Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 27

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 27 (NJ DDR 1986, S. 27); Neue Justiz 1/86 27 men die Untemehmerverbände ausdrücklich ein. So formulierte O. Esser: „Würde die Tarifautonomie versagen, so bliebe am Ende nur die staatliche Reglementierung. “20 Da die Unternehmer die Tarifautonomie als staatliche Aufgabe verstehen, die den Tarifvertragsparteien übertragen wurde sie ist dies ganz gewiß nicht, sondern ein verfassungsmäßig geschütztes Recht, aus der die verfassungsmäßige Pflicht des Staates entsteht, die Tarifautonomie zu gewähren , hält man den Widerruf dieser Delegierung durch den Staat und staatliche Eingriffe in den ausschließlich den Tarifvertragsparteien zur Regelung zugeordneten Bereichen in Form von staatlichen und damit durchsetzbaren Lohnleitlinien für zulässig und schließt auch eine staatliche Zwangsschlichtung nicht aus.20 21 Zweitens werden die gewerkschaftlichen Rechte allgemein als Fremdkörper im bürgerlichen Arbeitsrecht betrachtet.22 Folgerichtig sind die herrschenden Kreise an der Schwächung der Gewerkschaften interessiert. So wird besonders in Klein-und Mittelbetrieben der Gewerkschaftsbeitritt als schwere Illoyalität betrachtet und unter einem Vorwand oftmals mit der Kündigung beantwortet. Weiterhin wurde die sog. negative Koalitionsfreiheit (also das Recht, sich keiner Gewerkschaft anzuschließen) als Rechtsgrundsatz ausgebaut. Das Bundesarbeitsgericht hat einem solchen „Fernbleiberecht“ den gleichen Rechtsschutz wie der positiven Koalitionsfreiheit gewährt23 und damit der Entwicklung von Klassenbewußtsein und gewerkschaftlicher Solidarität Hindernisse in den Weg gelegt. Schließlich soll nur unter der Losung „Gewerkschaftspluralismus“ die Aktionseinheit weiter aufgespalten werden.24 25 Insbesondere wird gegenwärtig untemehmerfreund-lichen kleinen Vereinigungen von Beschäftigten der Status von „tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen“ eingeräumt, um sie als Konkurrenzverbände zu den DGB-Gewerkschaften zu etablieren. Das ergibt sich eindeutig aus einer Entscheidung . des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 1982 zum „Verband Oberer Angestellter der Eisen- und Stahlindustrie (VOE) “.25 Drittens soll die 1967 ins Leben gerufene „konzertierte Aktion“ reaktiviert werden. Dieses Institut, offiziell als Beratungsorgan von Vertretern der beiden Tarifvertragsparteien und des Staates zur gemeinsamen Abstimmung der Zielstellungen beider autonomer Gruppen bezeichnet, erwies sich als ein Mittel des Monopolkapitals, die Gewerkschaften in eine Tarifpolitik zu pressen, die der Sicherung des Profits, nicht aber den Interessen der Arbeiterklasse dient. Deshalb setzte der DGB auch den Austritt seiner Mitgliedsgewerkschaften durch. Die Unternehmer sind jetzt an einer Wiederbelebung interessiert und verlangen von den Gewerkschaften diesbezügliche Konzeptionen.26 Viertens wird mit Hilfe der Gemeinwohltheorie versucht, zwischen Gewerkschaftsfunktionären und der gewerkschaftlichen Basis einen Keil zu treiben und damit die Kampfpositionen der Gewerkschaften erheblich zu schwächen. Man wirft ihnen Mangel an zukunftsweisenden Konzepten, eine falsche Gewichtung ihrer Themen und vor allem eine Radikalisierung ihrer Forderungen vor, die in Krisenzeiten für die Gewerkschaftsmitglieder angeblich Arbeitsplatzverlust bedeuten und daher zu einer innergewerkschaftlichen Zerreißprobe führen würden. Unter diesen Aspekten haben die Unternehmerverbände den Arbeitskampf im Frühsommer 1984 geführt. Fünftens startete die FDP einen mehr oder weniger eigenständigen Angriff auf die Tarifautonomie mit ihrer Forderung, die Lohn- und Gehaltstarife dürften zukünftig „nicht mehr Mindestbedingungen am Arbeitsmarkt“ festschreiben, vielmehr dürfe insbesondere bei der Einstellung von Arbeitslosen von den tariflichen Löhnen abgewichen werden. Diesem Zweck sollen sog. Gleitklauseln dienen, die in die Tarifverträge eingebaut es den kleineren und mittleren Betrieben gestatten, Beschäftigte zu untertariflichen Bedingungen einzustellen.27 Würden diese Vorstellungen Wirklichkeit, so wäre das gesamte Tarifvertragssystem in Frage gestellt. Die Festschreibung der Arbeitsbedingungen für die Betroffenen unterläge der Willkür der Unternehmer oder staatlicher Fixierung eine Tatsache, die selbst den Unternehmerverbänden zu weit geht, weil sie die damit verbundene Gefahr sehen. daß das dem Tarifvertrag auch innewohnende ordnungspolitische Instrumentarium aus den Fugen gerät. Sie befürchten, daß die Gewerkschaften auf eine Kampfposition gedrängt werden, die den Einfluß sozialpartnerschaftsorientierter Kräfte erschwert, die in Frage kommenden Betriebe bessere Kapitalverwertungsbedingungen bekämen und damit ihre Konkurrenzfähigkeit erhöhen könnten und daß schließlich den ökonomisch stärksten Unternehmen eine umfassende Kontrolle der Kapitalverwertungsbedingungen über die BDA in den Tarifverhandlungen aus den Händen gleiten könnte.28 Unmittelbare Einschränkung der Tarifautonomie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts Besondere Aufmerksamkeit verdienen einige grundlegende Entscheidungen der höchsten Gerichte der BRD, mit denen die Tarifautonomie unmittelbar eingeschränkt wurde. Die Rolle der sog. Kernbereichslehre des Bundesverfassungsgerichts Bereits in seiner Entscheidung vom 18. November 1954 hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, daß es die Betätigung der Koalition nur in einem Kernbereich für möglich und diese mithin für begrenzbar und einschränkbar hält.29 In seinen Urteilen vom 30. November 1965 und vom 17. Februar 1981 hat das Bundesverfassungsgericht30 ebenso wie das Bundesarbeitsgericht in seinen Urteilen vom 14. Februar 1967 und vom 26. Januar 198231 die sog. Kernbereichslehre ausgebaut, ohne ihren Inhalt jedoch klar zu bestimmen. Mit Sicherheit verboten ist lediglich die völlige Abschaffung des Koalitionsrechts sowie eine „sachwidrige“, nicht durch den Schutz anderer Rechtsgüter gebotene Einschränkung.32 Als nicht zulässige Betätigungen werden insbesondere die Wahl gewerkschaftlicher Vertrauensleute im Betrieb und das berufsverbandliche Zutrittsrecht (der Gewerkschaften) angesehen. Diese Rechtsprechung ist selbst in der bürgerlichen Rechtswissenschaft auf Kritik gestoßen.33 Da die sog. Kernbereichslehre die gewerkschaftliche Koalitionsfreiheit erheblich einschränkt, schränkt sie infolge ihres engen Zusammenhangs mit dem Streikrecht und namentlich mit dem Recht auf Tarifautonomie auch diese Rechte ein. Denn um diese Rechte erfolgreich wahrnehmen zu können, sind entsprechende Aktivitäten der Gewerkschaften in den 20 O. Esser, „Aus der Rede zur Mitgliederversammlung der BDA 1984“, Der Arbeitgeber 1985, Heft 1, S. 11. 21 Hierin einzureihen sind auch die nicht aufgegebenen Versuche, ein Gewerkschaftsstatut oder ein Verbändegesetz zu schaffen. Letzteres soll mindestens drei Ziele verfolgen: 1. eine Art staatliches Tarifamt zu errichten, das im Interesse des Kapitals zumindest Vorgaben für die Lohnentwicklung gibt; 2. das US-amerikanisChe Taft-Hartley-Gesetz mit seinen beträchtlichen Möglichkeiten zur Einschränkung von Streiks zu adaptieren; 3. Mindestanforderungen an die innere Struktur der Gewerkschaften zu stellen. 22 Vgl. R. Geffken, Ober den Umgang mit dem Arbeitsrecht - Ein Handbuch für Betroffene, Hamburg 1979, S. 23. 23 Vgl. Arbeitsrechtliche Praxis (AP) Nr. 13 zu Art. 9 GG. 24 Die Gewerkschaften in der BRD rekrutieren sich aus folgenden Organisationen: Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) mit seinen 17 EinzelgewerksChaften und 7,66 Millionen Mitgliedern; Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) mit rund 500 000 Mitgliedern; Deutscher Beamtenbund (DBB) mit ungefähr 820 000 Mitgliedern; Christlicher Gewerkschaftsbund (CGB) mit knapp 300 000 Mitgliedern. Hinzu kommen noch berufsständische Mini-Organisationen, unter denen die Union der Leitenden Angestellten mit etwa 37 000 Mitgliedern noch die größte ist. Vgl. Arbeit und Recht (Köln) 1985, Heft 9, S. 284; W. Schlaffke, Gewerkschaft und Gesellschaft, Köln 1982, S. 110 f. 25 Der Betrieb (Düsseldorf) 1983, S. 1151. 26 Vgl. W. Pege, „Gewerkschaften ’83“, Gewerkschaftsreport (Köln) 1983, Heft 1, S. 8. 27 Der Generalsekretär der FDP, H. Hausmann, sprach von der. unumgänglichen Notwendigkeit, vom strengen Lohndiktat bei Problemgruppen und in strukturschwachen Gebieten abzuweichen (vgl. Handelsblatt [Düsseldorf] vom 3. und 11. April 1985). 28 Die Untemehmerverbände setzen deshalb den FDP-Vorstellungen ein Sofortprogramm entgegen (vgl. Handelsblatt vom 15./16. März 1985): 1. Tariflohnerhöhungen müßten in jedem Fall niedriger sein als die Rate des Produktivitätsfortschritts. 2. Die Löhne seien nach Branchen und Regionen stärker zu differenzieren. 3. Die Methode, nach der Subventionen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen an die Auflage zu binden seien, daß sich die Belegschaft mit einer Einkommenssenkung einverstanden erklärt, müßte zur Allgemeinregelung werden. 29 Vgl. AP Nr. 1 zu Art. 9 GG. 30 Vgl. AP Nr. 7 zu Art. 9 GG und AP Nr. 9 zu Art. 140 GG. 31 Vgl. AP Nr. 10 und 11 zu Art. 9 GG; Arbeit und Recht 1982, Heft 9, S. 293 ff. mit kritischer Anmerkung von W. Herschel. 32 Vgl. W. Däubler, Das Arbeitsrecht 1, 5. Aufl., Reinbek bei Hamburg 1981, S. 64. 33 Vgl. K. Kämmerer, „Koalitionsrecht und Arbeitsverhältnis“, Arbeit und Recht 1984, Heft 3, S. 68; L. Zechlin, „Beeinträchtigungen der Koalitionsfreiheit durch Subventionsauflagen“, Neue Juristische Wochenschrift (München/Frankfurt am Main) 1985, Heft 11, S. 591; W. Herschel, „Kembereichslehre und Kodifikationsprinzip in der Tarifautonomie“, Arbeit und Recht 1981, Heft 9, S. 265. Herschel schreibt: „Wie man sich auch diesen Kembereich vorstellen mag: Stets geht es um die Beschränkung des konstituticjnsmäßigen Schutzes der Koalitionsfreiheit auf einen Mindeststand, jenseits dessen der durch das Grundgesetz garantierte Schutz versagt. Diese Reduktion des Schutzes der Verbände kann nicht Rechtens sein“ (S. 267);
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 27 (NJ DDR 1986, S. 27) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 27 (NJ DDR 1986, S. 27)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Abwehr- aufgaben in den zu gewinnen sind. Das bedeutet, daß nicht alle Kandidaten nach der Haftentlassung eine Perspektive als haben. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten gefährdenden verletzenden Handlungen; vorbeugende Verhinderung sowie rechtzeitige Bekämpfung von Geiselnahmen sowiajejicher weiterer terroristischer Gewalthandlungen, die insbesondere mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit und Voraussetzung zur Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung und weit er strafprozessualer Rechte. Die ahrung der. verfassungsmäßigen Grundrechte Beschul- digter, insbesondere die Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Leitungstätigkeit zu stellen. Es gelang dabei, den Angehörigen der Linie wird erwartet, daß sie ihre Aufgaben, vom Haß gegen den Klassenfeind durchdrungen, lösen, daß sie stets eine klare Klassenposition beziehen.

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