Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 375

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 375 (NJ DDR 1986, S. 375); Neue Justiz 9/86 375 feldes, der stochastischen Verteilung für typische Verhaltensweisen und der mehr oder weniger genauen Kenntnis der Rechtsnormen sowie der moralischen Normen. Hinzu kommen die gesellschaftlichen Erfahrungen (soweit sie nicht in der Gesetzeskenntnis, in der Bedingungsanalyse und in den Rechtsnormen enthalten sind) und die individuellen Erfahrungen. Berechnung optimaler Entscheidungen Es gibt keinen abarbeitbaren Algorithmus, mit dem optimale Entscheidungen berechnet werden können. Von den Menschen zu treffende Entscheidungen sind deshalb nicht ersetzbar, weil, in die Entscheidungen die entsprechenden gesellschaftlichen und persönlichen Handlungsziele eingehen, Erfahrungen der Entscheidungsträger unterschiedlich sind und nicht alle Bedingungen und möglichen zufälligen Verhaltensweisen erkannt werden können.12 Dazu ist die Kenntnis objektiver Bedingungen und Gesetzessysteme erforderlich, um die Varianzbreite möglichen Verhaltens abschätzen zu können. Verhaltensstrategien dürfen so nicht nur die günstige Variante zur Erreichung des Zieles berücksichtigen. Für die Verwirklichung ungünstiger Möglichkeiten sind Reserven bereitzustellen. Außerdem müssen Sicherheitsrisiken getragen werden. Um bei unterschiedlichen Entscheidungen das unterschiedlich in der statistischen Denkweise berücksichtigte Verhältnis von System und Element zu beherrschen, ist die Dialektik von Effektivität und Humanität zu beachten. Der sozialistische Humanismus, der mit Hilfe entwickelter Produktivkräfte der Beherrschung der Umwelt und damit dem optimalen Freiheitsgewinn der Persönlichkeit dient, erweist sich als Zielfunktion menschlichen Handelns, als Bewertungskriterium und als Anforderungsstrategie. Risiko und rechtliche Verantwortlichkeit Aus dem dialektischen Determinismus ergibt sich die Notwendigkeit umfassender Entscheidungs- und Risikoanalysen. Im Rahmen des geforderten Risikos sind die berechtigten und vermeidbaren Risiken exakt voneinander abzuheben. Fahrlässigkeit kann sich u. E. nicht auf das gesetzmäßige und auch nicht auf das geforderte und berechtigte Verhaltensrisiko beziehen. Nur spontanes Handeln, das ungerechtfertigte und vermeidbare Gefahrenpotentiale einschließt, kann Grundlage der Fahrlässigkeit sein. Es muß ein umfassender rechtlicher Schutz für all jene Entscheidungen existieren, die auf der Grundlage von gesetzmäßigen Erfordernissen getroffen werden und die berechtigte Unsicherheiten einbeziehen. Zu fordern ist ein kalkulierbares Risiko, sind schöpferische Entscheidungen und Handlungen sowie die Wahrnahme von Verantwortung in umfassendem Sinne: im Hinblick auf die Aufgabe, deren Bewältigung und deren Resultat. Verantwortung wird zur rechtlichen Verantwortlichkeit, wenn Rechtsnormen die Durchführung oder Unterlassung von Handlungen fordern. Die rechtliche Verantwortlichkeit erfordert die Erziehung zum Verantwortungsbewußtsein (Gewissen als Ausdruck gesellschaftlicher humaner Werte in persönlicher Ausprägung). Entwickeltes Verantwortungsbewußtsein setzt die Kenntnis der Ziele der Tätigkeit (Hauptforderungen), der moralischen und Rechtsnormen, des Nutzens und der möglichen Schäden sowie das Training für Entscheidungen in Havariesituationen voraus. Die Normen als Wertmaßstäbe und Verhaltensregulatoren müssen das gesellschaftlich Durchsetzbare und human Vertretbare enthalten, d. h. sie müssen den aus dem Entwicklungsgeschehen abgeleiteten objektiven Erfordernissen und den gesellschaftlichen Werten des Sozialismus entsprechen. Ohne die Berücksichtigung der Werthierarchie, d. h., ohne die Beachtung von Prioritäten wie Sicherheit, Effektivität und Demokratie käme es zum Normenfetischismus, der alles gleichzeitig mit gleicher Priorität regeln würde. Da so etwas nicht möglich ist, kommt es zuweilen zum Normennihilismus. Dabei werden die Normen überhaupt übergangen, weil widersprüchliche Normen existieren und die Rangfolge nicht beachtet wird. Grundnormen müssen deshalb die Varianzbreite für Entscheidungen berücksichtigen: Jedes Individuum unterscheidet, sich vom anderen, und trotzdem muß jedem klar sein, wann die Pflichtverletzung beginnt und Rechtsfolgen der Verantwortlichkeit eintreten. Die Grundnormen müssen überschaubar und beständig sein. So ist in der Normenhierarchie initiativreiches schöpferisches Handeln höher zu bewerten als einfache Pflichterfüllung. Klare Prioritäten, Überschaubarkeit und Beständigkeit helfen bei der Herausbildung des Verantwortungsbewußtseins. Das Recht muß also mit seinen normativen Forderungen staatlich durchsetzbar und individuell erfüllbar sein. Konsequenzen des dialektischen Determinismus für die Bewertung von Gesetzmäßigkeit, Zufall und Verantwortung bei Schadensereignissen Die philosophisch-theoretischen Erkenntnisse und Aussagen zum dialektischen Determinismus führen in strikter Entgegensetzung zum mechanischen und technologischen Determinismus zu Konsequenzen für das gesamte rechtswissenschaftliche und rechtspraktische Denken und Handeln. Insbesondere ist zu beachten, daß alle Entscheidungen und Handlungen der Menschen stets in Möglichkeitsfelder für Abläufe des Geschehens eingebettet sind und damit immer auch ein gewisses Quantum an Ungewißheit enthalten oder enthalten können. Der Entscheidungsspielraum ist entsprechend dem Verantwortungsbereich so festzulegen, daß Erreichtes bewahrt und Effektivitätssteigerung und Humanitätserweiterung ermöglicht und gefördert wird. All jene Positionen sind zurückzuweisen, die das Initiativ-und Kreativitätsproblem (einschließlich seiner Besonderheiten im Verlauf und Resultat) aus dem Pflichten- und Verantwortungsverständnis ausklammern. Schöpferisches Verhalten ist stets im Zusammenhang mit der gesamten Rechtsordnung, der Gesamtheit der normativen, wissenschaftlich-technischen, ökonomischen und humanitären Anforderungen zu prüfen und zu bewerten. Dabei werden die Grundpositionen der §§ 9 und 20 StGB (Pflichten und Widerstreit der Pflichten) im engen Kontext zu den §§ 7 und 8 StGB schöpferisch verwirklicht. Die grundlegenden marxistisch-leninistischen philosophischen Erkenntnisse zum dialektisch-widersprüchlichen Verhältnis von Gesetzmäßigkeit und Zufall erfordern es u. E., dem Problem des Eintritts zufälliger Resultate in 'äußerst differenzierter Weise Rechnung zu tragen. Das bedeutet, daß vor allem zwischen unwesentlichen und wesentlichen Zufällen unterschieden werden muß. Der zufällige Eintritt eines Schadens begründet nur dann Verantwortlichkeit, wenn damit das Wesen eines Prozesses verändert und Schaden verursacht wird. In anderen Fällen ist rechtlich zu sichern, daß unwesentliche Zufälle, die durchaus auch bedeutsame Veränderungen bewirken können, keine Verantwortlichkeit begründen. All das verlangt, das Verantwortungsproblem aus einer gewissen Einseitigkeit der Betrachtung in die tatsächliche dialektisch-widersprüchliche Vielfalt des Lebens zu überführen. Das verlangt auch, die Verantwortung nicht ausschließlich anhand des erzielten Erfolges, sondern am investierten, auf Sachkunde basierenden Engagement zu beurteilen. Insbesondere ist die Entwicklung des Verantwortungsbewußtseins der an einem möglicherweise strafrechtlich relevanten Geschehen Beteiligten vor dem Ereignis, während des Ereignisses und danach zu untersuchen. Gerade bei fahrlässigem Verhalten ist die Komplexität des kausalen Geschehens zu bewerten. Aus dem Komplex von Verantwortungs- und Kausalbeziehungen sind die wesentlichen Relationen herauszuheben: die Ausgangspunkte der Entscheidung, die beabsichtigten und tatsächlich realisierten Endwirkungen und nicht zuletzt das innere Verhältnis des Handelnden zum angestrebten Resultat in seiner möglichen und wahrscheinlichen Verwirklichung. * Spezielle philosophische Erkenntnisse zur wissenschaftlich-technischen Revolution erfordern u. E. insbesondere aus der Sicht der Fahrlässigkeit, einseitige Fragestellungen zur Pro-gnostizierbarkeit von Ereignissen, zur Voraussehbarkeit, Voraussicht und Vermeidbarkeit noch entschiedener zurückzudrängen. Statt dessen sind Schöpfertum und Kreativität als subjektive Grundlagen aller wissenschaftlich-technischen Entscheidungen und Handlungen anzusehen. Nur in diesem Zusammenhang ist es möglich und rechtlich vertretbar, Voraussehbarkeit und Voraussicht als Bewertungsfaktoren für fahrlässiges Handeln zu beurteilen und diese inhaltlichen Elemente als Kriterien der Schuldbegründung anzuerkennen. Gerade diese Sichtweise ist u. E. ein entscheidender Schritt dafür, bei der Prüfung individueller Verantwortlichkeit und Schuld solche Fragen zu stellen, die wertungsmäßig Sach-informationen über tatsächliche Ziele und Werte erbringen und damit die Einheit von Tätigkeit und Bewußtsein auch in dieser speziellen Situation ausdrücken. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Rechtsnormen selbst der Interpretation unterliegen. Die Rechtssicherheit als kostbare Errungenschaft des Sozialismus erfordert deshalb stets hohes Verantwortungsbewußtsein aller Beteiligten bei der Durchsetzung des Rechts. 12 B. Banse/H. Hörz, „Wissenschaftlich-technischer Fortsckritt, Philosophie und Reckt“, ln: Reckt als Maßstab. Rechtstheorie unter den Bedingungen der wissensekaftlich-teeknischen Revolution, Berlin 1981, S. 105, 126.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 375 (NJ DDR 1986, S. 375) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 375 (NJ DDR 1986, S. 375)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den Sicherheitserfordernissen der sozialistischen Gesellschaft und der Sicher- heitspolitik der Partei ergebende generelle Anforderung an die Arbeit Staatssicherheit . Diese generelle Anforderung besteht in der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und der politischen, ökonomischen und sozialen Erfordernisse der ist es objektiv notwendig, alle eingewiesenen Antragsteller auf ständige Wohnsitznahme umfassend und allseitig zu überprüfen, politisch verantwortungsbewußt entsprechend den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen die Aufgabe, vorbeugend jede Erscheinungsform politischer Untergrundtätigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Aufklärung der Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem aufgeklärten Diebstahl von Munition und Sprengmitteln aus dem Munitionslager des Panzerregimentes Burg umfangreiche Maßnahmen Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit eingeleitet.

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