Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 492

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 492 (NJ DDR 1986, S. 492); 492 Neue Justiz 12/86 Das ist der wesentliche Teil einer solchen Erklärung. Die Begründung der USA-Regierung für ihre Mißachtung des Gerichts kann deshalb nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Nichtrespektierung der Zuständigkeitsentscheidung wie die Nichtrespektierung der Sachentscheidung eine schwerwiegende Völkerrechtsverletzung ist. Sie stellt die Gerichtsbarkeit als Mittel der friedlichen Streitbeilegung überhaupt in Frage. Ebenso wie die Zuständigkeitsentscheidung haben die USA auch die Sachentscheidung des IGH ignoriert. Und sie haben den Versuch Nikaraguas, gemäß Art. 94 Abs. 2 der UN-Charta den UN-Sicherheitsrat für die Durchsetzung des Urteils in Anspruch zu nehmen, mit ihrem Veto vereitelt. Dies wiegt um so schwerer, als sich die Entscheidung des IGH in diesem Fall nicht mit irgendwelchen völkerrechtlichen Regeln beschäftigt, die man so oder anders vereinbaren kann, sondern mit grundlegenden Prinzipien, die für die friedliche internationale Zusammenarbeit aller Staaten von zentraler Bedeutung sind. -v Als Nikaragua Ende Juli 1986 den Sicherheitsrat anrief, unterstrich Präsident Daniel O r t e g a die allgemeine Bedeutung des Antrags für die internationalen Beziehungen: „Heute bin ich in einer Angelegenheit vor den Sicherheitsrat gekommen, die nicht nur uns und nicht nur alle Mitglieder des Sicherheitsrates, sondern alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen betrifft. Ich bin gekommen, weil es um das Überleben der internationalen Rechtsordnung und des Völkerrechts selbst geht. Es ist der Bestand des Völkerrechts, der heute bedroht ist Wenn die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs, die sich auf grundlegende Prinzipien des Völkerrechts stützt, nicht respektiert und unterstützt wird, was wird dann das Schicksal des Gerichts sein? Was wird das Schicksal der internationalen Rechtsordnung und der grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts sein, auf die der Gerichtshof seine Entscheidung gründete?“26 Dies war auch die Sorge fast aller Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. Das kommt sowohl im zurückhaltenden Text des Resolutionsentwurfs (S/18250 vom 31. Juli 1986) als auch in der Abstimmung zum Ausdruck. Die Annahme der Resolution wurde durch das Veto der USA verhindert26 27 28 29, obgleich sich ihr Text darauf beschränkte, die Bedeutung des IGH zu bekräftigen, dringlich zur Einhaltung des Urteils aufzurufen, an die Verpflichtung zur friedlichen Beilegung von internationalen Streitigkeiten zu erinnern und alle Staaten aufzurufen, die Friedensbemühungen der Contadora-Gruppe zu unterstützen. Nach der Abstimmung wertete die Vertreterin Nikaraguas im Sicherheitsrat das Veto der USA als einen „Ausdruck für mangelnden Respekt gegenüber der internationalen Rechtsordnung und den Normen der friedlichen Koexistenz zwischen den Staaten “28, als eine Stimme gegen die grundlegenden Normen und Prinzipien des Völkerrechts.28a Die Sachentscheidung des IGH und seine Mißachtung durch die USA Der direkte Bezug zu den grundlegenden Völkerrechtsprinzipien ist durch die Entscheidung des IGH selbst begründet. Der Gerichtshof hatte es abgelehnt, seiner Entscheidung die Bestimmungen der UN-Charta oder der Charta der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) als bloße Regeln eines multilateralen Vertrags zugrunde zu legen. Er hielt die Bedingung der USA für anwendbar, mit der die Anerkennung der Zuständigkeit des Gerichtshofs bei Streitigkeiten aus multilateralen Verträgen davon abhängig gemacht wird, daß alle Staaten, die von der Entscheidung betroffen werden, an dem Verfahren teilnehmen.29 Es mag schon höchst fragwürdig sein, ob eine solche Bedingung bei der Anerkennung der obligatorischen Zuständigkeit des IGH überhaupt zulässig ist.30 Jedenfalls aber sollte sie nicht dazu führen, die Anwendbarkeit internationaler Verträge auszuschließen, die allgemein anerkannte Nor-' men des Völkerrechts kodifizieren, wenn die Parteien Partner dieser Verträge sind. Diese kritikwürdige Entscheidung hatte zur Folge, daß eine direkte Anwendung der UN-Charta und der Charta der OAS bei der Rechtsfindung nicht möglich war. Der IGH war infolgedessen gezwungen, die einzelnen Rechtsverletzungen abgesehen von den Verletzungen des Vertrags zwischen den USA und Nikaragua über Freundschaft, Handel und Schifffahrt vom 21. Januar 1956 als Verletzungen allgemeinen Gewohnheitsrechts nachzuweisen. Er mußte sich ausführlich über das Verhältnis von Vertragsrecht und Gewohnheitsrecht äußern.31 32 Das hat dazu geführt, daß der Gerichtshof sich veranlaßt sah darzustellen, in welchem Umfang solche grundlegenden Prinzipien wie das Gewaltverbot, das Interventionsverbot, das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung oder das Prinzip der Souveränität heute allgemeine Prinzipien des Völkerrechts sind, die die Staaten in ihren internationalen Beziehungen zu beachten haben und die nicht durch irgendwelche Erklärungen beiseite geschoben werden können. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen, daß der IGH in solcher Breite Inhalt und allgemeine Verbindlichkeit dieser grundlegenden Prinzipien des gegenwärtigen Völkerrechts darstellt, sie bekräftigt und ihrer Aushöhlung durch eine willkürliche „Sanktionspolitik“ entgegentritt. Damit erlangt das Urteil eine über den konkreten Interventionsfall weit hinausgehende prinzipielle Bedeutung. Nach sorgfältiger Abwägung des ihm vorgelegten Beweismaterials hat der IGH gestützt auf allgemeines Völkerrecht am 27. Juni 1986 entschieden33: daß die Unterstützung der Contras durch die USA eine Verletzung des Interventionsverbots darstellt (12 zu 3); daß eine Reihe von Angriffen auf nikaraguanische Häfen und Küstenanlagen eine Verletzung des Gewaltverbots darstellt (12 zu 3); daß diese Aktionen ebenso wie das nicht genehmigte Überfliegen nikaraguanischen Territoriums eine Verletzung der Souveränität Nikaraguas darstellen (12 zu 3); daß die Verminung nikaraguanischer Gewässer durch die USA eine Verletzung des Gewaltverbots, des Interventionsverbots und der Souveränität Nikaraguas sowie des friedlichen Seeverkehrs darstellt (12 zu 3); daß diese Akte zugleich eine Verletzung des Art. 19 des Vertrags über Freundschaft, Handel und Schiffahrt zwischen den USA und Nikaragua von 1956 sind (14 zu 1); daß es eine Verletzung des Völkerrechts ist,. Minen zu legen, ohne das Gebiet bekanntzugeben (14 zu 1); daß die Herausgabe des Handbuchs über den Guerillakrieg und seine Verbreitung unter den Contras eine Ermutigung zur Verletzung der Prinzipien des humanitären Völkerrechts ist (14 zu 1); , daß die Angriffe auf das Territorium Nikaraguas und das allgemeine Embargo vom 1. Mai 1985 eine Verletzung des o. g. Vertrags von 1956 sind (12 zu 3); daß die USA verpflichtet sind, die völkerrechtswidrigen Aktionen einzustellen und den verursachten Schaden zu ersetzen (12 zu 3). Gewissermaßen als Antwort auf diese für das gegenwärtige Völkerrecht grundlegende Entscheidung des IGH hat der USA-Kongreß beschlossen, den Contras eine weitere Militärhilfe von 100 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wurde für die CIA das Verbot der sog. verdeckten Aktionen worunter auch die Minenlegeaktionen in nikaraguanischen Gewässern fielen ausdrücklich aufgehoben. Damit wird nicht nur das Urteil des IGH mißachtet, das Verletzungen des Gewaltverbots, des Interventionsverbots, des Prinzips der souveränen Gleichheit und des huma- 26 S/PV. 2700, S. 6 und 21. 27 S/PV. 2704, S. 54 f. Für die Resolution stimmten Australien, Bulgarien, "China, Kongo, Dänemark, Ghana, Madagaskar, Trinidad und Tobago, UdSSR, Vereinigte Emirate, Venezuela. Stimmenthaltung ‘übten Frankreich, Thaüand und Großbritannien. Dagegen stimmten allein die USA. 28 S/PV. 2704, S. 63. 28a Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates forderte am 28. Oktober 1986 die USA erneut nachdrücklich auf, das Urteil des IGEP zu befolgen und die Unterstützung für die gegen Nikaragua kämpfenden Contras einzustellen. Die Annahme des von den nichtpaktgebundenen Mitgliedstaaten eingebrachten entsprechenden Resolutionsentwurfs wurde wiederum durch das Veto der USA verhindert. Auf Antrag Nikaraguas wurde die Nichtbefolgung des IGH-Urteils zusätzlich auf die Tagesordnung der 41. Tagung der UN-Vollversammlung gesetzt. Die Vollversammlung forderte am 3. November 1986 die USA auf, umgehend dem IGH-UrteU Folge zu leisten und die Finanzierung militärischer und anderer Aktivitäten gegen Nikaragua einzusteilen. Die Resolution wurde mit 94 Stimmen gegen 3 Stimmen (USA, Israel und El Salvador) bei 47 Stimmenthaltungen angenommen. 29 I. C. J. Reports 1986, para. 42 f. 30 Vgl. dazu H. W. Briggs, „Nicaragua v. United States: Jurisdiction and Admissibility”, AJH, Bd. 79 (1985), S. 378; vgl. auch die Sondervoten der Richter Nagendra Singh (Präsident), Sette-Camara, Elias, Ni Zhengyu, Ruda. 31 I. C. J. Reports 1986, para. 172 f. Wir können hier auf diese rechts-theoretisch außerordentlich wichtigen Fragen nicht näher eingehen. 32 I. C. J. Reports 1986, para. 292. In Klammern ist das Abstimmungs- verhältnis angegeben.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 492 (NJ DDR 1986, S. 492) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 492 (NJ DDR 1986, S. 492)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

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