 52 Neue Justiz 2/86 heißen, jenen völkerrechtlichen Grundsätzen verbunden zu sein, die gemäß dem Auftrag aus der Resolution 95 (I) der UN-Voll Versammlung durch die UN-Völkerrechtskommission im Jahre 1950 als „Nürnberger Prinzipien“ formuliert wurden® und die heute einen untrennbaren Bestandteil des allgemein-demokratischen Völkerrechts bilden. Die vom deutschen Faschismus staatlich befohlenen und gelenkten Verbrechen griffen nicht nur schlechthin das Leben und die Gesundheit einzelner an, sondern waren gegen die Existenz ganzer Völker und gegen die Zivilisation überhaupt gerichtet. Daher ist das Recht, auf dessen Grundlage die Tatbeteiligten dieser Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen sind, von einer ganz anderen Qualität als jene Normen, nach denen herkömmliche Straftaten zu ahnden sind. Die gerechte Bestrafung der Verbrechen des Völkermordes gebietet deren völkerrechtsgemäße Verfolgung. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, daß Schuldige ihrer Strafe deshalb entgehen, weil sie von der Gleichsetzung der Naziverbrechen mit innerstaatlich zu ahndenden Straftaten profitieren. Zu welch unbefriedigenden Ergebnissen diese Gleichstellung in der BRD führte, hat erst kürzlich der mit der Aufklärung von Naziverbrechen in den Niederlanden befaßte Staatsanwalt P. M. B r i 1 m a n dargestellt: Nachdem die Regierung der BRD in einem Aide-memoire Ende 1964 die Niederlande um Beweise über die dort während der faschistischen Okkupation verübten Naziverbrechen bat, hat das Reichsinstitut für Kriegsdokumentationen eine Aufstellung aller in Betracht kommenden Straftaten das sog. Sijes-Verzeichnis7 mit umfassenden Beweisen zur Verfügung gestellt. Knapp 20 Jahre danach faßte Brilman das Ergebnis dieser seinerzeit weltweit stark beachteten Rechtshilfe in der knappen Feststellung zusammen: „Keine der Sachen hat zu einer Verurteilung geführt.“8 Ursächlich dafür war vor allem die unterschiedliche materielle und prozessuale Bewertung der Naziverbrechen und ihrer Verfolgbarkeit in beiden Staaten. Das führte schließlich zu der Feststellung des niederländischen Staatsanwalts, daß in den in der BRD eingestellten Fällen „eine Verfolgung und gerichtliche Verhandlung in den Niederlanden noch möglich (ist), falls sich der Täter in unserem Lande zeigen sollte“ 9 Dieses Beispiel belegt sinnfällig, wie untrennbar die Effektivität der Verfolgung der Nazi verbrechen mit deren Qualifizierung als Verbrechen gegen das Völkerrecht verbunden ist. Leider ist nicht zu übersehen, daß verschiedentlich in westlichen Ländern auf gespürte Naziverbrecher mitsamt ihren Verteidigern den dort durchaus nicht immer gebührend zurückgewiesenen Versuch unternehmen, eine vertrauensvolle internationale Zusammenarbeit zu diffamieren, um sie zu verhindern. So hat beispielsweise ein Rechtsanwalt aus Gießen (BRD) verlangt, die von der polnischen Hauptkommission zur Untersuchung der Naziverbrechen vorgelegten Gestapo-Akten als „deutsches Eigentum“ zu beschlagnahmen! Mit welcher Dreistigkeit schwerbelastete Nazis danach trachten, den internationalen Rechtsverkehr zu stören, hat auch der ehemalige SS-Hauptsturmführer Otto von Boischwing demonstriert: Als die Staatsanwaltschaft der DDR den Justizorganen der USA als Beweismaterial u.a. an Adolf Eichmann, den Leiter des „Judenreferats“ im Reichssicherheitshauptamt, gerichtete Spitzelberichte Bolschwings und von ihm verfaßte, für Himmler bestimmte Analysen zum „Judenproblem“ übermittelte, behauptete der Beschuldigte, die Beweise seien gefälscht. Dabei befanden sich auf den Dokumenten die Paraphen zahlreicher SD-Führer, die leicht zu identifizieren waren. Wie viele andere Naziverbrecher mußte schließlich auch Bol-schwing unter der Last der Beweise die Echtheit der Dokumente eingestehen.10 Zu den bedrückendsten Auffälligkeiten gewisser Strafverfahren in westlichen Ländern gehört es, daß manche Angeklagte und ihre Anwälte die meist ausländischen Zeugen noch genauso menschenverachtend behandeln, wie sie das vor mehr als 40 Jahren taten. Jeder Jurist weiß um die physischen und psychischen Belastungen, denen solche Prozeßbeteiligte ausgesetzt sind, die einst selbst Opfer der Naziverbrechen waren. Dennoch hat sich gerade das Gros der ehemaligen Häftlinge des Naziregimes insbesondere trifft das auf die aus politischen Gründen Verfolgten zu bis ins hohe Alter eine zuverlässige Erinnerung an das Tatgeschehen bewahrt, die oft mit einer beeindruckend objektiven, emotionsfreien Wiedergabe des Erlebten gepaart ist. Es ist daher einfach nicht nachzuvollziehen, daß vor geraumer Zeit ein Gericht in Dortmund (BRD) sämtlichen dort vernommenen Zeugen glattweg die Glaubwürdigkeit aberkannte und daß diese Entscheidung durch den Bundesgerichtshof gebilligt wurde.11 Sicher wäre mancher Strafprozeß weniger kompliziert gewesen, hätte man ihn schon vor etwa 30 Jahren betrieben. Daß dies nicht geschah, ist aber nicht den Opfern der Naziverbrechen zuzuschreiben. Vielmehr ist das eine Folge der Politik des kalten Krieges, die dazu führte, daß in bestimmten westlichen Staaten lange Zeit eine wirksame Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrecher unterblieb. 40 Jahre nach Beginn des historischen Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher gilt nach wie vor die Verpflichtung aus der Moskauer Deklaration von 1943, Nazi- und Kriegsverbrecher „bis an das äußerte Ende der Welt zu verfolgen und sie ihren Anklägern auszuliefern, damit ihnen Gerechtigkeit geschehe“.12 Das ist nicht nur eine Abrechnung mit der Vergangenheit, sondern soll auch dazu beitragen, der Wiederholung gleichartiger Verbrechen zu wehren und eine stabile Friedensordnung auf der Welt zu gewährleisten. 6 Resolutionen zur Abrüstung und zur Kodifizierung des Völkerrechts, a. a. O., S. 76. Der Text der von der UN-Völkerrechtskommission formulierten Nürnberger Prinzipien ist dort auf S. 49 f. abgedruckt. 7 Benannt nach S. A. Sijes, wissenschaftlicher Mitarbeiter des niederländischen Reichsinstituts für Kriegsdokumentationen. Er ist Autor der Liste derjenigen Personen, die wegen während der faschistischen Okkupation in den Niederlanden verübter Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wurden bzw. nach denen dort noch heute gefahndet wird. 8 Vgl. Bericht des niederländischen Landesstaatsanwalts, betraut mit der Fahndung nach Kriegsverbrechern und anderen politischen Straftätern aus dem zweiten Weltkrieg, über seine Tätigkeit im Zeitraum von 1982 bis 1984, Den Haag 1985 (S. 29 der inoffiziellen Übersetzung aus dem Niederländischen). 9 Ebenda (S. 53 der inoffiziellen Übersetzung). 10 Am 22. Dezember 1981 - knapp zwei Jahre nach Eingang der DDR-Beweise in den USA sah sich BolsChwing schließlich gezwungen, vor dem zuständigen Gericht des Staates Kalifornien die 1959 erlangte Einbürgerungsurkunde der USA zurückzugeben und in seine Ausweisung einzuwilligen. Dazu kam es Jedoch nicht mehr: Am 9. März 1982 starb der Eichmann-Komplice in Sacramento. 11 Vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1983 - 4 StR 375/83 auszugsweise veröffentlicht in: Neue Zeitschrift für Strafrechtswissenschaft (München) 1984, Heft 4, S. 180. Übrigens soll einer der Richter des BGH während der Urteilsverkündung die Opfer der Naziverbrechen mit einem Zwischenruf an einen außerirdischen „höheren Richter“ verwiesen haben. 12 Vgl. H. Standke/L. Krumbiegel, a. a. O., S. 518. BRD: Leugnen des Nazi-Völkermordes ist nur ein Beleidigungstatbestand Am 1. August 1985 trat in der BRD das 21. Strafrechtsänderungsgesetz vom 13. Juni 1985 (BGBl. 1 S. 965) in Kraft. Die hierdurch herbeigeführte Änderung des StGB der BRD ist in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort „Strafbarkeit der Auschwitzlüge“ bekannt geworden. Jedoch ist die ursprüngliche Absicht, im § 140 StGB einen neuen, selbständigen Straftatbestand zu schaffen, um der vor allem im Rahmen neonazistischer Propaganda zu beobachtenden Leugnung oder Verharmlosung der nazistischen Völkermorde zu begegnen, am Widerstand konservativer Kräfte in der BRD gescheitert. Das Ergebnis ist eine bloße Änderung des § 192 StGB dahingehend, daß Beleidigungen sowie die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, die im Zusammenhang mit ihrer Verfolgung „durch die nationalsozialistische oder eine andere Gewalt- und Willkürherrschaft“ stehen, auch ohne Strafantrag von Amts wegen verfolgt werden können. Wieder einmal haben die herrschenden Kreise der BRD gezeigt, daß eine grundlegende Abrechnung mit den Verbrechen des Faschismus nicht zu ihrem Programm gehört. Unter der Überschrift „,Auschwitzlüge‘ wie gehabt!“ kommentiert Dr. Heinz Düx, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, in der Zeitschrift „Demokratie und Recht“ (Köln) 1985, Heft 2, S. 124 f. die Metamorphose des 21. Strafrechtsänderungsgesetzes. Der Verfasser ruft zunächst in Erinnerung, daß Gesetzgebung und Rechtsprechung seit Gründung der BRD keine Anstrengungen unternommen haben, „den Komplex der nationalsozialistischen Verbrechen nachhaltig und in einem angemessenen zeitlichen Rahmen zu lösen“, und führt u. a. als Beleg das Hickhack der 60er Jahre um die Verlängerung der Verjährungsfrist für NS-Verbrechen sowie die schleppende Verhandlungsführung in Prozessen gegen Nazi- und Kriegsverbrecher an. Zum Thema selbst schreibt Düx: Angesichts dieses lässigen juristischen Umgangs mit den NS-Gewaltverbrechen nimmt es nicht wunder, daß Alt- und Neufaschisten in der Bundesrepublik die Zeit für gekommen erachten, die Massenmorde des deutschen Faschismus und seiner zahlreichen;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 52 (NJ DDR 1986, S. 52) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 52 (NJ DDR 1986, S. 52)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftat arbeitet und in diesem Zusammenhang auch dann objektiv weiteruntersucht, wenn dabei Staatssicherheit , konkret vom PührungsOffizier, subjektiv verursachte Fehler in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Er hat Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben, wenn während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Rostock, Schwerin, Potsdam, Dresden, Leipzig und Halle geführt. Der Untersuchungszeitraum umfaßte die Jahie bis Darüber hinaus fanden Aussprachen und Konsultationen mit Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Abteilung Staatssicherheit und den Abteilungen der Bezirks-VerwaltungenAerwaltungen für Staatssicherheit Anweisung über die grundsätzlichen Aufgaben und die Tätig-keit der Instrukteure der Abteilung Staatssicherheit. Zur Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirks Verwaltungen Versorgungsbasen zu planen und vorzubereiten. Ihre standortmäßige Entfaltung unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes ist im Rahmen der Ausweichplanung festzulegen.

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