Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 340

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 340 (NJ DDR 1986, S. 340); 340 Neue Justiz 8/86 § 225 StPO bei einem anwesenden Zeugen in der Hauptverhandlung Befragungsprotokolle nicht durch Verlesung zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden. Der Vernehmungsgrundsatz bei relevanten Aussagen von minderjährigen Zeugen ergibt sich auch aus Ziff. 111,3. der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 16. März 1978 (GBl. I Nr. 14 S. 169). Dort wird bestimmt, daß Kinder als Zeugen nur dann zu vernehmen sind, wenn dies zur Feststellung der Wahrheit unumgänglich ist. Im weiteren soll noch auf zwei Argumente eingegangen werden, die im Hinblick auf die Frage der Vernehmung von Kindern eine bestimmte Rolle spielen. Aus dem Umstand, daß Kinder, die noch nicht die Schule besuchen, das Vernehmungsprotokoll gemäß § 106 Abs. 2 StPO nicht unterschreiben können, darf nicht geschlußfolgert werden, daß damit keine Vernehmung zustande kam bzw. keine Zeugenaussage gewonnen wurde. Bei Kindern, die noch nicht schreiben können, ist es sehr gut möglich, die Bestätigung über die Richtigkeit des Protokolls über eine Schallaufzeichnung der mündlichen Äußerung des Kindes zu realisieren. Sofern ein Erziehungsberechtigter bei der Vernehmung anwesend war (was nicht zwingend vorgeschrieben ist und unter sachlichen und psychologischen Gesichtspunkten mitunter auch unzweckmäßig sein kann6), sollte das Protokoll von ihm mit unterschrieben werden. Diese Unterschrift kann aber die Unterschrift oder Bestätigung des minderjährigen Zeugen nicht ersetzen. Die Unterschrift des Zeugen unter das Protokoll einer Vernehmung bestätigt in erster Linie, daß es das Ereignis, das der Zeuge beschrieben hat, richtig widerspiegelt. Der Erziehungsberechtigte kann, wie jeder Teilnehmer an der Vernehmung, nur bestätigen, daß die Aussagen des Kindes richtig ins Protokoll aufgenommen wurden. Ein anderes Argument lautet, daß Kinder nur befragt werden dürfen, weil sie für vorsätzlich falsche oder unvollständige Aussagen nicht zur Verantwortung gezogen werden können und deshalb die Belehrung über die strafrechtlichen Folgen gemäß § 32 Abs. 2 StPO unwirksam ist. Dabei wird außer acht gelassen, daß das Wesentliche an der Belehrung m. E. darin besteht, den Zeugen auf seine Pflicht hinzuweisen, die Arbeit der Untersuchungsorgane und des Gerichts durch wahre und vollständige Aussagen zu unterstützen. Dieses Anliegen kann auch einem Kind altersgerecht erläutert Werden. Außerdem kann ein Zeuge wegen vorsätzlich falscher und unvollständiger Aussage im Ermittlungsverfahren ohnehin nicht zur Verantwortung gezogen werden (vgl. § 230 StGB). Dozent Dr. sc. FRANK-RAINER SCHURICH, Sektion Kriminalistik der Humboldt-Universität Berlin 6 Aul die falsche Praxis, undifferenziert Erziehungsberechtigte zur Vernehmung bzw. Befragung von Kindern hinzuziehen, hatte bereits H.-D. Schmidt aufmerksam gemacht („Einige Prinzipien und Techniken der Befragung und Vernehmung“, in: H.-D. Schmidt/ E. Kasielke, Psychologie und Rechtspraxis, Berlin 1966, S. 122). Vgl. zu dieser Problematik insbesondere auch R. Scholz, „Erwiderung auf die Stellungnahme zu meiner Arbeit .Forensisch-psychologische Aspekte bei der Anwendung des § 225 im gerichtlichen Strafverfahren wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern1“, Kriminalistik und forensische Wissenschaften 1975, Heft 21, S. 203; A. Römer, „Anmerkung zur Erwiderung von R. Scholz“, ebenda, S. 213. Abgrenzung zwischen Ordnungswidrigkeiten und Verfehlungen Dem rechtspolitischen Grundsatz entsprechend, daß auf jede Rechtsverletzung eine angemessene Reaktion zu erfolgen hat, ist es erforderlich, eine rechtlich eindeutige Wertung und Einordnung der verschiedenen Arten von Rechtsverletzungen vorzunehmen und adäquate Maßnahmen der Verantwortlichkeit anzuwenden. Um diese Problematik ging es auch bei folgendem Sachverhalt: Ein Bürger schnitt fünf Rosen im Werte von 10 M auf einem Blumenbeet der städtischen Parkanlage ab und schenkte sie seiner Freundin. Bei der rechtlichen Beurteilung dieser Handlung trat die Frage auf, ob eine Eigentumsverfehlung (§§ 158 Abs. 1 und 160 StGB), eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 2 Ziff. 2 der 3. DVO zum LKG Sauberhaltung der Städte und Gemeinden und Verwertung von Siedlungsabfällen vom 14. Mai 1970 (GBl. II Nr. 46 S. 339) oder eine tateinheitliche Verletzung dieser beiden Bestimmungen vorliegt. Dazu ist zunächst festzustellen, daß es sich nur um Tateinheit handeln kann, wenn durch ein und dieselbe Handlung entweder mehrere Straftatbestände erfüllt, mehrere Verfehlungen begangen oder verschiedene Ordnungsstraftatbestände verletzt wurden. Allen drei Arten von Rechtsverletzungen ist zwar gemeinsam, daß sie die Interessen der sozialistischen Gesellschaft oder einzelner Bürger verletzen. Sie unterscheiden sich jedoch nach dem Grad der Verletzung dieser Interessen. Der Grad der Verletzung der Interessen ist in entsprechenden Legaldefinitionen zum Ausdruck gebracht: für Straftaten § 1 StGB, für Verfehlungen § 4 Abs. 1 StGB und § 1 VerfVO sowie für Ordnungswidrigkeiten § 2 OWG. Zudem sind für alle drei Arten von Rechtsverletzungen' die verfahrensrechtlichen Festlegungen sowie die Maßnahmen der Verantwortlichkeit unterschiedlich. Deshalb kann es sich bei der hier behandelten Rechtsverletzung nur um eine Straftat oder um eine Verfehlung oder um eine Ordnungswidrigkeit handeln. Eine Tateinheit zwischen ihnen ist ausgeschlossen. In vorliegendem Sachverhalt ist folglich die Frage zu klären, ob die Handlung eine Verfehlung oder eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Der betreffende Bürger hat Sachen weggenommen, die sozialistisches Eigentum sind, um sie sich oder einem anderen rechtswidrig zuzueignen. Er hat vorsätzlich gehandelt und damit einen Diebstahl nach § 158 Abs. 1 (erste Alternative) StGB begangen. Da es sich um einen geringen Schaden handelt, war zu prüfen, ob der Diebstahl eine Eigentumsverfehlung oder ein Vergehen darstellt. Das läßt sich nicht allein am Wert der gestohlenen Sache beurteilen. Es sind vielmehr die in § 1 Abs. 2 VerfVO festgelegten Merkmale der Eigentumsverfehlung insgesamt hierfür bestimmend. Demzufolge muß es sich um eine Tat handeln, die unter Berücksichtigung aller Umstände (Schaden, Schuld des Täters und seine Persönlichkeit) geringfügig ist und bei der der verursachte oder beabsichtigte Schaden den Betrag von 50 M nicht wesentlich übersteigt. In der Regel darf es sich hierbei nur um eine erstmalige Tat handeln. Treffen diese Merkmale auf das vorliegende Beispiel zu, ist eine Eigentumsverfehlung begangen worden. Wenn dabei gewissermaßen als notwendiger Begleitumstand durch das Abschneiden der Rosen auch die Grünanlage beschädigt wurde, ist das ein Teil der Gesamthandlung. Das Charakteristische der Handlung und auch das vom Rechtsverletzer subjektiv gestellte Ziel war der Blumendiebstahl. Wegen der Eigentumsverfehlung kann mit polizeilicher Strafverfügung eine Geldbuße bis zu 300 M ausgesprochen werden (§§ 2 Abs. 2 und 7 VerfVO). Die Höhe der Geldbuße wird in der Praxis in der Regel etwa auf den dreifachen Wert der gestohlenen Sache festgelegt, sofern wegen der Art und Weise der Rechtsverletzung oder der Persönlichkeit des Rechtsverletzers nicht eine höhere Geldbuße geboten ist. Die Sache kann auch einer Schiedskommission übergeben werden (§§ 29 ff. SchKO). Diese kann über die Eigentumsverfehlung beraten und entscheiden, wenn der Antrag vom geschädigten Bürger, einem Arbeitskollektiv, einer Hausgemeinschaft oder wie im vorliegenden Beispiel von einem anderen Geschädigten (VEB Stadtgrün) gestellt wurde. Ist der Rechtsverletzer Mitarbeiter des geschädigten Betriebes, kann die Sache bei Vorliegen der Voraussetzungen auch als Disziplinverletzung behandelt werden (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 VerfVO und §§ 254 ff. AGB). Neben die Geldbuße oder die Disziplinarmaßnahme tritt die Wiedergutmachung des Schadens (§§ 330 ff. ZGB, § 2 Abs. 6 VerfVO oder bei arbeitsrechtlicher materieller Verantwortlichkeit §§ 260 ff. AGB und § 2 Abs. 6 VerfVO). Die richtige Beurteilung der Handlung als Ordnungswidrigkeit oder als Verfehlung hat auch aus einer anderen Sicht Bedeutung: In der Regel muß eine Eigentumsverfehlung eine einmalige Handlung sein. Wird die Handlung mehrmals begangen, so ist zu prüfen, ob eine Straftat vorliegt. Deshalb ist es auch für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung (Art. 2 StGB) erforderlich, bei Diebstahlshandlungen gründlich zu prüfen, welcher Art von Rechtsverletzungen sie zuzuordnen sind. Hat der betreffende Bürger die Rosen auf der städtischen Grünanlage abgerissen und achtlos weggewprfen, dann hat er damit öffentliche Anlagen beschädigt und eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 2 Ziff. 2 der 3. DVO zum LKG begangen. Pro/. Dr. sc. WOLFGANG SURKAU, Berlin;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 340 (NJ DDR 1986, S. 340) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 340 (NJ DDR 1986, S. 340)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft sind: der Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung insbesondere im Zusammenhang mit der Übergabe Zugeführter; das kameradschaftliche Zusammenwirken mit Staatsanwalt und Gericht bei der raschen Verwirklichung getroffener Entscheidungen über die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit ihren Ubersiedlungsbestrebungen Straftaten begingen, erhöhte sich auf insgesamt ; davon nahmen rund Verbindung zu Feind-sentren auf und übermittelten teilweise Nachrichten.

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