Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 444

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 444 (NJ DDR 1986, S. 444); 444 Neue Justiz 11/86 2. Ausschusses der 4. Kommission der UN-Gründungskonfe-renz in San Franzisko rechtsverbindliche Kraft besitzen.32 33 Weiterhin muß bei der Beurteilung berücksichtigt werden, daß der Inhalt der Unabhängigkeitsdeklaration über die UN-Charta hiriausgeht und daß sie eine Weiterführung dessen darstellt, was im Prinzipienkatalog zur Gleichberechtigung und zum Selbstbestimmungsrecht der Völker ausgesagt ist. Die Unabhängigkeitsdeklaration ist zu Völkergewohnheitsrecht geworden, weil die Staaten in ihrem Verhalten dieser Resolution entsprechen und durch ihr Handeln sowie durch ausdrückliche Bekundungen deutlich machen, daß sie sich zu diesem Verhalten verpflichtet fühlen.33 Die Kolonialstaaten und andere imperialistische Länder führten 1960 zur Begründung für ihre Stimmenthaltung bei der Abstimmung über die Resolution 1514 (XV) u. a. an, daß der Text der Unabhängigkeitsdeklaration nicht dem Text der UN-Charta entspreche. Doch in den vergangenen 26 Jahren ist in zahlreichen Resolutionen der UN-Vollversammlung die Übereinstimmung der Unabhängigkeitsdeklaration mit der UN-Charta und mit der internationalen Praxis bestätigt worden. Schon ein Jahr nach der Annahme der Deklaration wurde durch die Resolution 1654 (XVI) der Dekolonisierungsausschuß geschaffen, der die Befugnis hat, der Vollversammlung Maßnahmen zur Verwirklichung der Deklaration in den Kolonialgebieten vorzuschlagen. Weiterhin kann er und darin liegt vor allem seine aktuelle Bedeutung den Sicherheitsrat über den Frieden und die Sicherheit bedrohende Situationen, die von diesen Gebieten ausgehen, informieren. Die national befreiten Staaten berufen sich in ihren Aktionen ständig auf die Unabhängigkeitsdeklaration, wie auch in den nachfolgenden Resolutionen der Vollversammlung vielfach Bezug auf die Unabhängigkeitsdeklaration genommen wird, so daß sie längst als wichtigstes Instrument zur Durchsetzung des in der UN-Charta verankerten Prinzips der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechts der Völker wirkt. Die Effektivität der Deklaration ist auch daran bewiesen, daß sich über 50 Staaten in ihrem Befreiungskampf auf diese Resolution berufen haben. Der internationale Entwicklungsprozeß bewirkte also durch positives Verhalten der Staaten ein Akzeptieren dieser Resolution. So ist es auf dem Wege des Völkergewohnheitsrechts zu einer allgemeinen Anerkennung der Unabhängigkeitsdeklaration im Kampf um die Selbstbestimmung gekommen. Die Unabhängigkeitsdeklaration ist zu einer völkerrechtlichen Norm gewachsen. Ihre völkerrechtliche Verbindlichkeit ist anerkannt. Die Rechtsüberzeugung als Beschleuniger der Herausbildung von Völkergewohnheitsrecht Es ist auch wie das Beispiel der Unabhängigkeitsdeklaration zeigt eine Tendenz zu erkennen, daß die langwierige Herausbildung von Völkergewohnheitsrecht teilweise ergänzt wird durch die Formulierung von Rechtsüberzeugüngen in Resolutionen. Die Rechtsüberzeugung wirkt als Beschleuniger des Prozesses der Gewohnheitsrechtsbildung. Rechtsüberzeugung scheint m. E. die Dialektik von. Völkerwillen und Völkerrecht anzudeuten und zu fördern, und zwar in Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Lauf der Geschichte. Objektiv hat sich das Tempo der internationalen Kooperation beschleunigt, und die Verflechtung hat weiter zugenommen. Unter diesen Bedingungen werden die lange Zeit gültigen Merkmale und Voraussetzungen des Völkergewohnheitsrechts relativiert. Der gesellschaftliche Wachstumsprozeß erfaßt die internationalen Prozesse und damit die Rechtsbildung im Völkerrecht. Die Berufung auf Rechtsüberzeugungen, die in langer Tradition gewachsen sind und die auch aus unterschiedlichen Quellen fließen können, ersetzt weiterhin den Zeitablauf. Durch das ständig wachsende Bedürfnis der Staaten, internationale Zusammenarbeit auf den verschiedenen traditionellen und auch auf neuen Gebieten zu betreiben und diese nach entsprechenden Regelungen zu gestalten, wird ein diesem Entwicklungstempo angepaßter schnellerer Weg als über das Gewohnheitsrecht gesucht und in der Verabschiedung von Resolutionen gefunden. Dabei liefert die Praxis in den Vereinten Nationen, bestimmte Resolutionen ständig Wiederkehrend zu erwähnen, das Element der Wiederholung, das für die Entstehung von Gewohnheitsrecht, von Bedeutung ist.3 So läßt sich eine bestimmte Analogie zur Entstehung von Gewohnheitsrecht, insbesondere unter dem Aspekt der Wiederholung, auf die Resolutionen anwenden. Das heißt nicht, daß automatisch eine ständige Wiederholung der Inhalte von Resolutionen oder ihre ständige Erwähnung Gewohnheitsrecht schafft; es heißt je- doch, daß diese UN-Praxis die Schaffung von Gewohnheitsrecht stimuliert. Entscheidend ist vielmehr, daß die Staaten ihren Willen zum Ausdruck bringen (opinio juris), daß sie mit einer bestimmten Praxis übereinstimmen. Die Staaten müssen eine Praxis als rechtlich verpflichtend anerkannt haben; erst dann ist die Voraussetzung erfüllt, daß es sich dabei um Gewohnheitsrecht handelt. Eine entsprechende Aussage des Staates muß nachweisbar sein. Diese äußert sich in der Regel in einer praktischen Übung, einem Brauch oder einer Gewohnheit. Bei Vorliegen dieser Kriterien kann von völkerrechtlich verbindlichem Gewohnheitsrecht gesprochen werden.35 36 Die rechtliche Relevanz der Resolutionen Generell stimmen die Resolutionen insofern überein, als sie Vorstufen in der Rechtsbildung darstellen, jedoch in unterschiedlicher Nähe zur Schwelle dessen, was schließlich unter einer Rechtsnorm zu verstehen ist. Nur so kann auch die Formulierung des Internationalen Gerichtshofs in seinem Namibia-Gutachten begriffen werden, von einer „Musterwirkung“ („operative design“) von Resolutionen zu sprechen.35 Danach haben Resolutionen diese Wirkung dann, wenn ihr Inhalt allgemeine Anerkennung gefunden hat. Daß die Prinzipiendeklaration eine andere Stellung als die übrigen Resolutionen besitzt, ergibt sich wie bereits dargelegt aus ihrem Charakter als authentischer Interpretation der UN-Charta. Zudem ist sie als Teil einer Kodifikationsarbeit zu begreifen.37 Auch der Internationale Gerichtshof beruft sich bei der Klage Australiens gegen Frankreich wegen der Atomversuche im Pazifischen Ozean auf die Prinzipiendeklaration: Australien führte diese Deklaration an, und der Gerichtshof hat bei der Klärung der Frage, ob es eine Streitigkeit politischen oder rechtlichen Charakters sei, die australische Begründung herangezogen und festgestellt, daß, mit dem Zitieren der Prinzipiendeklaration normatives Material benutzt worden sei.38 Verallgemeinernd seien folgende Ursachen für die ständig zunehmende Bedeutung von Resolutionen der UN-Vollversammlung genannt: . Im Gefolge des Dekolonisierungsprozesses hat sich die Anzahl der UN-Mitgliedstaaten mehr als verdoppelt. Die UNO hat nunmehr Universalität erreicht und stellt das breiteste Forum der Meinungsbildung dar. Die UNO erweist sich zunehmend als geeignete Form friedlicher Koexistenz und zugleich der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit den jungen Nationalstaaten. Mit zunehmender Internationalisierung auf allen Gebieten, bei objektiven Weltproblemen, die nur im Prozeß der Zusammenarbeit lösbar sind, wird durch entsprechende Resolutionen eine Koordinierung vorgenommen. Es entstehen neue Regelungsgebiete, wie beispielsweise der internationale Umweltschutz. Der Einfluß der Völker auf die Staaten zur Gestaltung der internationalen Beziehungen, beispielsweise ausgedrückt in der öffentlichen Meinung, ist gewachsen. Das zeigt sich besonders bei Forderungen zur Rüstungsbegrenzung und Abrüstung. Die Resolutionen, so läßt sich schlußfolgernd sagen, üben einen großen und zunehmenden Einfluß auf die Bildung und Fortentwicklung des Völkerrechts aus. Wenn auch der juristische Bindungswillen durch die Staaten fehlt und die Resolutionen somit nicht unmittelbar mit völkerrechtlicher Verbindlichkeit ausgestattet sind, so haben sie doch eine Wirkung auf die Staaten und internationalen Organisationen und ihre Tätigkeit, d. h. somit wiederum auf das Zustandekommen von Resolutionen, aber auch auf völkerrechtliche Vereinbarungen vertragsrechtlichen und insbesondere gewohnheitsrechtlichen Charakters. Das heißt also: die Wirkungen der Resolutionen sind politisch-rechtlicher Natur. Die Resolutionen können ihrem empfehlenden Charakter gemäß nicht unmittelbar Rechtspflichten aussprechen, können diese aber im Hinblick auf künftige Vereinbarungen durch die in ihnen formulierten Erwartungen auf künftiges Verhalten erzeugen. Resolutionen sind also, ohne selbst unmittelbar Rechtsnormen zu sein, rechtlich relevant. 32 Vgl. Völkerrecht, Lehrbuch, Teil 1, a. a. O., S. 208, und Teil 2, Berlin 1982, S. 37. 33 Vgl. Völkerrecht, Grundriß, a. a. O., S. 172. 34 Vgl. G. I. Tunkin, Theorie des Völkerrechts, a. a. O., S. 74. 35 Vgl. Völkerrecht, Lehrbuch, Teil 1, a. a. O., S. 201. 36 ICJ Reports 1971, S. 50. 37 Vgl. B. Graefrath, „Deklaration über die grundlegenden Völkerrechtsprinzipien“, Deutsche Außenpolitik 1971, Heft 3, S. 476. 38 Vgl. ICJ Reports 1974, S. 361 und 366.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Referate Auswertung der der erreichte Stand bei der Unterstützung der Vorgangsbear-beitung analysiert und auf dieser sowie auf der Grundlage der objektiven Erfordernisse Empfehlungen für die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der richten, rechtzeitig aufzuklären und alle feindlich negativen Handlungen der imperialistischen Geheimdienste und ihrer Agenturen zu entlarven. Darüber hinaus jegliche staatsfeindliche Tätigkeit, die sich gegen die politischen und ökonomischen Grundlagen der Macht der Arbeiterklasse richten, zu unterbinden. Das Staatssicherheit hat weiterhin seine Arbeit auf die Überwachung Straftat begünstigender Bedingungen und Umstände sowie zur Schadensverhütung; die effektive Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten das evtl, erforderliche Zusammenwirken mit staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen, die zur Herausarbeitung und Durchsetzung bedeutsamer Sicherheitserfordernisse, zum Erarbeiten operativ bedeutsamer Informationen über die Lage im Verantwortungsbereich sowie zur Legendicrung operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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