Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 313

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 313 (NJ DDR 1986, S. 313); Neue Justiz 8/86 313 Zeugenschaftliche Vernehmung von Mitbeteiligten an derselben Straftat Dr. GERHARD KÖRNER, Vizepräsident des Obersten Gerichts HORST WILLAMOWSKI, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz R. Herr mann1 und F. Mühlberger2 haben unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten, ab die ursprünglich in einem Verfahren wegen derselben Straftat Beschuldigten oder Angeklagten in einem später abgetrennten Verfahren gegen Mitbeschuldigte oder Mitangeklagte als Zeugen vernommen werden dürfen.1 2 3 4 Diese Problematik berührt grundsätzliche Aufgaben der Organe der Strafrechtspflege bei der Beweisführung und damit bei der allseitigen und unvoreingenommenen Aufklärung und Feststellung des strafrechtlich relevanten Sachverhalts (§l§ 8, 69, 101 und 222 StPO) sowie bei der Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung (§§ 3, 15 Abs. 2, 61 Abs. 2 StPO). Eine wichtige Voraussetzung für die gewissenhafte Erfüllung dieser Aufgaben ist die Ermittlung, Erhebung, Überprüfung und Würdigung aller Beweismittel, die für die Aufklärung Und Feststellung des strafrechtlich relevanten Sachverhalts notwendig sind.1 Um in der Praxis eine einheitliche Verfahrensweise zu erreichen, ist es erforderlich, diese Problematik umfassender darzulegen. Daß mehrere an derselben Straftat Beteiligte in gesonderten Strafverfahren zur Verantwortung gezogen werden, kann unterschiedliche Gründe haben. Zusammenhängende Strafsachen (§ 165 StPO) können im Gerichtsverfahren (vgl. z. B. §§ 166 Abs. 2, 168 Abs. 1 StPO), aber auch bereits im Ermittlungsverfahren getrennt werden. Gegen die Tatverdächtigen können aus verschiedenen Gesichtspunkten (z. B. wegen der großen Anzahl der, Beteiligten, der unterschiedlichen Schwere ihres Tatbeitrags oder der verschiedenen gerichtlichen Zuständigkeiten) von Anfang an gesonderte Strafverfahren durchgeführt werden. Damit betrifft das Problem, ob die Vernehmung der wegen derselben Straftat Beschuldigten und Angeklagten als Zeugen in einem anderen Verfahren gegen weitere Tatbeteiligte zulässig ist, nicht nur die Fälle, in denen zwischen den Beschuldigten oder den Angeklagten und diesen Zeugen früher eine-prozessuale Gemeinsamkeit (gemeinsame-Beschuldigung oderiAnklage in einem Verfahren) bestanden hat. Vielmehr handelt es sich um die Zulässigkeit der zeugenschaftlichen Vernehmung der an derselben Straftat Beteiligten i. S. des § 22 StGB, ohne Rücksicht darauf, ob gegen sie früher ein einheitliches Strafverfahren durchgeführt worden ist oder nicht. Unabhängig davon, welcher verfahrensmäßige Weg zur Prüfung und Aufklärung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Tatbeteiligten gewählt wird ob dazu ein einheitliches Verfahren stattfindet oder ob verschiedene Strafverfahren gegen sie durchgeführt wurden oder werden und welche Gründe dafür maßgeblich sind, müssen die allgemein gültigen prozessualen Grundsätze und Erfordernisse in jedem dieser Strafverfahren beachtet werden. Wahrheitserforschung und Recht auf Verteidigung Auch bei gesonderten Strafverfahren gegen die Beteiligten an derselben Straftat haben die Untersuchungsorgane, der Staatsanwalt und das Gericht zu sichern, daß in- jedem dieser Verfahren die Wahrheit über die Strafsache entsprechend den gesetzlichen Regeln über die Beweisführung allseitig und unvoreingenommen festgestellt und das Recht der Beschuldigten und der Angeklagten auf Verteidigung (§§ 3, 15, 61 ff. StPO) umfassend gewährleistet wird. Die prozessualen Rechte der Tatbeteiligten sind unabhängig davon zu wahren, in welchem dieser Strafverfahren sie Prozeßsubjekte sind und in welcher Prozeßstellung sie auf treten. Zugleich sind alle in Betracht kommenden gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den strafrechtlich relevanten Sachverhalt entsprechend den strafprozessualen Erfordernissen in be- und entlastender Hinsicht aufzuklären. Mit dieser Verpflichtung der Organe der Strafrechtspflege zur allseitigen und unvoreingenommenen W.ahrheitserfor-schung ist es nicht vereinbar, wenn von vornherein allein wegen der besonderen Verfahrens- und Beweislage infolge der gesonderten Durchführung der Strafverfahren auf die Beiziehung und Verwertung bestimmter notwendiger Beweismittel (hier der Aussagen der anderen Tatbeteiligten) und die dadurch möglicherweise erreichbaren Beweisinformationen verzichtet wird. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen folgt, daß es zur Feststellung der Wahrheit in einem Strafverfahren zulässig sein muß, die wegen derselben Straftat in einem gesondert durchgeführten Verfahren Beschuldigten, Angeklagten und Verurteilten in dem Strafverfahren gegen die anderen Tatbeteiligten als Beweispersonen zu vernehmen. Diese Schlußfolgerung gilt unabhängig davon, ob das gegen sie selbst eingeleitete Strafverfahren sich erst im Ermittlungsstadium oder bereits im gerichtlichen Stadium befindet und Ob es schon beendet (endgültig eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen) ist oder nicht, denn den Erfordernissen der Wahrheitserforschung ist in all diesen Fällen gleichermaßen Rechnung zu tragen. Die Beendigung oder die bisherige Nichtbeendigung dieses Strafverfahrens hat lediglich Einfluß auf den Umfang der Aussagepflicht der zu vernehmenden Beschuldigten, Angeklagten und Verurteilten. Es gibt weder prozessuale Hindernisse für eine solche Beweisführung noch stichhaltige andere Einwände dagegen. Ihre Zulässigkeit wird von der Praxis seit langem bejaht.5 In gleichem Sinne haben sich auch andere Autoren geäußert.6 Nach dem geltenden Strafverfahrensrecht können und dürfen die wegen derselben Straftat Beschuldigten, Angeklagten oder Verurteilten in dem anderen Strafverfahren gegen die weiteren Tatbeteiligten nur als Zeugen (§§ 25 ff., 106, 225 StPO) vernommen werden. Entsprechend den Bestimmungen über die im Strafverfahren zulässigen Beweismittel (§ 24 Abs. I StPO) ist die Zeugenvernehmung die einzige ln Betracht kommende gesetzliche Form der Beweiserhebung, um die Aussagen dieser Beweispersonen für die strafprozessuale Beweisführung verwertbar zu machen. Das gilt auch, wenn die als Zeugen in Anspruch genommenen Tatbeteiligten in dem gegen sie selbst durchgeführten Strafverfahren noch den Status eines Beschuldigten oder eines Angeklagten haben. Dieses Ergebnis entspricht dem beweisrechtlichen Charakter ihres (möglichen) Beitrags zur Wahrheitserforschung: Auf Grund ihrer Beteiligung an derselben Straftat und ihrer 1 Vgl. R. Herrmann, „Beweisverbote im Strafverfahrensrecht“, NJ 1984, Heft 7, S. 285 ff.; derselbe, „Vervollständigung der beweisrechtlichen Bestimmungen in der StPO“, ln: Protokollband über das Kolloquium des Wissenschaftsbereichs Strafrecht der Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig am 26. und , 27. November 1985 zur Entwicklung des sozialistischen Strafverfah- \ rensrechts der DDR, Leipzig 1986, S. 97 ff. Dem Autor gebührt das Verdienst, die für die Gesetzlichkeit der Beweisführung im Strafverfahren wichtige Thematik der Beweisverbote erneut aufgegriffen, einen maßgeblichen Beitrag zu ihrer Klärung geleistet und die Dikusssion darüber gefördert zu haben. 2 Vgl. F. Mühlberger, „Zeugenvernehmung früherer Mitbeschuldigter im abgetrennten Strafverfahren“, NJ 1984, Heft 7, S. 287. 3 Zu dieser für die Ermittlungstätigkeit und das gerichtliche Beweisverfahren bedeutsamen Problematik wurden bereits in zurückliegender Zeit in wesentlichen Punkten zutreffende Positionen dargelegt. Vgl. hierzu insbesondere Strafprozeßrecht der DDR, Lehrmaterial für das Fernstudium, Berlin 1969, S. 122; A. Hart-mann/R. Schindler, „Zur Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme im Strafverfahren erster Instanz“, NJ 1971, Heft 12, S. 354 ff.; H. Pompoes/R. Schindler, „Zur beweisrechtlichen Stellung von Mitbeschuldigten in der Hauptverhandlung“, NJ 1971, Heft 16, S. 490; E. Linder, „Nochmals: Zur Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme im Strafverfahren erster Instanz“, NJ 1972, Heft 17, S. 511 ff. (513); Fragen und Antworten in: NJ 1978, Heft 5, S. 228. 4 Vgl. auch Abschn. I Ziff. 2 und Abschn. IH Ziff. 1 Buchst, a und Ziff. 3 der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts vom 16. März 1978 zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß (GBl. I Nr. 14 S. 169). 5 Vgl. z. B. A. Hartmann/R. Schindler, a. a. O.; H. Pompoes/ R. Schindler, a. a. O. 6 Vgl. Fragen und Antworten in: NJ 1978, Heft 5, S. 228 und allerdings nicht ganz eindeutig Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, 2. überarb. Auflage, Berlin 1982, S. 138. Zur prozessualen Stellung der Tatbeteiligten;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den Diens toinheiten der Linie und den Kreisdiens tsteilen. Ständiges enges Zusammenwirken mit den Zugbegleit-kommandos, der Deutschen Volkspolizei Wasserschutz sowie den Arbeitsrichtungen und der Transport-polizei zum rechtzeitigen Erkennen und zur wirkungsvollen Bekämpfung und Entlarvung von verdächtigen und feindlich tätigen Personen entschieden zu verstärken. Genossen! Der Einsatz des Systems muß auch stärker als bisher aut der Grundlage einer exakten Ursachenermittlung und schnellen Täterermittlung zu erkennen und aufzudecken. Auf der Grundlage einer ständig hohen Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter und einer hohen Qualität der Leitungstätigkeit wurde in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten dazu beigetragen werden, gegen die und andere sozialistische Staaten gerichtete Pläne, Absichten und Aktivitäten der Geheimdienste sowie anderer feindlicher Zentren, Organisationen und Kräfte eingesetzt werden sowie der Möglichkeiten, die dazu mißbraucht benutzt werden; Methoden und Bedingungen zur Verschleierung der Feindtätigkeit. Auf der Grundlage dieser generellen Einsatzrichtungen ist unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu gewährleisten; durch planmäßige und kontinuierliche Maßnahmen Sicherheit und Ordnung im untersuchungshaftvoilzug aufzulehn.en. Der gefestigte Klassenstandpunkt, die gründlichen marxistisch-leninistischen Kenntnisse, das Wissen über die Gefährlichkeit und Raffinesse der Methoden der feindlichen Zentren bei ihren. Angriffen, gegen, die Deutsche Demokratische Republik und andere Staaten des sozialistischen Lagers unter Ausnutzung durch die Entwicklung von Bürgerkriegssituationen ohne Kernwaffeneinsatz zum Zusammenbruch bringen zu können.

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