Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 372

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 372 (NJ DDR 1986, S. 372); 372 Neue Justiz 9/86 Zur Diskussion Philosophische Positionen und rechtliche Konsequenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Fahrlässigkeit Prof. Dr. sc. phil. HERBERT HORZ, Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR Prof. Dr. sc. DIETMAR SEIDEL, Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Das Grundkonzept für das sozialistische Strafrecht geht bei der Prüfung und Feststellung individueller strafrechtlicher Verantwortlichkeit und Schuld von der Verantwortung der Menschen aus und ermöglicht damit ein gerechtes, richtiges und dem sozialistischen Humanismus verpflichtetes rechtliches Werten und Bewerten ihres Handelns. Inhaltlich sind anhand der gesetzlichen Forderungen des § 5 StGB und der die Fahrlässigkeit betreffenden §§7 und 8 StGB diejenigen Faktoren zu ermitteln, die einem menschlichen Handeln die soziale Eigenschaft der Verantwortungslosigkeit verleihen. Diese inhaltliche Prüfung ist keineswegs mit der bloßen Interpretation des Gesetzestextes zu bewältigen. Auch darf diese Prüfung nicht auf das Problem der Pflichten und der Pflichtverletzung reduziert werden, ohne z.B. den Zusammenhang zu notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen und dabei auch zu spontanen Reaktionen zu beachten. Auch das mechanische In-Bezug-Setzen der Voraussicht möglicher negativer Konsequenzen sagt dann kaum etwas oder u. U. etwas Falsches im Hinblick auf das soziale Wesen des Verhaltens aus, wenn z. B. Probleme der wissenschaftlich-technischen Revolution und ihrer Bewältigung Grundlage des Handelns sind. Die Frage nach der Vermeidbarkeit schädlicher Konsequenzen wird von einem falschen Ausgangspunkt her beantwortet, wenn Negatives generell als unvermeidbar angesehen wird. Schließlich besteht gerade in bezug auf unbewußte Pflichtverletzungen gemäß § 8 Abs. 2 StGB das eigentliche Problem darin, das Unbewußte nicht allein auf den Handlungszeitpunkt zu beziehen, sondern die Pflichtenkenntnis, den Erwerb und die Verpflichtung zum Erwerb bestimmter Kenntnisse einschließlich der Qualifizierung zur sachgerechten Ausführung in diesen Fragekatalog aufzunehmen. Das wirft Probleme auf, deren Lösung die rechtswissenschaftliche Verarbeitung philosophischer Positionen verlangt. Einfluß philosophischer Erkenntnisse auf rechtswissenschaftliches Denken Rechtswissenschaftliche Erörterungen betreffen stets auch philosophische Positionen. Dabei macht das Problem der Fahrlässigkeit besonders auf die notwendige Überwindung des mechanischen Determinismus1 aufmerksam. Würden entsprechend dieser Theorie Ablauf des Geschehens, Kausalität, Gesetz, Vorausbestimmtheit gleichgesetzt werden, dann könnte es überhaupt keine Fahrlässigkeit geben. Der Mensch wäre zum Spielball objektiver Mächte degradiert und wäre nicht zur Verantwortung zu ziehen. Deshalb ist es wichtig, den Übergang vom mechanischen zum dialektischen Determinismus in seiner Bedeutung für die Auffassung von Verantwortung, Verantwortbarkeit und Verantwortlichkeit und damit von Fahrlässigkeit im Strafrecht zu betrachten. Der dialektische Determinismus1 2 betont die Entscheidungsfreiheit der Menschen, deren Rahmen durch die objektiven Gesetzessysteme begrenzt ist. Innerhalb dieses Rahmens existieren stets mehrere wesentliche Verhaltensvarianten. Um die Problematik zu verdeutlichen, sollen zunächst aus philosophischer Sicht wissenschaftliche Positionen und Problemlagen erörtert werden. Bekanntlich wird zum sozialnegativen Wesen der Fahrlässigkeit festgestellt: „Es geht um die subjektiv verantwortungslose Verletzung von rechtlichen Pflichten, die aufgestellt wurden, um einen störungsfreien Ablauf grundlegender Lebensprozesse der sozialistischen Gesellschaft zu sichern.“3 Zur Forderung nach „störungsfreiem“ Ablauf von grundlegenden Lebensprozessen Für den Philosophen stellt sich hierbei die Frage, was unter „störungsfrei“ zu verstehen ist. Die dialektische Widersprüchlichkeit von Altem und Neuem fordert die Überwindung gesellschaftlicher Trägheit, um das Neue durchzusetzen. Jede Initiative (Neuerervorschläge, Rationalisierungsvorhaben, neue Organisationsformen und neue Prinziplösungen) durchbricht indes bisherige Routine. Dies wird von den Verfechtern des Verharrens auf dem Bekannten auch als Störung empfunden. Damit wäre die vom Sozialismus geforderte Initiative der Werktätigen der Störungsfreiheit direkt entgegengesetzt. Das ist fehlerhaft. Gemeint ist, daß eine neue, effektivere und brauchbarere Gestaltung grundlegender Lebensprozesse zu sichern ist. Anstelle der Forderung nach störungsfreiem Ablauf muß die Sicherung der effektiven und humanen Gestaltung grundlegender Lebensprozesse gesetzt werden. Das verlangt Erhaltung des Bewährten und Neuerungen zugleich. Auch das sozialistische Recht hat Initiativen zu fördern, die dem Freiheitsgewinn der Persönlichkeit durch gesellschaftlichen Fortschritt im Frieden dienen, die also auf Produktionserfolge, bessere Arbeitsorganisation, wirksamere Leitungstätigkeit, Förderung des Schöpfertums und sinnvolle Freizeitgestaltung gerichtet sind. Initiativen zur Steigerung und Erhaltung der Effektivität und Humanität schließen aber Störungen des bisherigen Ablaufs ein. In diesem Sinne trägt Initiative zur humaneren theoretischen und praktischen Beherrschung der natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt sowie des eigenen Verhaltens auf neue Art und Weise bei. Sie ist ein Freiheitsgewinn der Persönlichkeit. Gefordert sind damit Leistungsstreben, Initiativen und Schöpfertum. Sofern das Recht lediglich als Sicherung des Bestehenden und nicht zugleich als Förderer des Neuen begriffen wird, könnten u. a. auch Ängste vor Rechtsverletzungen zum Hemmnis werden. Bei Initiativen muß daher die Art der Störung betrachtet werden, bevor moralische und insbesondere rechtliche Wertungen einsetzen. Negative Störungen, die die Effektivität der Arbeit durch Disziplinverstöße vermindern und die Humanität durch Mißachtung demokratischer Pflichten und Rechte einschränken, sind Pflichtverletzungen und als solche originäre Voraussetzungen individueller Verantwortlichkeit. Zur Rolle des Zufalls Rechtswissenschaftliche Feststellungen, daß ein Mensch nicht „wegen reiner Zufälligkeit haftbar zu machen“ ist4, zwingen dazu, die Rolle des Zufalls genauer zu bestimmen.5 Ereignisse, die unter bestimmten wesentlichen Bedingungen mit Gewißheit eintreten, sind notwendig. Zwischen notwendigen und unmöglichen Ereignissen gibt es die zufälligen Ereignisse, die objektiv möglich sind, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, eintreten, aber nicht eintreten müssen. Mit diesen zufälligen Ereignissen haben wir es meistens zu tun, weil die direkte Notwendigkeit nur selten auftritt. Deshalb ist es so wichtig, zur Bewertung u. U. strafrechtlich relevanter Ereignisse den entsprechenden Bedingungskomplex zu analysieren, denn der Mensch kann fördernde Bedingungen beseitigen, um zufällige Ereignisse zu organisieren. Das betrifft z. B. Hochleistungsschichten einer Brigade, risikovolles Probieren neuer Verfahren, experimentelle Einführung neuer Strukturen. Erst der Erfolg des organisierten Zufalls führt zur Verallgemeinerung im Erfahrungsaustausch. Wird jedoch das Gefahrenpotential dadurch erhöht, daß Rechtsnormen (z.B. zum Arbeitsschutz) bezüglich konkreter Verantwort- 1 Der mechanische Determinismus Ist eine philosophische Theorie objektiver Zusammenhänge, die das Geschehen als schicksalhafte Notwendigkeit ohne Zufälle, ohne Verhaltensvarlanten und ohne die Möglichkeit des Menschen, sich frei zu entscheiden und entsprechend zu handeln, betrachtet. 2 Der dialektische Determinismus hebt die theoretischen Mängel des mechanischen Determinismus dadurch auf, daß er die Kausalität als Vermittlung des Zusammenhangs zwischen Ereignissen und Momenten eines Ereignisses faßt, wobei wesentliche Veränderungen eines Objekts oder Prozesses (Endwirkung) durch Innere und äußere Einwirkungen (Anfangsursachen) hervorgerufen werden. Der mit den Ereignissen verbundene Bedingungskomplex läßt Möglichkeiten entstehen, die mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten verwirklicht werden. Nur die Ursache, die zu einer Möglichkeit führt, die mit der Wahrscheinlichkeit 1 (Notwendigkeit) verwirklicht wird. Ist wesentliche Anfangsursache der Endwirkung. 3 Strafrecht, Lehrbuch, Allgemeiner Teil, Berlin 1978, S. 286. 1980. 4 Ebenda, S. 288. 5 Vgl. H. Hörz, Zufall - Eine philosophische Untersuchung, Berlin;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 372 (NJ DDR 1986, S. 372) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 372 (NJ DDR 1986, S. 372)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß diese objektiven Erfordernisse durch die Entwicklung der politisch-operativen Lage ergebenden Erfordernisse, durchzusetzen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben die Durchsetzung der Aufgabenstellung zur eiteren Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den mittleren leitenden Kadern und Mitarbeitern, ihrer politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischen Erziehung und Befähigung ist die Fachschulung. Die Leiter haben durch eine verstärkte persönliche Einflußnahme vor allem zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden. Die Herausarbeitung und Realisierung der Aufgaben und Maßnahmen des Vorbereitet- und Befähigtseins der operativen Kräfte zur erfolgreichen Aufdeckung, Verhinderung, Bearbeitung und Bekämpfung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten. Der Einsatz der operativen Kräfte für die Suche nach Merkmalen für entstehende und sich entwik-kelnde Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet und ist auch in allen anderen Bezirksverwaltungen Verwaltungen konsequent durchzusetzen. In diesem Zusammenhang einige weitere Bemerkungen zur Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, bei der Entwicklung und Anwendung operativer Legenden und Kombinationen, bei der inhaltlichen Gestaltung und Organisation des operativen Zusammenwirkens mit anderen staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, gesellschaftlichen Organisationen sowie von Bürgern aus dem Operationsgebiet. ist vor allem durch die Konspirierung Geheimhaltung der tatsächlichen Herkunft der Informationen sowie der Art und Weise der Aktivitäten und des Zeitpunktes ihrer Durchführung erfolgte Veröffentlichungen durch westliche Massenmedien oder die inspirierende Rolle ehemaliger Bürger maßgeblich waren.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X