Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 485

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 485 (NJ DDR 1986, S. 485); Neue Justiz 12/86 485 Nürnberg mahnt und warnt! GÜNTER WENDLAND, Kandidat des Zentralkomitees der SED und Generalstaatsanwalt der DDR Aus Anlaß des 40. Jahrestages der Urteilsverkündung im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß fand vom 11. bis 13. November 1986 in Moskau eine internationale wissenschaftliche Konferenz zum Thema „Die Lehren von Nürnberg“ statt. Auf dieser Konferenz, die von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR veranstaltet wurde und an der rund 400 namhafte Wissenschaftler, Juristen und andere Persönlichkeiten aus mehr als 20 Ländern teilnahmen, hielt der Leiter der DDR-Delegation, Generalstaatsanwalt G. Wendland, eine Ansprache, die wir nachstehend auszugsweise veröffentlichen. D. Red. Die Grundsätze über die Verfolgung’ und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse, die im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß erstmals angewandt und danach von der Vollversammlung der Vereinten Nationen als die sieben Nürnberger Prinzipien bestätigt wurden, sind Ausdruck einer nachhaltigen Veränderung des Völkerrechts. Erstmals wurden damit strafrechtliche Konsequenzen aus der Verletzung des Aggressionsverbots gezogen und die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach allgemeinem Völkerrecht begründet. Seitdem besteht ein völkerrechtliches Gebot, diese Untaten entsprechend ihrem friedenszerstörenden Wesen völkerrechtsgemäß zu verfolgen. Sie sind universell nämlich sowohl räumlich wie zeitlich unbefristet zu ahnden. Auch die UN-Konven-tion über die Nichtanwendung von Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom 26. November 1968 geht von diesen Grundsätzen aus. Wir fühlen uns besonders verpflichtet, das Erbe von Nürnberg zu bewahren, eine konsequente Aufdeckung, Aufklärung und Ahndung der faschistischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu gewährleisten: Schließlich war es der deutsche Imperialismus, der vor fünf Jahrzehnten aufbrach, um Europa und andere Erdteile mit der Brandfackel des Krieges in Flammen zu setzen, vielen Millionen Menschen unsagbares Leid und Elend züzufügen und Verbrechen von bis dahin ungekannten Dimensionen zu verüben. Unser Staat ist sich stets bewußt gewesen, daß die konsequente Verfolgung der faschistischen Untaten ein wesentliches Element zur Verhütung künftiger internationaler Verbrechen darstellt. Sie ist ein gewichtiger Beitrag, um zu verhindern, daß jemals wieder vom deutschen Boden ein Krieg ausgeht. Der vormalige Generalstaatsanwalt unseres Landes, Dr. Dr. h. c. Josef Streit, selbst Kämpfer gegen den Faschismus und sieben Jahre in faschistischen Konzentrationslagern inhaftiert, hat das kürzlich in einem Interview für die sowjetische Zeitschrift „Sozialistitscheskaja sakonnost“ in die Worte gekleidet: „Nazi- und Kriegsverbrecher bis in ihre letzten Schlupfwinkel zu verfolgen und zu bestrafen betrachteten wir von der ersten Stunde an als einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung des Hauptanliegens der Völker, Faschismus und Krieg nie wieder züzulassen. Bereits in ihrem programmatischen Aufruf vom 11. Juni 1945 hatte die Kommunistische Partei Deutschlands die unnachsichtige Ahndung aller Nazi verbrechen gefordert. Wenig später schloß sich der Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien in der damaligen sowjetischen Besatzungszone diesem Verlangen an und gab der Erwartung Ausdrück, daß die neugebildeten, mit bewährten Antifaschisten besetzten deutschen Strafverfolgungsbehörden alle jene Naziverbrecher zur Verantwortung ziehen, die nicht der Aburteilung durch alliierte Gerichte unterlagen. In der Tat wurde auf unserem Territorium unmittelbar nach der Zerschlagung des Faschismus damit begonnen, die sozialökonomischen Grundlagen des Faschismus zu liquidie- ren. Das ging einher mit der Entfernung aller Belasteten aus sämtlichen Ämtern und Funktionen. Schließlich begannen unsere neugebildeten antifaschistischen Strafverfolgungsorgane bereits wenige Monate nach der Befreiung unseres Volkes vom Faschismus, die Verantwortlichen der Nazi-Untaten zu ermitteln und zu bestrafen. Gesetzgebung und Rechtsprechung unseres Staates haben stets berücksichtigt, daß sich diese Verbrechen sowohl durch ihre Ursachen und Triebkräfte als auch durch ihre Zielrichtung, Systematik und Perfektion grundlegend von allen anderen Straftaten unterscheiden: Es handelte sich um staatlich geplante und organisierte Verbrechen von einem bis dahin imgekannten Ausmaß, die sich letztlich gegen das höchste Rechtsgut richteten, das die Menschheit kennt: den internationalen Frieden; denn alle diese Straftaten wurden in Vorbereitung und Durchführung von Aggression und Okkupation verübt. Die Verfolgung der Naziverbrechen bedeutete in erster Linie, deren Initiatoren und Haüpttäter habhaft zu werden und sie vor Gericht zu überführen, was durchaus nicht immer einfach war. Häufig handelte es sich bei ihnen um in den Gymnasien und Universitäten ausgebildete Schreibtischtäter, die oft keineswegs einem herkömmlichen Mörderklischee entsprachen. Dazu kam jene verschiedentlich recht komplizierte Ermittlungen bedingende Eigenheit dieser Kriminalität, daß die Verantwortung der Täter häufig mit deren funktionaler und räumlicher Distanz zum eigentlichen Tatgeschehen stieg. Solche Personen aufzuspüren und abzuurteilen war immer eine vorrangige Aufgabe unserer Strafverfolgungsorgane. Mit gleicher Konsequenz wurden auch die Täter verfolgt, die die Morde unmittelbar organisierten und ausführten. Seit dem 8. Mai 1945 bis zum heutigen Tage wurden auf dem Territorium unserer Republik insgesamt 12 876 Personen wegen ihrer Teilnahme an faschistischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtskräftig verurteilt. Die Aufklärung der Naziverbrechen ist nicht zuletzt das Resultat der seit Anbeginn kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit jenen Staaten, die die Hauptlast der faschistischen Massenverbrechen zu tragen hatten. In zahlreichen Fällen konnten unsere Justizorgane ihre Feststellungen auf sachdienliche Bekundungen ausländischer Zeugen, die vor allem aus der UdSSR, der Volksrepublik Polen und der CSSR stammten, oder auf andere Beweise stützen, die insbesondere die sozialistischen sowie auch andere Staaten zur Verfügung gestellt hatten. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den Justizorganen aller hier in Betracht kommenden Länder und den Organisationen der antifaschistischen Widerstandskämpfer ausdrücklich für die Unterstützung zu danken, die sie unserer Justiz bei der Aufdeckung und Ahndung von Nazi-Untaten erwiesen haben. Heute kann man feststellen: Die vereinten Anstrengungen der sozialistischen Staatengemeinschaft, der Kämpfer gegen das Naziregime und weiterer demokratischer Kräfte, die der Entmachtung von schwerbelasteten Tatbeteiligten der faschistischen Verbrechen dienten, trugen dazu bei, Vertrauen zu fördern. Vielfach haben antifaschistische Widerstandskämpfer als Sachverständige oder unmittelbare Tatzeugen auch in westlichen Gerichtssälen die Verbrechen der gesamten verwal-tungs- und industriemäßig betriebenen Völkermordhierarchie zu entlarven geholfen. Mit ihren Aussagen trugen sie dazu bei, jene soweit das überhaupt geschehen ist dort oft erst nach Jahrzehnten zur Verantwortung gezogenen Mordbüttel der SS in den Konzentrations- und Vernichtungs- 1 1 Sozialistitscheskaja sakonnost 1986, Heft 5, S. 23 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 485 (NJ DDR 1986, S. 485) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 485 (NJ DDR 1986, S. 485)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gosellschafts-schädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischsn Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Feindtätigkeit sicher und effektiv zu lösen. Die dient vor allem der Konzentration Operativer Kräfte und Mittel der Diensteinheiten Staatssicherheit auf die Sicherung der Schwerpunktbereiche und die Bearbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte. Das politisch-operative ist unter konsequenter Durchsetzung der spezifischen Verantwortung Staatssicherheit für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und die Tatsache, daß sie über spezifische Kenntnisse zu den Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Dugendlicher und die zu deren vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Besatigurtß aller die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaft tjänstalten beeinträchtigenden Faktoren, Umstände undiegiinstigonden Bedingungen, Ür Gerade die TutgciijjS ,ri.daß es sich bei den straf- prozessualen Beweismitteln nur um solche offiziellen Beweis-mittel, die entweder. in das Strafvsrfahren auf den strafprozessual zulässigen Wegen eingeführt werden, Beide Wege werden inbchnitt im Zusammenhang mit der Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug, wie Aufnahmeverfahren durch die Diansteinheiten der Linie Erstvernehmung durch die Diensteinheiten der Linie ärztliche Aufnahmeuntersuchung, richterliche Vernehmung innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gewinnen wollten. Obwohl in beiden Fällen bereits Gespräche mit feindlichnegativen Personen geführt wurden, war es noch zu keinem organisatorischen Zusammenschluß gekommen.

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