Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 31

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 31 (NJ DDR 1986, S. 31); Neue Justiz 1/86 31 richtig hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Kollegien der Rechtsanwälte der DDR vom 17. Dezember 1980 (GBl. I 1981 Nr. 1 S. 1) das Recht auf Verteidigung als „verfassungsmäßiges Grundrecht“ gekennzeichnet. Der inhaltlichen Charakterisierung des Rechts auf Verteidigung als Grundrecht steht auch nicht entgegen, daß es selbst wiederum der Gewährleistung anderer persönlicher Grundrechte der Bürger, wie z. B. der Achtung und dem Schutz-der Würde und Freiheit der Persönlichkeit gemäß Art. 19 Abs. 2 der Verfassung, dient. 3. Nicht zu folgen vermag ich G. Gysi jedoch, wenn er zwischen der Gewährleistung des Grundrechts auf Verteidigung, die ein Grundsatz des sozialistischen Strafverfahrens ist, und anderen Grundsätzen des Strafverfahrens unterschiedliche Wertigkeiten zu erkennen glaubt, so daß im Kollisionsfall der eine oder andere Grundsatz Vorrang genießen müsse. Hier stimme ich F. Mühlbergers These zu: „Die Grundsätze des Strafverfahrens sind ein zusammengehöriger Komplex gesetzlicher Bestimmungen, von denen einige von anderen abgeleitet sind und diese konkretisieren oder ergänzen. Sie stehen aber insgesamt in einem wechselseitigen Zusammenhang. Erst die Realisierung in ihrer Gesamtheit gewährleistet die gerechte Anwendung des sozialistischen Strafrechts. “5 6 Andererseits ist es nicht abwegig, angesichts der Vielfalt der Verfahren davon zu sprechen, daß nicht in jedem einzelnen Fall jeder Grundsatz des sozialistischen Strafverfahrens im gleichen Umfang verwirklicht werden kann. Ohne Abstriche sind allerdings solche Grundsätze wie die Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die Feststellung der objektiven Wahrheit zu verwirklichen. Der Verantwortung des Gerichts obliegt es, sowohl bei komplizierten als auch bei einfachen Sachverhalten keinerlei Kollisionen zwischen den Grundsätzen des Verfahrens zuzulassen. 4. Zu beachten ist der enge Zusammenhang zwischen dem Grundrecht auf Verteidigung und der Zusicherung in § 61 Abs. 1 StPO, daß sich der Beschuldigte bzw. Angeklagte in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen kann. Folgt man dieser Aussage konsequent, dann ist, unabhängig von den Gründen des Ausbleibens des Verteidigers, bei vorliegendem Antrag des Angeklagten oder bei erkennbarer Verteidigungsbedürftigkeit des Angeklagten auch über die Fälle der Bestellung eines Verteidigers gemäß § 63 StPO hinaus im Interesse der Verteidigung die Hauptverhandlung zu vertagen bzw. zu unterbrechen. Mühlbergers Argumentation zu G. Gysis meiner Meinung nach richtiger Auffassung, daß in den Fällen des § 65 Abs. 2 StPO auf Antrag des Angeklagten zwingend zu unterbrechen sei, überzeugt nicht. Mühlberger selbst hebt richtig hervor: „Sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen zu können ist ein wesentlicher Bestandteil des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf Verteidigung.“® Sein Hinweis, daß der Angeklagte von seinem Recht Gebrauch machen kann, aber nicht muß, trifft hier nicht den Kern der Sache, denn Gysi geht ja gerade davon aus, daß der Angeklagte von seinem Recht, die Hilfe eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen, Gebrauch machen will. Dies ist ihm durch das Ausbleiben des Verteidigers verwehrt und wird ihm auch durch das Gericht streitig gemacht, wenn es die Hauptverhandlung in diesem Fall nicht unterbricht oder nicht vertagt. Im Grunde ist hier m. E. ein Widerspruch zwischen § 61 und § 65 StPO enthalten. Einer Entscheidung gemäß § 65 Abs. 2 StPO muß eine sorgfältige Prüfung vorausgehen. Erst wenn das Gericht auf dieser Grundlage zu der Überzeugung gelangt, daß der Sachverhalt unkompliziert und überschaubar ist und der Angeklagte von seiner Persönlichkeit her in der Lage ist, seine Verteidigungsrechte auch ohne Verteidiger umfassend zu verwirklichen, kann es die Unterbrechung oder Vertagung der Hauptverhandlung wegen unzumutbarer Verzögerung des Verfahrens ablehnen. Mühlberger sagt hierzu richtig, daß bei dieser Entscheidung „die Sach- und Rechtslage und im Verhältnis dazu auch die persönlichen Voraussetzungen, die bei dem Angeklagten für die Wahrnehmung seiner Rechte gegeben sind“, zugrunde zu legen sind. Insgesamt scheint allerdings bei Mühlberger die Absicht im Vorgergrund zu stehen, daß zuerst eine „Verzögerung des Verfahrens“ zu verhindern ist. Damit unterliegt er dem gleichen Fehlschluß wie Gysi, indem er versucht, unterschiedliche Verfahrensgrundsätze in Gegensatz zu bringen. Maßgeblich für die Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung ist vielmehr, wie Mühlberger selbst feststellt, „ob die gesetzlichen Regelungen über die notwendige Verteidigung beachtet wurden und ob der Angeklagte bei der Wahrnehmung der sich aus § 61 StPO ergebenden Rechte beeinträchtigt wurde“. Hierzu gehört auch die generelle Möglichkeit jedes Beschuldigten bzw. Angeklagten, sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers zu bedienen. Hierauf weist auch das Oberste Gericht hin, wenn es die Pflicht der Gerichte hervorhebt, „im Rahmen ihrer Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens das Recht des Angeklagten auf Verteidigung zu beachten und zu sichern “.7 1 5 F. Mühlberger, a. a. O., S. 333. 6 F. Mühlberger, a. a. O., S. 334. 7 OG, Urteil vom 28. Februar 1968 5 Zst 5/68 (NJ 1968, Heft 12, ' S. 374); vgl. auch BG Cottbus, Urteil vom 4. März 1981 - 001 BSB 36/81 - (NJ 1981, Heft 8, S. 383). Erfahrungen aus der Praxis Aus- und Weiterbildung medizinischer Fachschulkader auf dem Gebiet des Rechts Seit 1985 ist das Fach „Sozialistisches Recht“ fester Bestandteil der Ausbildung von Kranken- und Kinderkrankenschwestern an Medizinischen Fachschulen. In den folgenden Jahren soll dieses Fach auch für die übrigen medizinischen Fachschulberufe eingeführt werden. Das Fach „Sozialistisches Recht“ umfaßt folgende Themenkomplexe: Klassencharakter und Aufgaben des sozialistischen Staates und seines Rechts Rechtsfragen der staatlichen Erlaubnis zur Berufsausübung1 Das medizinische Betreuungsverhältnis2 Arbeits- und Berufspflichten der Schwester in der Krankenpflege Ausgewählte Fragen des sozialistischen Arbeitsrechts. Zugleich wurde für die Fachschulausbildung das Lehrbuch „Recht und medizinische Betreuung“ geschaffen, das sich mit den Themenkomplexen des Lehrprogramms befaßt.3 Damit ist mit Abschluß der Ausbildung der Kader, die im vergangenen Jahr das Studium aufgenommen haben, eine einheitliche Ausgangsbasis für die Weiterbildung auch in diesem Fach gegeben. In den Lehrprogrammen für die funktionsbezogene Weiterbildung (z. B. zur Stationsschwester) oder für die fachspezifische Qualifizierung (z. B. zur Fachschwester für Anästhesio- logie und Intensivtherapie) sind seit vielen Jahren rechtliche Themenstellungen enthalten, die inhaltlich ständig weiterentwickelt wurden. Diese werden in der ständigen Weiterbildung für die leitenden Schwestern der unterschiedlichen Fachgebiete ergänzt, indem für den jeweiligen Verantwortungsbereich relevante rechtliche Aspekte vermittelt werden. In diesem Zusammenhang bewähren sieh auch Arbeitsgruppen, in denen Rechtsfragen, die den jeweiligen Tätigkeitsbereich betreffen, diskutiert und einer Lösung zugeführt werden. Eine weitere Vervollkommnung der Rechtskenntnisse der leitenden Schwestern wird durch die zyklische Weiterbildung gesichert, in die rechtliche Themen fest integriert sind. Diese Form der Weiterbildung befähigt die leitende Schwester zur Weitergabe notwendiger Kenntnisse an die Mitarbeiter ihres Verantwortungsbereichs. Es kann also davon ausgegangen werden, daß alle leitenden Schwestern über die rechtlichen Grundanforderungen auf ihren Fachgebieten informiert sind. So werden ihnen in der Weiterbildung u. a. auch detaillierte Kenntnisse vermittelt über die Folgen möglicher Pflichtverletzungen sowie über Mittel und Methoden zur Vermeidung solcher Pflichtverletzungen, 1 Vgl. AO über die staatliche Erlaubnis zur Berufsausübung der medizinischen, pharmazeutischen und sozialen Fachschul- und Facharbeiterberufe vom 7. August 1980 (GBl. I Nr. 26 S. 254). 2 Vgl. Rahmen-Krankenhausordnung vom 14. November 1979 (GBL I 1980 Nr. 3 S. 29) und den erläuternden Beitrag dazu von J. Mandel in NJ 1980, Heft 3, S. 123. . 3 H. Heusinger/R. Gürtler, liecht und medizinische Betreuung, Berlin 1985.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 31 (NJ DDR 1986, S. 31) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 31 (NJ DDR 1986, S. 31)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden sowie zur Aufklärung und Verhinderung feindlicher Handlungen und Wirkungsmöglichkeiten, um Überraschungen durch den Gegner auszuschließen; die zielstrebige Bearbeitung feindlich tätiger oder verdächtiger Personen in Vorgängen mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit zu ermöglichen. Bas Ziel der Beweisanträge Beschuldigter wird in der Regel sein, entlastende Fakten festzustellen. Da wir jedoch die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld und seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X