Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 29

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 29 (NJ DDR 1986, S. 29); Neue Justiz 1/86 29 Abbau tarifvertraglicher Regelungen durch den Gesetzgeber Das am 1. Mai 1985 in Kraft getretene Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 vom 26. April 1985 (BGBl. I S. 710) baut in erheblichem Maße von den Werktätigen erkämpfte Rechte ab, weil es große Gruppen von Beschäftigten auf Arbeitsverträge minderen Rechts verweist.41 Das tarifvertraglich geregelte unbefristete Arbeitsverhältnis mit tariflicher Normalarbeitszeit, das im allgemeinen als das Normalarbeitsverhältnis angesehen wird, wird durch sog. atypische Arbeitsverhältnisse unterlaufen.42 43 Dies hat auch Auswirkungen auf die Tarifautonomie. Ob es sich um die Erweiterung von befristeten Arbeitsverträgen, um die Ausweitung der sog. Leiharbeitsverhältnisse oder um die Förderung der Teilzeitarbeit handelt in jedem Fall können die Betroffenen die tariflichen Vereinbarungen nicht voll in Anspruch nehmen: Sie sind Arbeitskräfte zweiter Kategorie. Die damit verbundene Spaltung der Belegschaft verhindert eine einheitliche Mobilisierung der Kampfbereitschaft auch.für bessere Tarifbedingungen. Während befristet Beschäftigte wegen ihres verständlichen Interesses an einer Weiterbeschäftigung nach Ablauf des Arbeitsvertrags unter dem Druck des Unternehmers auch Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen, die unterhalb gewerkschaftlicher Forderungen liegen, und sich aus den gleichen Gründen kaum für Tarifkämpfe mobilisieren lassen, geht von der „gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung“ eine Gefährdung für den gesamten kollektivrechtlichen Schutz aus. Für die Arbeitsverhältnisse der „Leiharbeiter“, die allein in einem Beschäftigungsverhältnis zum „Verleiher“ stehen, finden die für den „Entleiher“' geltenden tarifvertraglichen Vorschriften keine Anwendung. Damit wird das Prinzip der Tarif einheit praktisch ausgehöhlt, aber auch die gesamte gewerkschaftliche Tarifpolitik unterlaufen, weil die Unternehmer im Falle eines ihnen nicht genehmen Tarifabschlusses mit der Einsatzreserve der „Leiharbeiter“ drohen können.42 Schließlich erlauben die Regelungen zur Teilzeitarbeit weitgehende individuelle Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Werktätigen. Der Gesetzgeber setzt damit für eine Vielzahl von Arbeitern und Angestellten tarifvertragliche Regelungen außer Kraft. Er entläßt die Beschäftigten in die „Freiheit des Arbeitsvertrags“ und erweitert damit die Spielräume für die Direktionsmacht der Unternehmer.44 45 46 47 48 Die Folgen sind schwerwiegend: Flexible Rahmenbedingungen statt tarifvertrag-licher Regelungen entziehen den Arbeitsverhältnissen den tariflichen Schutz gegen das Kapital, wälzen die Last künftiger Auseinandersetzungen auf Betriebsräte und Belegschaften ab und schwächen die Gewerkschaften in ihrem Widerstandspotential.® Vor allem wird die Durchsetzung einer einheitlichen gewerkschaftlichen Arbeitszeitpolitik und weiterer allgemeiner Verkürzungen der tariflichen Arbeitszeit beträchtlich erschwert. Schließlich sind die „Zumutbarkeitsregelungen“, die in das System der Arbeitslosenunterstützung eingebaut wurden, dem Wesen nach ebenfalls Eingriffe in die Tarifautonomie. Danach können Arbeitslose unter Androhung des Verlusts der Zahlungen aus der Arbeitslosenversicherung und der Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz vom 30. Juni 1961 i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. Mai 1983 (BGBl. I S. 613) verpflichtet werden, auch solche Beschäftigungen anzunehmen, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegen.® Zu diesem Zweck wurde die Arbeitslosigkeit in zwei Phasen eingeteilt: In den ersten vier Monaten hat der Arbeitslose Arbeit anzunehmen, die der vorangegangenen Beschäftigung im wesentlichen entspricht, wobei allerdings Lohn- und Gehaltseinbußen bis zu 20 Prozent hingenommen werden müssen. In der weiteren Zeit der Arbeitslosigkeit müssen stufenweise (alle vier Monate) auch Beschäftigungsangebote akzeptiert werden, die der jeweils nächst niedrigen Qualifikationsstufe gleichkommen. Wird das nicht getan, so werden die Zahlungen aus der Arbeitslosenversicherung zunächst für acht Wochen gesperrt. Im Wiederholungsfall verliert der Arbeitslose vollständig den Anspruch auf Leistungen (vgl. § 119 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 3 des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969). Der größte Teil der im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften betrachtet die Verteidigung der erkämpften tarifpolitischen Position als vorrangiges Anliegen. Beweis dafür sind die Tarifkämpfe 1984, einschlägige Beschlüsse auf den Gewerkschaftstagen, Demonstrationen und Erklärungen von Gewerkschaftsführern, die allesamt aber nicht vermocht haben, den weiteren Einbruch in die Tarifautonomie zu stoppen. Bei anderen gelesen BAG: Einsatz von Beamten als Streikbrecher zulässig Das Bundesarbeitsgericht der BRD (BAG) hat in seinem Urteil vom 10. September 1985 1 AZR 262/84 - entschieden, daß Beamte im Arbeitskampf auf bestreikten Arbeitsplätzen eingesetzt werden dürfen. Die davon direkt betroffene Postgewerksduift (DPG) hat diese Entscheidung als einen „schweren Rückschlag für die Tarifautonomie im öffentlichen Dienst“ bezeichnet. In der „Frankfurter Rundschau“ (Frankfurt am Main) vom 11. September 1985 lasen wir dazu: Der Erste Senat des BAG sieht die Parität der beiden Arbeitskampfparteien durch sein Urteil „nicht entscheidend gestört". Der Streik der Arbeitnehmer werde, so das hohe Gericht in seiner Begründung, durch den Beamteneinsatz nicht wirkungslos, da diesem Einsatz Grenzen gesetzt seien und der ordnungsgemäße Ablauf der Verwaltung „auf jeden Fall" durch einen Streik gestört werde. Der Staat verstoße mit dem Streikeinsatz von Beamten auch nicht gegen seine Neutralitätspflicht im Arbeitskampf, erklärte das BAG weiter. Alles in allem führe die Verwendung von Beamten, die sich nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf bestreikten Dienstposten einsetzen lassen müssen, zu keiner „ernsthaften Verschiebung" des Kräftegleichgewichts. Das BAG hat mit diesem höchstrichterlichen Spruch eine Klage der Postgewerkschaft in letzter Instanz abgewiesen. Die Klage war erhoben worden, nachdem die Bundespost bei den Tarifauseinandersetzungen im Jahre 1980 - gestützt auf einen ministeriellen Erlaß erstmals Beamte auf Dienstposten streikender Arbeitnehmer eingesetzt hatte. Die Gerichte sollten den ersten Beamteneinsatz für rechtswidrig erklären und künftige Einsätze dieser Art untersagen, denn die Gewerkschaft sah sich in ihrer Existenz bedroht: Von ?! den rund 540 000 Postbediensteten seien bereits über 60 Prozent verbeamtet, und damit könne jeder Streik durch den Einsatz von Beamten unterlaufen werden. Schützenhilfe hatte die Gewerkschaft nicht nur von dem Bremer Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler erhalten („Der Beamteneinsatz macht den Streik funktionslos auf eine Art, die nicht einmal im Notstand erlaubt ist“), sondern auch vom früheren BAG-P/äsidenten Gerhard Müller. Er hatte der Postgewerkschaft gutachterlich versichert, daß ein Beamteneinsatz im Streik „objektiv rechtswidrig, und dieser Anordnung nachzukommen, ebenfalls rechtswidrig" sei. Die Postgewerkschaft hat den höchstrichterlichen Spruch bereits unmittelbar nach Verkündung heftig kritisiert. Das Urteil stütze politische Tendenzen, Gewerkschaftsarbeit zu behindern und die Interessenvertretung zu erschweren. Die Gewerkschaft werde auf die „Herausforderung dieses Urteils neue Antworten finden müssen", um die berechtigten Forderungen der Postbediensteten auch in Zukunft durchsetzen zu können. Die DKP hat in ihrem „Aktionsprogramm ’84 für Frieden und Arbeit“ einen echten Ausweg aus der „tarifpolitischen Wende“ auf gezeigt.42 Sie geht auch in dieser Frage von antikapitalistischen Grundpositionen aus. In ihrem Thesenentwurf zum 8. Parteitag betont die DKP erneut, daß Beschäftigungsprogramme, Arbeitszeitverkürzungen, Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie die Steigerung der Reallöhne und der Sozialleistungen letztlich die Zurückdrängung der Macht des Monopolkapitals erforderlich machen.® 41 Vgl. M. Premßler, „Die ,Gegenreform‘ im Arbeitsrecht der BRD“, Staat und Recht 1985, Heft 4, S. 320 ff.: A. Ondrusch, „Beschäftigungsförderungsgesetz der BRD spürbare Verschlechterungen für die Werktätigen“, Arbeit und Arbeitsrecht 1985, Heft 10, S. 225 ff. 42 Vgl. R. Wahsner u. a., a. a. O., S. 29. 43 Vgl. K. Röwekamp, „Verfassungsrechtliche Aspekte der neueren Entwicklung der Arbeitnehmerüberlassung“, Arbeit und Recht 1984, Heft 11, S. 325. 44 Vgl. R. Wahsner a. u., a. a. O., S. 29. 45 Vgl. G. Hautsch/K. Pickshaus/K. Priester, Der Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche, Frankfurt am Main 1984, S. 17 ff. - W. Her-schel („Tarifautonomie und Betriebsautonomie“, Arbeit und Recht 1984, Heft 11, S. 322) spricht von einer notwendigen Aktivierung der Tarifautonomie, weil in letzter Zeit diese zugunsten der Betriebsautonomie erheblich geschwächt worden ist. 46 Vgl. Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung vom 16. März 1982, in: Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit, Sondernummer vom 15. April 1982. 47 Vgl. Protokoll des 7. Parteitags der Deutschen Kommunistischen Partei, Neuss 1984, S. 469 ff. 48 Vgl. Thesen zum 8. Parteitag der DKP: Neue Fragen des Kampfes für Frieden und Arbeit für eine demokratische Wende, Entwurf, Neuss 1985, S. 46 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 29 (NJ DDR 1986, S. 29) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 29 (NJ DDR 1986, S. 29)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit muß sich Staatssicherheit rechtzeitig auf neue Erscheinungen, Tendenzen, Auswirkungen und Kräf- der internationalen Klassenauseinandersetzung einstellen. Unter sicherheitspoiltischem Aspekt kommt es vor allem darauf an, bisher noch nicht genutzte Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung ausgewählter insbesondere verwaltungsrechtlicher Vorschriften zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die politisch-operative Sicherung entwicklungsbestimmender Vorhaben und Prozesse der soziaxistischen ökonomischen Integration, Vertrauliche Verschlußsache Grundfragen der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit. Die Grundaussagen der Forschungsarbeit gelten gleichermaßen für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Gegners aufzuklären und verbrechensbegünstigende Bedingungen zu erkennen, auszuräumen einzuschränken. Die dient vor allem auch dem Erkennen von lagebedingten Veränderungen Situationen, die eine Gefährdung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit vor und nach jeder Belegung gründlich zu kontrollieren. Das umfaßt vor allen Dingen die Überprüfung auf zurückgelassene Gegenstände, Kassiber, Sauberkeit.

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